Die Einspeisevergütungsregel bildet den Kern des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG), welches wiederum das (!) Vorzeigeprojekt der rot-grünen Koalition darstellt. Inzwischen bekennen sich alle im Bundestag vertretenen Parteien zu dieser Art der Förderung, und auch in der Bevölkerung genießt sie eine hohe Akzeptanz. Im Sommer 2010 wurde die im Vergleich zum ursprünglichen Zeitpfad zweistufige Absenkung der Vergütungssätze für Strom, der mit Photovoltaik-Anlagen erzeugt wurde, beschlossen. Die einen befürchten deshalb den Untergang der Photovoltaik-Branche, die anderen hingegen machen gerade den Erfolg des Gesetzes dafür verantwortlich, dass die Sätze gekürzt werden müssen. Doch wie steht es nun wirklich um die Photovoltaik (PV)? Im Folgenden wird die Förderung der PV durch das EEG einer vorläufigen Bestandsaufnahme unterzogen. Es wird sich zeigen: Vieles, was in der öffentlichen Diskussion gefeiert wird, existiert überhaupt nicht, und anderes, was allenfalls im Hintergrund der Diskussionen bleibt, bildet den Hoffnungsschimmer dafür, dass die eingesetzten Mittel nicht verschwendet sind.
Das EEG nennt drei angestrebte Ziele: den Klima- und den Umweltschutz, die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energieverbrauch. In der politischen Diskussion wird diesen Zielen oftmals noch ein weiteres hinzugefügt, die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer vermeintlichen Zukunftsbranche.
Die garantierten Einspeisevergütungssätze sind die zentralen Bausteine des EEG. Indem sie sich nicht an den Marktpreisen für Elektrizität, sondern an den zum Teil weitaus höheren Durchschnittskosten einer Kilowattstunde (Stromgestehungskosten) der zunächst nicht marktfähigen Technologien ausrichten, ermöglichen sie den zu fördernden Technologien den sofortigen Einsatz im Strommarkt. Da diese Kosten insbesondere im Hinblick auf die Photovoltaik (57,4 ct/kWh für Anlagen bis zu 30 kWp Nennleistung) zunächst um mehr als den Faktor 10 oberhalb der Marktpreise (4,5 ct/kWh) lag, muss mit dem Ziel der Förderung der nachhaltigen Energieversorgung vorrangig der Anstoß zu spürbaren Kostensenkungen verbunden sein. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, wurden die Vergütungssätze einer vorab festgelegten, kontinuierlichen Absenkung unterzogen. Die diesjährigen „außerordentlichen“ Absenkungen führen zu Vergütungssätzen von 34,05, 33,03 und 30,06 ct/kWh ab den Terminen 1.07., 1.10.2010 bzw. 1.01.2011. Die noch immer hohe Differenz zwischen Marktpreisen und Einspeisevergütungen verdeutlichen die noch immer hohen Kosten. Derzeit gängige Schätzungen vermuten, dass allein für die bis zum Ende 2010 installierten Anlagen zukünftig zwischen 50 und 90 Milliarden Euro an zukünftigen Einspeisevergütungen für die Photovoltaik (PV) anfallen. Dies entspräche immerhin 2–4 % des Bruttoinlandsproduktes der Bundesrepublik Deutschland. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, ob ein solches Volumen an Subventionszahlungen verantwortbar ist. Voraussetzung für die Legitimierbarkeit der Ausgaben ist die Wirksamkeit der Maßnahmen im Hinblick auf die angestrebten Ziele. Beginnen wir mit dem Klima- und Umweltschutz.
Klimaschutz?
Bekanntermaßen fallen CO2-Emissionen nur bei der Herstellung der PV-Anlagen an und sind weitaus geringer als diejenigen einer entsprechenden Stromproduktion durch Kohlekraftwerke. Doch bedeutet dies auch, dass mit der Nutzung von PV-Anlagen ein wirksamer Klimaschutzeffekt erzielt wird? Leider nicht.
