Gastbeitrag
Eigeninteresse und Gemeinwohl
Adam Smith`s vier Schranken für das Individuum im privaten Sektor der Wirtschaft

Die marxistische, sozialistische, sozial- und wohlfahrtsstaatliche wie auch theologische Tradition, das dem Menschen angeborene, natürliche Eigeninteresse abzulehnen oder gar zu verwerfen, bedeutet letztlich, die Weisheit der Schöpfung, die „histoire raisonée“,den Plan der Natur zu verneinen oder zumindest als etwas Unvollkommenes abzutun, das politischer Korrekturen bedarf. Im Grunde ist das Eigeninteresse eine zwingende Folge aus der geistigen Existenz, die sich beim Menschen in der Gabe zur Reflexion über sich und die Welt manifestiert hat. Die Evolution hat es dem Menschen ermöglicht, sich geistig aus dem Ganzheitszusammenhang des Universums herauszulösen und sich so als Individuum sowie auch als Teil einer Gemeinschaft zu empfinden. Was diese Gabe für den Fortschritt der Menschheit bedeutet, hat Herbert Giersch ganz klar ausgedrückt: „Lernen im Sinne von Wissen erwerben und erst recht im Sinne von Wissen gewinnen, ist eine Fähigkeit, die an das Individuum gebunden ist. Diese Fähigkeit lässt sich vielleicht noch im Team bewahren. Aber sie verkümmert, sobald sich eine zentrale Organisation der Menschen bemächtigt. Im Extremfall des Zentralismus heißt das Lernen nur noch Drill. Was ich hiermit postulieren möchte, ist das Prinzip der Produktivität dezentralisierten Lernens“. Oder kurz: Wer Individualismus und Eigeninteresse ablehnt, stellt dem Fortschritt – auch dem humanen – ein Bein.

Das Eigeninteresse ist eine Tatsache und keine Einbildung von liberalen Ökonomen. Es kann vom Menschen zwar erkannt und analysiert, nicht aber therapeutisch behandelt – sprich: aus der Welt geschafft – werden. Baumeister einer besseren Gesellschaft oder Architekten einer höherwertigeren Moral haben sich eine Aufgabe zum Ziel gesetzt, die sie niemals bewältigen können. Ihre Idee ist realitätsfremd, so dass es sich letztlich um eine kontraproduktive Ideologie handelt.

Als Adam Smith vor rund 250 Jahren über eine Ordnung nachdachte, bei der man mit mittelmäßigen Menschen – Menschen also, die in der Regel in erster Linie ihr Eigeninteresse und erst in zweiter Linie das anderer verfolgen – trotzdem beste Ergebnisse für das Gemeinwohl erzielen kann, hat er das System der natürlichen und kontrollierten Freiheit entdeckt. Entdeckt heißt: Er hat die Menschen und deren natürliches Verhalten beobachtet und dabei festgestellt, dass es eine natürliche Basis gibt, durch die sich scheinbar widersprechende Ziele einzelner auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. In diesem geistigen System kommen sowohl den Individuen als auch dem Staat wichtige Aufgaben zu, und ihre Rollen fußen letztlich auf ethischen Grundwerten. Das hat Horst Claus Recktenwald – einer der vermutlich profundesten Smith-Kenner des letzten Jahrhunderts – in seiner synoptischen Auswertung der Smithschen Trilogie („Theorie der ethischen Gefühle“, „Der Wohlstand der Nationen“ und Essays on Philosophical Subjects“) ganz klar herausgefiltert.

Das Schaubild (nach Recktenwald) bringt die Smithsche Lehre einer Sozialharmonie (als Antithese zum zerstörerischen Klassenkampf) einsichtig zum Ausdruck (hier).

