Die Zahlen sind erschreckend: In der Euro-Zone lag die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen bei fast 25 % und in einigen Ländern noch viel höher. In Griechenland liegt sie etwa bei über 55 % und in Spanien ähnlich hoch. Das sind erschreckende Zahlen und es ist klar, dass alles getan werden muss, um den jugendlichen Arbeitslosen eine Perspektive zu bieten. Von Zeit zu Zeit werden in den Medien aber auch deutlich niedrigere Zahlen genannt: Dann spricht man von Arbeitslosenanteilen von zehn Prozent in der EU und von etwa 20 % in den „Krisenstaaten“. Das ist immer noch viel, aber nicht einmal halb so hoch wie die erstgenannten Zahlen.
Aber wie kommen solch extrem unterschiedliche Werte zustande? Beide Angaben basieren auf denselben Daten. Der Unterschied ist ein rein sprachlicher: Bei der Arbeitslosenstatistik unterscheidet man den Begriff des „Arbeitslosenanteils“ von dem der „Arbeitslosenquote“. Dieser minimale Unterschied führt zu den stark unterschiedlichen Werten: In der EU gibt es etwa 55 Millionen Jugendliche, von denen rund 5,5 Mio. arbeitslos sind. Das führt zu dem Arbeitslosenanteil von etwa 5,5 Mio. / 55 Mio. = 10 %. Die anderen 90 % arbeiten aber natürlich nicht alle in einem normalen Beruf. Gerade bei Jugendlichen gehen viele noch zur Schule, studieren oder machen eine sonstige Ausbildung. Sie stehen dem Arbeitsmarkt also kurzfristig nicht zur Verfügung. Rechnet man diese heraus, so bleiben nur etwa 24 Mio. Jugendliche übrig. So berechnet man die hohe Arbeitslosenquote von 5,5 Mio. / 24 Mio. = 23 %. An dem Wert von 5,5 Mio. Jugendlichen in der EU hat sich also gar nichts geändert. Nur die Bezugsgröße ist nun eine andere. Daher kann man erst einmal auch nicht sagen, welche der Zahlen nun die „richtige“ ist. Es kommt einfach darauf an, wofür man sich interessiert. Noch komplizierter wird es, wenn darüber spekuliert wird, ob vielleicht viele Jugendliche nur weiter zur Schule gehen, weil sie ansonsten arbeitslos wären.
Liest man also verschiedene Zahlen zur Arbeitslosigkeit in der Zeitung oder hört sie bei Interviews mit Politikern, so ist es wichtig, sich immer wieder klar zu machen, worüber eigentlich gerade gesprochen wird. Dabei kann es schon auf Feinheiten wie die Unterscheidung von „-anteil“ und „-quote“ ankommen.
Hinweis: Diese Kolumne erschien am 10. August 2013 im „Schleswig-Holstein Journal“, der Wochenendbeilage der Tageszeitungen im sh:z
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Quote oder Anteil“