Im Dezember 2019 haben sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU auf den von der EU-Kommission vorgeschlagenen „Green Deal“ politisch geeinigt. In der Folge hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, mit der ein „Europäisches Klimagesetz“ geschaffen werden soll. Darin wird das Ziel der Klimaneutralität der EU bis zum Jahr 2050 rechtsverbindlich festgeschrieben. Bis zu diesem Jahr müssen also die Nettotreibhausgasemissionen der EU auf null sinken. Dies wird mit weitreichenden Konsequenzen für die Wirtschaft und für das Leben der Bürger in der EU verbunden sein. Bevor man sich darauf einlässt, muss gründlich geprüft werden, ob der Green Deal überhaupt umweltpolitisch sinnvoll und wirtschaftspolitisch tragbar ist – oder ob man sich vom grünen Zeitgeist auf einen Irrweg leiten lässt, der in die umweltpolitische Sinnlosigkeit und die wirtschaftspolitische Katastrophe führt. Um diese Frage systematisch anzugehen, müssen drei Dimensionen oder Ebenen der Klimapolitik unterschieden werden, die in der öffentlichen Diskussion leider allzu oft nicht unterschieden werden: erstens, die Klimapolitik auf globaler Ebene; zweitens, die Klimaschutzziele auf nationaler bzw. EU-Ebene; und drittens, die klimapolitischen Instrumente auf nationaler bzw. EU-Ebene.
Wie sollte die globale Klimapolitik aussehen?
Seit Beginn der Industrialisierung ist die Durchschnittstemperatur weltweit um 1° C angestiegen. Dieser Anstieg wurde durch die mit der Industrialisierung einhergehende Emission großer Mengen an Treibhausgasen (vor allem CO2, daneben auch Methan, N2O und fluorierte Gase) verursacht, die zu einer starken Zunahme der Konzentration dieser Gase in der Atmosphäre geführt und damit einen anthropogenen Treibhauseffekt bewirkt hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde die fortgesetzte Emission von Treibhausgasen in der bisherigen Größenordnung zu einem weiteren Temperaturanstieg um ca. 2° C bis zum Ende dieses Jahrhunderts führen. Dies hätte wahrscheinlich gravierende Konsequenzen zur Folge, die von einer Zerstörung von Ökosystemen und einer Zunahme von Umweltkatastrophen über die Gefährdung der Nahrungsmittelversorgung und der menschlichen Gesundheit bis zu einem verstärkten Migrationsdruck und militärischen Konflikten um natürliche Ressourcen reichen. Um dies zu verhindern und um mit den schon jetzt unvermeidbaren Folgen des Klimawandels besser fertig werden zu können, wird es vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) für notwendig gehalten, den Gesamttemperaturanstieg, wenn möglich, auf 1,5° C, auf jeden Fall aber auf 2,0° C zu begrenzen, d.h. einen weiteren Anstieg um nur 0,5° C bzw. höchstens 1,0° C zuzulassen. Will man das ehrgeizigere 1,5° C-Ziel erreichen, so müssten die menschenverursachten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 45% gegenüber dem Jahr 2010 sinken und ab 2050 dürfte es gar keine Nettoemissionen von Treibhausgasen mehr geben; es dürften dann also nur so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie ohne einen weiteren Anstieg der Konzentration derselben in der Atmosphäre absorbiert werden können. Über diese Zusammenhänge besteht in der Wissenschaft ein sehr weitgehender Konsens. Es gibt zwar Unklarheiten über die Rolle anderer klimarelevanter Faktoren (wie etwa die der Sonnenaktivität oder der kosmischen Strahlung) und die zur Klimaprognose verwendeten Simulationsmodelle weisen teils relativ große Unschärfen auf, doch ist es im Sinne des Vorsichtsprinzips sicher vernünftig, den gegenwärtigen Stand der Klimaforschung zur Grundlage klimapolitischer Entscheidungen zu machen – und das 1,5° C-Ziel zu akzeptieren. Dies hat die Staatengemeinschaft am 12. Dezember 2015 durch die Annahme des Pariser Abkommens getan, in welchem festgelegt wurde, dass „der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2° C über dem vorindustriellen Niveau gehalten und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“ (Artikel 2).