Im Mittelpunkt steht die Eigenliebe als Motiv oder Triebfeder individuellen Handelns. Sie ist letztlich ein natürlicher Affekt. Dieser kann nach zwei Seiten hin entarten, wenn er nicht diszipliniert wird: Zur Verliebtheit in sich selbst oder zu übersteigerter Sorglosigkeit. Für die Disziplinierung der Eigenliebe sorgt die Ratio, also die Vernunft, und verwandelt sie so in das Selbstinteresse. Dieses drückt sich aus im Streben nach Existenzsicherung, Wohlstand und Anerkennung. Das Selbstinteresse ist also die durch die Vernunft gebändigte, ungezügelte Lebensfreude und es bedarf der Korrektive, d.h. Ausgleichsmechanismen, um nicht zum Übermaß (Egoismus) oder Mangel (Trägheit zu Lasten anderer, die vermutlich einspringen) zu entarten. Es gibt Adam Smith zufolge mehrere Kräfte, um das Selbstinteresse des Menschen in jene Bahnen zu lenken, die auch dem Gemeinwohl dienen, nämlich

  • Mitgefühl,
  • ethische Normen,
  • darauf beruhende Gesetze und
  • Wettbewerb.

Während die ersten drei Schranken von den meisten Menschen spontan befürwortet werden, ist dies bei der vierten oft nicht der Fall. Gleichwohl ist sie allgemein akzeptierbar, weil sie aus der übergreifenden Warte gesamtwirtschaftlicher Systemzusammenhänge für jeden einzelnen vorteilhaft ist. Bei Einsicht in die komplexen Wirkungsmechanismen sind die Vorteile eines neutralen Rechtsstaats und einer Wirtschaftsordnung, die – dank des freien Wettbewerbs – vor Willkür schützt, ganz offensichtlich. Betrachten wir die vier Schranken für  das natürliche Selbstinteresse etwas näher:

Mitgefühl – wichtig, aber nicht ausreichend

Mitgefühl ist die Fähigkeit des Menschen, sich über das Wohlergehen des Mitmenschen zu freuen und persönliches Unbehagen über das Leid des Nächsten zu verspüren. Würden die Menschen im Paradies leben, wäre das Mitgefühl eine hinreichende Basis für harmonisches Zusammenleben. Da aber auf der Erde Knappheit herrscht, müssen die Menschen um ihre Existenz kämpfen. Als Korrektiv kann Mitgefühl nur dort wirksam sein, wo existenzielle Not überwunden und eine persönliche Beziehung zwischen Menschen besteht. So gesehen ist ein effizientes Wirtschaftssystem das Fundament, auf dem sich ein mitfühlendes Gemeinwesen entwickeln kann. Aber auch in Staaten, in denen es keine elementare wirtschaftliche Not gibt, reicht das Korrektiv des Mitgefühls nicht immer aus, um einen fairen Existenzkampf zu gewährleisten –zumal in einer Welt unvollkommener Menschen, die nicht immer frei von niedrigen Beweggründen sind. Deshalb muss für weitere korrigierende Einflüsse (ethische Normen, Gesetze und Wettbewerb) gesorgt sein.

Regeln der Ethik – wünschbarer, aber oft fehlender Konsens

Ethische Normen sind weitere natürliche Kräfte, die auf eine Harmonie zwischen Eigeninteresse und Gemeinwohl – dem „bonum commune“ – hinwirken. Allgemein akzeptierte Moralregeln sind letztlich das Ergebnis der menschlichen Gabe, das eigene Verhalten affektfrei, also neutral beurteilen zu können. Sie sind ein in Leitsätze geronnenes Kondensat jener Instanz, die Smith als den unparteiischen Beobachter bezeichnet. Der Mensch ist in der Lage, sich in die Rolle eines neutralen Beobachters zu versetzen und sein eigenes Verhalten aus dessen Sicht zu bewerten. Er kann sich fragen: „Stößt mein Verhalten aus der Beurteilungsperspektive eines Dritten auf Zustimmung oder Missbilligung?„. Dieser realistische, da von jedem erfahrbare Moralbegriff ist das Pendant zum eher metaphysischen Gewissen bei Kant als Basis für dessen sogenannten kategorischen Imperativ („ Handle so, dass die Maxime deines Handelns als Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung dienen kann“). Mord, Raub, aber auch Wettbewerbsbarrieren – letztere sind letztlich nur verdeckte Eigentumsdelikte – verstoßen somit gegen allgemeine Moralregeln.

