Nobelpreis I:
Eine gute Ordnung für die Wirtschaft und ihre Organisationen

Zusammen mit Elinor Ostrom wird Oliver E. Williamson, einer der bekanntesten Institutionenökonomen in diesem Jahr den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften überreicht bekommen. Als Begründung wird vom Nobelpreis-Komitee seine konsequente Analyse der Governancestrukturen wirtschaftlicher Organisationen angeführt, vor allem seine Arbeiten über die Grenzen des Unternehmens. Organisationen sind nicht einfach da und funktionieren automatisch, sondern – so Williamson – es geht darum, gute Organisationen zu schaffen und dabei zu berücksichtigen, wie sich Menschen tatsächlich verhalten und wie sie auf Regeln, Organisations- und Kontrollstrukturen reagieren. Was heute als Corporate Governance weithin bekannt ist, lässt sich letztlich auf Williamson zurückführen. Allerdings ist sein Ansatz wesentlich umfassender, lässt er sich doch neben Unternehmen auf alle anderen Organisationen anwenden. Er ist der Begründer der Theorie der ökonomischen Governance. Neben vielen anderen Themen ging er immer wieder der Frage nach, weshalb eigentlich Unternehmen existieren, so wie es Ronald Coase bereits vor ihm tat.

So wurden Unternehmen lange Zeit als eine Black Box betrachtet, in der Inputs in Outputs transformiert werden, ohne der konkreten Organisation Bedeutung beizumessen, klagte Williamson. Dass dabei auch Fragen wie die geeignete Größe von Unternehmen, deren optimale Grenzen sowie ihre Ausgestaltung und ihre Alternativen zu kurz kamen, ist nicht überraschend. Williamson hat genau diese Fragen beherzt, nüchtern und akribisch immer wieder gestellt und zunehmend differenzierter beantwortet.

Auf diese Weise ist ein nobelpreiswürdiges wissenschaftliches Werk zustande gekommen, das nicht nur ein systematisches Analyseraster für alle Fragen der ökonomischen Governance enthält, sondern in dem auch ein Kriterium für den Vergleich unterschiedlicher Organisationen angeboten wird. Williamson betont, dass die Vorbereitung und Durchführung jeder Transaktion mit Kosten verbunden ist, den Organisations- oder Transaktionskosten: das Fundament der Transaktionskosentheorie. Wann soll ein Unternehmen zum Beispiel selbst eine Entwicklungsabteilung unterhalten, unter welchen Voraussetzungen besser eine Lizenz erwerben oder bietet sich ein Gemeinschaftsunternehmen mit Wettbewerbern an? Diese Frage kann laut Williamson nicht beantwortet werden ohne einen Vergleich all dieser Kostenelemente durchzuführen. Dessen Ergebnis wiederum hängt von wichtigen Faktoren ab, etwa der Spezifität der Investitionen für diese Entwicklung, die mit Abhängigkeit und Ausbeutbarkeit verbunden sein können. Die Gefahr der Ausbeutung ist mit Absicherungs-, also Transaktionskosten verbunden. Ein hoher Spezifitätsgrad wird also tendenziell für eine eigene Entwicklungsabteilung eines Unternehmens sprechen, wenn die entsprechenden Elemente entscheidend für seine Wettbewerbsfähigkeit sind. Anders stellt es sich für unspezifische, standardisierte Elemente dar, die über Markttransaktionen organisiert werden können.

Doch nicht nur Markt und integrierte Unternehmen sind die Organisationsalternativen. Wie Williamson immer wieder hervorgehoben hat, gewinnen in der Wirtschaft zunehmend hybride Organisationen Bedeutung: Zwischenformen, die von beidem etwas haben. Unternehmensnetzwerke, Strategische Allianzen, Genossenschaften, Public Private Partnerships. Unternehmen verlieren ihre festen Grenzen. Mit dem von ihm entwickelten Werkzeug gelingt es, die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen welche Organisationsform zu wählen ist. Jede hat ihre Vorzüge, aber auch ihre Kosten. Dieses Kalkül bleibt nicht auf die Privatwirtschaft beschränkt. Williamson selbst hat es etwa auch auf die Organisation der staatlichen Aufgaben angewendet ebenso auf Verbände und andere Nonprofit-Organisationen.

Vor dem Hintergrund seiner Forschungsfragen und seiner wissenschaftlichen Ergebnisse ist es nicht überraschend, dass der am Massachusetts Institute of Technology, an der Stanford University und an der Carnegie-Mellon University ausgebildete Ökonom bald auch Eingang in die Betriebswirtschaftslehre und in die Rechtswissenschaft fand. So kann Oliver E. Williamson auch als ein Brückenbauer verstanden werden, wenn er sagt, dass die wenigsten Probleme so gut definiert sind, dass sie einer einzigen Disziplin zugeordnet werden können. Nicht nur durch die realen Problemstellungen des wirtschaftlichen Lebens sei er diesbezüglich immer wieder gefordert worden, sondern auch durch seine Professur an der Universität Berkeley, verankert in den Bereichen Economics, Business and Law. Diese Ausrichtung entspricht auch einer weiteren einflussreichen Leistung Williamsons, nämlich dem Einbezug von Effizienzüberlegungen in die Wettbewerbspolitik, bekannt geworden unter der Bezeichnung des „Williamson trade-off“. Neben schädlichen Wirkungen, die durch die Macht großer Unternehmen entstehen kann, sind auch die Effizienzgewinne zu berücksichtigen und zwar für die gesamte Gesellschaft.

Oliver E. Williamson hat Wesentliches zur Entwicklung der Neuen Institutionenökonomik geleistet und steht nun in einer Reihe mit den Nobelpreisträgern Ronald Coase (1991) und Douglass C. North (1993), die ebenso der Institutionenökonomik zuzurechnen sind. Die Entwicklung der Institutionenanalyse zu einem Bestandteil der ökonomischen Wissenschaft, deren Bedeutung heute unbestritten ist, ist nicht zuletzt mit Williamson verbunden. Dabei sieht er durchaus nüchtern, dass es noch viel zu tun gilt, vor allem eine Intensivierung der empirischen Institutionenökonomik, die die Aussagekraft der institutionenökonomischen Erkenntnisse für die aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme noch weiter schärft.

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