Kurz kommentiert
Renten“reform“
Schönfärberei statt Nachhaltigkeit

Mit dem Rentenpaket II verteilt die Ampel-Koalition die demografischen Lasten einseitig auf die jüngeren Generationen. Diese sollten sich nicht vom „Generationenkapital“ blenden lassen.

Nachdem sich in der Politik die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine Fortführung der 2018 eingeführten „doppelten Haltelinie“ über das Jahr 2025 hinaus nicht haltbar ist, weil sonst die Bundeszuschüsse zur Gesetzlichen Rentenversicherung in den 2040er Jahren bereits die Hälfte des Bundeshaushalts ausmachen würden, wurde aus der doppelten eine einfache Haltelinie. Nicht für die Beiträge, was generationengerecht gewesen wäre (jede junge Generation zahlt etwa ein Fünftel für die Alten), sondern für das Rentenniveau.

Damit redet die Regierung sich und die Welt bei der Wählermehrheit über 55 schön (21 Millionen Rentner und die Babyboomer, die besonders von der Rentenniveauhaltelinie profitieren). Sie verspricht einfach eine Garantie des Rentenniveaus und damit eine Garantie steigender Ausgaben, ohne sich um die Stabilität der Einnahmeseite und den Ausgleich zwischen Jung und Alt zu kümmern. Sie ignoriert die noch bevorstehenden Belastungsspitzen, obwohl die Rentenversicherung schon heute jährlich mit einem dreistelligen Milliardenbetrag aus dem Bundeshaushalt gestützt werden muss. Hinzu kommen massive Belastungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung und die Soziale Pflegeversicherung (Raffelhüschen et al. 2023).

Die Folgen der Rentenniveauhaltelinie beschränken sich nicht nur auf die vermeintliche Sicherung des Rentenniveaus. Vielmehr sorgt der Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dafür, dass die demografischen Lasten, die auf die Rentenversicherung zukommen, vollständig von den Beitragszahlern finanziert werden müssen. Bis 2035 wird der Beitragssatz demnach von 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent steigen. Zur Rettung soll ein Kapitalstock, das so genannte Generationenkapital, aufgebaut werden, das den Beitragssatzanstieg dämpfen soll. Statt wie in Schweden das Rentenniveau abzusenken, um eine individuelle kapitalgedeckte Rente zu finanzieren, soll nun ein auf Pump finanzierter staatlicher Hedgefonds die Differenz zwischen den erwarteten Aktienrenditen und den Schuldzinsen des Staats arbitrieren. Kapitaldeckungsverfahren brauchen jedoch Zeit, so dass der regierungsamtliche „Generationenfonds“ den Beitragssatzanstieg nach den derzeitigen Plänen bis 2035 nur um 0,3 Prozentpunkte dämpfen würde. Um aber den mit der Haltelinie tatsächlich verbundenen Beitragssatzanstieg zu dämpfen, müsste der Kapitalstock bis 2035 nicht 177 Mrd. Euro, sondern mit 877 Mrd. Euro fast das Fünffache betragen (Institut der Deutschen Wirtschaft 2024). Die Renten“reform“ der Ampel bringt uns also einen Schritt vor und fünf zurück.

Die Rentenausgaben und weitere politische Geschenke sind sicher, die Finanzierung der Rente nicht. In Sachen Rente stellt die Ampel per Gesetz einfach auf „grün“ und glaubt, sie habe damit für freie Fahrt gesorgt. Das stimmt – in den Abgrund. Wer zu spät geboren und jünger als 45 Jahre ist, den bestraft das Leben und Hubertus Heil. Die implizite Botschaft an alle klugen, gut qualifizierten und damit mobilen U45 lautet: „Rein in die Verbeamtung“ oder „Raus aus Deutschland!“ (letzteres leider längst in fünfstelliger Zahl pro Jahr). Denn politisch zählen hierzulande nur noch der Augenblick, die Bequembräsigkeit der jeweils amtierenden Regierung und die Interessen der Älteren.

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