Doch gibt es neben Beobachtung, Erfahrung und Vernunft noch eine weitere Quelle für die Entstehung ethischer Normen. Nämlich die religiöse Offenbarung, die sich über Heilslehren ausbreitet. Sie ist auch die Wurzel für Opferbereitschaft, Wohltat und Altruismus, für imaginierte höhere Ziele, nach denen Menschen streben. Wegen der menschlichen Natur fällt aber der bedingungslose Glaube ebenso schwer wie die Selbstkasteiung, vor allem dann, wenn die Menschen das Gefühl der Offenbarung nicht selbst verspürt haben. Regeln der Ethik, Gruppennormen, die auf Erfahrungen aufbauen, die vom unparteiischen Beobachter identifiziert werden, sind daher zuverlässigere Hilfen als religiöse Imperative, um menschliche Antriebe konfliktminimierend zu koordinieren.

In einer modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft mit Tendenz zu Kleinfamilien ist natürlich die Gruppenbindung längst nicht mehr so stark und das Normensystem längst nicht so überschaubar und verbindlich wie in einer Gesellschaft von Sammlern, Jägern, Hirten, Ackerbauern oder Gilden und Zünften. Es ist mehr Bewegung ins menschliche Leben gekommen, mehr Pluralismus, mehr Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Dies gefährdet Traditionen, bricht Tabus auf und löst mitunter das gesamte Wertegefüge auf. Berufliche und räumliche Flexibilität, Urbanisierung, Auslandserfahrung und Informationsflut kennzeichnen die neue Welt. All dies formiert jedoch nicht die völlig anonyme Gesellschaft ohne freiwillige Normen; es löst zwar die alten Gruppen auf, es entstehen jedoch neue, freilich flexiblere Zusammenschlüsse mit teils homogeneren Interessen.

Da aber die Mitglieder einer Gesellschaft insgesamt – und nicht allein private Gruppen – auch unter weniger strikten und fixierten ethischen Normen geordnet und zivilisiert zusammenleben wollen, sind weitere Steuerungsmechanismen für das Verhalten des einzelnen notwendig.

Gesetze – verbindlich, aber hohe Kosten

In modernen Flächenstaaten sind Gesetze nötig, also ein kodifiziertes Recht. Durch Androhung von Strafe muss verhindert werden, dass einzelne ihren Mitmenschen aufgrund von Habsucht, Macht, Faulheit, Boshaftigkeit, Neid oder nur aufgrund von Fahrlässigkeit, Sorglosigkeit und fehlender Einsicht in die gesamtgesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Systemzusammenhänge, Schaden zufügen. Gesetze sollen als letztlich Güter wie Leben, Gesundheit und Eigentum vor den Zugriffen Dritter schützen. Und dieses Schutzbedürfnis ist auch die eigentliche Legitimation für staatliches Handeln.

Was Gesetze letztlich legitimiert, ist ein allgemein akzeptierter Rechtsbegriff. Daher ist der unparteiische Beobachter oder das Gewissen die moralische Basis für staatlich fixiertes Recht und natürliche Gerechtigkeit, also dessen natürlicher und historischer Vorläufer. Es kann nicht oft genug betont werden: Recht wird nicht dadurch zu Recht, dass ein mit Zwangsgewalt ausgestatteter Staat es schriftlich verankert und Verstöße dagegen sanktioniert. Die Wurzeln wirklichen Rechts sind vielmehr allgemein akzeptierte Normen, die in den Hirnen und Herzen der Menschen schon verankert waren, als diese des Schreibens und Lesens noch nicht mächtig waren. Wenn Gesetze nicht durch ein generalisiertes Rechtsempfinden fundiert sind, wenn sie schriftliches Kondensat von Gruppenegoismus und mangelnder Einsicht in übergreifende Systemzusammenhänge sind, so mögen sie zwar die hoheitliche Bezeichnung Gesetz, Richtlinie, Verordnung tragen. Wo Egoismus – vor allem jener, die angeblich im Interesse einer Gruppe handeln und letztlich nur Mangel an Wissen ihrer Schäfchen zu deren Schaden und zu ihrem eigenen Einkommens- und Prestigevorteil ausnutzen – die Triebfeder für das Heißlaufen der Gesetzespresse ist, dort regiert Willkür. Das formalrechtliche Deckmäntelchen schriftlicher Verankerung und die fehlende Einsicht breiter Bevölkerungsschichten in komplexe Wirkungsmechanismen schützt die Willkür allerdings häufig davor, als solche erkannt zu werden.

