Ordnungspolitischer Kommentar
Warum staatliche Kaufprämien für Elektroautos abzulehnen sind

Im Jahr 2015 wurden in Deutschland über drei Millionen Benzinautos und lediglich 12.363 Elektroautos neu zugelassen. Das ursprünglich von der Bundesregierung vorgegebene Ziel, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deut­schen Straßen fahren (und bis 2030 sechs Millionen), rückt damit in immer weitere Ferne. Um das Ziel dennoch zu erreichen, plant die Bundesregierung nun eine staatli­che Prämie für den Kauf von Elektroautos: Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftsministerium haben gemeinsam ein Konzept entworfen, dem zufolge private Käufer zu­künftig einen Zuschuss von 5.000 Euro beim Erwerb eines Elektroautos bekommen sollen. 40 Prozent dieses Zuschusses soll von den Autoherstellern getragen werden. Das Programm, das weitere ausgabenwirksame öffentli­che Maßnahmen vorsieht, würde Kosten in Milliarden­höhe verursachen. Die beabsichtigte Subventionierung wirft die Frage auf, ob diese wirtschaftlich sinnvoll sind.

Die Befürworter versprechen sich von der staatlichen Förderung einen Durchbruch für die Elektromobilität in Deutschland: Elektrofahrzeuge könnten aufgrund ihrer hohen Anschaffungspreise nur über einen Zuschuss kon­kurrenzfähig werden. Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass Schlüsseltechnologien wie der Airbus, die Atomkraft und die Solarenergie zunächst staatlich sub­ventioniert werden mussten, um später am Markt erfolg­reich zu sein. In der heutigen Übergangsphase von fossi­ler zu regenerativer Energie sei deshalb auch eine Kauf­prämie für Elektroautos angebracht, um diese attraktiv zu machen. Bei dieser Argumentation bleiben jedoch die zahlreichen negativen Wirkungen einer Subvention außer Betracht.

Staatliche Subventionen bewirken Ineffizienzen

Grundsätzlich sorgt der freie Wettbewerb über den Preismechanismus für eine optimale Ressourcenverwen­dung. Das Preissystem signalisiert, welche Güter knapp sind und führt zu einem ressourcensparenden Verhalten von Produzenten und Konsumenten. Staatliche Subventi­onen bewirken hingegen eine Verzerrung der relativen Preise. Die daraus resultierenden Verhaltensänderungen bei Konsumenten und Produzenten führen zu Ineffizien­zen. Zudem müssen die Mittel für die Subvention über Steuern eingetrieben werden, die wiederum Verzerrungen hervorrufen. Aus diesem Grund bedürfen Subventionen einer besonderen Rechtfertigung. Diese kann aus norma­tiver Sicht dann gegeben sein, wenn aufgrund von Marktunvollkommenheiten Marktversagen vorliegt und die Subvention die allokative Effizienz erhöht. Kann also auch die Gewährung einer staatlichen Prämie für den Kauf von Elektroautos durch ein Versagen des Marktes begründet werden?

Marktversagenstatbestände auf dem Prüfstand

Als ein Grund für industriepolitische Eingriffe in den deutschen Automarkt ließe sich anführen, private Investitionen in die Produktion von Elektroautos blieben wegen des zu hohen Risikos aufgrund des unbekannten Nachfra­geverhaltens und der daher schwer kalkulierbaren Erlöse aus. Aus diesem Grund sei es erforderlich, das Risiko für Investoren durch eine staatliche Bezuschussung zu senken. Dieses Argument ist jedoch wenig überzeugend: Erstens gehört die Übernahme von Risiken zum Unternehmertum, da im Erfolgsfall entsprechende Gewinnerwartungen bestehen. Zweitens wird das Risiko für die Unternehmen nur indirekt über die Subventionierung der Nachfrager gesenkt, zumal die Hersteller 40 Prozent der Kaufprämie selbst tragen sollen. Und drittens sollten auch hohe Anfangsinvestitionen in die Markteinführung von E-Autos kein Problem für die deutschen Automobilindustrie darstellen: Angesichts hoher Milliardengewinne sind die Konzerne in der Lage, die Investitionskosten für Elektro­autos selbst zu finanzieren.

Positive Umwelteffekte fraglich

Ein weiteres Argument für die Subventionierung eines Gutes ist die Internalisierung positiver externer Effekte. So wird angeführt, dass Elektromotoren im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren umweltfreundlicher seien. Deshalb würden Elektrofahrzeuge auch in anderen europäischen Ländern staatlich bezuschusst. Die Stichhaltigkeit dieses Argumentes muss jedoch angezweifelt werden. Ob und in welcher Höhe positive Externalitäten tatsächlich beste­hen, hängt stark von den getroffenen Annahmen ab. Ent­sprechend schwierig und missbrauchsanfällig ist die Mes­sung solcher Effekte. Aus diesem Grund eignet sich die­ses Argument besonders zum Schutz von Partikularinte­ressen. Dass dies möglicherweise auch in der Automo­bilindustrie der Fall ist, zeigt eine Untersuchung des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass Elektroautos über ihre gesamte Lebensdauer bei Nutzung des deutschen Strommix eine ähnliche Klimabilanz haben wie her­kömmliche Autos. So verbraucht die Herstellung der noch nicht sonderlich langlebigen Hochleistungsakkus viel Energie. Und auch von der Bereitstellung des Stroms zur Ladung der Fahrzeugbatterien geht eine klimaschädliche Wirkung aus, solange in Deutschland der überwiegende Teil des Stroms aus nicht-erneuerbaren Quellen gewon­nen wird.

Schlüsseltechnologie zukunftsfähig machen?