Aber wie soll und kann dieses Ziel erreicht werden? Beim Klimaproblem handelt es sich um ein globales Umweltproblem – und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist für die Klimabeeinflussung allein die absolute Menge der Treibhausgasemissionen entscheidend; es spielt keine Rolle, in welchem Land oder zu welchem Zweck oder von wem emittiert wird. Zum anderen wirken sich die Folgen etwaiger Klimaveränderungen auf die gesamte Welt aus; jedes Land ist in der einen oder anderen Form betroffen, wenngleich nicht alle Länder im gleichen Ausmaß und in der gleichen Weise. Das Klimaproblem ist also sowohl hinsichtlich der Verursachung als auch hinsichtlich der Konsequenzen ein globales Problem. Folglich kann es auch nur auf globaler Ebene effektiv und effizient gelöst werden. Aus umweltökonomischer Sicht wäre ein global einheitlicher Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen notwendig, der entweder direkt durch eine Emissionssteuer oder indirekt durch ein Emissionszertifikatssystem eingeführt werden könnte. Im ersten Fall würde der Steuersatz festgelegt und die Emissionsmenge würde sich gemäß den Reaktionen der Emittenten ergeben; im zweiten Fall würde die Zertifikats- bzw. Emissionsmenge bestimmt und der Zertifikatspreis würde sich durch Angebot und Nachfrage am Markt bilden. Entscheidend ist, dass in beiden Fällen weltweit einheitlich vorgegangen wird, d.h. dass alle Emittenten in allen Ländern in gleichem Maße belastet werden. So – und nur so! – können die Treibhausgasemissionen effektiv und effizient, d.h. zu den geringstmöglichen Kosten, reduziert werden. Denn auf diese Weise würden die Kosten des Klimawandels den Verursachern angerechnet und diese hätten einen Anreiz, die Treibhausgasemissionen zu senken. Dabei würden die Emittenten ihre Emissionen umso stärker reduzieren, je niedriger ihre Reduktionskosten sind, sodass insgesamt die Emissionsreduktion zu den geringstmöglichen Kosten erfolgen würde. Beide Instrumente haben ihre Vor- und ihre Nachteile, aber die Steuerlösung erscheint hauptsächlich aus einem Grund das bessere Instrument zu sein: Nur bei ihr haben die Haushalte und Unternehmen Planungssicherheit, da sie bei Kenntnis des Steuersatzes auch genau wissen, wieviel sie die Emission von Treibhausgasen kosten wird und sie ihr Verhalten dementsprechend anpassen können.
Aber das entscheidende Hindernis für die Realisierung einer ökonomisch rationalen Klimapolitik besteht in dem Auseinanderfallen von globaler Problemnatur und nationaler Problemlösungskompetenz. Denn es gibt keine Weltregierung oder keine globale Umweltbehörde, die die Kompetenz hätte, dieses Problem mittels geeigneter klimapolitischer Maßnahmen zu lösen. Diese sind und bleiben vielmehr Sache der Nationalstaaten (oder von Staatengemeinschaften wie der EU). Eine globale Lösung setzt daher internationale Koordination, also die Zusammenarbeit der Nationalstaaten voraus. Tragischer Weise ist aber die internationale Zusammenarbeit gerade in den Fällen am schwierigsten, in denen sie am notwendigsten wäre – nämlich bei globalen Problemen wie dem Klimaproblem. Ursache hierfür ist das Phänomen des „Schwarzfahrerverhaltens“: Die Kosten des Klimaschutzes müssen von jedem Land, das entsprechende Maßnahmen ergreift, vollständig getragen werden, während der Nutzen dieser Maßnahmen der ganzen Welt, also dem betreffenden Land nur zu einem kleinen Teil zu Gute kommt. Jedes einzelne Land hat also den Anreiz, keine Klimapolitik zu betreiben und zu hoffen, dass dies andere Länder tun, damit es von deren Anstrengungen profitieren kann und selbst keine Kosten tragen muss. Wenn jedes Land eine solche Strategie verfolgen würde, dann gäbe es natürlich überhaupt keine Klimapolitik, worunter alle Länder leiden würden, da ja (annahmegemäß) eine Begrenzung des Temperaturanstiegs im Interesse aller ist. Dieses Hindernis auf dem Weg zu einer weltweit koordinierten Klimapolitik konnte bislang noch nicht überwunden werden – auch nicht durch das von der Politik so gepriesene Pariser Abkommen. Mit diesem wurde nämlich nicht eine koordinierte Klimapolitik eingeleitet, sondern vielmehr das bisherige unkoordinierte Nebeneinander nationaler Klimapolitiken institutionalisiert. Das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft in der Klimafrage wurde lediglich durch wohlklingende Zielvereinbarungen bemäntelt. Jedes Land hat sich nämlich unabhängig voneinander zu den Maßnahmen verpflichtet, die es für sinnvoll und im eigenen Interesse hält; es überrascht deshalb nicht, dass diese Maßnahmen nicht mit dem 1,5° C-Ziel, zu dem man sich bekannt hat, vereinbar sind; denn auch bei Einhaltung aller Selbstverpflichtungen würde dieses Ziel nicht erreicht werden. Ganz abgesehen davon gibt es keinerlei Sanktionen bei Nichterreichung des Klimaziels oder bei Nichterfüllung der Selbstverpflichtungen – oder bei einem Ausstieg eines Landes aus dem Pariser Abkommen. Eine international koordinierte Klimapolitik ist heute weiter entfernt denn je.
Nationale Emissionsziele statt internationaler Koordination?
Ist es in einer solchen Situation sinnvoll, ja vielleicht sogar notwendig, dass einzelne Länder vorangehen und sich im Interesse des Klimaschutzes unabhängig vom Verhalten anderer Länder ehrgeizige Emissionsziele setzen?
So hat sich die EU-Kommission im Rahmen des Green Deal die Empfehlungen des IPCC zu eigen gemacht: Die Nettoemission von Treibhausgasen soll bis zum Jahr 2050 auf null sinken und das Zwischenziel für das Jahr 2030 soll verschärft werden; statt einer Emissionsreduktion von bisher 40% (gegenüber 1990) soll jetzt eine Reduktion um 50% bis 55% (gegenüber 1990) angestrebt werden (was einer Reduktion um 42% bis 48% gegenüber 2010 entspricht).
