Gastbeitrag
Gegen die Abschaffung von Studiengebühren in Bayern

Die wahren Bildungsskandale dieses Landes sind:

  • Kindergartenplätze sind teurer als Studienplätze.
  • Es fehlen Zehntausende von Kindergartenplätzen.
  • An deutschen Schulen fällt in erheblichem Umfang Unterricht aus.
  • 7% aller Schüler verlassen die deutschen Schulen ohne Abschluss.
  • Etwa 10% der deutschen Wohnbevölkerung gelten inzwischen als Analphabeten.

In den meisten Bundesländern, die Studiengebühren eingeführt hatten, sind diese inzwischen wieder verschwunden. In Bayern steht die Abschaffung kurz bevor, wahrscheinlich auch in Niedersachsen. Das bisher in der Bundesrepublik von staatlichen Universitäten praktizierte Studiengebührenmodell sah und sieht vor, dass Gebühren pro Semester während des Studiums zu bezahlen sind. In der Regel wurde ein Betrag von 500 Euro erhoben. Diese Art von Studiengebühren soll im Folgenden als „einfache Studiengebühren“ bezeichnet werden.

Begründet wird die Abschaffung nun mit der vermuteten Benachteiligung von Kindern aus wirtschaftlich schwächeren Familien. Gemäß dieser Argumentation halten Studiengebühren Kinder aus ärmeren Familien vom Studium ab. Es sei dahingestellt, ob diese Aussage zutrifft oder nicht. Was sich aber in jedem Fall vermuten lässt, ist, dass Kinder aus ärmeren Verhältnissen die zu zahlenden Studiengebühren während des Studiums durch zusätzliche Arbeit erwirtschaften müssen und ihnen diese Zeit für das Studium fehlt bzw. sich das Studium verlängert. Insgesamt ist daher der These, dass einfache Studiengebühren zu sozialer Benachteiligung führen können, zuzustimmen.

In der öffentlichen Debatte findet sich aber auch noch eine weitere These, nämlich: „Jegliche Art von Studiengebühren führt zu sozialer Benachteiligung“. Diese These ist indessen komplett falsch und verdreht die Wahrheit auf unerträgliche Weise. Hierzu ein paar Zahlen. Akademiker verdienen in Deutschland im Jahresdurchschnitt etwa 65.000 Euro (Brutto). Dem steht ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 37.000 Euro p.a. der Nichtakademiker gegenüber. Der Lebenseinkommensvorteil von Akademikern beträgt im Durchschnitt etwa 1 Mio. Euro. Berücksichtigt man, dass die Einkommen von Akademikern in den letzten Jahrzehnten stärker gestiegen sind, als die Einkommen von Nichtakademikern (im Schnitt der letzten 10 Jahre um 1% p.a.) und berücksichtigt man die weiteren Vorteile von Akademikern (geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko, höhere Altersbezüge, längere Lebenserwartung), liegt der Einkommensvorteil von Akademikern bei über 1,5 Mio. Euro.

Aufgrund dieser enormen wirtschaftlichen Vorteile von Akademikern ist klar, dass diese an der Finanzierung ihrer Ausbildung beteiligt werden können. Dies kann in Form sog. nachgelagerter Studiengebühren nach australischem Vorbild organisiert werden. In Australien werden die Studiengebühren erst nach dem Studium erhoben und auch das nur von denjenigen, die mehr verdienen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Erhoben werden die Gebühren als Prozentsatz des Einkommens, wobei die Gebühren progressiv mit dem Einkommen steigen. Es bezahlt also nur derjenige Gebühren, der sich das auch leisten kann. Fällt das Einkommen unter die Freigrenze, müssen auch keine Gebühren mehr bezahlt werden.

Es ist also festzuhalten: Akademiker sind die Reichen einer Gesellschaft und bei nachgelagerter Erhebung von Gebühren mit entsprechenden Einkommensfreigrenzen bleiben sie auch trotz der Gebühren die Reichen. Ein vernünftig ausgestatteter Studienplatz z.B. in der Betriebswirtschaftslehre kostet etwa 20.000 Euro (Bachelor + Master). Dem steht ein Lebenseinkommensvorteil von 1,5 Mio. Euro gegenüber. Dieses zusätzliche Lebenseinkommen mit 20.000 Euro Gebühren zu belasten ist nicht sozial ungerecht. Das Gegenteil ist der Fall.

