Es klingt eigentlich nach einer guten Idee: Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFSF stellt Griechenland einen zinslosen Kredit zur Verfügung, damit es auf den Sekundärmärkten einen Teil seiner Altschulden zurückkauft. Diese sind zwar zum Ende der Laufzeit zum Nominalwert zu tilgen, notieren derzeit aber wegen des hohen Ausfallrisikos für griechische Anleihen zu einem deutlich niedrigeren Marktwert, der bis vor kurzem nur etwa 25% des Nominalwerts ausmachte. Durch den Schuldenrückkauf hofft man, die griechischen Schulden trotz Aufnahme neuer Schulden um ein Vielfaches zu reduzieren. Beabsichtigt ist, einen Betrag von 10 Mrd. Euro einzusetzen, um damit Schulden im Nominalwert von 30 Mrd. Euro zurückzukaufen. Auf diese Weise ließe sich Griechenlands Gesamtverschuldung um 20 Mrd. Euro verringern.
Historische Beispiele
Staatliche Schuldenaufkaufprogramme gab es in der jüngeren Vergangenheit mehrmals, vor allem in den 1980er Jahren in Südamerika. Prominent ist das Beispiel Boliviens, das im Frühjahr 1988 (als Geschenk) 34 Mio. USD erhielt, um seine Staatsschuld mit Nennwert von 670 Mio. USD aufzukaufen. Vor Ankündigung des Rückkaufprogramms notierten bolivianische Staatsanleihen am Sekundärmarkt zu 6 US-Cents pro USD, also zu einem Marktwert von nur 40,2 Mio. USD. Nach Abschluss des Programms verblieben Staatsschuldtitel im Nennwert von 362 Mio. USD im Umlauf, deren Marktwert 39,8 Mio. USD betrug. Trotz des Schuldenrückkaufs konnte Bolivien damit den Marktwert seiner Staatschulden nur unwesentlich reduzieren, weil – wie jetzt auch im Falle Griechenlands – die Preise für Staatsanleihen auf Sekundärmärkten erheblich anstiegen (Bulow, Rogoff, 1988).
Wie wirkt ein Schuldenrückkauf?
Bei einem Schuldenrückkauf bietet ein Schuldner seinen Gläubigern eine sichere Zahlung im Tausch gegen einen Forderungsverzicht bzw. den Verzicht auf eine zukünftige, risikobehaftete Zahlung an. Solche Angebote können prinzipiell sowohl von privaten, als auch von öffentlichen Schuldnern kommen, zwischen denen allerdings ein wichtiger Unterschied besteht: Ein privater Schuldner verwendet für den Schuldenrückkauf andere Vermögensgegenstände, die er im Falle eines Zahlungsausfalles seinen Gläubigern als Sicherheiten überlassen kann. Damit reduziert ein Schuldenrückkauf die Forderungen der verbliebenen Gläubiger, verringert aber auch den Erwartungswert der Zahlungen, die sie von dem privaten Schuldner erhalten.
Im Unterschied hierzu kann ein öffentlicher Schuldner gewöhnlich keine liquiden Kreditsicherheiten stellen oder sie zum Rückkauf seiner Schulden einsetzen. Damit verteilen sich nach einem öffentlichen Schuldenrückkauf die erwarteten Steuereinnahmen des öffentlichen Schuldners auf weniger Gläubiger, die wissen, dass der Wert ihrer verbliebenen Forderungen nach dem Schuldenrückkauf ansteigen wird. Um die Gläubiger damit zum Verkauf ihrer Forderungen anzuregen, muss der öffentliche Schuldner ihnen den Ex-post-Marktpreis bieten, der wesentlich über dem Preis vor Beginn des Ankaufprogramms liegen kann. Deshalb kann ein Schuldenrückkauf die unangenehme Konsequenz haben, dass sich der Marktwert der öffentlichen Gesamtverschuldung erhöht und nicht verringert (Bulow, Rogoff, 1988; Claassens, Dell’Ariccia, 2011).