Schaut man sich die Zahlen zu den weltweiten Treibhausgasemissionen an, so wird schnell klar, dass der Green Deal bei weitem nicht hinreichend für eine spürbare Reduktion der Gesamtemissionen und damit für eine Stabilisierung des Klimas ist. 2017 betrug der Anteil der EU an den weltweiten Treibhausgasemissionen lediglich 9,3% (davon hatte Deutschland einen Anteil von 2,0 Prozentpunkten); ohne das Vereinigte Königreich hätte sich der EU-Anteil auf 8,1% belaufen. Zum Vergleich: Die Anteile der USA und von China betrugen 14,8% bzw. 27,5%. Selbst eine Realisierung der sehr ambitionierten Ziele des Green Deal würde also gewiss nicht ausreichen, den gegenwärtigen Trend der Erwärmung zu stoppen oder gar umzukehren; bestenfalls könnte man eine Abschwächung desselben erwarten.
Aber, so ist häufig zu hören, muss die EU nicht beim Klimaschutz vorangehen – in der Hoffnung, dass andere Länder ihr folgen werden? Diese Hoffnung zeugt von einer gewissen Naivität, verkennt sie doch die ökonomischen Anreize, die von einem solchen guten Beispiel ausgehen. Je klimapolitisch aktiver die EU ist, desto geringer ist der Anreiz für andere Länder, selbst eine teure Klimapolitik zu betreiben und desto größer ist der Anreiz, abzuwarten und nichts zu tun – da ja die Schwarzfahrerstrategie erfolgreich zu sein scheint. Im Gegenteil, es ist sogar möglich, dass andere Länder von den Klimaschutzmaßnahmen der EU industriepolitisch profitieren. Das kann dann der Fall sein, wenn emissionsintensive Industrien aus der EU in Drittländer aufgrund deren klimapolitischer Standortvorteile abwandern („carbon leakage“). Dann würden die einseitigen Maßnahmen der EU nicht nur nicht zu einer aktiveren Klimapolitik in anderen Ländern, sondern sogar zu höheren Treibhausgasemissionen in diesen führen – und dann wäre der Nettoeffekt des Green Deal auf die globalen Emissionen sogar noch geringer, als es dem Anteil der EU an diesen Emissionen entspricht.
Man sollte auch bedenken, dass es den Versuch, mit einseitigen Maßnahmen andere zu überzeugen, diesen zu folgen, schon gegeben hat: Er trägt den Namen „Kyoto-Protokoll“ und ist gescheitert. Im Rahmen des Kyoto-Protokolls verpflichteten sich die Industrieländer zu Emissionsreduktionen, wohingegen die Entwicklungs- und Schwellenländer keine derartigen Verpflichtungen eingehen mussten. Bei den Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen waren aber die Entwicklungs- und Schwellenländer nicht bereit, dem guten Beispiel der Industrieländer zu folgen und ihrerseits auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Deshalb – und auch weil einige Industrieländer nicht länger gewillt waren, die Vorreiterrolle zu spielen – scheiterten diese Verhandlungen – und damit die Bemühungen um eine international koordinierte Klimapolitik.
Ein weiteres Argument für einseitige Maßnahmen der EU und anderer Industrieländer stützt sich auf die global sehr unterschiedlichen Pro-Kopf-Emissionen von Treibhausgasen und die angeblich damit einhergehende Ungerechtigkeit. 2012 betrug der Pro-Kopf-Ausstoß von Treibhausgasen in den 36 reichen OECD-Ländern 12,9 Tonnen, in den 47 am wenigsten entwickelten Ländern dagegen nur 5,5 Tonnen. Letztere hätten also einen „Nachholbedarf“ und einen „Anspruch“ darauf, ihre Emissionen pro Kopf auf 12,9 Tonnen, d.h. um 135%, zu erhöhen, was höchstwahrscheinlich zu katastrophalen Konsequenzen für das Klima führen würde. Um dies zu verhindern, wird gefordert, dass die reichen Länder den weitaus größten Beitrag zur Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen leisten müssen, die armen Länder ihre gegenwärtigen Emissionen zumindest beibehalten dürfen und finanzielle Unterstützung für etwaige klimapolitische Maßnahmen erhalten müssen. Diese Argumentation entbehrt nicht einer gewissen Plausibilität, verkennt aber, dass für die Entwicklung des Klimas nur die absolute Menge der Treibhausgasemissionen relevant ist. Diese ist das Produkt aus Pro-Kopf-Emission und Bevölkerungszahl, sodass beide berücksichtigt werden müssen. Tut man dies, so könnte man auch wie folgt argumentieren: Von 1960 bis 2012 ist die Bevölkerung in den OECD-Staaten um 59,3% gewachsen, in den am wenigsten entwickelten Ländern dagegen um 263,9% (!). Wenn letztere ein ähnlich geringes Bevölkerungswachstum wie erstere gehabt hätten und pro Kopf ebenfalls 12,9 Tonnen an Treibhausgasen emittieren würden, dann wären ihre absoluten Emissionen 2012 lediglich um 2% höher gewesen, als sie es in diesem Jahr tatsächlich waren – ein Wert, der keinen nennenswerten Nachholbedarf erkennen lässt. Mit anderen Worten: Nicht nur die reichen, auch die armen Länder sind „Klimasünder“ – erstere durch ihren aufwendigen Lebensstil, letztere durch ihre ungehemmte Bevölkerungsvermehrung. Für das Klima spielt es nämlich keine Rolle, ob wenige viel oder viele wenig emittieren.
