Resilienzbonus für Solarstrom?
Nicht noch mehr Solarschulden!

Heimische Hersteller von Solarzellen fordern zusätzliche Subventionen als Ausgleich für die Produktionsnachteile im Inland. Andernfalls drohten die Insolvenz und der Verlust von Arbeitsplätzen. Die hohe Importabhängigkeit von China ist jedoch kein Grund, dass sich die Politik einen Resilienzbonus abnötigen lässt.

Zum wiederholten Mal: Die Meyer Burger Technology AG, einer der wenigen heimischen Hersteller mit kombinierter Zell- und Modulproduktion von Photovoltaikanlagen, droht mit seiner Insolvenz, wenn die Politik nicht bald den sogenannten Resilienzbonus beschließe. Dieser Bonus ist eine Produktionssubvention, bei der für die Kilowattstunde Solarstrom höhere Einspeisevergütungen gezahlt werden sollen, wenn der Solarstrom mit Modulen aus heimischer Produktion erzeugt wird. Die drohende Insolvenz von Meyer Burger verwundert sehr vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2023 ein Zubau-Rekord von über 14 Gigawatt an Photovoltaik-Kapazitäten in Deutschland zu verzeichnen war. Das ist nahezu doppelt so viel wie zu Zeiten des Solarbooms in den Jahren 2010 bis 2012 (Frondel, Schmidt, Vance 2014).

Diese Situation erscheint wie ein Déjà-vu: Nach Ende des Solarbooms gingen alle großen deutschen Photovoltaikunternehmen in die Insolvenz, auch Solarworld, lange Zeit das größte dieser Unternehmen. Damals beklagten die Unternehmen die Verringerung der zuvor überaus generösen Subventionen in Form von sehr hohen Vergütungen für die Einspeisung von Solarstrom in das öffentliche Stromnetz. Nach dem Verglimmen des durch die hohen Subventionen ausgelösten Strohfeuers am Arbeitsmarkt blieb von den Unternehmen von damals wenig übrig, außer den immens hohen sogenannten Solarschulden (Frondel, Ritter, Schmidt 2008), denn die Einspeisevergütungen für Solarstrom werden für zwei Jahrzehnte gewährt.

Solarschulden in dreistelliger Milliardenhöhe

Mehr als eine Dekade nach Ende des Solarbooms im Jahr 2013 müssen noch immer Solarschulden getilgt werden, seit Mitte 2022 mit den Mitteln des Klima- und Transformationsfonds. Die Solarschulden belaufen sich auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr — Mittel, die nicht für andere Zwecke zur Verfügung stehen, insbesondere nicht für die für die Energiewende eigentlich so wichtige Forschung und Entwicklung von Energieerzeugungs- und -speichertechnologien. Bis Mitte des Jahres 2022 wurden die Solarschulden von den Stromverbrauchern bezahlt, per Umlage auf den Strompreis mit deren Stromrechnungen. Bis zum Jahr 2022 haben die Stromverbraucher nach Zahlen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz Solarschulden von insgesamt rund 120 Milliarden Euro mit ihren Stromrechnungen beglichen (BMWK 2021). Ein ähnlich hoher Betrag muss nun in den nächsten zwei Dekaden aus den Mitteln des Klima- und Transformationsfonds bezahlt werden. Dass diese Mittel für andere Zwecke fehlen, ist angesichts der nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dem Fonds fehlenden 60 Milliarden Euro besonders schmerzlich.