Der Grund hierfür liegt in der – überaus sinnvollen – Verankerung der europäischen Klimapolitik im Emissionszertifikate-Handelssystem. Danach ist die europäische Elektrizitätswirtschaft dazu verpflichtet, für alle vorgenommenen CO2-Emissionen Zertifikate (EU Allowances; EUAs) zu erwerben. Auf der politischen Ebene wird festgelegt, wie viele dieser EUAs in Umlauf gebracht werden. Durch die Handelbarkeit der Zertifikate werden Unternehmen mit hohen Zahlungsbereitschaften anderen Unternehmen mit geringen Zahlungsbereitschaften EUAs abkaufen, sodass im Gleichgewicht ein Preis entsteht, bei dem alle Nachfrager mit einer mindestens dem Preis entsprechenden Zahlungsbereitschaft in den Besitz der EUAs gelangen, während die anderen Unternehmen es vorziehen, auf die Emission zu verzichten.
Wie wirkt sich nun die Einführung der deutschen EEG-Einspeisevergütung auf dieses Handelssystem aus? Die vermehrte Nutzung von PV-Anlagen bewirkt, dass der entsprechende Teil des deutschen Energieverbrauchs emissionsfrei erfolgen kann. Der so produzierte Strom verdrängt Elektrizität aus konventionellen Kraftwerken (mit CO2-Emissionen), sodass die CO2-Emissionen zunächst sinken. Folgerichtig benötigt die deutsche Energiewirtschaft weniger EUAs. Da diese jedoch wertvoll sind (ihr Preis liegt derzeit um die 14 Euro/t CO2), werden die EUAs nicht einfach ungenutzt liegen gelassen oder gar zerstört. Durch den Verkauf der EUAs an Unternehmen aus anderen Branchen oder anderen Ländern können die Unternehmen ihre Erlöse steigern. Der Rückgang der Nachfrage deutscher Energieunternehmen nach EUAs bzw. das daraus resultierende Verkaufsangebot der Unternehmen wird den Preis für EUAs verringern, sodass nun die EUAs von anderen Nachfragern mit geringerer Zahlungsbereitschaft erworben und verwendet werden. Mit anderen Worten: Die deutsche Energiewirtschaft verringert ihre CO2-Emissionen, die entsprechenden EUAs wandern zu anderen Emissionsnachfragern und bewirken dort – in anderen Branchen oder Ländern – eine exakt gleich hohe Zunahme von CO2-Emissionen. Die gesamteuropäische CO2-Emissionsminderung beträgt somit genau null.
Ein Kritiker mag einwenden, die Politik könnte auf Grund der vermehrten Stromerzeugung durch PV-Anlagen die Menge an EUAs verringern. Dem ist entgegenzuhalten, dass dies auch ohne vorherigen Aufbau von PV-Anlagen möglich ist. Dann würde derselbe Umwelteffekt ohne PV-Subventionierung zu geringeren Kosten (Emissionsvermeidungskosten; EVK) erzielt. Der Grund dafür liegt darin, dass mit anderen Technologien CO2-Emissionen wirksamer vermieden werden können. Eine Beispielrechnung soll dies verdeutlichen: Eine in einem Steinkohlekraftwerk produzierte kWh Elektrizität verursacht im Durchschnitt etwa 950g CO2. Für PV-Anlagen unterstellen wir einen Emissionswert von null (was nicht ganz korrekt ist). Unterstellen wir nun im Einklang mit aktuellen Berechnungen Stromgestehungskosten von p(PV) = 30 ct/kWh für PV-Anlagen, p(Wind) = 10 ct/kWh für Onshore-Windenergieanlagen und p(Kohle) = 4,5 ct/kWh für Steinkohlekraftwerke, so ergeben sich Preis- und Kostendifferenzen zur Kohle in Höhe von 25,5 ct/kWh für PV-Anlagen und 5,5 ct/kWh für Wind. Um eine Tonne CO2-Emissionen aus Steinkohlekraftwerken einzusparen, müsste deren Produktion um 1000/0,95 = 1053 kWh gesenkt werden. Produziert man diese Strommenge mit PV-Anlagen, so entstehen Zusatzkosten (EVK) in Höhe von EVK(PV) = 0,255 €/kWh x 1053 kWh/tCO2 = 269 €/tCO2. Die entsprechenden EVK für Windenergie betragen EVK(Wind) = 0,055 €/kWh x 1053 kWh/tCO2 = 58 €/tCO2. Die Vermeidung von CO2-Emissionen mittels PV-Anlagen ist somit etwa 4,5 mal so teuer wie die über Windenergie. Folglich würden es die Unternehmen an Stelle von PV-Anlagen normalerweise bevorzugen, mittels Windenergiekonvertern zu produzieren, um ihre CO2-Emissionen zu verringern.