Wie immer man zu diesen Gerechtigkeitsüberlegungen auch stehen mag, so bleibt auf jeden Fall festzuhalten, dass einseitige Klimaschutzmaßnahmen wie der Green Deal der EU nicht sinnvoll sind: Sie sind es nicht in klimapolitischer Hinsicht, weil sie nicht in der Lage sind, einen signifikanten Beitrag zur Klimastabilisierung zu leisten; sie sind es aber auch nicht in wirtschaftspolitischer Hinsicht, weil sie enorme Kosten verursachen. Die EU-Kommission schätzt, dass bis zum Jahr 2050 private und öffentliche Investitionen von € 175 Mrd. bis € 290 Mrd. pro Jahr notwendig wären; dies würde eine Summe von € 5.250 Mrd. bis € 8.700 Mrd. ergeben. Die insgesamt anfallenden Kosten, zu denen beispielsweise auch die Belastung durch höhere Energiepreise gehört, dürften jedoch wesentlich höher ausfallen. Modellrechnungen zeigen, dass nur für Deutschland eine Reduktion der Emission nur von Kohlendioxid und nur um 90% (bezogen auf 1990) Kosten von über € 7.500 Mrd. verursachen würde – und dies unter der Voraussetzung kosteneffizienter Reduktionsmaßnahmen. Berücksichtigt man, dass eine Reduktion der Emission aller Treibhausgase um 100% in der gesamten EU angestrebt wird und dass die Reduktionskosten pro Tonne Treibhausgas stark ansteigen, je mehr die Emissionen schon reduziert wurden, dann dürften die Gesamtkosten in der Größenordnung von € 50 Bio. (!) liegen: Ein stolzer Preis für einen minimalen Klimaeffekt!
Welche Instrumente sollten zur Umsetzung nationaler und europäischer klimapolitischer Ziele eingesetzt werden?
Nach dem oben Gesagten ist die Antwort auf diese Frage eigentlich sehr einfach: keine! Da nationale Emissionsziele unsinnig sind, sollten diese aufgegeben werden; sich Gedanken über die Instrumente zu machen, erübrigt sich von diesem Standpunkt aus. Von einem anderen Standpunkt aus ist die Frage aber durchaus sinnvoll: dann nämlich, wenn man unterstellt, dass – aus welchen nicht-, außer- oder überökonomischen Gründen auch immer – trotzdem nationale bzw. europäische Emissionsziele verfolgt werden. In diesem Fall muss man sich von Seiten der Ökonomie darum bemühen, dass solche Instrumente eingesetzt werden, die die angestrebten Emissionsziele mit den geringstmöglichen Kosten erreichen können. Mit anderen Worten: Wenn man schon Geld zum Fenster hinauswirft, dann sollte man zumindest dafür sorgen, dass man nicht mehr Geld verschwendet, als unbedingt nötig ist. Im Folgenden sollen also die Emissionsziele des Green Deal akzeptiert und nur gefragt werden, mit welchen Instrumenten man diese Ziele erstens erreichen (Effektivität) und zweitens die dabei entstehenden Kosten minimieren kann (Effizienz).
Grundsätzlich gilt für die EU das, was mit Bezug auf die globale Klimapolitik gesagt wurde: Das heißt, ein Emissionsziel lässt sich sowohl effektiv als auch effizient entweder durch die EU-weite Erhebung einer einheitlichen Treibhausgassteuer oder die EU-weite Implementierung eines einheitlichen Treibhausgas-Zertifikatssystems erreichen.
Beides existiert in der EU nicht. Stattdessen gibt es ein Nebeneinander von einerseits EU-weiten klimapolitischen Maßnahmen und andererseits unterschiedlichen nationalen Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Daran wird sich auch durch den Green Deal nichts ändern. Der „Maßnahmenkatalog“, den die EU-Kommission als Anhang zu ihrem Verordnungsentwurf vorgelegt hat, enthält zwar Ziele, Absichtserklärungen und Appelle zur Genüge – aber eben kaum konkrete Maßnahmen. In Artikel 5 und 6 der Verordnung ist die Rede von der „Bewertung der Fortschritte und Maßnahmen der Union“ und der „Bewertung der nationalen Maßnahmen“. Man muss also davon ausgehen, dass es bei dem bisherigen Nebeneinander europäischer und nationaler Maßnahmen bleiben wird. Im Folgenden sollen daher die bisher eingesetzten Instrumente und die bislang ergriffenen Maßnahmen der EU und Deutschlands diskutiert werden.
