Sollte die Marktmacht der Heizkostenableser staatlich beschnitten werden?

Jeder Mieter kennt es: Sofern die Wohnung nicht mit einem modernen Ablesesystem mit elektronischer Übertragung ausgestattet ist, kommt in den meisten Fällen einmal im Jahr der Heizungsableser. Eine Verteilung der Heizkosten nach dem persönlichen Verbrauch statt nach der Wohnungsgröße – eine Regelung, die auf die Heizkostenverordnung aus dem Jahr 1981 zurückgeht – macht dieses für manche Mieter lästige Ablesen erforderlich.

Der Ablesemarkt wird von wenigen Firmen dominiert: Marktführer Techem verfügt laut Unterlagen für seine Anleiheinvestoren dabei über einen Marktanteil von etwa 30%, der Konkurrent Ista über etwa 25% und Brunata-Metrona über etwa 17% Marktanteil. Insgesamt vereinen damit die drei größten Anbieter 75% der Anteile auf diesem Markt. Alle weiteren Wettbewerber haben kaum nennenswerte Marktanteile (siehe Graphik). Der Markt weist also eine weitgehend oligopolistische Struktur mit entsprechenden Konsequenzen für das Preisniveau auf.

Heizkostenableser
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Eine weitere Besonderheit kennzeichnet diesen Markt: Der Vermieter wählt das Ableseunternehmen aus und kann dann allerdings die Kosten in voller Höhe an die Mieter weiterverrechnen. Der Vermieter hat daher – zumindest bei reinen Mietwohnanlagen – keinen großen Anreiz, sich über günstigere Anbieter auf dem Markt zu informieren und gegebenenfalls zu einem kostengünstigeren Anbieter zu wechseln, zumal die Anbieter teilweise mit Ablesesystemen arbeiten, die nicht miteinander kompatibel sind und damit erhebliche Umstellkosten auf den Vermieter zukommen können.

Diese Rahmenbedingungen erklären, warum die Ableseunternehmen sehr hohe, nicht kompetitive Renditen erwirtschaften: So realisierte Techem im Jahre 2012 bei einem Umsatz von 704 Millionen Euro ein Ebitda-Ergebnis vor Sondereffekten in Höhe von 240 Millionen Euro. Ebitda vor Sonderposten bei Umsatz an. Bei Ista wurden im Jahre 2012 mit 710 Millionen Umsatz knapp 302 Millionen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) und vor Sondereffekten erzielt. Diese Gewinnsituation – die Rendite entspricht 42,5% – scheint nachhaltig zu sein, da in den Vorjahren dieser Wert zwischen 39% und 41% schwankte.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen auf dem Markt für Heizungsableser diskutieren Verbraucherschützer und andere Organisationen die Forderung nach einer klaren Beschränkung der Marktmacht der drei Marktführer.
Sollte also der Staat hier tatsächlich eingreifen und – falls ja – wie könnte ein solcher Markteingriff in diesem Fall aussehen?

Ein staatliches Eingreifen ließe sich hier durchaus rechtfertigen, da im Prinzip zwischen Vermieter und Ableseunternehmen ein Vertrag zu Lasten Dritter – hier der Mieter – geschlossen wird. Die Mieter haben nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich gegen die Auswirkungen dieses Vertrages zu wehren. Insofern stellt sich vor allem die Frage nach der Form eines staatlichen Eingriffs.

Zunächst lässt sich festhalten, dass das Kartellamt im Falle der Heizungsableser eine Stärkung der Marktstellung von Ista unterbunden hat. Das Unternehmen beabsichtigte im Jahre 2002 (damals noch als Viterra Energy Services AG), den Konkurrenten Minol zu kaufen. Dieses Vorhaben wurde jedoch durch das Kartellamt aus Gründen fehlender Konkurrenz im Markt untersagt.

Tatsächlich stehen – wie ebenfalls die Graphik zeigt – den Vermietern weitere Anbieter zur Auswahl. So existieren offensichtlich 100 bis 150 kleinere lokale Anbieter auf dem Markt. Von einer eingeschränkten Auswahlmöglichkeit kann somit folglich nicht die Rede sein. Allerdings sind die Anreize des Vermieters zum Wechsel – wie angedeutet – aufgrund der Möglichkeit, die Ablesekosten komplett zu überwälzen, und aufgrund der teilweise hohen Switching Costs eher gering.

Um den Wettbewerb zu intensivieren, bieten sich folgende Möglichkeiten an:

  • Im Falle reiner Mietwohnanlagen könnte man die Auswahl über die zuständigen Heizungsableser dem Mieter zuordnen. Dagegen spricht jedoch, dass die Heizungsableser mit unterschiedlichen Systemen arbeiten, die – wie bereits erwähnt wurde – zum einen den Wechsel zwischen den Anbietern erschweren und zum anderen, dass unterschiedliche Systeme innerhalb eines Mietshauses nicht sonderlich sinnvoll erscheinen. Zudem hat der Mieter bereits jetzt das Recht, sich gegen zu hohe Einzelabrechnungen bei der Ablesung zu wehren. Diese, so schreibt das Gesetz vor, darf nämlich nicht mehr als 15% der Gesamtkosten für das Heizen und das Warmwasser betragen, wobei diese Schwelle für den Durchschnittshaushalt schon vergleichsweise hoch angesetzt ist.
  • Eine Einforderung der Kompatibilität der verschiedenen Ablesegeräte durch den Gesetzgeber wäre eine andere Möglichkeit, die die Switching Costs absenken würde: So ließe sich die Marktposition der kleineren Anbieter stärken, da ein Wechsel erleichtert und der Wettbewerb – insbesondere auch zwischen den großen Anbietern – gestärkt werden würde. Neuen Firmen auf dem Markt wäre dadurch der Eintritt erleichtert. Diese könnten dann mithilfe einer Wechselprämie u.U. auch Vermietern reiner Mietwohnanlagen den Wechsel zu einem anderen Anbieter schmackhaft machen. Allerdings hat auch dieses Instrument Nachteile: So greift es relativ stark in die Freiheit der unternehmerischen Entscheidungen ein und behindert – wie viele Normierungsvorgaben – den technischen Fortschritt.
  • Die gleichmäßige Aufteilung der Ablesekosten würde den Anreiz des Vermieters erhöhen, ein größeres Kostenbewußtsein bei der Auswahl des Ableseunternehmens zu entwickeln. Der Vermieter hätte somit ein Interesse daran, Ableser zu beauftragen, bei denen die Gesamtkosten der Ablesung gering ausfallen und bei denen das hold up-Risiko, das durch nicht-kompatible Ablesesysteme entsteht, gering ausfällt.

Die Aufteilung der Ablesekosten auf Vermieter und Mieter würde somit ein geeignetes Instrument darstellen, den Wettbewerb auf dem Ablesermarkt zu intensivieren. Dieses Instrument würde die Freiheitsspielräume der beteiligten Akteure nicht zu stark beeinträchtigen und wäre daher aus ordnungsökonomischer Sicht als zulässige Intervention einzustufen.

Literatur

  1. Seidlitz, F. (2010): Heizungsableser zocken die Verbraucher ab. Welt Online.
  2. Smolka, K. (2014): Heizkostenableser. So werden Mieter geschröpft. FAZ Online.
Frank Daumann

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