Auch hier werden in der Debatte dann gern weitere Pseudogegenargumente ins Feld geführt. Das Hauptargument gegen nachgelagerte Studiengebühren lautet dann: Akademiker würden über ihre höheren Einkommen in Verbindung mit der progressiveren Einkommensteuer ohnehin ihre Ausbildungskosten bezahlen. Das ist zwar in vielen Fällen blanker Unfug, wie unten noch zu erläutern ist, bringt die Debatte aber dennoch deutlich voran. Denn jetzt lautet das Argument auf einmal nicht mehr „soziale Benachteiligung“ sondern im Kern: Akademiker bezahlen als die Reichen der Gesellschaft schon genug und sollten nicht auch noch durch Studiengebühren belastet werden. Das kommt der Wahrheit doch schon sehr viel näher!

Bezahlen Akademiker ihre Universitätsausbildung?

Inzwischen arbeiten etwa 17.000 deutsche Ärzte im Ausland, vor allem in der Schweiz. In der Schweiz verdienen Ärzte mehr als in Deutschland. Ärzte sind selbst in Deutschland die akademischen Topverdiener. Die ausgewanderten Ärzte in der Schweiz verdienen in ihrem Leben etwa 2,5 Mio. Euro mehr als der durchschnittliche deutsche Nichtakademiker. Die Ausbildung der 17.000 ausgewanderten Ärzte hat die deutschen Steuerzahler über 3 Mrd. Euro gekostet, von denen kein einziger Euro über das Steuersystem zurückfließt. Das Medizinstudium dieser Ärzte hat pro Person ca. 180.000 Euro gekostet, komplett bezahlt von den schlechter verdienenden Mitgliedern unserer Gesellschaft.

Zur Wiederholung – Die wahren Bildungsskandale dieses Landes:

  • Kindergartenplätze sind teurer als Studienplätze.
  • Es fehlen Zehntausende von Kindergartenplätzen.
  • An deutschen Schulen fällt in erheblichem Umfang Unterricht aus.
  •  7% aller Schüler verlassen die deutschen Schulen ohne Abschluss.
  • Etwa 10% der deutschen Wohnbevölkerung gelten inzwischen als Analphabeten.

Es gibt angesichts dieser Mängelzustände nicht den geringsten Grund, akademische Ausbildung komplett aus Steuermitteln zu bezahlen. Diese Mittel werden sehr viel dringender benötigt, um die o.g. Probleme zu lösen, zumal diese Probleme die wahre soziale Benachteiligung betreffen. Es besteht sicher kein Streit über die Frage, ob in Deutschland mehr Geld in die Ausbildung investiert werden sollte. Dabei ist nicht zu bestreiten, dass es auch massive Mängel in der Finanzierung von Studienplätzen gibt. Allein der Numerus Clausus spricht hier Bände. Wenn aber mehr Geld benötigt wird, dann muss man die Frage stellen, wer für was bezahlen soll. Und da kann es beim besten Willen nicht angehen, dass Kindergartenplätze fehlen und gleichzeitig 3 Mrd. Euro da sind, um Schweizer Ärzte auszubilden. Zudem kommen inzwischen Menschen aus der ganzen Welt zum kostenlosen Studium nach Deutschland und verschwinden dann wieder, während wir den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft komplett entwürdigende Hartz IV-Sätze zumuten. Wir können nicht unsere Schulen herunterkommen lassen und gleichzeitig den späteren Führungseliten anderer Nationen die akademische Ausbildung schenken. Das hat mit sozialer Gerechtigkeit nicht das Geringste zu tun. Die Behauptung sozialer Benachteiligung durch jegliche Form von Gebühren für Akademiker ist eine widerwärtige Verhöhnung der Wahrheit. Gemessen am Bevölkerungsdurchschnitt sind Akademiker reich. Nicht alle, zugegeben. Aber die, die es sind, können ihr Studium gefälligst selbst bezahlen um damit Steuermittel frei zu machen, die für die Beseitigung der echten Bildungsprobleme dringend benötigt werden.

Die politischen Debatten rund um Studiengebühren in Deutschland sind an Erbärmlichkeit und Inkompetenz nicht zu überbieten. Wenn sich jetzt ein bayrischer Ministerpräsident hinstellt und einem albernen Volksbegehren einer Selbstbereicherungsvereinigung nachgibt, dann ist das ein unfassbares Armutszeugnis deutscher Politik. Es muss wohl ernsthaft bezweifelt werden, dass auf den Unterschriftenlisten der Freien Wähler viele von den Kindern unterschrieben haben, die entweder keine Kindergartenplätze bekommen oder deren Eltern ein Vielfaches von dem bezahlen müssen, was Studenten in Deutschland je bezahlen mussten. Mir jedenfalls jagen Gesetzesentwürfe zur Abschaffung von Studiengebühren, in denen kein einziges Wort über Einkommensverteilungen von Akademikern steht, einen kalten Schauer über den Rücken.

 

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