38 Mrd. Franken Subventionen
Privilegien für die wenigen, finanziert von den vielen

Um was geht es?  

Quizfrage: Wie hoch sind eigentlich die Bundessubventionen? Genau. Kaum jemand kann auf Anhieb eine belastbare Zahl angeben. Und dies, obwohl die Subventionen einen gewichtigen Ausgabeposten in der Bundesrechnung ausmachen. 

Die richtige Antwort auf die Eingangsfrage lautet: Die Bundessubventionen belaufen sich auf 48.5 Mrd. Franken pro Jahr. Dies entspricht fast zwei Dritteln der totalen Bundesausgaben und 6.2 Prozent der gesamten Schweizer Wirtschaftsleistung. 

Die Zahl fällt also ins Gewicht, und dies umso mehr in einer Zeit, in der der Bundeshaushalt rote Zahlen schreibt. Erstmals seit 2005 wurden im vergangenen Jahr die Vorgaben der Schuldenbremse nicht eingehalten. Nur weil in den vergangenen Jahren ein Polster auf dem Ausgleichskonto angespart werden konnte, löst dieses strukturelle Defizit keinen unmittelbaren Spardruck aus.  

Doch nur schon eine Dämpfung des Zuwachses – und nicht mal ein Abbau – der Subventionen dürfte von den entsprechenden Lobbys mit schrillen Aufschreien begleitet werden. Eine Gesamtschau kann daher helfen, den finanzpolitischen Kompass nicht zu verlieren: Das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik zeigt auf, dass Subventionen im Umfang von 38 Mrd. Franken aus wohlfahrtstheoretischer Sicht in ihrer Höhe fragwürdig bis überflüssig sind, also mehr Schaden als Nutzen generieren. 

Warum zählt es? 

In der Schweiz regelt das Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG) die Subventionen ganz genau: 288 ausgewählte Empfängergruppen kamen im Jahr 2022 in den Genuss der vom Bund vergebenen Sondervorteile im Umfang von 48.5 Mrd. Franken. Die Subventionen verfestigen sich zudem über die Zeit. Warum eigentlich? Und warum haben sie einen schlechten Ruf? 

Am Anfang jeder Subvention steht eine Asymmetrie: Subventionen werden einerseits von allen Steuerzahlern finanziert. Anderseits profitiert von ihnen nur ein ausgewählter, exklusiver Kreis. Man könnte sagen: Privilegien für die wenigen, finanziert von den vielen. 

Eine Situation, in der zur Finanzierung eines Projekts wenige stark profitieren und gleichzeitig viele unmerklich belastet werden, gleicht einer öffentlichen Allmende. Mit dem Resultat, dass viele Anspruchsgruppen an die verlockenden Subventionstöpfe drängen, während kaum ein Politiker Einhalt gebietet. Denn wer Subventionen ermöglicht, erhält dadurch Unterstützung und Stimmen. Die Allmende droht darum dauernd überlastet und übernutzt zu werden: Subventionen verleiten die Gesellschaft zum Überkonsum, ohne dass es jemand wirklich merkt oder beanstandet.  

Natürlich gibt es auch sinnvolle Subventionen – zum Beispiel im Falle öffentlicher Güter, die sonst nicht bereitgestellt würden. Doch wird diese Begründung allzu oft überstrapaziert, um Subventionen zu rechtfertigen, die tatsächlich zu einem Überkonsum führen. Zum einen produziert die Wirtschaft Dinge, die die Gesellschaft ohne die Beihilfen nicht nachfragen würde. Andere Dinge werden dagegen vernachlässigt, weil sich die Nachfrage zugunsten der subventionierten Produkte neigt. Mehr Paternalismus, weniger Konsumentensouveränität, weniger Wohlfahrt für die Bevölkerung, und wiederum: ohne dass es jemand merkt.  

Zweitens bergen Subventionen moralische Risiken, weil sie Nachahmer auf den Plan rufen. Wer mitverfolgen kann, wie andere durch geschicktes Lobbying Zuwendungen und Beihilfen zugesprochen erhalten, tut es ihnen gleich. Es beginnt ein eigentlicher Wettbewerb um Sondervorteile – sogenanntes Rent-Seeking, also ein Streben nach Renten und damit nach leistungslosem Einkommen.  

Es war der US-amerikanische Ökonom Gordon Tullock, der bereits Ende der 1950 Jahre darauf aufmerksam machte, wie gefährlich dieser Wettbewerb um Subventionen für Politik und Gesellschaft ist. Denn beim Wettbewerb um Sondervorteile geht es nur darum, wer von Umverteilung profitiert. Es steht ihm keine produktive Leistung für die Gesellschaft gegenüber.  