Konkurrenz – unbequem, aber wirkungsvoll#

Die vierte Schranke für das natürliche Selbstinteresse des Menschen in dem Bereich des menschlichen Handelns, in dem es um die Bewältigung der Knappheit geht – also im Wirtschaftsleben – ist von zentraler Bedeutung. Freilich steht Konkurrenz nicht auf einer getrennten, vierten logischen Ebene. Sie ist mit der Dimension des Rechts ebenso verwoben, wie dieses aus allgemein akzeptierten Regeln der Moral ableitbar ist und diese wiederum aus dem Mitgefühl. Konkurrenz ist das wirtschaftliche Spiegelbild des normativen Verbots, einen anderen an seiner freien wirtschaftlichen Entfaltung zu hindern, um die eigenen Pfründen und vermeintlichen Erbhöfe zu sichern. Im Grunde besteht kein Unterschied zwischen einer Enteignung, also einem Raub, und der Ausschaltung von Wettbewerb durch Marktzutrittsbarrieren. Nur ist das Eigentumsdelikt aufgrund von Marktzutrittsbarrieren weniger augenscheinlich, weil die Betroffenen anonym bleiben oder über keine Lobby verfügen. Das Wettbewerbsrecht, das Konkurrenz schützt und Kartelle verhindert, ist somit letztlich eine Zwillingsschwester des Strafrechts.

Konkurrenz hat nichts gemein mit Sozialdarwinismus, seelischem Deformationsprinzip oder Ellenbogensystem – auch wenn die Feinde des Marktes immer wieder solche Unwahrheiten verbreiten. Konkurrenz ist vielmehr mit dem Wettlauf der Antike (concurrere=miteinander laufen) eng verwandt, bei dem das Überflügeln des Mitbewerbers nichts, aber auch gar nichts mit Unfairness zu tun hatte, solange man dem Bewerber kein Bein stellte, d.h. Konkurrenten ausschaltete. Der Wettbewerb ist wie der Wettlauf der Antike dynamisch. Und ein besonders guter Start ist keineswegs eine Garantie für den Sieg. Oft gewinnt ein vermeintlicher Außenseiter, weil der Favorit träge und überheblich geworden ist und weil die Außenseiterposition besonders zu Höchstleistungen anregt. Zur Analogie zwischen Wettlauf und Wettbewerb sagte Adam Smith in seiner „Theorie der ethischen Gefühle“: „Im Wettlauf nach Reichtum, Ehre und Avancement, da mag er rennen, so schnell er kann, und jeden Nerv und Muskel anspannen, um all seine Mitbewerber zu überholen. Sollte er aber einen von ihnen niederrennen oder zu Boden werfen, dann wäre es mit der Nachsicht der Zuschauer ganz und gar zu Ende. Das wäre eine Verletzung der ehrlichen Spielregeln, die sie nicht zulassen könnten“.

Im Unterschied zum Wettlauf ist die Konkurrenz allerdings weniger spielerisch. Bei ihr herrscht der Ernst des Lebens vor: nämlich der Zwang, mit knappen Mitteln bestmöglich zu wirtschaften, um sich und die Seinen möglichst gut über die nächste Runde zu bringen. Ungeachtet dessen kann und sollte Arbeit auch Spaß machen. Und je erfolgreicher der einzelne bei der Knappheitsbewältigung ist, umso mehr nützt das auch weniger reichen Mitbürgern und unbekannten Dritten. Konkurrenz in ihren vielfältigen Erscheinungsformen ist eine laufende Herausforderung an menschliche Leistungsfähigkeit, Phantasie, Intelligenz, Intuition, Einfühlung, Weitblick und Denken in Alternativen. Sie diszipliniert und motiviert, sie beinhaltet Risiken und eröffnet Chancen, sie belohnt die schöpferischen Kräfte und bestraft Trägheit und Mangel an Flexibilität. Konkurrenz ist eine ständige und wirksame Bewährungsprobe, bei der die Früchte der Arbeit ehrlich verdient werden müssen. In diesem System kann niemand stets auf gute Ernte hoffen, sofern er nicht stetig sät und jätet. In einer Welt der Knappheit, also jenseits des Paradieses, ist Konkurrenz ein unabdingbareres Ordnungsprinzip.

