Zwei Billionen Euro – so hoch ist der Schuldenstand von Bund, Ländern und Gemeinden derzeit in etwa. Eine mit Sicherheit hohe Summe – aber wie viel sind zwei Billionen Euro konkret? Da sich Normalsterbliche Summen von einer Million Euro vielleicht noch ganz gut vorstellen können, aber bei Milliarden und sicher bei Billionen das Vorstellungsvermögen erschöpft ist, hilft es immer, die Summen pro Kopf zu berechnen. Dieses ist scheinbar einfach: Die Bundesrepublik hat knapp 82 Millionen Einwohner, so dass die Pro-Kopf-Staatsverschuldung bei knapp 25.000 Euro liegt. Eine zugegebenermaßen hohe Summe – spontan könnte man aber denken, dass sie über einen längeren Zeitraum durchaus zurückgezahlt werden könnte: Über 25 Jahre müssten „nur“ 1.000 Euro pro Person getilgt werden.
Aber halt: Ist denn die Basis „Pro Kopf“ angebracht? Stellen wir uns eine vierköpfige Familie vor. In diesem Fall würde der zu tilgende Betrag schon 4000 Euro pro Jahr betragen. Und Oma und Opa gibt es ja auch noch, die vielleicht nur eine kleine Rente beziehen. Auf der anderen Seite aber auch eine Menge Alleinstehende. Insofern scheint eine Umrechnung auf die Lohn- und Einkommensteuerzahler, den größten Posten der Steuereinnahmen, angebrachter. Wenn man von etwa 30 Millionen Steuerpflichtigen (zusammenveranlagte Ehegatten werden als ein Steuerpflichtiger gezählt) ausgeht, so beträgt der Schuldenstand pro Steuerpflichtigem 66.666 Euro. Die Tilgung über 25 Jahre würde also bei 2.666 Euro pro Steuerpflichtigem und Jahr liegen.
Wird dem noch die durchschnittliche Höhe der Lohn- bzw. Einkommensteuer gegenübergestellt, die bei etwa 5.300 Euro jährlich liegt, kommt man auf eine Steigerung der Lohn- und Einkommensteuer von knapp 50 Prozent, die notwendig wäre, um den Schuldenberg über 25 Jahre abzutragen. Eine Erhöhung der Steuern, die fernab der Realität scheint. Insofern ist der Schuldenstand von zwei Billionen Euro nicht nur abstrakt extrem hoch, sondern auch ganz konkret beängstigend.
Hinweis:
Diese Kolumne erschien am 18. Februar 2012 im „Schleswig-Holstein Journal“, der Wochenendbeilage der Tageszeitungen im sh:z
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2 Bill. EUR ist ja auch nur die explizite Staatsverschuldung. Zusammen mit impliziter Verschuldung (Renten & Pensionen der Zukunft) dürfte der Gesamtstand bei etwa 10 Bill. EUR liegen. Dies offenbart das eigentliche Dilemma.
Da wird ein Theater um die Kernenergie & die damit verbundene „den nachfolgenden Generationen moralisch nicht zuzumutende Endlagerung“ von ca. 1% der Brennstäbe veranstaltet, aber derartige Schuldenberge unseren Nachkommen zu vererben ist plötzlich „völlig normal“? Ganz zu Schweigen von dem albernen Geschwafel gegen einen Bahnhof in Stuttgart….Als hätten wir sonst keine Probleme.
es ist zum Davonlaufen in diesem Land…
Klar klingt das heftig. Aber wie sähe die Schulden-Umverteilungsstatistik wohl aus, wenn sie sich entlang an den unterschiedlichen Einkommen und Vermögen orientieren würde?
Das beliebte Hinzuzählen von „Renten und Pensionen“ zu den Schulden sehe ich nicht so. Aller Erfahrung nach wird an diesen Verteilungsschrauben nach Bedarf gedreht: wenns nicht mehr anders geht, gibts halt noch eine Grundsicherung….
Zuerst fand ich die Idee des umlegens von Schulden auf Privatpersonen intuitiv. Danke für die übersichtliche Vereinfachtung.
Jedoch stellt sich mir beim Nachdenken eine andere Frage: Ist es wirtschaftlich nicht sinnvoller den Schuldenstand auf die Anzahl der Unternehmen zu verteilen, da diese ebenfalls einen großen Beitrag zu den Steuereinnahmen leisten? Sicherlich auch von Interesse wären hier die Schulden in Relation zu den Steuereinnahmen?
Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt am Main