Mit dem neuen Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) zur Erbschaftsteuer ist die Diskussion über die prinzipielle Angemessenheit der Besteuerung von Erbschaften wieder aufgelebt. Das BVG-Urteil zielt darauf ab, die Bewertung von Sachvermögen in Form von Grund und Boden oder Betriebsvermögen den Bewertungsgrundsätzen für Finanzaktiva beim Erbübergang gleichzustellen. Dem Gesetzgeber steht es aber frei, Unterschiede in den Steuersätzen und/oder Freibeträgen für die Besteuerung der diversen Aktiva im Erbportfolio zu gestalten.
In der politischen Arena wird dieses Urteil vor allem deshalb begrüßt, weil es als eine – scheinbare – Rechtfertigung für die Höherbesteuerung von vererbtem Grund und Boden sowie Betriebsvermögen angesehen wird. Man muß befürchten, daß vor allem die Landesfinanzminister darauf drängen, die Erbschaftbesteuerung in Richtung auf höhere Steuereinnahmen zu novellieren anstatt aufgrund der zukünftig ergiebigeren Steuerbasis z. B. die Erbschaftsteuersätze generell zu senken, um wenigstens Aufkommensneutralität zu wahren. Besser wäre es allerdings – und mit dem BVG-Urteil durchaus kompatibel – , wenn die Steuersätze auf Null gesenkt würden oder am besten : wenn – wie die Vermögensteuer – die Erbschaftsteuer – als Vermögensteuer beim Erbübergang – abgeschafft würde.
Im liberalen Kontext ist die Besteuerung von Erbschaften schon immer umstritten gewesen. John St. Mill sowie manche anderen klassischen Liberalen und auch Milton Friedman standen für eine – zum Teil konfiskatorische – Besteuerung mit der Begründung der Herstellung von Startchancengleichheit für jede Generation, die durch leistungslos erworbenes Erbvermögen einzelner nicht gegeben sei. Hayek sah die Sache aus einem anderen Fokus: Das Erben ist eine spezielle Variante von privaten Zufälligkeiten im menschlichen Leben, die schon mit der Geburt beginnen: Gene, Intelligenz, Charakter, körperliche Fähigkeiten, seelisches Empfinden, Aussehen – also Humanvermögen – erbt man ebenso unterschiedlich wie Sach- und Finanzvermögen. Ein vielfältig augestattetes Erbportfolio von differenziertem Human-, Sach- und Finanzvermögen also. Und bei jedem ist dieses Erbportfolio vollkommen anders zusammengesetzt. Startchancengleichheit? Das würde doch wohl Portfoli ogleichheit bedeuten müssen.
Eine absurde Idee wäre es, wenn man dem Staat die Rolle zuwiese, für eine solche Portfoliogleichheit zu sorgen! Was ist denn das gleiche optimale Erbportfolio für jeden, damit man es durch staatliche Intervention herstelle? Gibt es dieses überhaupt angesichts der so vielfältigen Ausprägungen von individuellen Erstausstattungen und Präferenzen der Bürger? Was ist zu tun, wenn ein Dummer (wenig Humanvermögen) viel Sachvermögen erbt und ein Intelligenter (viel Humanvermögen) gar nichts? Soll der Staat, dem Gleichheitspostulat folgend, das ererbte Sachvermögen des Dummen besteuern, obwohl es in seinem Portfolio doch eigentlich nur sein fehlendes Humanvermögen als Einkommenserzielungsquelle ausgleicht? Und sollte nicht der chancengleichheitsoriente Staat dann auch das ererbte Humanvermögen des Intelligenten besteuern, obwohl es ihm als Kompensation für fehlendes Sachvermögen dient? Es ist gut, daß bisher niemand die Besteuerung ererbten Humanvermögens in Betracht zieht, obwohl damit die Idee der Startchancengleichheit verletzt wird. Dies zeigt, wie wenig systemisch begründet das Startchancengleichheitspostulat ist, wenn man die Erbschaftbesteuerung allein auf das Sach- und Finanzvermögen im Erbportfolio konzentriert. Hayeks Konsequenz: Halten wir doch den Staat fern davon, sich gestaltend und korrigierend in die vielfältige Differenziertheit privater Vermögensportfolios einzumischen.
Viele Gründe kommen hinzu, die die Erbschaftsteuer diskreditieren.
