OrdnungsPolitiker
Der Politik sind sie lieb, für den Steuerzahler teuer

Die Politik und selbst die öffentlich-rechtlichen Medien scheuen eine offene Debatte über den privilegierten Beamtenstatus wie der Teufel das Weihwasser. Dabei sind die Versorgungsberichte der Länder oder die Denkschriften der Rechnungshöfe zur Kostendynamik in der Beamtenversorgung Alarmzeichen genug. Mein Fazit: Weg mit dem Beamtenstatus!

Die Politik und selbst die öffentlich-rechtlichen Medien scheuen eine offene Debatte über den privilegierten Beamtenstatus wie der Teufel das Weihwasser. Dabei sind die Versorgungsberichte der Länder oder die Denkschriften der Rechnungshöfe zur Kostendynamik in der Beamtenversorgung Alarmzeichen genug. Die Ausgaben für die Pensionen der ausscheidenden Beamten wachsen überdurchschnittlich. Ein pensionierter Oberstudienrat kostet seinen jeweiligen Dienstherrn Jahr für Jahr – inklusive der Beihilfe im Krankheitsfall – rund 50.000 Euro. Die Zahl der Pensionäre ist in den Ländern allein in den vergangenen drei Jahren um annähernd 100.000 gestiegen. Auch wenn nicht alle Pensionäre mit den Amtsbezügen eines Oberstudienrats in Ruhestand gehen: in Zahlen sind das rund 5 Milliarden Euro Mehrausgaben pro Jahr. Aufgrund der Altersstruktur steigen die Fallzahlen in den kommenden Jahren weiter.

Glückliches Sachsen: Lehrer sind nicht verbeamtet

Glückliches Sachsen übrigens, ein Bundesland, das sich in diesen Tagen ja keiner besonders guten Performance erfreut. Weil Kurt Biedenkopf in seiner Regierungszeit dort in den Neunziger Jahren durch setzte, dass im sächsischen Schuldienst bis auf die Schulleitungen keine Beamten, sondern nur Angestellte beschäftigt werden, hat der sächsische Landeshaushalt kaum Pensionslasten zu tragen. Denn Rentnerinnen und Rentner werden aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Umlageverfahren zu zwei Dritteln durch die Beitragszahler finanziert. Das letzte Drittel, derzeit schon rund 90 Milliarden Euro jährlich, schießt der Bund zu. Sachsen dient mir in diesem Punkt gern als Vorbild. Denn im Leistungsvergleich ist das sächsische Bildungssystem auch qualitativ stark, obwohl fast ausschließlich Angestellte unterrichten. Sachsens Beispiel belegt: Beamte sind verzichtbar!

In den Orkus mit den “althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“

Artikel 33, Abs. 5 des Grundgesetzes, der die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ für das Recht des öffentlichen Dienstes reklamiert, gehört abgeschafft. Alle Berufsgruppen im Staatsdienst, von der Abgeordneten bis zum Oberstudienrat, von der Inspektorin bis zum General. Doch das Thema wird tabuisiert, weil der Gesetzgeber selbst, die Exekutive und auch der Justizapparat sehr gut mit ihrem privilegierten Beamtenstatus leben. Es klingt zwar platt, aber eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Es ist ein Skandal, dass die Länder für ausscheidende Beamte im Schuldienst wieder beamtete Lehrer einstellen

Nicht einmal eine abgestufte Entbeamtungs-Diskussion läuft in Deutschland, die den hoheitlichen Bereich der Polizei, der Justiz und der Finanzverwaltung ausklammert. Es ist für mich ein Skandal, dass ausscheidende verbeamte Lehrer durch neue beamtete Lehrer ersetzt werden, obwohl die Landesfinanzminister die Ausgabendynamik für die Versorgung von immer mehr Pensionären kennen. Die Versorgungsrücklagen, für die sich Politiker so loben, sind übrigens auch keine Lösung. Denn die sind viel zu niedrig dotiert, um einen versicherungsmathematisch korrekten Deckungsbeitrag für die späteren Pensionslasten zu garantieren.

Warum erhalten Beamte Ausbildungszeiten anerkannt, Arbeitnehmer nicht?

Neben einem fundamentalen Systemwechsel muss es weitere Einschnitte in den Besitzstand der Beamten geben. Den Arbeitnehmern hat der Deutsche Bundestag vor Jahren die Anrechnungszeiten der Ausbildung ersatzlos gestrichen. Mit einem Federstrich wurde damit Akademikern ein Rentenminus von bis zu zehn Prozent verordnet. Bei Beamten zählen Ausbildungszeiten nach wie vor als Dienstzeiten. Warum? Beamte erhalten für ihre Kinder neben dem Kindergeld auch einen Kinderzuschlag, der dieses fast verdoppelt. Versicherungen und Kreditverträge sind für Beamte in der Regel günstiger, weil ihr Ausfallrisiko wegen der Unkündbarkeit gegen Null tendiert.