Ein Zahlenbeispiel
Diese Wirkungen eines Schuldenrückkaufs lassen sich mittels eines einfachen Zahlenbeispiels für ein Land verdeutlichen, das über eine Gesamtverschuldung in Höhe von 30 Mrd. Euro verfügt, die zum Periodenende zurückbezahlt werden muss.[1] Von Zinszahlungen sei abgesehen. Um die Staatsschuld zu bedienen, stehen Steuereinnahmen zur Verfügung, die annahmegemäß erst zum Periodenende anfallen und in der Höhe risikobehaftet sind. Zur Vereinfachung sei unterstellt, dass die Steuereinnahmen nur zwei Ausprägungen annehmen können und entweder hoch oder niedrig ausfallen. Sie erreichen 30 Mrd. Euro mit Wahrscheinlichkeit 0,2 (reichen also aus, um die ursprüngliche Staatsschuld zu tilgen), betragen jedoch mit Gegenwahrscheinlichkeit  0,8 nur 5 Mrd. Euro. Damit umfassen die zu Periodenbeginn erwarteten Steuereinnahmen 30 0,2+5 0,8=10,0 Mrd. Euro, und risikoneutrale Anleger sind bereit, auf Sekundärmärkten für die bereits umlaufenden Staatsanleihen einen Marktpreis von 33 Cents je Euro Nominalwert zu zahlen.
Schuldenschnitt versus Schuldenrückkauf
Um die Auswirkungen eines Schuldenrückkaufs im Beispiel zu verstehen, sei er zunächst mit einem Schuldenschnitt verglichen, wie er derzeit für Griechenland auch diskutiert wird. Dabei sinkt die Staatsschuld um beispielsweise 10 Mrd. Euro, d.h. der Finanzminister muss bei hohen Steuereinnahmen lediglich 20 Mrd. Schulden tilgen, jedoch bei schlechten Steuereinnahmen weiterhin die gesamten Steuereinnahmen in Höhe von 5 Mrd. Euro an die Schuldner abführen. Damit betragen die erwarteten Zahlungen an die privaten Gläubiger 20Â 0,2+5Â 0,8=8,0 Mrd. Euro, die deshalb einen Vermögensverlust im Marktwert von „nur“ 2 Mrd. Euro erleiden. Dieser moderate Verlust resultiert daraus, dass der Schuldenschnitt für die Gläubiger nur bei hohen Steuereinnahmen wirksam wird, ansonsten aber ohne Konsequenzen bleibt.
Anders ist die Situation bei einem Schuldenrückkauf, wie er derzeit in Griechenland praktiziert wird, weil sich in diesem Fall der Marktpreis P der auf dem Sekundärmarkt verbleibenden Schuldtitel erhöht. Erhält der Finanzminister von der EFSF ebenfalls 10 Mrd. Euro, um Staatsschuldtitel anzukaufen, werden die bisherigen Wertpapierhalter zum Verkauf ihrer Papiere nur bereit sein, wenn der Marktpreis der Staatschuldtitel mit den erwarteten Steuerzahlungen an sie übereinstimmt. Um diesen Marktpreis zu ermitteln, ist zu berücksichtigen, dass die EFSF über keinen bevorzugten Gläubigerstatus verfügt. Deshalb wird nachfolgend unterstellt, dass bei einem Staatsbankrott die Schuld an die EFSF nicht vorrangig bedient wird, sondern zuerst die privaten Gläubiger zum Zuge kommen. Zudem wird angenommen, dass die hohen Steuereinnahmen mit der EFSF geteilt werden müssen. Damit erhalten die verbleibenden Halter griechischer Staatsanleihen, die ihre Papiere nicht verkaufen, eine erwartete Zahlung in Höhe von (30-10/P)Â 0,2+5Â 0,8=10,0-2/P Euro, die mit dem Marktpreis ansteigt. Diese muss bei Vorliegen von Arbitragefreiheit mit dem gesamten Marktwert der auf dem Sekundärmarkt gehandelten Anleihen übereinstimmen, für den gilt: PÂ (30-10/P)=30P-10. Löst man diese Gleichung nach P auf, erhält man den Marktpreis der Staatsanleihen, zu dem die Investoren zu einem Verkauf bereit sind, nämlich P=0,5442 oder 54,42 Cents pro Euro Nominalwert.[2]
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Wer erhält welche Zahlungen?