Die Evidenz 

Wie sieht die Lage nun also in der Schweiz aus? Lukas Blohm, Martin Mosler und der Schreibende vom IWP haben zur besseren Einordnung der Problematik einen Subventionsreport mit einem Ampelschema entwickelt. Der Report stellt die zeitliche Entwicklung von 241 Bundessubventionen über 1 Mio. Franken dar, weist auf Ineffizienzen hin und liefert Einschätzungen darüber, wo Einsparpotenzial auch mit einem wünschenswerten Effizienzpotenzial verbunden wäre.  

Die Identifikation der Subventionen in unserem Bericht folgt der Logik der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Die von der offiziellen Statistik verwendete Einordnung beinhaltet im Prinzip alle Ausgaben, die ausserhalb des eigentlichen Staatssektors getätigt werden. A-fonds-perdu-Beitrage belaufen sich auf insgesamt etwa 45.8 Mrd. Franken und machen den grössten Anteil aus. Bei dieser Form der Beiträge, meist Investitionsbeiträge oder Sanierungsbeiträge, verzichtet die öffentliche Hand von vorhinein auf deren Rückzahlungspflicht. Andere Subventionen umfassen Darlehen, Bürgschaften oder Beteiligungen.  

Fragewürdige Subventionen offenbaren sich gemäss unserer Einschätzung in fast allen Ausgabenbereichen. Das Problem betrifft also nicht einzig die Landwirtschaft, die schon seit Jahrzehnten im Fokus steht. Auch milliardenschwere Subventionen für Wirtschaft, Verkehr, soziale Wohlfahrt oder Beziehungen zum Ausland sollten kritisch hinterfragt werden. 

Konkret stellt sich beispielsweise die Frage nach dem Sinn von rund 1.7 Mrd. Franken für ein Gebäudeprogramm und Bundeszuschüsse für den Netzzuschlagsfonds, die vor dem Hintergrund des Emissions-Zertifikatehandels kaum klimapolitische Wirkung entfalten werden. Aber auch kuriose Subventionen wie Zahlungen über 106 Mio. Franken an eine Immobilienstiftung in Genf, die subventionierte Darlehen für Bau- und Renovierungsvorhaben für internationale Organisationen finanziert, sollten vorbehaltslos diskutiert werden. Kaum besser schneiden Subventionen in Höhe von 43 Mio. Franken für die Filmförderung ab: Warum sollten Filme gegenüber anderen Freizeitaktivitäten von Joggen bis Kegeln bevorzugt werden? Oder dies: Die Zustellermässigung für Zeitungen und Zeitschriften über 50 Mio. Franken, die digitale Medien schlechter stellt, erscheint aus der Zeit gefallen. Und was 25 Mio. Franken für eine Neue Regionalpolitik bewirken sollen, wenn gleichzeitig immer mehr Mittel über den Finanzausgleich verteilt werden, erschliesst sich auch nicht jedem Steuerzahler unmittelbar. Die Aufzählung liesse sich einfach fortsetzen.   

Was daraus folgt 

Der Bundesrat schätzt, dass kurzfristig Defizite von gut 2 Mrd. Franken im Jahr 2024 und 3 Mrd. Franken ab dem Jahr 2025 bereinigt werden müssen, um die Vorgaben der Schuldenbremse in den kommenden Jahren einhalten zu können. Angesichts dieses Drucks auf die Staatsfinanzen ist es höchste Zeit, die öffentlichen Kassen und damit die Steuerzahler von fraglichen Subventionen zu entlasten. Die Liste an schädlichen Subventionen ist lang. Insgesamt umfasst die Summe der von uns rot eingestuften, das heisst besonders fragwürdigen Subventionen 6.7 Mrd. Franken. Bei weiteren 31.3 Mrd. Franken an Bundessubventionen, die als gelb und damit potentiell schädlich eingestuft werden, liegt weiteres Einsparpotential vor.  

Es ist klar: Eine Konsolidierung des Bundeshaushalts ist immer schmerzhaft. Ebenso klar ist, dass dies den Widerstand vieler Anspruchs- und Empfängergruppen provoziert. Aber die Politik hat nicht die Aufgabe, diesen Gruppen zu gefallen, sondern den Bürgern und Steuerzahlern zu dienen. Mit den obengenannten Vorschlägen will das IWP die verlässliche Grundlage für eine längst fällige Diskussion liefern.  

Blog-Beiträge zum Thema:

Claus-Friedrich Laaser und Astrid Rosenschon (IfW, 2018), Sprudelnde Subventionen des Bundes. Die Kieler Subventionsampel

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