Tatsächlich werden die EVK über den Markt sogar noch geringer eingeschätzt. Der Preis für EUAs signalisiert die EVK auf europäischer Ebene. Die EUAs (Rechte, eine Tonne CO2 zu emittieren) werden an der Leipziger European Energy Exchange (EEX) für nur etwa 14 € gehandelt. Dies bedeutet, dass die betroffenen Unternehmen über andere Möglichkeiten – zum Beispiel Maßnahmen zur Erhöhung des Wirkungsgrades von Kraftwerken – verfügen, um ihre Emissionen deutlich kostengünstiger zu senken.
Unterstellt man nun eine begrenzte Zahlungsbereitschaft der Bürger für den Schutz der Umwelt, so müsste es das Ziel des Umweltpolitikers sein, aus den begrenzt verfügbaren geldlichen Mitteln einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Dann scheidet allerdings die PV mit ihren übermäßig hohen EVK aus. Jede mit PV-Anlagen „eingesparte“ Tonne CO2 könnte bei Verwendung anderer Technologien – mit identischem monetären Aufwand – durch mindestens 4,5 eingesparte Tonnen CO2 ersetzt werden.
Arbeitsplätze?
Als weiteres Argument zur Legitimation der PV-Subventionen wird die dynamische Entwicklung des Marktes, insbesondere das Entstehen neuer Arbeitsplätze angeführt. Für das Jahr 2009 meldet der Bundesverband Solarwirtschaft 63000 Arbeitsplätze in der deutschen Photovoltaikbranche. Im selben Jahr wurden 6578 GWh PV-Strom produziert, die mit einem Satz von 43,01 ct/kWh für Neuanlagen und mit noch höheren Sätzen für ältere Anlagen vergütet wurden. Rechnen wir sehr vorsichtig und unterstellen einen deutlich zu geringen durchschnittlichen Vergütungssatz von 43,01 ct/kWh. Ziehen wir von diesem 4,5 ct/kWh als Preis für normale Elektrizität, so bleiben 38,51 ct/kWh als Vergütungssubvention pro kWh. Multipliziert man diesen Betrag mit der PV-Produktionsmenge, ergibt sich eine Einspeisesubventionshöhe von etwa 2,5 Mrd. €. Teilen wir diesen Betrag durch die Anzahl der Arbeitsplätze, so erhalten wir den Subventionsbetrag pro Arbeitsplatz in 2009: 40209,33 €. Gehen wir von 1840 Arbeitsstunden im Jahr aus, so erhalten wir eine Subvention von 21,85 € pro Stunde Arbeit in der PV-Branche. Diese Zahl bildet die absolute Untergrenze der Arbeitsplatzsubventionierung, da (a) eine Reihe von Subventionsleistungen – z.B. die Kosten des Netzanschlusses – nicht erfasst wurden und (b) die tatsächliche durchschnittliche Einspeisevergütung höher liegt als hier unterstellt wird. Frondel et al. (2007) schätzen die Subventionierung eines PV-Branchen-Arbeitsplatzes gar auf 153000 €.
Es ist absurd, Arbeitsplätze, die nur auf Grund einer derartig hohen Subventionierung entstanden sind, als arbeitsmarktpolitischen Erfolg zu feiern. Mit demselben Geldbetrag könnte in anderen Branchen problemlos das Fünffache an Arbeitsplätzen entstehen. Fazit: Auch die Entstehung der neuen Arbeitsplätze im PV-Sektor kann nicht als Legitimation für die geleisteten Subventionen dienen.
Sicherung der langfristigen Energieversorgung!?