Die Rechnung lohnt sich für die Gläubiger des Landes, nicht aber für dessen Retter oder für das Land selbst. Dies verdeutlicht Tabelle 1, die für den Schuldenrückkauf und den Schuldenschnitt die Gewinne und Verluste der beteiligten Parteien zusammenstellt. Bei einem Schuldenrückkauf sind die Gewinner die privaten Gläubiger, weil deren Vermögenswert von 10 Mrd. Euro in der Ausgangssituation auf 16,32 Mrd. Euro (d.h. um 63%) im Beispiel ansteigt. Dies ist darin begründet, dass die privaten Gläubiger durch den Verkauf ihrer Titel einen Erlös in Höhe von 10 Mrd. Euro erhalten (was ihrem Vermögenswert in der Ausgangssituation entspricht) und die bei ihnen verbliebenen Staatsschuldtitel einen Marktwert von jetzt 6,32 Mrd. Euro haben. Die Kosten des Schuldenrückkaufs trägt die EFSF, die zusammen mit dem privaten Sektor zum Gläubiger des Landes wird. Sie verliert im Erwartungswert 8 Mrd. Euro und tilgt Verbindlichkeiten im Nennwert von insgesamt 10/0,5442 = 18,38 Mrd. Euro.
Auch das Land selber ist nur auf dem ersten Blick Gewinner eines Schuldenrückkaufs. Zwar betragen seine Staatsschulden nach dem Rückkauf im Nennwert „nur noch“ 10+11,62=21,62 Mrd. Euro, allerdings ist deren Marktwert mit 11,77 Mrd. Euro sogar über den Ausgangswert angestiegen. Im Vergleich zu einem Schuldenrückkauf fällt bei einem Schuldenschnitt die Reduktion des nominalen Gesamtschuldenstandes um 1,62 Mrd. Euro höher aus. Dafür werden die privaten Gläubiger an den Kosten der Sanierung beteiligt, während für die EFSF keine Ausgaben entstehen.
Fazit
Natürlich lassen sich aus einem Zahlenbeispiel keine generellen Aussagen für Griechenland treffen. Gleichwohl wird deutlich, dass ein Schuldenrückkaufprogramm in erster Linie den bisherigen Gläubigern des griechischen Staates zugutekommen dürfte. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn man die Kapitalbasis der privaten Gläubiger – vor allem von Geschäftsbanken – erhöhen wollte. Allerdings wäre dazu eine direkte Rekapitalisierung von Geschäftsbanken der effizientere Weg. Bei einem Schuldenrückkauf verändert sich die griechische Staatsschuld im Vergleich zu einem Schuldenschnitt nur wenig, bei dem aber die europäischen Kernstaaten und deren Steuerzahler nicht in Haftung genommen werden. Es drängt sich damit ein wenig der Verdacht auf, dass das derzeitige Schuldenrückkaufsprogramm ein finanzpolitischer Zaubertrick ist, der weniger dem griechischen Staat als dem griechischen Bankensektor (oder anderen Eigentümern von griechischen Bonds) zugutekommen soll, der etwa die Hälfte der griechischen Staatsschuldtitel hält. Für das Land wäre es besser gewesen, die EFSF-Mittel in die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu investieren, um seine Steuerbasis zu erhöhen.
Literatur
Bulow, J.; Rogoff, K. (1988): The Buyback Boondoggle, in: The Brookings Papers on Economic Activity, 1988(2), S. 675-698.
Claassens, S.; Dell’Ariccia, G. (2011): Are Buybacks an Efficient Way to Reduce Sovereign Debt?, http://www.voxeu.org/article/are-buybacks-efficient-way-reduce-sovereign-debt.
Manasse, P. (2012): Unilateral Restructuring, Buybacks, and Euro Swaps: An Example, http://www.voxeu.org/article/unilateral-restructuring-buybacks-and-euro-swaps-example.
Fußnoten
[1] Zu einem ähnlichen Zahlenbeispiel und zu den nachfolgenden Überlegungen siehe auch Manasse (2012).