Als weiteres Argument für eine Kaufprämie wird ange­führt, die Technik des Elektroautos, insbesondere die Herstellung extrem leistungsfähiger Batterien, sei ein Schlüsselfaktor für den Industriestandort Deutschland. Doch auch dieses Argument überzeugt nicht. Zum einen drängt sich die Frage auf, warum die deutschen Automo­bilunternehmen nicht selbst ein modernes Batteriewerk errichten. An mangelnder Innovationsfähigkeit kann es nicht liegen. Dies belegt der jährlich von McKinsey er­stellte Industrie-EVI, der untersucht, wie erfolgreich die jeweilige Automobilindustrie des Landes beim Thema E-Mobilität ist. Demnach belegt Deutschland im aktuellen Ranking von 2016 hinter Japan und China und noch vor den USA und anderen europäischen Ländern Rang 3. Zum anderen hat die Idee, neue Technologien am Anfang staatlich zu fördern, um sich einen Vorsprung zu erarbei­ten, selten funktioniert. Im Gegenteil, bei einer gezielten Förderung des Kaufs von Elektroautos wird das Prinzip der Technologieneutralität verletzt. Es ist keineswegs sicher, dass Elektroautos die Zukunft sind. So ist auch denkbar, dass wasserstoffbetriebene Autos mit Brenn­stoffzellen dank der kurzen Tankzeiten im Gegensatz zum stundenlangen Laden zukünftig die bessere Alternative sind. Die Gefahr ist deshalb sehr groß, dass der Staat die falsche Technologie fördert.

Unerwünschte Umverteilungs- und Mitnahmeeffekte

Und noch ein weiteres Argument spricht gegen die staat­liche Subventionierung von E-Autos: Marktuntersuchun­gen zeigen, dass derzeit in Deutschland vor allem Bezie­her hoher Einkommen potenzielle Käufer von Elektroau­tos sind. Abgesehen von nicht wünschenswerten Umver­teilungseffekten würden finanzielle Anreize bei dieser eher an Statussymbolen orientierten Gruppe ohnehin nicht den Ausschlag für die Kaufentscheidung geben. Zahlrei­che Erwerber eines E-Autos würden ein solches auch ohne den zusätzlichen finanziellen Anreiz kaufen. In diesen Fällen kommt es zu einem sogenannten Mitnah­meeffekt. Die Technische Universität Braunschweig kommt in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass eine staatliche Kaufprämie von 5.000 Euro den Absatz von E-Autos bis Ende 2020 nur um 6 Prozent von 366.000 auf 389.000 steigern würde. Daraus folgt: In 94 Prozent der Fälle ist von reinen Mitnahmeeffekten auszu­gehen.

Eine staatliche Förderung ist schließlich auch nicht mit dem Argument zu rechtfertigen, nur so ließen sich Ar­beitsplätze sichern. Entscheidend für den Erfolg der deut­schen Automobilindustrie ist ihr weltweiter Absatz. Eine Absatzförderung in Deutschland würde daher keine große Gewinnveränderung bei den deutschen Herstellern auslö­sen.

Zahlreiche Alternativen zur Kaufprämie

Wer die Attraktivität von Elektro-Fahrzeugen erhöhen möchte, muss an anderen Stellschrauben ansetzen. Die Schaffung eines weitverzweigten Netzes an Ladesäulen sowie eine Verbesserung der Reichweite pro Ladung und der Akku-Ladezeiten würden vermutlich eher zu einer Steigerung des Anteils an Elektroautos führen als eine Kaufprämie. Ferner könnten Privilegien wie kostenfreie Parkplätze für Elektroautos in Innenstädten, das Gestatten der Nutzung von Busspuren sowie grüne Nummernschil­der deutlich mehr bewirken. Schließlich würde eine hö­here Besteuerung von Benzin und Diesel, die derzeit zu Niedrigstpreisen erworben werden, einen wichtigen Bei­trag zur Erhöhung der Attraktivität von E-Autos leisten. Sensitivitätsanalysen zeigen, dass die Verbrauchskosten eine wichtige Einflussgröße bei der Fahrzeugwahl sind.

Fazit

Auch in naher Zukunft werden konventionelle Autos den deutschen Markt dominieren, da deren Produktion zu geringen Kosten erfolgt und die Nachfrager konventio­nelle Modelle E-Autos vorziehen. Die geplante Kaufprä­mie wird hieran nichts ändern, solange die E-Technik nicht einen höheren Komfort für die Nutzer bietet. Zudem konkurrieren andere alternative Techniken ebenfalls um den Autokäufer der Zukunft. Die Politik sollte diesen Wettbewerb nicht verzerren.

Hinweis: Dieser Text ist zugleich als Ausgabe Nr. 04/2016 der Reihe Ordnungspolitischer Kommentar des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln und des Otto-Wolff-Instituts für Wirtschaftsordnung erschienen.

2 Antworten auf „Ordnungspolitischer Kommentar
Warum staatliche Kaufprämien für Elektroautos abzulehnen sind“

  1. Politiker sind gar nicht in der Lage, technologische Innovationen vorauszusehen oder richtig einzuschätzen. Technologische Neuerungen wurden schon immer über den Markt gefördert. Man denke nur an die Entwicklung des Internet und der Mobilkommunikation. Die ersten Mobiltelefone waren extrem teuer, nur gut verdienende Private und Unternehmen konnten sich so etwas leisten. Diese Käufer haben einen grossen Anteil zu den ursprünglichen Entwicklungskosten beigetragen, bis daraus Konsumprodukte wurden.
    In Frankreich hat der Staat über Jahrzehnte den Dieselkraftstoff über niedrigere Steuern privilegiert; jetzt sitzt er mit einem riesigen Diesel-Fahrzeugvolumen auf den unerwünschten Konsequenzen, die den Klimazielen in die Quere kommen.

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