Von der Leyens Zuschussrente – Eine Frage der Generationengerechtigkeit

Normalerweise können Ökonomen eigentlich nur wenig bis gar nichts zu Fragen der Generationengerechtigkeit sagen. Zu schwammig ist das Konzept, zu inhaltsleer der Begriff. Wie sollen die Kriegserfahrungen der einen mit den Umweltproblemen der anderen Generation und dann noch mit der jeweiligen Rentenzahlung aufgerechnet werden? Ein unmögliches Unterfangen. Und trotzdem lassen uns diese Fragen nicht los.

So z.B. beim neuesten Reformvorschlag aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Wir erinnern uns: Um das zunehmende Problem der Altersarmut zu bekämpfen, sollen die Zahlungen der Gesetzlichen Rentenversicherung an einzelne Individuen aufgestockt werden, wenn sie mit ihrer „normalen“ Rente plus Auszahlung aus einem Riestervertrag nur auf oder unter Grundsicherungsniveau bzw. knapp darüber landen. Hinzu kommen noch ein paar Zugangskriterien, welche noch in der Diskussion stehen – Versichertenzeit in der Gesetzlichen Rentenversicherung, Laufzeit des Riestervertrages, etc.

Die Idee mutet zunächst gut an. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, müsse doch mehr bekommen, als jemand, der dies nicht getan hat. Die Kritik in den Kommentaren sowie der einschlägigen gesellschaftlichen Gruppierungen entzündete sich somit nicht an der grundsätzlichen Idee, sondern vielmehr an den Kriterien um in den Genuss einer solchen Zuschussrente zu kommen.

Doch aus einer ordnungspolitischen Sichtweise, die an dieser Stelle auch als Generationengerechtigkeit oder vielleicht besser als Aspekt der umgekehrten Altersdiskriminierung interpretiert werden könnte, muss man sich doch fragen: Warum sollten wir 68jährige Arme anders behandeln als arme 35jährige? Oder noch genauer: Warum sollten wir 68jährige, arme Versicherte der Gesetzlichen Rentenversicherung anders behandeln als arme 35jährige oder 68jährige, arme ehemalige Selbstständige?

Zu ersten Frage ist zu sagen, dass unsere Sozialgesetzgebung aus guten Gründen (mit ein paar wenigen Ausnahmen wie etwa Behinderungen, etc.) nicht nach der Schuld der Armut fragt (das Gesetz kennt auch hier die Ausnahme des grob schuldhaften Verhaltens, von welchem wir abstrahieren wollen) – sie wird lediglich festgestellt und dem Betroffenen dann geholfen. Ob diese Armut durch Pech, Krankheit, gesamtwirtschaftliche Umstände, Faulheit oder einen schlechten Scheidungsanwalt verursacht ist, spielt keine Rolle. Warum nun das Alter bzw. der Status als Rentner dabei etwas ändern soll, bleibt unbeantwortet. Bestimmte altersspezifische Ausgaben wie für Krankheit und Pflege, welche einen anderen Bedarf Älterer vielleicht rechtfertigen könnten, werden ja sowieso von anderen Sozialversicherungszweigen aufgefangen.

Doch nicht nur zwischen den Generationen diskriminiert das Konzept – auch zwischen verschiedenen sozialen Gruppen gleichen Alters. Was soll sich denn der kleine Kioskbesitzer sagen, welcher ebenfalls ein Leben lang gearbeitet und dabei für das Alter etwas zurückgelegt hat – was aber eben auch nur für eine monatliche Zahlung unter dem Grundsicherungsanspruch reicht? Sein Vermögen (bspw. aus dem Verkauf des Kiosk) müsste er erst einmal aufzehren bevor er überhaupt Anspruch auf Grundsicherung hat – und natürlich würde seine Rente aus einem Rürupvertrag auf diese Grundsicherungszahlung angerechnet. Und wer meint, dieses Beispiel sei an den Haaren herbeigezogen, der sei auf eine Studie von Michael Ziegelmeyer aus dem Jahr 2009 verwiesen. Ziegelmeyer zeigt dort, dass mindestens 10 Prozent aller selbstständigen Haushalte nicht in der Lage sind mit ihren Sparanstrengungen über das Grundsicherungsniveau zu kommen. Auch hier also ist Altersarmut ein Thema.

Armut ist in jedem Alter und für alle gesellschaftlichen Gruppen das gleiche, große Problem – und deshalb sollte es auch gleich behandelt werden. Damit der Umverteilungscharakter stimmt, sollten Leistungen an Arme aus Steuermitteln finanziert werden – und keinesfalls aus Beiträgen. Jeder sollte dabei (natürlich wieder mit den oben bereits genannten Ausnahmen) die gleichen Leistungen bekommen. Und zwar nur, wenn man bedürftig ist – und dies umfasst eben auch das Vermögen. Beim Konzept von Frau von der Leyen spielt die Bedürftigkeit keine Rolle. Auch dies wäre gegenüber dem jüngeren Hartz-IV Empfänger oder unserem 68jährigen Selbstständigen schlichtweg ungerecht.

Literatur:

Michael Ziegelmeyer (2009): Das Altersvorsorge-Verhalten von Selbständigen – eine Analyse auf Basis der SAVE-Daten , MEA Discussion Paper 187-09.

Eine Antwort auf „Von der Leyens Zuschussrente – Eine Frage der Generationengerechtigkeit“

  1. Ganz ehlich, weil gesunde 35 Jährige einen Anreiz brauchen überhaupt arbeiten zu gehen.Faulheit, wie es so schön heist und in vielen fällen Schwarzarbeit sollte schon sagen wir mal abgestellt werden.Wenn natürlich eine Krankheit vorliegt,oder Alleinerziehend mit kleinem Kind oder Kindern,dann sollten bezahlbare Lösungen gefunden werden,denn das Model,Väter selbstbehalt nach abzug 950 Euro und Mütter Trotz Arbeit durch zu hohe Kosten für Tagesmütter,die sie selbst tragen müssen zu wenig Geld übrig.Da sollte man Ansetzen,und wirklich Kranke Menschen sollten gut unterstützt werden.

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