[2] Allerdings hat die Gleichung eine zweite Lösung, nämlich P*=12,25 Cents pro Euro Nominalwert. Diese Lösung ist aber ökonomisch nicht sinnvoll, denn sie impliziert, dass die Gläubiger ihre Forderungen zu einem niedrigeren Preis als der aktuell gültige Preis von 33,33 Cent verkaufen würden.
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Das ist ein interessantes Rechenbeispiel und in seinem Inhalt sicherlich nicht widerlegbar.
Dennoch schätze ich die Auswirkungen eines Schuldenrückkaufs durch den griechischen Staat anders ein. Denn – und so lautet ja die in den letzten Jahren oft geübte Kritik an solchen ökonomischen Modellen – ist eine Grundannahme bei der Rechnung aus meiner Sicht nicht gegeben.
Der tatsächlich für den Sekundärmarkt resultierende Preis für den Rückkauf der Forderungen würde immer unter dem von Ihnen errechneten „theoretischen“ Wert liegen. Denn: Denn Moment und tatsächliche Höhe des Schulenrückkaufs sind nicht ex ante bestimmbar. Und einen solch effizienten Markt, der in Echtzeit reagiert, gibt es dann eben leider auch nicht. In dem Moment, in dem Griechenland auf einmal größere Pakete zurückerwirbt, wird der Preis noch unter dem eigentlich gerechtfertigten liegen. Ergo: Griechenland reduziert seine nominelle Schuldenlast tatsächlich überproportional. Und ob sich der Marktpreis danach tatsächlich weiter nach oben bewegt und die Schuldenlast zu Marktpreisen höher ist als vorher, dass ist für den Staate Griechenland nach dieser „Aktion“ nicht mehr relevant, da der Plan ja die Tilgung der übrigen Schulden zum Nennwert von 100 vorsieht.
Was meinen Sie, wie ist Ihre These hierauf adaptierbar?
Zwischen Schuldnern und Gläubigern gilt normales Zivilrecht.
Obige Ausführungen sind juristisch jedoch nicht nachvollziehbar.
Werden Obligationen wie hier vorausgesetzt an der Börse gehandelt, kann sie (auch) jeder Schuldner zum „Marktwert“ erwerben.
Die Schulden erlöschen in diesem Fall (Konsolidation).
Normales Zivilrecht.
Gleichgültig, ob Staaten oder andere („Private“) beteiligt sind.
„Schuldenrückkauf“ ist kein Rechtsbegriff. Was soll das rechtlich genau sein???
Sehe auch nicht, was der Erwerb eigener Obligationen oder deren „Rückkauf“ mit Sicherheiten/Einnahmen oder Steuern zu tun haben soll.
Verstehe also schon im Grundsatz kein Wort. Bitte um Erläuterung. Danke.
xRatio
Der Schuldenrückkauf ist ein getarnter Schuldenschnitt um den Markt und die Politik zu beruhigen. Denn hätte man den Rückkauf nicht gemacht, hätte der zu erwartende Schuldenschnitt größer ausfallen müssen oder hätte er überhaupt erst stattfinden müssen.
Letztlich kommt es nämlich nicht auf den Marktpreis, sondern auf die Nominalwert der Bonds an?! Ich verstehe einfach nicht, wie man – wie hier geschehen – von einer Bevorteilung der privaten Gläubiger sprechen kann, wenn die Schuld, die auf der Anleihe steht, nicht voll beglichen wird. Der griechische Staat hat de facto seine Schuld um 20 Mrd. Euro veringert. Fraglich ist allerdings, ob die zurückgekaufen Anleihen wirklich die 10 Mrd. Euro des EFSF wert waren. Das wird die Zukunft zeigen.
Lieber Oeconomicus Barbarus,
ich teile die Auffassung, dass Risiken in Bezug auf Zeitpunkt und Höhe des Schuldenrückkaufs Einfluss auf den Marktpreis nehmen können, was das Beispiel nicht erfasst. Beides erscheint aber im vorliegenden Fall als wenig relevant, da der Zeitpunkt und das Volumen für den Rückkauf vorher fixiert waren. Einen Teil der Preiserhöhung hat der Markt schon vor Durchführung des Rückkaufs vorweggenommen.
