Vereine der Fußballbundesliga sollten Kosten des Polizeiaufgebots zahlen

In seinem Urteil vom 21.02.2018 (2 LC 139/17) hat das Oberverwaltungsgericht Bremen die Gebührenforderungen des Bundeslandes Bremen an die Deutsche Fußball Liga (DFL) grundsätzlich für rechtens anerkannt. Bremen darf daher Teile der Kosten, die im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen bei sogenannten Rot- oder Hochrisikospielen entstehen, der Bundesliga in Rechnung stellen. Das Urteil ist zur Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Nach Auffassung des Rechnungshofs in Baden-Württemberg beliefen sich die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen in den ersten fünf Ligen im Jahre 2015 in Deutschland auf 119 Millionen Euro. Diese Kosten wurden bislang durch die öffentliche Hand abgedeckt und damit vom Steuerzahler bezahlt.

Eine derartige öffentliche Förderung könnte aus ordnungsökonomischer Sicht gerechtfertigt sein, wenn ein Marktversagen vorliegt. Bei Marktversagen handelt es sich allerdings um eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung. Das hier relevante Gut ist eine Unterhaltungsdienstleistung, die in einem Stadion konsumiert wird. Vor diesem Hintergrund könnten im wesentlichen zwei Marktversagenstatbestände eine Rolle spielen: das Kollektivgut und Externalitäten.

Ein Kollektivgut zeichnet sich durch die gemeinsam vorliegenden Kriterien Nicht-Rivalität (der Konsum des Kollektivgutes eines beliebigen Individuums wird durch den Konsum eines anderen beliebigen Individuums nicht beeinträchtigt) und Nicht-Ausschließbarkeit (potentielle Nutzer können vom Genuß des Kollektivguts aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht ausgeschlossen werden) aus. Betrachtet man die betreffende Unterhaltungsdienstleistung, so entsteht Rivalität zwischen den potentiellen Nutzern erst, wenn die Kapazitäten ausgeschöpft sind, also die maximale Zuschauerzahl erreicht wird. Unterhalb der Kapazitätsgrenze ist die Nutzung nicht-rival. Jedoch kann potentiellen Zuschauern jederzeit der Zutritt verwehrt werden. Das ein Kollektivgut konstituierende Kriterium der Nicht-Ausschließbarkeit ist somit nicht gegeben. Somit weist das fragliche Gut nicht die notwendigen Eigenschaften eines Kollektivguts auf.

Externalitäten bezeichnen positive oder negative Auswirkungen der Handlungen von Marktakteuren auf Dritte, die nicht über den Preismechanismus abgegolten werden. Im besagten Falle von Gewaltausschreitungen im Zusammenhang mit der Produktion der Unterhaltungsdienstleistung liegen durchaus negative externe Effekte auf teilweise unbeteiligte Dritte vor, zumal deren Gesundheit oder auch deren Eigentum geschädigt wird. Die notwendige Bedingung Marktversagen wäre also erfüllt. Hinreichend könnte sie in diesem Fall sein, wenn sich die Externalität nicht privat internalisieren ließe (Subsidiaritätsprinzip).

Da Gewalt im Stadion und in unmittelbarer Nähe des Stadions die meisten Zuschauer (insbesondere Familien mit Kindern) davon abhalten dürfte, die Unterhaltungsdienstleistung zu konsumieren und diese damit dem Stadion fernblieben, muß der Veranstalter bei auftretender Gewalt mit erheblichen Einbußen bei den Ticketeinnahmen rechnen. Zudem ist es im Interesse des Veranstalters, eine reibungslose Zusammenarbeit mit Sponsoren und Medien, seinen zwei anderen großen Einnahmequellen, zu gewährleisten; diese Kooperation würde durch Gewalt ebenfalls erheblich negativ beeinträchtigt. Insofern hat der Veranstalter ein maßgebliches Interesse daran, daß die Veranstaltung gewaltfrei verläuft.

Der vorliegende Ordnungsrahmen (also die spezifizierten Eigentumsrechte) läßt es zu, daß der Veranstalter Gewalt im Stadion durch private Ordnungsdienste unterbinden kann. Die dadurch entstehenden Kosten trägt somit der mittelbare Verursacher, der sie wiederum zumindest teilweise auf die potentiellen unmittelbaren Verursacher überwälzen kann. Die Kosten der Gewaltverhinderung innerhalb des Stadions können also problemlos internalisiert werden.

Außerhalb des Stadions, also insbesondere auf den Zufahrtswegen zum Stadion und damit im öffentlichen Raum, müssen aufgrund der Rahmenordnung Polizeikräfte zum Einsatz kommen, die das mit der Veranstaltung einhergehende Gewaltpotential einhegen. Da sich auch hier der mittelbare Verursacher, nämlich der Veranstalter, identifizieren läßt, ist es nur folgerichtig, diesem die entstehenden Zusatzkosten für den Polizeieinsatz in Rechnung zu stellen. Auch hier können wiederum über die Preisbildung der Tickets die unmittelbaren Verursacher zur Kasse gebeten werden. Die potentielle negative Externalität kann somit auch außerhalb des Stadions internalisiert werden.

Vor diesem Hintergrund weist die Entscheidung des OVG Bremen in die richtige Richtung, da die Verursacherkreise mit den entsprechenden Kosten der Gewaltverhinderung belastet werden und nicht der Steuerzahler im allgemeinen.

Hinweis: Der Beitrag erschien als Leitartikel in Heft 4 (2018) der Fachzeitschrift WiSt

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