Nicht die natürlichen Knappheitsschranken des Marktes, sondern die Behinderungen der Marktkräfte stehen im Widerspruch zur Natur unserer Welt und ihren evolutorischen Wesenszügen. Für den Menschen ist die Zukunft grundsätzlich offen. Er hat die einmalige Chance, individuell aus den Fehlern der Vergangenheit, den eigenen wie den fremden, zu lernen und die Freiheit zu nutzen, die beste Option wählen zu dürfen. Knappheit lässt sich nur dann sinnvoll bewältigen, wenn diese Tatsache auch im Wirtschaftsleben berücksichtigt wird.

Als offenes System, in dem auf dem Wege eines lebendigen Entdeckungsverfahrens, das keinem festen Grundmuster folgt, immer wieder neue, bessere Lösungsmöglichkeiten für das Problem der Knappheit gesucht und gefunden werden, ist die Marktwirtschaft nicht nur die effizienteste Ordnung. Sie ist auch in dem Sinne moralisch, als sie den ethischen Forderungen nach menschenwürdiger, menschengerechter und freiheitlicher Gestaltung entspricht. Diese Ordnung hat also auch eine moralische Dimension.

In der Marktwirtschaft gilt das Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Nur wer bereit ist, zu tauschen, d.h. auf dem Markt etwas anzubieten, das sich einer allgemeinen, im Preis verkörperten Wertschätzung erfreut, kann damit rechnen, Dienste oder Waren oder Geld von anderen zu erhalten. Dabei erhält jeder Marktteilnehmer umso mehr, je mehr er selbst zu geben bereit ist. Der Einfluss, den der einzelne auf das Geschehen am Markt hat, ist somit durch den Umfang seiner für den Tausch verfügbaren Ressourcen bestimmt. Da die Ressourcen für alle Menschen knapp sind und Mittel, die einmal verausgabt wurden, für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung stehen, verursacht wirtschaftliches Handeln Opportunitätskosten, die zu einer sparsamen Ressourcenverwendung zwingen. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille. Glücklicherweise können die Marktteilnehmer ihre Ressourcen durch individuelle Anstrengungen vermehren. So erhalten innovative Unternehmer, die neue Produkte erfolgreich vermarkten oder kostengünstigere Produktionsverfahren einführen, einen Vorsprungsgewinn, d.h. ein höheres Einkommen. Auch wer als Arbeitnehmer mehr leistet, sei es durch eine Verbesserung seiner beruflichen Qualifikation, durch einen Vorschlag, der Produktionskosten spart, oder durch Überstunden, erhält mehr Lohn und kann folglich mehr kaufen. In der Marktwirtschaft besteht somit ein hoher Anreiz nicht nur für einen sparsamen Umgang mit den knappen Ressourcen, sondern auch dafür, dass individuelle Fähigkeiten bestmöglich genutzt werden. Dank der Unsichtbaren Hand des Wettbewerbs geschieht dies nicht nur zum eigenen Vorteil des einzelnen, sondern zum Wohle aller. Alles in allem entsteht so ein negativer Rückkopplungsmechanismus: Positives individuelles Verhalten, das der Allgemeinheit dient, wird belohnt und somit verstärkt. Wer sich hingegen so verhält, dass der Allgemeinheit Nachteile erwachsen, erleidet selbst Einbußen und wird sein Verhalten entsprechend korrigieren.

Letztlich ist die List der Natur oder die Unsichtbare Hand des Wettbewerbs monopolistischem und interventionistischem Taktieren überlegen. Sie hat den Markt und die Ordnungsidee der Konkurrenz erfunden: Diese Prinzipien sind so machtvoll, dass sie den Menschen teils wider seinen eigenen Willen in die Zivilisation führen. Das Verstecken hinter Schutzgemeinschaften, Zollmauern und Subventionen verzögert, aber verhindert die natürliche Evolution nicht. Wenn auch die List des Systems die Interventionen von Gruppen oder Regierungen letztlich überwindet und somit also Basisvertrauen in die Resistenz der Marktwirtschaft berechtigt ist, so ist es doch auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Eingriffe in das System Kosten nennenswerten Umfangs zur Folge haben. Verlust an Wohlstand, an Wahlmöglichkeiten, an individueller Freiheit sind unabweisbare Folgen.

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