Klimapolitische Instrumente können entweder effektiv sein, d.h. zur Reduktion der europäischen Treibhausgasemissionen beitragen – oder eben nicht. Im ersten Fall muss man außerdem überlegen, ob das Instrument auch effizient ist, d.h. nicht mehr Kosten verursacht als unbedingt nötig – oder eben nicht; im zweiten Fall liegt immer Ineffizienz vor (wenn ein Instrument nichts zur Zielerreichung beiträgt, dann ist es zwangsläufig ineffizient, gleichgültig, wie hoch die Kosten sind). Es sei vorausgeschickt, dass das Nebeneinander europäischer und nationaler Maßnahmen auf jeden Fall und zwangsläufig Kostenineffizienzen verursacht, da jedes Abweichen von EU-weiten einheitlichen Maßnahmen unnötige Kosten zur Folge hat.
Auf EU-Ebene gibt es ein Instrument, das prinzipiell effektiv und effizient ist: das europäische CO2-Zertifikatessystem. Es gilt europaweit für die Elektrizitätserzeugung, bestimmte Industriezweige und die Luftfahrt. Unternehmen dieser Sektoren müssen Zertifikate erwerben, wenn sie CO2 emittieren wollen; die den betreffenden Sektoren insgesamt zur Verfügung stehende Menge ist gedeckelt („cap“) und der Zertifikatspreis ergibt sich am Markt („trade“). Es liegt im Wesen eines solchen Systems, dass die politisch vorgegebene Emissionsobergrenze nicht überschritten werden kann, dass aber der Preis für Zertifikate durchaus schwanken kann. Die bisherigen Emissionsreduktionen zeigen, dass dieses System in dem Sinne erfolgreich war, als dass es das ihm gesteckte Ziel (Reduktion der CO2-Emissionen der betreffenden Sektoren bis 2030 um 40% gegenüber 1990) zum Großteil schon erreicht hat und auf dem besten Wege ist, dieses vollständig zu erreichen – und zwar zu minimalen Kosten. Anlass zur Kritik gibt nicht das System als solches, sondern die Tatsache, dass es bislang nicht konsequent genug angewendet wurde und deshalb sein Potential, die CO2-Emissionen effektiv und effizient zu reduzieren, nur zum Teil genutzt wurde. Die Kritik mancher Politiker an diesem System, die mit den Schwankungen des Zertifikatspreises begründet wird, ist nur ein Beleg dafür, dass diese Politiker die Funktionsweise eines „Cap-and-trade“-Systems ganz offensichtlich nicht verstanden haben.
Anders als mit mangelnder Einsicht ist auch nicht zu erklären, warum für einige der unter dieses System fallenden Sektoren zusätzliche Maßnahmen ergriffen wurden. Sowohl das berühmt-berüchtigte Glühlampenverbot als auch die Verbrauchsvorschriften für Staubsauger und andere Elektrogeräte sind nicht nur überflüssig, sondern verursachen auch unnötige Kosten. Schließlich führen die so erzielbaren Energieeinsparungen zwar zu einem geringeren Stromverbrauch, aber damit auch zu einer sinkenden Nachfrage der Stromerzeuger nach Emissionszertifikaten; dadurch kommt es zu einem Preisrückgang und andere Emittenten erwerben mehr Zertifikate und emittieren mehr, sodass insgesamt die CO2-Emissionen gleichbleiben und nur eine Verlagerung zwischen den Sektoren stattfindet. Neben fehlendem Verständnis mag eine solche teure Symbolpolitik auch dem Regulierungswahn und dem Drang, die Bürger zu bevormunden, geschuldet sein.
Ähnliche Beweggründe mögen auch hinter den Verbrauchs- bzw. CO2-Emissionsvorschriften für Kraftfahrzeuge und den damit verbundenen „Strafzahlungen“ für deren Hersteller stecken. Diese Regelungen sind erstens wenig effektiv, da sie nicht auf die absoluten, sondern die relativen Emissionen (CO2-Ausstoß pro Kilometer) abstellen: Wenn sich beispielsweise ein Autosammler einen Bugatti Veyron (539 g CO2/km) kauft, in die Garage stellt und vielleicht 2.000 Kilometer pro Jahr damit fährt, verursacht er weniger Kohlendioxidemissionen als der Fahrer eines VW Polo 1.2 TDI (99 g CO2/km), der mit seinem Auto 20.000 Kilometer pro Jahr zurücklegt. Zweitens sind solche Maßnahmen ineffizient, da sie keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Reduktionskosten nehmen. Wesentlich sinnvoller wäre es, das CO2-Zertifikatssystem über die Luftfahrt hinaus auf den gesamten Verkehrssektor auszudehnen. Das soll nicht heißen, dass jeder Autofahrer Zertifikate erwerben müsste. Vielmehr müssten dies die Mineralölunternehmen tun, was sich im Preis von Benzin und Diesel niederschlagen und einen entsprechenden Sparanreiz auslösen würde. Dann würden sich auch die verschiedenen Anreize auf nationaler Ebene zum Erwerb von Elektrofahrzeugen erübrigen. Aufgrund der Verteuerung von konventionellen Kraftstoffen, würden alternative Antriebsformen attraktiver und das beste Konzept würde sich im Wettbewerb durchsetzen – sei es das Elektroauto, der Wasserstoffantrieb oder ein optimierter Verbrennungsmotor. Ähnlich könnte man hinsichtlich der Vorgaben zur Wärmedämmung und zum Energieverbrauch von Gebäuden argumentieren: Diese könnten dadurch überflüssig werden, dass man das CO2-Zertifikatssystem auf alle fossilen Brennstoffe anwendet, also auch auf Heizöl und Erdgas. Und dann hätte auch die in Deutschland auf fossile Brennstoffe erhobene Energiesteuer, die ja vor allem mit der Klimaschädlichkeit dieser Energieträger begründet wird, keine Daseinsberechtigung mehr – genauso wenig wie die als Teil des deutschen „Klimapakets“ geplante CO2-Abgabe auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas.