Spannend ist die Frage, ob der Nennwert oder der Marktwert der Staatschuld relevant ist. Ersterer sinkt, letzterer nicht, was angesichts der Tatsache nicht überrascht, dass die Steuerkraft Griechenlands und damit seine Schuldentragfähigkeit sich nicht geändert haben. Der verringerte Nennwert ist bedeutungslos, wenn selbst die gesunkene nominale Schuld nicht bedient werden kann; es kommt auf den Marktwert an, und der ändert sich nur, wenn sich die in Griechenland erzielbaren Steuereinnahmen dauerhaft erhöhen.
Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Vollmer. Ich muss Ihnen an dieser Stelle zustimmen – unter der Annahme, dass weder der ursprüngliche noch der neue, verringerte Nennwert der Schulden zurück gezahlt werden kann, ist die Reduktion des Nennwertes durch den Rückkauf irrelevant.
Schafft es Griechenland aber mit Hilfe einer solch kosmetischen Aktion den Nennwert so zu beeinflussen, dass er tilgbar scheint, so hätte Griechenland aus meiner Sicht seine Situation verbessert. Oder verstehe ich es immer noch falsch?
Der Marktwert der griechischen Marktschulden hat sich durch das Rückkaufprogramm um 9 Mrd. Euro vermindert. Dafür hat Griechenland 10 Mrd. Euro aufgewendet, die es sich vom EFSF geliehen hat. Die Gesamtverschuldung Griechenlands ist daher durch die Rückkäufe um eine Mrd. Euro gestiegen.
Die eigentliche Frage um die es geht, ist die Folgende:
Kann man Griechenland dadurch auf die Beine helfen, dass man den Staatsbankrott verhindert, indem man den Nennwert der Staatsschuld – wie durch das Schuldenrückkaufprogramm geschehen – verringert und auf Reformen drängt?
a)
Ich würde sagen nein, denn politischer Druck auf Reformen ist im Gegensatz zu den Marktkräften (Staatsbankrott + Euroaustritt) nicht stark genug und zu wenig zielgerichtet.
Von daher bringt ein Schuldenrückkauf überhaupt nichts. Griechenland wird entweder irgendwann fallengelassen und die staatlichen Geldgeber sind hunderte Milliarden Euro los oder Griechenland wird auf ewig subventioniert, was noch teurer kommt und deswegen unwahrscheinlich ist!
b)
Geht man aber – wie die staatlichen Geldgeber es wohl tun – davon aus, dass der politsiche Druck Wirkung zeigen wird und Griechenland auf die Beine kommen wird, dann ist der Schuldenrückkauf durchaus sinnvoll.
Denn der derzeitige Marktwert ist doch nur dann relevant, wenn Griechenland von irgendwem plötzlich und unerwartet Geld bekommen sollte, um seine eigenen Bonds aufzukaufen. Sobald Griechenland seine Steuereinkünfte nachhaltig erhöhen kann und deswegen aus der Sicht des Marktes wieder bald damit anfangen wird, die Schulden zu tilgen, wird der Marktwert der Schulden sofort steigen. Deswegen ist der Schuldenrückkauf aus der Sicht von Griechenland auf jeden Fall eine „Verbesserung“, weil Griechenland selber de facto nur zum Nennwert tilgen kann.
Relevant ist der gestiegene Marktwert nur für die staatlichen Geldgeber. Nur sie könnten durch immer neue Rückkaufprogramme Schulden zum Marktwert zurückkaufen, weil sie im Gegensatz zu Griechenland über Geld verfügen. Aber wieso sollten sie das tun, wenn sie davon ausgehen, dass Griechenlands Schulden nach einem Rückkaufprogramm langfristig von Griechenland getragen werden können? Die Rückkaufprogramme sind ja nur dadurch legitimiert, dass es Griechenland dadurch irgendwann auf eigenen Beinen stehen können wird.
c) Deswegen ist es durchaus möglich, dass die staatlichen Geldgeber einfach nur den Staatsbankrott herauszögern wollen, aus verschiedenen naheliegenden Gründen.