Da ist erstens das Argument der Mehrfachbesteuerung, die für jede Vermögensteuer gilt: Vermögen bildet sich aus den Ersparnissen bereits versteuerter Einkommen. Vermögen hat also eine Steuerlastgeschichte. Zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerungen darf es mithin keine Vermögensteuer geben, und insofern ist es konsequent, daß die Vermögensteuer in Deutschland abgeschafft wurde. Für die Erbschaftsteuer, die eine Vermögensteuer beim Erbübergang ist, gilt dies grundsätzlich analog: Auch ererbtes Vermögen hat eine Steuerlastgeschichte, die nicht dadurch obsolet wird, daß der Zensit wechselt (im Falle der Erbanfallsteuer; bei der Erbnachlaßsteuer wechselt nicht einmal der Zensit).
Zweitens ist, wenn man das Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung ernst nimmt, eine Besteuerung des Transfers aus dem bereits versteuerten Sparkapital des Erblassers mit dem Korrespondenzprinzip der Besteuerung zu vereinbaren: Der Erbe, der einerseits die Erbschaft als eine seine Leistungsfähigkeit erhöhende Einnahme versteuern muß, müßte konsequenterweise andererseits die Steuer erstattet bekommen, die der Erblasser auf die Einnahmen entrichtet hat, mit denen er das vererbte Vermögen gebildet hat. Das wäre verfahrenstechnisch sehr kompliziert, und zudem kann nicht einmal ausgeschlossen werden, daß der Erbe, wenn er ein niedrigeres Einkommen als der Erblasser hat, bei progressivem Einkommensteuertarif sogar mehr erstattet bekommt, als er zu zahlen hat. Dies zeigt, daß die Erbschaftsteuer auch im Rahmen der Einkommenbesteuerung keinen Sinn macht.
Drittens: Wenn ein aus versteuertem Einkommen gebildetes Privatvermögen der Erbschaftsteuer unterliegt, so bedeutet dies, daß der Staat leistungslos Privatvermögen konfisziert. Welchen Sinn soll dies machen, wenn man es nicht nur – was fatal wäre – fiskalisch begründet? Um z. B. Startchancengleichheit herzustellen, müßte der Staat das von ihm konfiszierte Vermögen doch wieder an die Privaten zurückgeben, und zwar an diejenigen, die aufgrund geringerer Vermögensausstattung (Human-, Sach- und Finanzvermögen) dafür infrage kommen sollen. Hier sind wir dann wieder im Hayekschen Kontext der staatlichen Wissens- und Kompetenzanmaßung bezüglich des optimalen Vermögensportfolios der Bürger, an das er bürgerbeglückend heranzuintervenieren vorgibt.
Viertens: Vermögen ist die Brücke zwischen den Generationen, die die Zukunftssicherung für die Kinder und Kindeskinder verspricht. Die soziale Sicherung in Deutschland wird bekanntlich ohne staatlichen Kapitalstock organisiert, das macht sie – insbesondere bei abnehmender Population – nicht zukunftssicher. Die zukunftsorientierte Disposition von Konsum und Sparen der heute Lebenden zugunsten ihrer Kinder und Kindeskinder und die damit verbundene Intention der intergenerativen Übertragung von privatem Vermögen zu deren Zukunftssicherung, die häufig genug aus (genetischem) Altruismus erfolgt, ist um so wichtiger, als der Staat ja keinen Kapitalstock gebildet hat und – ganz im Gegenteil – zudem noch höchst verschuldet ist. Die Konfiskation privaten Vermögens durch den Staat via Erbschaftsteuer schwächt die überaus wichtige Zukunftssicherung über privates Vermögen. Das ganze Gegenteil ist aber vonnöten.
Fünftens: Im sich verschärfenden internationalen Steuerwettbewerb steigt die Steuerelastizität mobiler Erbvermögen. Schweden und Portugal haben ebenso wie sämtliche neuen EU-Mitglieder keine Erbschaftsteuer. Die Schweiz und Österreich sind mit ihrer institutionellen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer traditionell attraktiv für Vermögensdisponenten, sich nicht mehr in Deutschland der Besteuerung zu unterziehen. Man muß einfach erkennen, auch wenn manche dies bedauern mögen, daß die Vorstellungen über „gerechte“ Besteuerung international divergieren. Moralische Appelle an Vermögensdisponenten, sich doch der inländischen Besteuerung zu unterziehen und nicht ins Ausland abzuwandern, sollten – weil sie ineffektiv sind – kein Substitut sein für eine international wettbewerbsfähige Ausgestaltung der Erbschaftbesteuerung in Deutschland.
