Privater Wohnhausbau und der Markt für Sanitäranlagen

Für jedes private Bauvorhaben zu Wohnzwecken bedarf es entsprechender Sanitäranlagen. Hierzu zählen neben Waschbecken, WC-Schüsseln, Urinalen, Duschen, Badewannen, Bidets und Armaturen insbesondere Abwasser- und Wasseraufbereitungssystemen sowie die Anlagen zur Versorgung mit Warmwasser.

Auf dem deutschen Markt treten verschiedene Hersteller von Sanitäranlagen aus dem In- und Ausland auf. Zu diesen gehören etwa etwas höherpreisigere Produzenten wie Kaldewei, Grohe, Krion, Tenne, Duravit und Hansgrohe, aber auch Hersteller, die die gesamte Preispanne abdecken wie etwa Geberit. Neben diesen Herstellern existieren auf diesem Markt Sanitärgroßhändler, wie etwa Cordes & Graefe, Richter+Frenzel sowie Reisser, die ihre Ware direkt von den Herstellern beziehen und diese an Sanitär- und Heizungsbaubetriebe veräußern. In Deutschland gibt es gegenwärtig etwa 49.000 Sanitär- und Heizungsbaubetriebe, die Sanitäranlagen in Wohnhäusern, kommerziell genutzten und öffentlichen Gebäuden verbauen.

Standardmäßig beliefern also die Hersteller die Großhändler und diese wiederum die Sanitär- und Heizungsbaubetriebe. Daneben gibt es noch einen Markt für DIY-Produkte, der weitgehend über Baumärkte abgewickelt wird. Baumärkte haben für die Sanitärprodukte, die sie feilbieten, unterschiedliche Quellen: So beziehen sie ihre Sanitärprodukte teilweise von Herstellern, Großhändlern und Importeuren. Zudem lassen sie häufig Eigenmarken bei verschiedenen Herstellern fertigen oder kaufen Restposten auf. Kennzeichen des DIY-Marktes ist – wie der Name sagt –, daß die Installation vom Endverbraucher selbst vorgenommen wird. In der Regel bieten die Baumärkte jedoch preiswerte Produkte im mittleren und unteren Qualitätssegment an. Die Hersteller der höherwertigen Sanitärprodukte beliefern die Baumärkte in der Regel entweder nicht oder mit einer Zweitmarke. Seit geraumer Zeit sind darüber hinaus Internethändler wie etwa Reuter auf dem Markt (Reuter 2013), die das gesamte Sortiment und damit auch die qualitativ hochwertigen und höherpreisigen Produkte offerieren.

Wird ein Handwerksbetrieb für den Einbau von Sanitäranlagen beauftragt, bezieht dieser die notwendigen Produkte regelmäßig beim Großhändler. Der Einbau von vom Konsumenten selbst etwa bei einem Internetversender oder beim Baumarkt beschafften Sanitärprodukten wird mit Verweis auf evtl. auftretende Qualitätsmängel und damit verbunden auf mangelnde Gewährleistungsansprüche in der Regel abgelehnt. Freilich haben Internetversender und Baumärkte deutlich günstigere Endverbraucherpreise als der Großhändler, bei dem der Endverbraucher zwar die Endverbraucherpreise in Erfahrung bringen kann, jedoch dort selbst nicht direkt ohne den Handwerksbetrieb einkaufen kann. Sicherlich können Bedenken der Handwerksbetriebe hinsichtlich der Qualität in einzelnen Fällen eine Rolle spielen; stärker handlungsleitend für den Handwerksbetrieb dürfte jedoch sein, daß der Großhändler diesem erhebliche Rabattierungen einräumt, die der Handwerksbetrieb häufig aufgrund der herrschenden Intransparent nicht an den Endverbraucher weitergibt.

Damit weist der Markt die folgenden Besonderheiten auf:

  • Großhändler bieten ihre Ware lediglich den Handwerksbetrieben an, denen sie einen Rabatt einräumen oder eine Kickback-Zahlung geben. Die direkte Beschaffung von qualitativ hochwertigen Sanitäranlagen wird damit für den Endverbrauchen erheblich erschwert, ist aber nicht unmöglich.
  • Handwerksfachbetriebe weigern sich regelmäßig, vom Endverbraucher direkt beschaffte Ware zu verbauen.

Zudem zeigt sich, daß insbesondere der Großhandelsbereich empfänglich für Preisabsprachen ist (Bundeskartellamt 2018).