Aber damit sind wir schon mitten bei den deutschen Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Während auf europäischer Ebene zumindest ein prinzipiell effektives und effizientes Instrument, wenngleich nicht konsequent und nicht systematisch genug, angewandt wird, herrscht diesbezüglich in Deutschland Fehlanzeige. In der Tat ist eine unsystematischere, teurere und sinnlosere Klimapolitik als die deutsche nur schwer vorstellbar. Was das „Klimapaket“ angeht, so stellt, wie erwähnt, die CO2-Abgabe eine Fehlkonstruktion dar, an deren Stelle man besser das europäische Zertifikatssystem hätte erweitern sollen. Ineffektiv ist auch die Verteuerung von Flugtickets – unterliegt doch der Luftverkehr bereits dem Zertifikatssystem. Auf die Problematik der ebenfalls im Klimapaket enthaltenen Förderung der Elektromobilität wurde bereits hingewiesen. Wie wenig zu rechtfertigen das „Klimapaket“ auch sein mag, so wird es doch, was ökonomische und ökologische Unvernunft angeht, bei weitem vom Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kohleausstieg übertroffen. Bei diesen zwei Projekten handelt es sich zweifelsohne um die beiden Kardinalsünden der deutschen Klimapolitik: Sie sind extrem teuer und bringen für die Emissionsreduktion – überhaupt nichts! Für sie gilt dasselbe wie für das Glühbirnenverbot, nur eben in wesentlich größerem Maßstab: Die Stromerzeugung wird bereits vom europäischen Zertifikatssystem abgedeckt, sodass einseitige Maßnahmen Deutschlands auf diesem Gebiet – gleich welcher Art – an der gesamten Menge der CO2-Emissionen nichts ändern, sondern diese nur zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und den verschiedenen Wirtschaftssektoren umverteilen. Wenn man die CO2-Emissionen in der EU stärker als geplant senken will, dann gibt es nur einen Weg: Man muss die Gesamtmenge der CO2-Zertifikate weiter als vorgesehen reduzieren. Auf diese Weise würden nicht nur die CO2-Emissionen effektiv reduziert, dies würde auch kosteneffizient erfolgen. Die so erzielbaren Kostenvorteile sind keine Kleinigkeit: Im Jahr 2017 betrugen die Kosten einer durch Photovoltaikanlagen „eingesparten“ Tonne Kohlendioxid über € 400 (von einer Ersparnis kann man natürlich nur mit Bezug auf die durch die deutsche Elektrizitätserzeugung verursachten Emissionen sprechen, nicht mit Bezug auf die gesamten europäischen Emissionen). Selbst wenn man bis zum Jahr 2020 optimistischer Weise eine Halbierung dieser Kosten unterstellt, wären sie doch noch acht Mal (!) so hoch wie der gegenwärtige Zertifikatspreis von € 25 pro Tonne CO2, der die Höhe der geringstmöglichen Vermeidungskosten widerspiegelt. Aktuell sparen die in Deutschland installierten Photovoltaikanlagen ca. 30 Mio. Tonnen CO2 ein. Auch wenn man für alle Anlagen, also auch die Altanlagen, Reduktionskosten von nur € 200 pro Tonne CO2 annimmt, dann werden pro Jahr allein durch die Photovoltaik € 5,25 Mrd. verschwendet. Hätte man statt der teuren und bürokratischen Förderung der Photovoltaik die Zertifikatsmenge um diese 30 Mio. Tonnen gekürzt, hätte man sich nicht nur unnötige Ausgaben gespart, sondern auch einen tatsächlichen Effekt auf die europäischen CO2-Emissionen erzielt. Im Fall des Kohleausstiegs muss zusätzlich zu den direkten Kosten eines Umstiegs auf teurere Energieträger in Form höherer Strompreise mit indirekten Kosten für die Entschädigung von Kraftwerksbetreibern und für struktur- bzw. regionalpolitische Maßnahmen in Höhe von ca. € 80 Mrd. gerechnet werden. Außerdem ist zu bedenken, dass die Frage der Versorgungssicherheit noch nicht geklärt ist; schließlich fallen nach dem Ausstieg aus der Kernenergie mit den Kohlekraftwerken praktisch alle verbleibenden Grund- und Mittellastkraftwerke weg.
Es ist nicht zu erkennen, dass es in Deutschland zu einer grundsätzlichen Reform der Klimapolitik und einer Abkehr von den bisherigen ineffektiven, ineffizienten und teuren Maßnahmen kommen wird. Da auch auf europäischer Ebene und in den anderen Mitgliedsstaaten die Klimapolitik bei weitem nicht so effizient ist, wie sie sein sollte und könnte, muss man davon ausgehen, dass die Realisierung des Emissionsziels des Green Deals wesentlich teurer werden wird als eigentlich notwendig wäre und die oben genannten Kostenschätzungen sogar noch übertroffen werden – und das angesichts eines Emissionsziels, welches auf die Entwicklung des Klimas allenfalls einen vernachlässigbaren Einfluss haben wird.