Sechstens: Die Erbschaftsteuer ist nicht sehr ergiebig. Mit rund 4 Mrd. Euro ist sie zur Zeit eine Bagatellsteuer, und dies erst recht, wenn man die hohen Bürokratiekosten abzieht. Aber die Erbschaftsteuer ist für manche Parteiprogramme, die der Umverteilung im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“ das Wort reden, eine Symbolsteuer: Eigentum, großes zumal, sei doch irgendwie Diebstahl. Die Weitergabe sei deshalb möglichst zu unterbinden. Deshalb wird das BVG-Urteil leider wohl zu Einnahmeerhöhungen bei der Erbschaftsteuer führen. Nichts davon, daß der Staat, anstelle privates Vermögen zu konfiszieren, Anreize schaffen sollte, privates Vermögen zu vermehren. Und zudem die Förderung privater Philanthropie neu zu gestalten. Daraus entstehen dann mehr Wachstum und Beschäftigung.
- Ordnungsruf
Der Bundesfinanzminister ist kein Freund des Steuerwettbewerbs
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Warum gibt es keinen Ökonomen im Deutschen Ethikrat? - 13. Oktober 2019 - Bitte kein Zentralabitur in Deutschland! 10 Thesen - 26. Juli 2019
Da ich mich ja immer nur auf 5 Punkte hier beschränke, werde ich Ihren Punkt 1 und 2 zusammen beantworten.
1. „Da ist erstens das Argument der Mehrfachbesteuerung,“
Dass das Unsinn ist, ist hier schon an anderer Stelle diskutiert worden. Wo – bitte schön – hat das Steuersubjekt, der Erbe, schon Steuern auf den Steuertatbestand, das Erbe, bezahlt? Nur weil hier jemand etwas falsches behauptet, müssen Sie es doch nicht zwingend wiederholen. Sie sehen den Unsinn, den Sie schreiben zwar, denn Sie formulieren ja selbst: „Auch ererbtes Vermögen hat eine Steuerlastgeschichte, die nicht dadurch obsolet wird, daß der Zensit wechselt (im Falle der Erbanfallsteuer; bei der Erbnachlaßsteuer wechselt nicht einmal der Zensit).“ Hier ist zu fragen: warum nicht? Auch mein Lohn hat eine Steuerlastgeschichte. Brauch ich keine Lohnsteuer mehr zahlen, weil mein Arbeitgeber Körperschaftssteuern bezahlt hat? Analog gilt dies für zweites: kann der Arbeitnehmer einen Lohnsteuerausgleich beantragen, für die Steuern, die der Arbeitgeber entrichten musste? Man sieht: wenn man Ihre Bemerkungen von Erbschaft auf Lohn überträgt, wie absurd und unsinnig sie sind.
3. „Wenn ein aus versteuertem Einkommen gebildetes Privatvermögen der Erbschaftsteuer unterliegt, so bedeutet dies, daß der Staat leistungslos Privatvermögen konfisziert.“
Och, in einer anderen Diskussion in diesem Forum wurde ich belehrt, dass dies Einkommen nicht leistungslos ist, weil der Erbe (außer für den Pflichtteil) ja etwas geleistet hat, dass er dieses Erbe erhält (nicht enterbt wurde). Es wäre doch einfacher, wenn ihr Neoliberalen wenigstens konsequent in der Argumentation bleiben würdet (ok, zugegeben: meistens ist das ja auch der Fall).
3. „Vermögen ist die Brücke zwischen den Generationen, die die Zukunftssicherung für die Kinder und Kindeskinder verspricht.“
Eigentlich witzig die Argumentation. Gilt nicht eigentlich gerade für Neoliberale das Leistungsprinzip? Wie sieht es aber damit aus, wenn jemand mit 0 Euro und der andere mit 1.000.000 Euro (oder mehr) starten kann? Wäre nicht gerade im Hinblick auf Leistungsgerechtigkeit sogar eine 100%ige Erbschaftssteuer zu begründen? Ein Verzicht auf eine Erbschaftssteuer widerspricht jedenfalls fundamentall der Idee der „Auslese der Besten“.
4. „Im sich verschärfenden internationalen Steuerwettbewerb steigt die Steuerelastizität mobiler Erbvermögen. Schweden und Portugal haben ebenso wie sämtliche neuen EU-Mitglieder keine Erbschaftsteuer.“
Ok, einigen wir uns auf die Erbschaftssteuer von USA, Großbritannien und Frankreich. Es ist jedenfalls belustigend, dass wir uns jetzt offensichtlich eher an Portugal und Estland als an Großbritannien und Frankreich orientieren sollen.