Die einzig verbleibende potentielle Legitimation für die derzeitige PV-Förderung besteht somit im Ziel des Aufbaus einer wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Energieversorgung. Hier ist zunächst einmal festzuhalten, dass die EEG-Förderung in der politisch gewünschten Richtung wirkt. Zum einen ist die produzierte Menge an PV-Strom erheblich gestiegen und das Wachstum scheint sich sogar zu beschleunigen (Abbildung 1). Zum anderen sind auch die Preise für vollständige PV-Anlagen spürbar gesunken (Abbildung 2).
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Abbildung 1: PV-Stromerzeugung
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Abbildung 2: Preise für vollständige PV-Anlagen
Das mengenmäßige Wachstum der PV-Branche kann nur wenig überraschen. Schließlich stellt die an den bestehenden Kosten ausgerichtete Einspeisevergütung eine Lizenz zur risikofreien Erwirtschaftung von Gewinnen dar. Je größer die Differenz zwischen Stromgestehungskosten und garantierter Einspeisevergütung, desto höher ist auch der Gewinnaufschlag und der Anreiz, in Solaranlagen zu investieren. Die Preis- und Kostensenkungen – insbesondere im Jahr 2009 – wirken somit als Beschleuniger des PV-Ausbauprozesses.
Da jede einzelne in Deutschland installierte Anlage nach wie vor deutlich höhere Stromgestehungskosten aufweist als alternative Stromerzeugungstechnologien, kann der Ausbau der PV an sich nicht als wirtschaftlicher Erfolg bewertet werden. Im besten Fall ist er Mittel zum Zweck einer langfristigen Senkung der Produktionskosten für PV-Strom auf ein wettbewerbliches Niveau. Die eigentlich interessante Frage ist somit die nach dem Ausmaß und den Ursachen der Preissenkungen.
Abbildung 2 zeigt, dass die seit 2006 erfolgten Preissenkungen im Umfang von etwa 40 % des Ausgangswertes in der Tat beträchtlich sind und einen gewissen Optimismus für die zukünftige Entwicklung rechtfertigen. Das ändert natürlich nichts daran, dass die verbliebenen Stromgestehungskosten von 30 ct/kWh weit oberhalb derjenigen konventioneller Technologien liegen. Dies gilt auch dann, wenn man der auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktion die externen Kosten, also die nicht vom Produzenten getragenen, monetär bewerteten Schäden, hinzufügt: Schätzungen der externen Kosten variieren zwischen 2,5 und 10 ct/kWh. Gehen wir im Folgenden von einem mittleren Wert von 6,5 ct/kWh aus, dann belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten konventioneller Kraftwerke auf etwa 11 ct/kWh. Dies entspricht etwa einem guten Drittel der Stromgestehungskosten durch PV-Anlagen.
In der öffentlichen Diskussion wird oftmals bejubelt, dass die sogenannte Netzparität schon in wenigen Jahren erreicht werden könnte. Unter Netzparität versteht man dasjenige Niveau der Stromgestehungskosten, das dem Preis entspricht, den private Haushalte als Endabnehmer aktuell zahlen müssen. In Deutschland beträgt der entsprechende Wert derzeit etwa 23 ct/kWh. Die Netzparität suggeriert, dass Haushalte bei ihrem Erreichen den Strom ebenso gut selbst – durch PV-Anlagen – produzieren könnten. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Zeitpunkte von Stromproduktion und Stromkonsum auseinanderfallen. Dies hat zur Folge, dass entweder zusätzliche Speichertechnologien – z.B. Batterien – installiert werden müssten oder dass auch weiterhin das Stromnetz genutzt werden muss. Beides verursacht Kosten. Die im Endabnehmerpreis bereits enthaltenen Netzentgelte betragen derzeit ca. 5,25 ct/kWh. Hinzu kommen Steuern (ca. 5,7 ct/kWh) und weitere Abgaben sowie Verwaltungs- und Messkosten (ca. 3,4 ct/kWh), die in den Stromgestehungskosten der PV nicht berücksichtigt werden. Auch wenn die Netzparität einen an sich wenig sinnvollen Vergleich darstellt, bildet sie eine psychologisch wichtige Schwelle. Indem sie die Nähe der Kosten zu schon heute geleisteten Zahlungen dokumentiert, deutet sie eine – wenn auch erst mittel- bis langfristig umsetzbare – grundsätzliche wirtschaftliche Funktionsfähigkeit der PV-Stromerzeugung in Deutschland an. Dies ist der berühmte Silberstreif am Horizont.