Durch den Green Deal drohen neue Handelskonflikte
Der Green Deal, so wie er jetzt konzipiert ist, wird ein weiteres Problem verursachen, das in der öffentlichen Diskussion bislang zu kurz gekommen ist – völlig zu Unrecht. Solange andere Länder dem Beispiel der EU nicht folgen, was nicht zu erwarten ist, werden die in der EU ansässigen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile durch den Green Deal in Form höherer Energie- und Produktionskosten haben. Dies wird entweder zu Produktionsverlagerungen oder zu Marktanteilsverlusten oder beidem führen. Um dem entgegenzusteuern, schlägt die EU-Kommission in ihrem oben erwähnten „Maßnahmenkatalog“ ein „CO2-Grenzausgleichssystem“ vor, mit dem die Belastungen durch den Green Deal mittels eines nicht näher spezifizierten Steuer- bzw. Zollmechanismus ausgeglichen werden sollen. Dieses Vorhaben ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden.
Erstens ist es praktisch nicht möglich, den Kostenvorteil von Nicht-EU-Produzenten bzw. den Kostennachteil von EU-Produzenten durch den Green Deal auch nur halbwegs genau zu ermitteln, sodass mit groben Pauschalierungen zur Ermittlung der Ausgleichssätze gearbeitet werden müsste.
Zweitens stellt sich die Frage, welche Nicht-EU-Länder davon betroffen werden sollen: Nur die Länder, die nicht am Pariser Abkommen teilnehmen, also nur die USA? Wohl kaum. Nur die Länder, die ihre Verpflichtungen aus diesem Abkommen nicht erfüllen? Auch das kommt angesichts der oft sehr wenig ehrgeizigen und wachsweich formulierten Verpflichtungen eher nicht in Frage. Also werden wahrscheinlich alle Länder gemeint sein, die sich nicht ähnlich ehrgeizige Ziele setzen und ähnlich rigorose Maßnahmen ergreifen wie die EU. Aber dies würde natürlich dem „Geist der Zusammenarbeit“ des Pariser Abkommens widersprechen.
Drittens würde es keinen „echten“ Ausgleich geben: Dazu müssten nämlich nicht nur die Importe in die EU belastet, sondern auch die Exporte aus der EU entlastet werden, d.h. den Produzenten müssten die durch den Green Deal verursachten Zusatzkosten erstattet werden. Das ist aber klimapolitisch eindeutig nicht gewollt, sodass es bei einer einseitigen Belastung der Importe bleiben wird.
Aus diesem Grund wäre, viertens, das Grenzausgleichssystem nicht WTO-konform – ganz abgesehen davon, dass ein Ausgleich ohnehin nur für Steuern erlaubt ist, die auf die Produkte selbst erhoben werden, nicht aber für die Kosten allgemeiner wirtschaftspolitischer Maßnahmen, seien sie nun umweltpolitischer oder anderer Natur.
Deshalb müsste die EU, fünftens, mit Gegenmaßnahmen ihrer Handelspartner rechnen. Angesichts des gegenwärtigen handelspolitischen Klimas würden diese höchstwahrscheinlich nicht auf eine Streitbeilegung im Rahmen der WTO setzen, sondern unverzüglich mit Vergeltungszöllen reagieren – was zu gravierenden Handelskonflikten und großen Wachstums- und Wohlstandseinbußen weltweit führen kann.
Falls die EU den Green Deal tatsächlich weiterverfolgen sollte, steht sie vor einem Dilemma: Entweder lässt sie zu, dass EU-Produzenten gegenüber Nicht-EU-Produzenten benachteiligt werden oder sie nimmt weltweite Handelskonflikte in Kauf.
Der Green Deal ist ein Bad Deal
Das Urteil über den Green Deal der EU fällt katastrophal aus: Es werden Emissionsziele gesetzt, die für das Weltklima so gut wie nichts bringen; diese Ziele werden mittels Instrumenten verfolgt, die zum Großteil ineffektiv und ineffizient sind und deshalb unnötige Kosten verursachen; und es wird entweder die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen oder der handelspolitische Weltfriede aufs Spiel gesetzt. Angesichts dieser Nachteile ist es ein Gebot der ökonomischen Vernunft, den Irrweg des Green Deal umgehend zu verlassen und endlich auf den Pfad der ökonomischen Tugend zurückzukehren.