Der Schuldenrückkauf ist, wenn man die öffentlich behaupteten Intentionen der Akteure ernst nimmt und die reale Schuldentragfähigkeit Griechenlands zugrunde legt, wohl tatsächlich wirtschaftlich unsinnig.
Genau DAS macht die Sache aber interessant weil es zumindest teilweise die Möglichkeit bietet auf die realen Intentionen der Akteure zurückzuschliessen (sofern man nicht davon ausgeht, dass es sich einfach um grobe Fehler handelt).
Aus Sicht Griechenlands:
Herr Vaubel, wenn Sie schon vom Marktwert der Schulden ausgehen (Reduktion um 9 Mrd.), müssen Sie natürlich auch die 10 Mrd. neue Schulden ggü. dem EFSF entsprechend diskontieren. Da der EFSF keinen bevorzugten Status hat wird der Marktwert der neuen Schulden wohl um die 3-4 Mrd betragen. Effektiv hat Gr. also seinen Schuldenstand in Marktpreisen um ca 9-4=5 Mrd. verringert. Der EFSF, also wir, haben entsprechend Verluste in gleicher Höhe. Aus Sicht von Griechenland hat sich der Deal also ganz klar gelohnt; sie haben ja weder Kosten noch Risiko.
Im Vergleich ist ein Schuldenschnitt finanziell betrachtet natürlich immer besser; nur verringert das die Aussichten sich jemals wieder am Markt finanzieren zu könne.
Aus Sicht der Verkäufer: Die Anleihen wurden höchsten etwas über Marktwert verkauft. Da es ausserdem freiwillig war, war das ganze wohl in etwa neutral.
Aus Sicht der Geldgeber:
Aufgrund der viel höheren Gesamtverschuldung hat die ganze Aktion was die Schuldentragfähigkeit betrifft höchstens kosmetische Effekte. Um zu verhindern, dass der IWF kurzfristig aussteigt, musste man Gr. einige Mrd. schenken. Weil das so direkt nicht politisch darstellbar war, hat man sich entschlossen es in eine solche Aktion zu verpacken; zwar wirtschaftlich gesehen sinnlos, aber das faktisch relevante – der Transfer weiterer 10 Mrd. uneintreibarer Schulden von Privat (v.a. gr. Banken) an Staat – wird fast garnicht bemerkt, geschweige denn diskutiert; statt dessen redet man darüber wie effektiv das vllt war. (Natürlich ist auch der Zinsenerlass ein Geschenk).
Genausogut hätte der EFSF fuer 10Mrd. Gr.-Anleihen direkt am Markt kaufen können, entweder am Sekundärmarkt oder neu emittierte Anleihen. Wirtschaftlich ist das äquivalent; man hat wohl nur Gr mit einbezogen, damit man sagen kann dass Sie auch was gemacht haben bzw. um zu verschleiern.
Realistisch beurteilt ist es immer noch unmöglich dass Gr. seine Schulden jemals zurückzahlt, v.a. da ja immer noch nichts sinnvoll reformiert wurde. Es ist wohl geplant Gr. die Schulden über einige Jahrzehnte hinweg langsam zu erlassen, aber eben genau so, dass keine privaten Gläubiger weitere Verluste haben; in der Hoffnung, dass sich Gr dann wieder am Markt finanzieren kann.
In einigen Jahren wird man sagen, dass es unwirtschaftlich sei, die Schulden nicht teilweise zu erlassen, weil Gr. dann ganz pleite ginge und man nichts bekäme. Das geht heute noch nicht, weil Gr. noch ein Primaerdefizit hat was finanziert werden muss; der Schuldenerlass darf erst dann rechtlich erkennbar werden wenn Gr. keine Netto-transfers mehr braucht. Sobald Gr. seine 2% Primaerdefizit noch abgebaut hat ist es eh in einer viel besseren Verhandlungsposition, d.h. wird vermutlich dann fast nichts mehr zurückzahlen bzw nur noch an Private und an Griechen.
Steuerverschwendung muss endlich so bestraft werden wie Steuerhinterziehung, denn es verursacht objektiv den gleichen Schaden pro EUR.