Krypto-Assets als Zentralbankreserven?

Christian Lindner hat unter Verweis auf die USA vorgeschlagen, Krypto-Assets, wie den Bitcoin, in die Währungsreserven von EZB und Bundesbank aufzunehmen. Dies soll die Resilienz des europäischen Währungssystems stärken. Der Vorschlag hat inzwischen Eingang in das Wahlprogramm der FDP gefunden. Auch in Tschechien hat Notenbankpräsident Aleš Michl über Gedanken in der Zentralbank berichtet, bis zu 5% ihrer Währungsreserven in Bitcoins zu halten. Was ist davon zu halten?

Vorbild USA?

Tatsächlich hat Donald Trump nach Amtsantritt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Aufbau eines nationalen Staatsfonds binnen 12 Monaten prüfen soll. Dieser Fonds soll u.a. durch Einnahmen aus der angekündigten Zollerhebung gespeist werden, die in verschiedene Vermögenswerte (wie Immobilien, Aktien und Anleihen) fließen werden. Die Fondserträge werden verwendet, um Investitionsvorhaben von nationaler Bedeutung zu finanzieren. Spekuliert wird, ob die US Regierung einen Teil dieses Fondsvermögens in Krypto-Assets anlegen wird und damit dem Beispiel anderer Länder (wie Norwegen, Singapur oder die Vereinigten Arabischen Emirate) folgt, deren Staatsfonds dies bereits machen.

Zeitgleich mit dieser Ankündigung hat Donald Trump ein Dekret unterzeichnet, wonach Entwicklung und Nutzung digitaler Finanzanlagen, von Blockchain Technologie und legaler, durch den Dollar gedeckter Stablecoins öffentlich gefördert werden sollen.[1] Das Dekret sieht die Schaffung einer Arbeitsgruppe vor, die Einrichtung und Pflege eines nationalen Bestands an digitalen Vermögenswerten beurteilen soll, der möglicherweise aus Kryptowährungen stammt, die von der US-Regierung im Rahmen ihrer Strafverfolgungsmaßnahmen rechtmäßig beschlagnahmt wurden.

Zugleich wird allen amerikanischen Behörden (und damit auch der US Fed) untersagt, in den USA oder im Ausland eigene digitale Zahlungsmittel (Central Bank Digital Currencies, CBDCs) zu entwickeln, zu emittieren und zu nutzen; alle in diese Richtung laufenden Pläne oder Initiativen müssen unverzüglich eingestellt werden, und es dürfen keine weiteren Maßnahmen zur Entwicklung oder Umsetzung solcher Pläne oder Initiativen ergriffen werden. Dies ist das “Aus“ für den „digitalen Dollar“. Somit setzen die Amerikaner voll auf privat entwickelte FinTech-Produkte und überlassen Entwicklung und Verbreitung digitaler Zentralbankgelder den Chinesen und den Europäern, wobei allerdings auch das Eurosystem noch nicht abschließend entschieden hat, ob es einen „digitalen Euro“ ausgeben wird. Das Verbot von CBDCs soll dem Schutz der Amerikaner vor den Risiken digitaler Zentralbankwährungen dienen, die die Stabilität des Finanzsystems, die Privatsphäre des Einzelnen und die Souveränität der USA bedrohen.

Bereits im Dezember 2024 hatte Fed Chair Jerome Powell mitgeteilt, dass die US Fed nicht ermächtigt ist, Bitcoins oder andere private Krypto-Assets in ihr Währungsportfolio aufzunehmen, weil dies der Zustimmung des Kongresses bedürfe. Die Fed beabsichtigt derzeit auch nicht, diese Zustimmung einzuholen, sodass die USA nicht als Vorbild für die jetzt in Europa gemachten Vorschläge herhalten kann.

Dennoch eine gute Idee?