Schließlich ist festzustellen, dass die bislang erfolgten Preissenkungen die Photovoltaik in bestimmten Bereichen bereits heute zu einer effizienten Technologie gemacht haben. Ländliche Regionen in Entwicklungsländern verfügen oftmals nicht über einen Zugang zum Leitungsnetz. In solchen Fällen können Kombinationen aus Windenergie, Photovoltaik, Speichern und Dieselgeneratoren den – im Gegensatz zum Leitungsanschluss – kostengünstigsten Zugang zur Elektrizität liefern. Außerdem muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass die oben genannten hohen Stromgestehungskosten nicht zuletzt auf die ungünstige Lage Deutschlands zurückzuführen sind. Dieselbe PV-Anlage mit einer Spitzenleistung von 1 kWp, die in Deutschland jährlich zwischen 800 und 1100 kWh Strom liefert, würde in anderen Teilen der Welt eine deutlich größere Energiemenge liefern. In Afrika ergäbe sich ein jährlicher Energieoutput von etwa 1800 – 2000 kWh, in Indien und Chile sogar Werte von 2200 kWh bis zu 2400 kWh. Dies bewirkt einen Rückgang der Stromgestehungskosten auf bis zu 12 ct/kWh (Chile), also nur noch ein Eurocent mehr als die Gestehungskosten für moderne fossile Kraftwerke!
Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist es nicht unwichtig zu ergründen, auf welchem Wege die Preissenkungen für PV-Strom erreicht wurden und welchen Anteil das EEG hieran hat. Preissenkungen können grundsätzlich über zumindest drei Impulse erklärt werden: Kostensenkungen, Zunahme von Anbieterzahl und Wettbewerbsintensität sowie Nachfragerückgänge. Letztere dürften hier aber kaum relevant sein.
Als Ursache für Kostensenkungen lassen sich zumindest drei Aspekte anführen: (1) Skalen- und Lernkurveneffekte, (2) technologische Innovationen und (3) Faktorpreissenkungen. Skalen- und Lernkurveneffekte scheinen in der Tat eine gewisse Rolle zu spielen. Durch eine zunehmende Industrialisierung der Produktion von PV-Anlagen können Skaleneffekte, also Massenproduktionsvorteile, realisiert werden. Lernkurveneffekte beinhalten, dass mit steigender kumulierter Produktionsmenge die Erfahrung der Anbieter steigt und sie somit ihre Technologien bzw. deren Produktionsprozesse immer weiter verfeinern und die Kosten senken können.
Als wesentliche technische Innovation (2) ist wohl die Entwicklung der kostengünstigen Dünnschichtmodule zu nennen, deren Marktanteil sich insbesondere in den Jahren 2009 und 2010 deutlich erhöht hat. First Solar, der weltweit größte Hersteller von Modulen, gibt an, Dünnschichtmodule zu Kosten von 0,84 $ produzieren zu können. Zum Vergleich: der durchschnittliche Verkaufspreis für kristalline Module liegt derzeit bei ca. 1,80 €.
Als bedeutendste Faktorpreissenkung (3) ist der Siliziumpreis zu nennen. Nach Einführung des EEG ist es zu erheblichen Silizium-Lieferengpässen mit entsprechenden Preiserhöhungen gekommen. Dies induzierte einen spürbaren Ausbau der Silizium-Produktionskapazitäten. Seit Anfang 2009 ist der Siliziumpreis schließlich von etwa 500 $/kg auf derzeit unter 60 $/kg gesunken und hat damit maßgeblich dazu beigetragen, die Kosten zur Produktion von PV-Modulen zu verringern.
Neben der Kostenseite hat auch die Entwicklung der Marktstruktur einen Beitrag zur Modul- und Anlagenpreissenkung geleistet. Die garantierten Einspeisevergütungen in Deutschland und die damit verbundenen sicheren Gewinne haben dazu geführt, dass viele in- und ausländische Anbieter in den Markt eingetreten sind. Auf diese Weise konnten Lieferengpässe überwunden und der Wettbewerb zwischen den Anbietern intensiviert werden.