Beim Wohnhausneubau im privaten Bereich kann der Bauherr zwischen den Optionen Fertighaus, Bauträgerhaus und Architektenhaus auswählen. Bei den ersten zwei Optionen vereinbart der Bauherr mit dem Hersteller bzw. dem Bauträger einen festen Preis; Hersteller oder Bauträger beauftragen den Einbau der Sanitäranlagen. Der Bauherr wird hierbei nicht direkt mit den Geschäftspraktiken der Sanitäranlagenbranche konfrontiert. Im Falle des Architektenhauses ergeben sich für den Bauherrn drei Handlungsoptionen:

  1. Er beschafft die Ware direkt und verbaut diese selbst. Dazu dürften die wenigsten Bauherren in der Lage sein.
  2. Er beauftragt einen Handwerksbetrieb, wählt selbst die Ware beim Großhändler aus und dieser veräußert die Ware an den beauftragten Handwerksbetrieb gegen Nachlaß.
  3. Er beschafft die Ware selbst und läßt diese von Schwarzarbeitern einbauen. Damit geht er zum einen das Risiko der Aufdeckung insbesondere bei Unfällen und zum anderen das Risiko der Schlechtleistung und der mangelnden Gewährleistung ein.

Die Frage, die sich aus ordnungsökonomischer Sicht stellt, ist die nach der Notwendigkeit einer staatlichen Intervention.

Im Falle des Fertighauses bzw. des Bauträgerhauses ist davon auszugehen, daß die Hersteller bzw. Bauträger die Möglichkeiten des Preisvergleichs intensiv nutzen, mit den Geschäftspraktiken der Branche vertraut sind und daher mit ausgewählten Handwerksbetrieben längerfristig zusammenarbeiten. Zudem ist bei derartigen Konstellationen auch denkbar, daß der Hersteller oder Bauträger die Sanitäranlagen direkt beschafft. Auf diese Weise relativieren sich die oben genannten Schwierigkeiten und die Preissetzungsspielräume der Handwerksbetriebe erodieren.

Im Falle des Architektenhauses hängen die Preissetzungsspielräume der Handwerksbetriebe erheblich von der Eigenschaft des Architekten ab. Ist dieser regional gut eingeführt, verfügt er über ein Netz von Handwerksbetrieben, mit denen er regelmäßig zusammenarbeitet. Auf diese Weise kann der Architekt die Preissetzungsspielräume der Handwerksbetriebe erheblich einengen, zumal diese – in Abhängigkeit von der konjunkturellen Situation – meist an einer langfristigen Geschäftsbeziehung mit dem Architekten interessiert sind. Problematisch für den Bauherrn erweist sich die Beauftragung eines nicht-regionalen oder wenig eingeführten Architekten. In dieser Situation muß davon ausgegangen werden, daß die Handwerksbetriebe ihre Preissetzungsspielräume erheblich ausweiten, da es sich für sie dabei um ein einmaliges Geschäft mit begrenzten Sanktionsmöglichkeiten des Nachfragers handelt.

Ähnliches dürfte sich bei einmaligen Renovierungsarbeiten etwa bei Badsanierungen einstellen, wenn auf das Hinzuziehen eines Architekten gänzlich verzichtet wird. Hier verbleibt dem Bauherrn lediglich die Möglichkeit, Kostenvoranschläge verschiedener Handwerksbetriebe einzuholen und diese zu vergleichen.

Ein ordnungsökonomischer Handlungsbedarf besteht über die Verhinderung von Preisabsprachen oder gar Kartellierungen auf Ebene der Großhändler hinaus nicht, da davon auszugehen ist, daß auf Ebene der Handwerksbetriebe entsprechende Substitutionsmöglichkeiten vorhanden sind und der Bauherr selbst oder über einen Architekten sich vor überbordenden Preisen schützen kann. In Phasen der Hochkonjunktur in der Baubranche sind sicherlich die Substitutionsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt, aber eine staatliche Intervention würde die damit verbesserten Preissetzungsspielräume der Handwerksbetriebe nicht zieladäquat einengen können.

Literatur

Bundeskartellamt (2018). Fallbericht. Bußgelder wegen gemeinsamer Kalkulation von einheitlichen Bruttopreisempfehlungen, Zugriff am 23. Mai 2024 unter: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Entscheidung/DE/Fallberichte/Kartellverbot/2018/B5-139-12.pdf?__blob=publicationFile&v=4.

Reuter, B. (2013). Disruptiv direkt statt dreistufig zementiert–Online-Handel für SHK am Beispiel von Reuter. de. Digitalisierung des Handels mit ePace: Innovative E-Commerce-Geschäftsmodelle und digitale Zeitvorteile, 171-186.

Frank Daumann

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