Bei Gehaltsvergleichen: Entscheidend ist das Netto

Der Sonderstatus des Beamten bietet reichlich Zusatzprivilegien. Ein entscheidender Vorteil wird von der Beamtenlobby fast immer unterschlagen. Wer die Bruttoeinkommen von Beamten und Angestellten vergleicht, sollte immer bedenken: Beamte bezahlen keine Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Auch die private Krankenversicherung ist wegen der staatlichen Beihilfe zu den Krankheitskosten günstiger. Deshalb verbleibt Beamten bei vergleichbarem Einkommen und Familienstand immer ein deutlich höheres Nettoeinkommen.

„Wirkungsgleiche“ Übertragung der Renteneinschnitte auf Beamte

Die Diskussion über das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung läuft derzeit im Vorwahlkampf zur Bundestagswahl. Es wird in den kommenden 14 Jahren auf rund 43 Prozent des letzten Erwerbseinkommens sinken. Dieser Abschlag wurde eingeführt, um die Rentenlasten zwischen Beitragszahlern und Rentnern wegen der demographischen Entwicklung gerecht zu verteilen. Die Politik beteuerte vor Jahren, dass sie diese Abschläge „wirkungsgleich“ auch auf die Beamtenversorgung übertragen wolle. Doch nach wie vor erhalten Pensionäre bis zu 71,75 Prozent aus dem Einkommen der letzten beiden Berufsjahre. Ich halte das für eine fast obszön zu nennende Selbstbedienung zu Lasten der Steuer- und Abgabepflichtigen.

Beihilfeniveau im Ruhestand absenken

Auch die großzügige Beihilfe im Krankheitsfall für Ruhestandsbeamte ist angesichts der Gesundheits- und Pflegekostendynamik, die aus der säkularen Alterung unserer Gesellschaft resultiert, nicht länger zu rechtfertigen. Privat versicherte Freiberufler und Selbständige etwa müssen zu hundert Prozent für ihre private Krankenversicherung im Alter aufkommen – ein oft sündhaft teures Unterfangen. Für Beamte gehört die Beihilfe im Ruhestand wenigstens auf maximal 50 Prozent gedeckelt.

Hinweis: Der Beitrag erschien am 23. Oktober 2016 in „The European“

Eine Antwort auf „OrdnungsPolitiker
Der Politik sind sie lieb, für den Steuerzahler teuer“

  1. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat sich in seinem jüngsten Gutachten „Nachhaltigkeit in der sozialen Sicherung über 2030 hinaus“ zur Reform der Beamtenversorgung wie folgt geäußert:

    „Viele Bürger lehnen Absenkungen von Rentenansprüchen oder eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters mit dem Hinweis auf eine aus ihrer Sicht privilegierte Stellung der Beamten in der Altersversorgung ab.

    Das System der Besoldung und Versorgung von Beamten und dasjenige der Vergütung und Altersversorgung von Angestellten sind jedoch sehr unterschiedlich, was ein Urteil darüber erschwert, ob Beamte tatsächlich privilegiert sind oder nicht. So schließt z.B. die Beamtenpension die Leistungen einer Betriebsrente mit ein, so dass Beamtenpensionen mit einer Kombination aus gesetzlichen und Betriebsrenten verglichen werden müssten. Zudem stieße eine Einbeziehung der Beamten in die GRV, wie sie vereinzelt gefordert wird, auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten.18

    Es scheint jedoch unter dem Aspekt der steigenden Lebenserwartung eine legitime Forderung zu sein, dass demographisch begründete Einschnitte ins Leistungsrecht innerhalb der GRV analog auch ins Pensionsrecht für Beamte übertragen werden.

    Dies ist bei der Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre – bei aller Unterschiedlichkeit der Pensionsregelungen im Bund, bei den Kommunen und in den 16 Bundesländern – auch weitgehend geschehen19 und sollte für weitere Anpassungsschritte nach der 2:1 Regel ebenfalls gelten. Hingegen ist der Nachhaltigkeitsfaktor, der in den vergangenen Jahren bereits mehrfach zu einer Dämpfung des Rentenanstiegs geführt hat, trotz eines Grundsatzbeschlusses im Rahmen der Rürup-Kommission in den Bundesländern wie im Bund nur zögerlich in die Berechnung der Beamtenpensionen einbezogen worden.“

    18 Nach gängiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus Art. 33 GG das System einer eigenständigen Beamtenpension. Im Übrigen haben Beamte eine deutlich höhere Lebenserwartung als der Durchschnitt der gesetzlich Rentenversicherten, so dass eine Einbeziehung der Beamten in die GRV den bislang Versicherten zum Nachteil gereichen würde (vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, 2003).
    19 Ausnahmen sind derzeit noch Berlin und Sachsen-Anhalt

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