Unabhängig davon, dass die Preisentwicklung als erfreulich bezeichnet werden kann, bleibt die Frage, inwieweit das EEG hierzu beigetragen hat. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Modulpreise seit 1989. Aus der Graphik geht deutlich hervor, dass die Modulpreise nicht erst mit der Einführung der großzügigen EEG-Einspeiseregelung im Jahr 2004 sinken. Wichtig ist nun zu überprüfen, ob bzw. inwieweit die EEG-Regelungen den Preissenkungstrend verstärkt haben.
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Abbildung 3: Langfristige Entwicklung der Modulpreise
Mit dem EEG hat sich Deutschland zum wichtigsten PV-Markt der Welt entwickelt. Obwohl die Voraussetzungen für die Nutzung der Photovoltaik in Deutschland nicht optimal sind, befindet sich inzwischen etwa die Hälfte der weltweit installierten Kapazität auf deutschem Boden. Auf der Produktionsseite nimmt Deutschland keine vergleichbare Position ein. So beträgt der Anteil deutscher Unternehmen an der weltweiten Solarzellenproduktion ca. 15 %. Das bedeutet zunächst einmal, dass der technische Fortschritt der PV-Branche sich nicht auf Deutschland konzentriert. Aus ökonomischer Sicht ist dies jedoch unproblematisch, wenn damit langfristig eine nachhaltige Energieversorgung ermöglicht wird. Entscheidend ist nicht die regionale Aufteilung der Produktion, sondern die Preisentwicklung vor und nach den EEG-Regelungen von 2004.
Der Vergleich zeigt folgendes: Die großzügige Einspeisevergütung verursachte zunächst Lieferengpässe, die sich in steigenden Modulpreisen von 2004 bis 2008 widerspiegeln. Der darauf folgende Preissturz in 2009 und 2010 ist zumindest teilweise eine Folge der Beseitigung dieser Engpässe. Die gestrichelte Kurve in Abbildung 3 ist das Ergebnis einer Trendschätzung. Weder visuell noch mit Hilfe von Regressionsschätzungen lässt sich derzeit eine Veränderung des Trends feststellen. Der Zeitraum signifikanter Preissenkungen ist allerdings bislang noch zu kurz um abschätzen zu können, ob das EEG die Preissenkung verstärken konnte oder nicht.
Fazit
Abschließend können wir feststellen, dass die Einspeisevergütung für PV-Strom durch das EEG nicht immer die Wirkungen aufweist, die man ihm auf den ersten Blick zuweist. Beginnen wir mit den eher ernüchternden Ergebnissen, dem Schatten:
– Die Einspeisevergütung ist teuer.
– Positive Umweltschutzeffekte im Hinblick auf den Klimawandel bestehen nicht. Klimapolitik lässt sich mit anderen Mittel preiswerter und wirksamer durchführen.
– Die Subventionen, die mit der Schaffung der entstandenen Arbeitsplätze in der PV-Branche verbunden sind, sind exorbitant. Die PV-Industrie kann nicht als arbeitsmarktpolitischer Erfolg bezeichnet werden. Mit derselben Subventionsleistung hätte man in anderen Sektoren ein Vielfaches an Arbeitsplätzen erzeugen können.
– Die Förderung der PV-Technologie dient zu einem großen Teil dem Aufbau entsprechender Produktionskapazitäten in anderen Ländern. Ressourcenökonomisch betrachtet ist dies ohne große Bedeutung, aus industriepolitischer Sicht kann die Förderung jedoch kaum als großer Erfolg angesehen werden.
Damit sind die beliebtesten Argumente zur Befürwortung der PV-Einspeiseregelung als ungültig anzusehen. Es bleibt dann nur noch das Ziel des Aufbaus einer langfristigen und verlässlichen Energieversorgung, die ein wenig Licht in die Diskussion wirft:
– Die Gestehungskosten für PV-Strom sind seit Beginn der Einspeisevergütung spürbar gesunken, sodass die Photovoltaik unter bestimmten Umständen (günstige Sonnenbestrahlung, fehlender Netzanschluss) sogar effizient ist.