Elemente einer rationalen Klimapolitik
Soll das bedeuten, dass man die Hände in den Schoß legen muss? Kann man gar nichts tun, außer zu hoffen, dass der Klimawandel schon nicht so schlimm werden wird? Mitnichten. Eine rationale Klimapolitik ist durchaus möglich. Sie könnte insbesondere folgende Maßnahmen beinhalten:
Erstens müssen sich die EU und Deutschland auf den schon jetzt unvermeidbaren Klimawandel vorbereiten und die entsprechenden Anpassungsmaßnahmen treffen. Dazu gehören der Waldumbau, die Verstärkung der Deiche an der Nordsee, eine Verbesserung des Hochwasserschutzes im Inland und die Installation von Klimaanlagen in Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden. Solche und ähnliche Maßnahmen haben aus ökonomischer Sicht den großen Vorteil, dass sie zu 100% Nutzen im Inland stiften, die entsprechenden Ausgaben also nicht verschwendet werden, sondern einen nachvollziehbaren Effekt erzielen.
Zweitens sollte die Erforschung und Entwicklung sowohl umweltfreundlicher als auch verlässlicher und kostengünstiger Energiequellen vorangetrieben werden. Das größte langfristige Potential hat hier sicher die Kernfusionsenergie.
Drittens ist die Klimapolitik der EU und Deutschlands unbedingt zu reformieren. Vollkommen unabhängig davon, welche Emissionsziele man sich setzt, lohnt es sich, die Kosteneffizienz des klimapolitischen Instrumentariums zu verbessern und auf symbolträchtige, aber ineffiziente, ja mitunter sogar ineffektive, Maßnahmen zu verzichten. Dies lohnt sich natürlich umso mehr, je stärker die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass doch noch eine international koordinierte Klimapolitik zustande gebracht werden kann – und dann müssen die EU bzw. Deutschland das hierfür notwendige Instrumentarium zur Verfügung haben.
Viertens sollten weitere Anstrengungen unternommen werden, diese international koordinierte Klimapolitik zu etablieren. Dazu ist es nicht notwendig, dass sich alle Länder einig sind, aber eine gewisse „kritische Masse“ ist auf jeden Fall erforderlich, damit die Klimaentwicklung spürbar beeinflusst werden kann. Dies wäre dann gegeben, wenn sich die wichtigsten Industrieländer (EU, Vereinigtes Königreich, Russland, Japan, Südkorea, Australien, Kanada, USA) mit den wichtigsten Schwellenländern (China, Indien, Indonesien, Brasilien, Südafrika) zu einer Art „Klimaclub“ zusammenschließen würden. Wenn sich diese auf ein gemeinsames Reduktionsziel einigen und dasselbe durch entweder eine einheitliche und allgemeine Treibhausgassteuer oder ein einheitliches und allgemeines Zertifikatssystem verfolgen würden, dann könnte eine sowohl effektive als auch effiziente Klimapolitik betrieben werden. Schließlich sind die genannten Länder zusammen für ca. 75% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Emittenten der restlichen 25% könnten auch zum Beitritt zu diesem Club bewegt werden – nämlich durch die Androhung handelspolitischer Sanktionen, also von „Klimazöllen“ auf deren Exporte, bei Nichtbeitritt. Diese wären zwar genauso wenig WTO-konform wie das von der EU-Kommission angedachte Grenzausgleichssystem. Aber da die „Gründungsmitglieder“ des Klimaclubs ca. 80% des Welthandels auf sich vereinigen würden, hätten diese von etwaigen Gegenmaßnahmen und Handelskonflikten nichts zu befürchten. Neben der „Zoll-Peitsche“ wäre es im Fall von Entwicklungsländern auch gerechtfertigt, über das „Zuckerbrot“ finanzieller Hilfen als Gegenleistung für ihren Beitritt nachzudenken. Ein ähnliches Vorgehen führte schon einmal bei einem globalen Umweltproblem zum Erfolg: bei den internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Ozonsphäre (zugegebenermaßen war dieses Problem in verschiedener Hinsicht ein einfacheres als das Klimaproblem).
Es gibt also mehr als genug zu tun in der Klimapolitik – und zwar auch und gerade dann, wenn man ökonomische Vernunft und gesunden Menschenverstand nicht über Bord wirft.
Klimapolitik in Zeiten von Corona
Auch dieser Beitrag kommt nicht ohne einen Bezug zur Corona-Krise aus. Wie könnte es heute auch anders sein?
Die großen wirtschaftlichen Verluste, die die Corona-Krise schon verursacht hat und noch verursachen wird, die enorme Steigerung der Staatsausgaben und Staatsschulden infolge der Gegenmaßnahmen: all das sollte Anlass sein, die Klimapolitik im Allgemeinen und den Green Deal im Besonderen auf den Prüfstand zu stellen. Zusätzliche Belastungen durch sinnlose und überteuerte Maßnahmen zur Emissionsreduktion sind das letzte, was die europäische und die deutsche Wirtschaft jetzt gebrauchen können. Deshalb sollte sofort die Notbremse gezogen werden: Schon geplante Maßnahmen wie CO2-Abgabe und Kohleausstieg in Deutschland oder die Strafzahlungen der Kraftfahrzeughersteller auf europäischer Ebene müssen ebenso zurückgenommen werden wie der Green Deal selbst. An seiner Stelle sollte in Zukunft eine ökonomisch und ökologisch rationale Klimapolitik betrieben werden, die sich an der wirtschaftlichen und der naturwissenschaftlichen Realität orientiert – und nicht an Ideologie und Wunschdenken. Wenn die Corona-Krise dazu Anlass geben würde, könnte man ihr doch noch etwas Gutes abgewinnen…