Keine zusätzlichen Subventionen wegen hoher Importabhängigkeit

Auch heute beklagen die von Insolvenz bedrohten Unternehmen ein zu geringes Maß an Subventionen und fordern mit dem Resilienzbonus eine über das bestehende Maß an Subventionen, die auch ausländischen Unternehmen zugutekommen, hinausgehende Förderung, die die heimische Produktion belohnen soll, um von Importen weniger abhängig zu werden. Das ist ein durchschaubar vorgeschobenes Argument angesichts des im Vergleich zu den Importvolumina sehr geringen Umfangs an heimischer Produktion. Zudem haben Photovoltaikanlagen keine so hohe strategische Bedeutung, als dass eine immense Importabhängigkeit von China, von wo derzeit über 85 % der Anlagen bzw. Komponenten importiert werden, große Sorgen auslösen oder gar höhere Subventionen für die heimische Produktion rechtfertigen sollte. Andere Exportländer wie Malaysia, Indonesien oder Taiwan würden die Importe aus China zumindest teilweise ersetzen können, falls es zu Lieferschwierigkeiten mit China kommen sollte — dies wäre wohl nur eine Frage des Preises.

Höhere Produktionskosten nicht durch höhere Subventionen ausgleichen

In Wahrheit soll der Resilienzbonus die grundlegenden Nachteile heimischer Unternehmen bei den Produktionskosten ausgleichen: Europäische Firmen haben bei der Zellproduktion schwer zu behebende Nachteile gegenüber ausländischen Firmen, vor allem gegenüber denen aus Asien. Besonders die hohen Arbeitskosten in Deutschland sind ein gravierender Nachteil, der nur schwerlich ausgeglichen werden kann durch einen Technologievorteil – zumal es diesen aktuell kaum gibt. Die Beschäftigung in Firmen wie Meyer Burger oder Solarwatt mit hohen Subventionen aufrechtzuerhalten, wäre somit die völlig falsche Strategie, die Dauersubventionen nach sich ziehen würde, um die dauerhaften Produktionskostennachteile ausgleichen zu können. Die deutsche Politik sollte daher keinen Resilienzbonus gewähren und damit dem Beispiel der Europäischen Kommission folgen, die sich bei Handelsmaßnahmen zugunsten der europäischen Hersteller zurückhaltend zeigt und keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen will.

Modulhersteller haben auch in Deutschland Zukunft

Anstatt einen Resilienzbonus in Anspruch nehmen zu wollen, sollten sich Firmen in Deutschland nicht auf die Zell-, sondern auf die Modulproduktion konzentrieren, bei der sie für die Endmontage immer günstiger werdende Komponenten aus dem Ausland verwenden. Eben dies machen Firmen wie 1Komma5° oder Enpal, zwei erfolgreiche sogenannte Einhörner mit einer Bewertung von über 1 Milliarde. Firmen wie diese haben in Verbindung mit der Überschwemmung des europäischen Marktes mit kostengünstigen ausländischen Zellen und Komponenten den Zubau-Rekord von über 14 Gigawatt möglich gemacht.

Ein Resilienzbonus würde für Wettbewerbsverzerrung sorgen

Ein Resilienzbonus würde in gravierender Weise den Wettbewerb verzerren. Er wäre zudem kontraproduktiv für die Energiewende: Zellen und Wafer aus europäischer Produktion sind derzeit nicht in ausreichender Menge verfügbar, die Kunden müssten monatelang auf überförderte Module warten. 1Komma5° stellt wegen der möglichen Wettbewerbsverzerrung durch den Resilienzbonus die Pläne zum Aufbau von Fertigungsstätten zur Modulproduktion auf Basis ausländischer Komponenten in den fünf ostdeutschen Bundesländern zur Disposition. Der Resilienzbonus hätte dann auch kontraproduktive Effekte für den Arbeitsmarkt.

Die Zukunft der Photovoltaik in Deutschland liegt in den Händen von Firmen wie 1Komma5° und Enpal. Statt Firmen wie Meyer Burger dauerhaft zu subventionieren, sollte der Staat die Mittel für Forschung & Entwicklung massiv erhöhen. Im Technologievorsprung liegt die Zukunft der Photovoltaik in Deutschland, nicht in der Konservierung nicht wettbewerbsfähiger Produktionsstätten. Die Insolvenz sämtlicher deutscher Solarfirmen nach dem Solarboom des vergangenen Jahrzehnts sollte der Politik eine Lehre sein, dass man nicht beständig gegen zum Teil hausgemachte Wettbewerbsnachteile mit Subventionen ankämpfen kann.

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