– Auch wenn im Allgemeinen gilt, dass die PV-Stromerzeugung noch nicht wettbewerbsfähig ist, zeichnet sich ab, dass die Photovoltaik eine wichtige Option für die Zukunft darstellt.
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die EEG-Regelungen ziemlich genau so wirken, wie es die ökonomische Theorie vorausgesagt hat. Die garantierten, hohen Preise führten fast unvermeidlich zum Einsatz von PV-Anlagen in der Stromerzeugung und zum Aufbau von Produktionskapazitäten für PV-Anlagen. Die festen Vergütungssätze erzeugen außerdem hohe Anreize zur Kostensenkung, was für viele andere Instrumente zur Förderung erneuerbarer Energien nur eingeschränkt gilt (Springmann 2005).
Der Umstand einer lehrbuchmäßigen Reaktion der Angebotsseite – also eines preisinduzierten Kapazitätsaufbaus und eines entsprechenden Technologiefortschritts – legt allerdings nahe, dass die Entwicklung, die in der jüngeren Vergangenheit zu erkennen war, in einigen Jahren auch ohne Quersubventionierung durch das EEG erfolgt wäre. Nur hätten sich die Marktpreise dann an den Grenzkosten der Stromerzeugung orientiert, und der Aufbau der globalen PV-Industrie wäre nicht vorrangig von Deutschland finanziert worden. Da sich Marktpreise nicht an den teuersten, sondern an den günstigsten Anbietern ausrichten, wären nicht unnötig teure Anlagen auf den Dächern installiert worden, und die Mitnahmegewinne der Unternehmen wären geringer ausgefallen.
Apropos Mitnahmegewinne, die erfreuliche Absenkung der Gestehungskosten auf ein geschätztes Maximum von 33 ct/kWh setzt die jüngst vorgenommene Senkung der Einspeisevergütung in ein höchst vorteilhaftes Licht: Wäre man bei den vorgesehenen 39 ct/kWh geblieben, wäre die Differenz, also 6 ct/kWh, eine reine Einkommensumverteilung zu Lasten der Strombezieher und zu Gunsten der Energieunternehmen gewesen. Die gesenkten Vergütungssätze erlauben auch weiterhin einen ungebremsten Ausbau der Photovoltaik und lassen die Innovationsanreize unverändert. Gut zu wissen, dass die Politik ein solches Maß an Verschwendung zu verhindern wusste!
Literatur
Bundesverband Solarwirtschaft (2010): Statistische Zahlen der deutschen Solarstrombranche (Photovoltaik), August 2010, abgerufen am 24. August 2010 unter
Frondel, Manuel, Nolan Ritter und Christoph M. Schmidt et al. (2007): Photovoltaik: Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, RWI Positionen # 18,2, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen.
pvXchange (2010): pvxchange Preisindex August 2010, abgerufen am 26. August 2010 unter
Springmann, Jens-Peter (2005): Förderung erneuerbarer Energieträger in der Stromerzeugung: Ein Vergleich ordnungspolitischer Instrumente, Wiesbaden.
U.S. Energy Information Administration USEIA (2010): Annual Energy Review, Washington, D.C., abgerufen am 22. August 2010 unter
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Sehr gut recherchiert, und leider allzu wahr. Die Rechnungen stimmen mit anderen Quellen überein. Somit denke ich dürfen Sie als korrekt angesehen werden. Leider interessieren diese ernsthaften Zahlen kaum jemanden von den derzeitigen Politikern. Ich denke es macht sich besser für sie, sich mit „erfolgreichen Pionieren aus der PVS Szene“ ablichten zu lassen. Nach dem Motto „Gemeinsam gegen die Erderwärmung“ oder so ähnlich…. Vielleicht kommt doch eines Tages heraus wie „verquickt“ die Akteure in diesem Bereich wirklich sind….
Aber bis dahin wird es einen Milliardenschaden geben. Aber Milliarden können wir ja einfachst nachdrucken oder nicht ;-(
Oder vielleicht gilt auch der Zweck heiligt jeden Preis….