5. „Nichts davon, daß der Staat, anstelle privates Vermögen zu konfiszieren, Anreize schaffen sollte, privates Vermögen zu vermehren. Und zudem die Förderung privater Philanthropie neu zu gestalten. Daraus entstehen dann mehr Wachstum und Beschäftigung.“
Nun, wir haben in Deutschland eine geringe Erbschafts- (und keine Vermögenssteuer). Dass Deutschland mehr Wachstum und Beschäftigung hat, als Staaten mit höherer Erbschafts- und Vermögenssteuer kann nicht ernsthaft behauptet werden, nicht wahr? Daher mein Vorschlag: erst die Realitäten analysieren und dann daraus Erkennisse ableiten. Aber ok, geht nicht. Dann müssten Sie ja Ihren neoliberalen Standpunkt komplett aufgeben, denn diese steht ja ständig mit der Realität im Widerspruch.
Nachbemerkung: Falls sich jemand wundert, dass ich hierauf nicht eingegangen bin: „Gibt es dieses überhaupt angesichts der so vielfältigen Ausprägungen von individuellen Erstausstattungen und Präferenzen der Bürger? Was ist zu tun, wenn ein Dummer (wenig Humanvermögen) viel Sachvermögen erbt und ein Intelligenter (viel Humanvermögen) gar nichts? Soll der Staat, dem Gleichheitspostulat folgend, das ererbte Sachvermögen des Dummen besteuern, obwohl es in seinem Portfolio doch eigentlich nur sein fehlendes Humanvermögen als Einkommenserzielungsquelle ausgleicht?“
Ich bin da übers Lachen nicht hinaus gekommen. Sorry, aber sollten wir hier nicht ernsthat diskutieren? Das eine hat mit dem anderen ja gar nichts zu tun. Zwar ist es häufig so, dass der Vater seinem leiblichen Sohn (oder Tochter) das Erbe hinterlässt, aber nicht zwingend (und diskutierbar wäre es erst, wenn hier ein zwingender Zusammenhang bestünde). Da er auch jemandem sein Vermögen hinterlassen kann, der genetisch nichts mit ihm zu tun hat, ist dies eine typisch Hayeksche Argumentation: witzig, aber ohne jeglichen intellektuellen Gehalt.
Sehr geehrte Herren,
Bereits die Überschrift Ihres Beitrags stößt bei mir auf großes Unbehagen. Meiner Ansicht nach sollte die im wesentlichen abgeschaffte Vermögensteuer wieder eingeführt werden. Darüber hinaus sollte die Erbschaftssteuer natürlich angemessen erhöht werden.
Vermögensteuern und Erbschaftssteuern können dem Staat erhebliche Einnahmen verschaffen. Und insbesondere die Vermögen der Reichen und Superreichen sind hervorragend dazu geeignet, mit hohen Steuern belegt zu werden. Sei es die Vermögensteuer, sei es die Erbschaftssteuer. Man muss nur wollen, dann kann es Wohlstand für alle geben, dann kann es wirtschaftliche Freiheit für alle geben.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Langsamdenker der WASG hier noch einmal die (idiotensichere?) Erklärung:
http://www.ef-magazin.de/ef70-groezinger-erbschaftssteuer.pdf
Mit erzliberalen Grüßen
DDH
@ Herr Henning,
wenn dies der Höhepunkt der neoliberalen Analytik sein soll, dann muss ich wohl Mitleid mit den Neoliberalen haben. Auf den „Neidkomplex“ gehe ich gar nicht ein. Dieser wird ja sowieso nicht argumentativ hergeleitet sondern einfach unterstellt.
1. „dass der Inhaber dieser nicht verkonsumierten Mittel
doch wohl allein das Recht hat, darüber zu bestimmen, wem
dieses Kapital nach eigenem Ableben zugute kommen soll,
und wem nicht.“
Übertragen wir es wieder auf den Lohn: dass der Besitzer eines Einzelunternehmens doch wohl allein das Recht hat, darüber zu bestimmen, wem er den erwirtschafteten Umsatz des Unternehmens zugute kommen lassen will, und wem nicht.
Analog könnte man so also auch die Lohnsteuer (und eigentlich jede Steuer) aushebeln.