Um zu entscheiden, ob sich Krypto-Assets zur Reservehaltung eignen, ist zu prüfen, warum Notenbanken Währungsreserven halten. Deren Mandat ist es nicht, Spekulationsgewinne zu erzielen, die zur Finanzierung öffentlicher Investitionsvorhaben herangezogen werden können. Insofern kommt das Halten von Krypto-Assets allenfalls für Staats- oder Pensionsfonds in Betracht, wie sie bereits existieren oder deren Einrichtung derzeit in den USA in Betracht gezogen wird.

Aufgaben von Währungsreserven im Portfolio von Notenbanken ist es im Wesentlichen, die heimische Volkswirtschaft gegen externe Schocks abzusichern oder Devisenmarktinterventionen zu ermöglichen, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Um diese Ziele zu erreichen, müssen die als Währungsreserven gehaltenen Aktiva extrem liquide und risikoarm sein, d.h. in großem Ausmaß auf internationalen Geldmärkten gehandelt werden und nicht zu hohen Kursschwankungen unterliegen.

Beide Kriterien werden vom Bitcoin und anderen Krypto-Assets kaum erfüllt (Feyen et al., 2024): Im Vergleich zu den traditionellen, im Währungskorb der Sonderziehungsrechte vertretenen Währungen ist das tägliche Handelsvolumen der Krypto-Währungen Etherum, Bitcoin, Tether oder USD Coin (um die Größten zu nehmen) extrem niedrig und umfasst im Falle bspw. des Bitcoins etwas mehr als 0,5% des Handelsvolumens von Finanzanlagen in USD. Die geringe Liquidität der Krypto-Assets wird auch deutlich an den hohen Transaktionskosten, die bei Zahlungen mit diesen digitalen Aktiva aufgewendet werden müssen.

Hinzu kommt, dass Krypto-Assets beträchtlichen Kursschwankungen unterliegen. Die Preisvolatilität bspw. des Bitcoins übersteigt die traditioneller, nicht-digitaler Anlagenformen erheblich; zwischen August 2020 und August 2022 betrug der Kursverfall in sieben Subperioden mehr als 20 Prozent, in drei Perioden sogar mehr als 40 Prozent (Ibid.). Damit generieren Krypto-Assets ein hohes Portfoliorisiko; dies gilt auch unter Diversifikationsgesichtspunkten, denn die Korrelation des Bitcoin-Preises mit den Preisen anderer Anlageformen, wie Aktienindizes, ist positiv und liegt bei 0,5.

Insofern ist die Frage, ob Krypto-Assets als Reservemedium taugen, derzeit mit „Nein“ zu beantworten. Diese Sicht teilen – wenig überraschend – auch Eurosystem und Bundesbank. Für EZB-Präsidentin Christine Lagarde sind Bitcoins als Währungsreserve ungeeignet, auch weil sie vom Verdacht der Geldwäsche oder anderer krimineller Aktivitäten geplagt werden (Lagarde/De Guindos, 2025). Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel (2025) spricht sich gegen die Anlage von Währungsreserven in Bitcoins aus, die er als „digitale Tulpen“ bezeichnet, deren Wert spekulativ überhöht sein kann.

Literatur

Feyen, E., Klingebiel, D., Ruiz, M. (2024), Can Crypto-Assets Play a Role in Foreign Reserve Portfolios? Not Today, and Likely Not in the Near Future, mimeo World Bank, Washington DC, https://documents1.worldbank.org/curated/en/099553102232444409/pdf/IDU1c16366af173fa148931a28b189e8eca412f3.pdf

Lagarde, C., de Guindos, L (2025), Monetary Policy Statement. Press Conference, Frankfurt am Main, 30 January 2025, https://www.ecb.europa.eu/press/press_conference/monetary-policy-statement/2025/html/ecb.is250130~1f418aa0f4.en.html

Nagel, J. (2025), “Bitcoin sind digitale Tulpen“. Interview mit PLATOW Brief, https://www.bundesbank.de/de/presse/interviews/-bitcoin-sind-digitale-tulpen–949528


[1] Siehe https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/strengthening-american-leadership-in-digital-financial-technology/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert