Es fehlt das Vertrauen

Die Staatschuldenkrisen in vielen Ländern haben das Tempo der Weltwirtschaft im vergangenen Jahr heftig abgebremst. Vor allem der Euroraum leidet unter den Anpassungslasten, die mit den hohen Schuldenbergen und den einsetzenden Korrekturen einhergehen. Die reale Wirtschaftsleistung ging – nach einem bereits vergleichsweisen schwachen Wachstumsjahr 2011 – im Jahr 2012 um 0,6 Prozent zurück. Dabei gaben alle verwendungsseitigen Aggregate im Euroraum nach: Der private Konsum sank um 1,3 Prozent, der Staatskonsum um 0,3 Prozent und die Anlageinvestitionen brachen sogar um fast 4 Prozent ein. Vor allem Letzteres markiert die hohe unternehmerische Unsicherheit, die sich im Gefolge der Staatsschulden- und Strukturkrisen im Euroraum aufgebaut hat.

Auch die deutsche Wirtschaft konnte sich diesen Anpassungs- und Korrektureffekten nicht entziehen. Im Jahresverlauf 2012 ließ das Wachstumstempo merklich nach – im vierten Quartal 2012 ging die Wirtschaftsleistung sogar deutlich zurück. In Kombination mit einem schwachen Start wird dies auch das Jahr 2013 prägen. Die Konjunktur wird hierzulande zwar wieder anziehen, allerdings bleiben die mittelfristigen Wachstumsperspektiven eher gedämpft.

Dieser erwartete moderate Pfad ist zudem mit einigen Hindernissen gepflastert: Die wirtschaftliche und politische Gangart in Europa sowie hausgemachte Kos­ten bremsen das Tempo weiterhin ab. Die binnenwirtschaftlichen Kräfte nehmen zwar zu, erlauben aber keine größere Beschleunigung.

Im Rahmen der Frühjahrsumfrage 2013 des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln wurden die deutschen Unternehmen nach ihren mittelfris­tigen Perspektiven gefragt: 61 Prozent der Betriebe gehen von einer anhaltend positiven Entwicklung in Deutschland aus. Entsprechend haben 39 Prozent der Firmen keine mittelfristig guten Aussichten.

Folgende Argumente der Unternehmen decken dieses verhaltene Erwartungsbild (Abbildung):

Stabile Inlandskonjunktur: Die Inlandskonjunktur liefert für die mittelfristigen Perspek­tiven der deutschen Unternehmen kein eindeutiges Votum – aber sie signalisiert Stabilität. Gut ein Fünftel der Betriebe erwartet jeweils eine bessere oder eine schlechtere Entwicklung von Arbeitsmarkt und Konsum. Die restlichen Unternehmen sehen eine gleich­bleibende Entwicklung. Während 26 Prozent mittelfristig mit einer besseren gesamtwirtschaftlichen Investitionstätigkeit rechnen, gehen 22 Prozent vom Gegenteil aus.

Gute Finanzierungskonditionen: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat dazu beigetragen, die Finanzmärkte zu beruhigen. Die Finanzie­rung von Staat und Unternehmen wird über niedrige Zin­sen begünstigt. Deutschland hat bei den Zinsen und der Kreditgewährung einen Vorteil gegenüber vielen europäischen Krisenländern. Gleichwohl gilt es zu beachten, dass das Niedrigzinsumfeld auch mit negativen Effekten einhergeht – etwa Verzerrungen der Sparanreize. Zudem gehen gut 30 Prozent der Unternehmen hierzulande davon aus, dass sich die derzeit guten Finanzierungsbedingungen der Banken mittelfristig zurückbilden. Nur 7 Prozent erwarten eine weitere Verbesserung, fast zwei Drittel gleichblei­bende Konditionen.

Steigende Kosten: Eine klare Sprache sprechen die Unternehmen mit Blick auf die Kostenentwicklung und deren Bedeutung für das mittelfristige Wachstum. Gut 55 Prozent sehen eine schlechtere Entwicklung der Arbeitskosten. Auch höhere Steuern gelten für 40 Prozent der Betriebe als eine Wachstumsbremse. Weniger als 2 Prozent gehen von künftig niedrigeren Steuern aus. Vor allem die Entwicklung der Energiekosten beeinträchtigt die Unternehmen: 88 Prozent aller befragten Firmen erwarten höhere Energiekosten, obwohl bei den Rohstoffpreisen eher eine stabile, teilweise sogar eine rückläufige Entwicklung zu beobachten ist.

Europa bleibt schwach: Während 55 Prozent der Unternehmen ein anhaltendes Wachstum in den Schwellenländern sehen, ist dies mit Blick auf Europa nur bei einem Siebtel der Fall. Nur 8 Prozent rechnen mit Wachstumsproblemen in den aufstrebenden Volkswirtschaften, für Europa hegen aber 42 Prozent der Firmen diesen Verdacht. Damit bleibt – trotz der seit geraumer Zeit zu beobachtenden Gewichtsverlagerung zu den aufstrebenden Ländern – der nach wie vor wichtige europäische Markt ein Sorgenkind im Urteil der Unternehmen.

Politische Vertrauenskrise: Auch die politische Entwicklung in Europa wirft ihre Schat­ten auf die Konjunktur. Gemäß der IW-Umfrage sorgen sich die Unternehmen um die politische Stabilität in Europa und sehen dadurch ihre wirtschaftlichen Perspektiven in Deutschland beeinflusst. Knapp 40 Prozent der Betriebe erwarten eine Verschlechterung des politischen Zusam­menhalts in Europa, nur gut 7 Prozent eine Verbesserung. Dies ist eine Ansage an die Politik, für einen klaren und verlässlichen Kurs in der europäischen Schuldenkrise zu sorgen.

IW-Konjunkturumfrage
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