2. „Stattdessen könnte man es mit dem Hinweis versuchen,
dass jedes Erbe, von der blonden Haarspitze bis zur
Klumpfußsohle, vom Dummkopf bis zum Intelligenzbolzen,
„unverdient“ ist. Wenn also nur das außer-, nicht aber
das innerkörperliche „unverdiente“ Erbe umverteilt werden
soll (weil: kann), dann ist das irgendwie inkonsequent,
oder auch: willkürlich, also ungerecht.“
Auch hier Beispiel Lohn: Ich habe einen Werksvertrag und erhalte im Anschluß 100.000 Euro plus den Zugang zu einem exklusiven Golf-Club. Da ich für letzteres aber keine Lohnsteuer zahlen muss, ist jegliche Lohnsteuer willkürlich, also ungereicht.
Tatsächlich wird im allgemeinen nur die Übertragung von Finanzen wie von Sachen besteuert. Das ist im Erbfall nicht anders wie bei Löhnen.
3. „Eine tüchtige und charakterstarke Enkelin, in deren
Hände das Familienvermögen voraussichtlich gemehrt
würde, müsste im Erbfall weit mehr Steuern zahlen als der
Taugenichts von einem Sohn.“
Gut, einigen wir uns darauf, dass alle gleich viel Steuern zahlen. Da habe ich kein Problem mit.
Aber auch hier wieder Beispiel Lohn: Ein tüchtiger und charakterstarker Single, in dessen Händen der Lohn voraussichtlich sinnvoll ausgegeben (und teilweise gespart) wird, muss bei gleich hohem Lohn weit mehr Steuern zahlen als ein Taugenichts, der gleichzeitig Ehemann ist und vier Kinder hat. Auch hier wieder: analog kann man so auch die Lohnsteuer und eigentlich jede Steuer aushebeln. Besteuert wird ja nur die Einkommens- und Vermögensübertragung, nicht ob dieses sinnvoll verwendet wird (letztlich ist auch die Frage, ob nach Ansicht der Neoliberalen der Staat tatsächlich beurteilen soll, ob ein Individuum seine Finanzen sinnvoll verwendet oder nicht.)
4. „Auch wenn diese Steuermittel ausschließlich für (staatliche) Investitionen ausgegeben werden. Denn da sich diese Investitionen
nicht am Markt behaupten müssen, sind sie stets ineffizienter
(also: verschwenderischer, „verkonsumierender“)
als private Investitionen.“
Kurz: zumindest in dieser Stringenz schlicht und ergreifend ökonomischer Unfug (Für Ökonomen siehe u.a. positive Skaleneffekte).
6. „Ohne Kapital gibt es keine Arbeit, höchstens als „Arbeit“
verkleidete Hilfestellung beim Konsum. Eine Verkonsumierung,
also Verringerung, des Kapitals führt daher immer
(merke: immer) zu einer Senkung der Nachfrage nach
Arbeit.“
Hier kommt es auf die Definition von Kapital an. Schließt man Humankapital ein, ist dies eine Tautologie. Auch technologisches Wissen sollte man irgendwo bei einem Menschen (und somit einen Arbeiter) ansetzen. Meint man aber nur Finanz- und Sachkapital ist die Aussage schlicht falsch. Selbstverständlich ist Arbeit ohne Finanz- und Sachkapital möglich. War vor dem Kapitalismus der Fall und selbst eine Marktwirtschaft ist ohne Kapital denkbar (für Keynes war dies die Zukunftsvorstellung).
Herr Henrichs, es ist ja erfreulich, wenn Sie ein Argument gegen die Lohnbesteuerung nach dem anderen aufführen. Es ist allerdings nicht ersichtlich, wie die Ungerechtigkeit der einen Steuer der Rechtfertigung einer anderen Steuer dienen soll. Ich fürchte jedoch, dass sich eine solche Frage wohl gar nicht stellt, wenn man (wie auch „meudalherr“) die Bereicherung des Staates als Selbstzweck betrachtet.
@ Christian Hoffmann,
„Es ist allerdings nicht ersichtlich, wie die Ungerechtigkeit der einen Steuer der Rechtfertigung einer anderen Steuer dienen soll. Ich fürchte jedoch, dass sich eine solche Frage wohl gar nicht stellt, wenn man (wie auch “meudalherr“) die Bereicherung des Staates als Selbstzweck betrachtet.“
Das sehe ich genauso. Wenn man grundsätzlich gegen jegliche Steuer ist, gibt es keinen Grund für eine Erbschaftssteuer zu sein. Ob Steuern allgemein sinnvoll sind, ist eine andere Diskussion, die ich hier nicht führen will, weil dies am Thema vorbei führen würde (dennoch ein kurzer Hinweis: Steuern sind schon allein deshalb sinnvoll, weil der Staat viele Produkte kostengünstiger und effizienter als der Markt anbieten kann). Vielleicht ergibt sich da ja die Gelegenheit.
Bleibt festzuhalten: wenn man nicht grundsätzlich JEDE Steuer ablehnt, gibt es keinen nachvollziehbaren, ökonomischen Grund ausgerechnet die Erbschaftssteuer abzulehnen.
Sehr geehrter Herr Henrichs,
das interressanteste Argument in dieser Diskussion hebeln sie mit einem kurzem, aber leider nicht haltbaren Nebensatz aus:
Die Steuerlastgeschichte des zu vererbenden Vermögens!!!
Sie sprechen hier davon, dass Sie Lohnsteuer respektive Einkommenssteuer zu entrichten haben, obwohl Ihr Lohn bei Ihrem Arbeitgeber bereits versteuert wurde…
Dies ist leider einfach falsch, denn sowohl die Körperschaftssteuer als auch die Einkommenssteuer (Personengesllschaften) besitzen als Bemessungsgrundlage gerade nicht den Personalaufwand mit ein und lassen diesen den Gewinn mindern!!! Somit ist Ihr Lohn auf Seite des Unternehmens nicht besteuert, wird dies aber wohl bei Ihnen!!!
Gewinne von Personengesellschaften unterliegen grundsätzlich beim Unternehmer der Einkommenssteuer, so wie dies auch bei Gesellschafter und Aktionär von Kapitalgesellschaften der Fall ist. Zusätzlich versucht man gerade bei Kapitalgesellschaften die Belastung der von Ausschüttungen, der der Personengesellschaften anzunähern, indem man die MEHRFACHBELASTUNG durch KÖRPERSCHAFTSSTEUER und EINKOMMENSTEUER durch das Halbeinkünfteverfahren abmildert.
Da sie dies wahrscheinlich schon wußten, wollten sie wahrscheinlich einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass unser erworbenes Einkommen grundsätzlich nur einmal der Besteuerung unterworfen werden sollte und dies in zahllosen bilateralen Verträgen (DBA’s) und dem KStG 8b und dem Halbeinkünfteverfahren mal besser mal schlechter in geltendes Recht umgesetzt wurde.
ZUsätzlich bringen Sie leider nur Negativargumente, warum man die Argumente die Steuer abzuschaffen nicht Ihrer Vorstellung dieser Welt entsprechen, nur frage ich mich, was sind die Vorteile dieser Steuer???
Kennen Sie die Bewertungsvorschriften, die das BVG nicht zu unrecht beanstandet???
Kennen Sie die ineffiziezen in dem Versuch ein einheitlichen Steuersatz auf gewachsene Gebilde wie UNternehmen zu legen, deren Wert selbst mancher Gesellschafter nicht wirklich schätzen kann???
Die Erbschaftsteuer in der jetzigen Form ist ein bürokratisches Monstrum, das in der Erhebung fast mehr kostet als sie einbringt, aber Sie befriedigt Neidreflexe, die anscheinend so groß sind, dass sich kein Politiker ernsthaft an diese Baustellen traut…
Aber bitte, was sind Ihre Argumente, die diese Steuer rechtfertigen???
Denn wenn Ihnen die Gegenargumente nicht behagen, könnte es doch trotzdem sein, dass Sie auf etwas beharren, das Sie selbst nicht zu rechtfertigen vermögen…
mit bestem Gruß
Ich wundere mich, dass ein wichtiges Argument nicht vorkommt: Die privaten Vermögen wachsen immer mehr, und der Staat borgt sich dieses Vermögen aus, damit der Geldkreislauf geschlossen wird. Dieses Ausborgen ist aber offensichtlich nicht zukunftsfähig, wie gerade in diesem Blog häufig dargelegt wird. Wie kann man also hier der Meinung sein, eine Erbschaftssteuer wäre überflüssig oder gar schädlich? Wie sähe die Volkswirtschaft aus, wenn die Reichen ihr Vermögen horten und der Staat auf das Schuldenmachen strikt verzichtet? Bitte um Analyse!