Gastbeitrag
Terror, Chaos, Populisten
Wie geht es mit der Weltwirtschaft weiter?

Angst bestimmt die Weltpolitik – ob nach Anschlägen in Europa, einem versuchten Putsch in der Türkei oder im US-Präsidentschaftswahlkampf. Für die Weltwirtschaft ist das Gift, denn Abschottung hilft uns nicht weiter.

Die Welt dreht sich im Moment nur sehr schwergängig. Terror und Gewalt erfassen zunehmend den europäischen Kontinent, die türkische Regierung hat offenbar jedes Maß verloren, in den USA kann ein Kandidat mit völligem Unsinn punkten, und die aus all diesen resultierende Verunsicherung in der Bevölkerung führt dazu, dass Politiker mit einfach gestrickten Lösungen für komplexe Probleme erheblich an Zulauf gewinnen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierungen in der Europäischen Union (EU) recht ratlos wirken.

Das Muster der Lösungen der Simplifizierer ist immer dasselbe: Abschottung. Der eine große Denker, Herr Trump, will eine Mauer zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten (USA) bauen, der andere, Herr Gauland, will das Asylrecht für Muslime aussetzten. Aber nicht nur sogenannte Rechtspopulisten wie diese beiden Herren oder Frau Le Pen wollen die Ausländer oder ausländische Produkte von ihrem Land fernhalten, auch die Linke macht Druck gegen „die da draußen“.

Ob das transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP), das kanadisch-europäische Abkommen (CETA) oder weitere Marktöffnung im multilateralen Rahmen, viele Politiker der Linken, die erstaunlicherweise nicht als Linkspopulisten verhöhnt werden, wollen die Märkte geschlossen halten.

Dabei ist ihre Geschichte genauso einfältig wie die von Trump oder Gauland: Globalisierung helfe nur den zumeist amerikanischen Konzernen, die Menschen blieben auf der Strecke, die Umwelt breche zusammen. Die empirische Evidenz wird großzügig ignoriert.

Dabei braucht es keine ausgefeilten ökonometrischen Modelle, die es sehr wohl gibt, um zu zeigen, dass Globalisierung für den überwiegenden Anteil der Beteiligten einen Wohlstandsschub bewirkt. Es recht schon der Augenschein: Fragen Sie doch mal in Nordkorea oder Kuba, in Venezuela oder Zimbabwe nach, wie gut es den Leuten dort – weitgehend vom Außenhandel abgeschnitten – so geht.

Wenn diese Gemengelage nicht so bedrohlich wäre, könnte man es bei einigen zynischen Kommentaren belassen. Das Problem aber ist, dass die Rezeptur sich abzuschotten, den Frieden und Wohlstand keineswegs sichert. Ganz im Gegenteil, es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass die Perioden mit Offenheit und Außenhandel mit Wohlstand und Frieden einhergingen. Phasen der Abschottung, des „Wir gegen die“-Nationalismus gingen mit Kriegen und Armut (bei sich verschlechternder Umweltqualität) einher.

Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig und entziehen sich einer einimensionalen Erklärung. Allerdings kann man durchaus ökonomisch diskutieren: Außenhandel führt dazu, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreise sich besser kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen. Vorurteile werden abgebaut. Dies gilt natürlich nicht für jeden Einzelfall. Dennoch ist es sicher keine Überraschung, dass die Bewegung Pegida in Sachsen entstanden ist; vermutlich kennen viele ihrer Anhänger Muslime nur aus Karl-May-Büchern.

Außerdem erhöht Außenhandel die Opportunitätskosten der Gewalt; führt man Krieg mit seinen Handelspartnern, hat man viel zu verlieren. In dieser Logik liegt ein Teil der europäischen Erfolgsgeschichte; möglicherweise mehr als im Narrativ der europäischen Werte.

Abschottung bringt gar nichts

Deswegen kann die Antwort auf die Verbreitung von Gewalt und Terror und der damit verbundenen Unsicherheit nicht im Abschotten liegen. Stattdessen muss die westliche Welt einen Weg finden, wie sie ihre Offenheit und ihre arbeitsteilige Produktion aufrechterhalten kann, ohne gleichzeitig die Sicherheit nicht zu vernachlässigen.

Dies ist nicht leicht. Denn für die Islamisten des IS scheint die Logik der Opportunitätskosten nicht zuzutreffen; Argumente gelten ihnen in ihrem Hass offenbar wenig. Dennoch werden sie es schwerer haben, Gehör zu finden, wenn ihre potentiellen Anhänger einen steigenden Wohlstand verspüren. Dies gilt vor allem in Entwicklungsländern, aber auch in westlichen Ländern. Gerade in Frankreich, wo die Integration der Einwanderer aus Nordafrika nicht besonders gut gelungen zu sein scheint und ihre wirtschaftliche Lage schlecht ist, muss mehr dafür getan werden.

Nach dem Angriff auf das World Trade Center am 11. September 2001 hat die Weltgemeinschaft die richtige Reaktion gewählt. Sie hat die Doha-Runde zur weiteren Liberalisierung des Welthandels gestartet. Dabei war sie klug genug, diese Runde explizit als Entwicklungsrunde zu organisieren, indem die Interessen der Entwicklungsländer besonders ernst genommen wurden.

Leider ist die Doha-Runde bis heute nicht abgeschlossen, und die zahlreichen Bemühungen der Industrieländer, sogenannte Mega-Regionals, das heißt Freihandelsabkommen zwischen reichen Volkswirtschaften, die einen großen Teil des Welthandels unter sich ausmachen, anzustreben, tragen nicht zum erfolgreichen Abschluss bei.

Dabei wäre es nicht nur für uns in Europa wichtig, weiterhin intensiv in die globale Arbeitsteilung eingebunden zu sein. Auch für die Entwicklungsländer ist ein Schub im Auß0enhandel bitter nötig; damit ließen sich auch die Fluchtursachen in einigen afrikanischen Ländern wirkungsvoll bekämpfen, wenigstens in der mittleren und langen Frist. Je später man damit beginnt, desto länger dauert dieser Prozess.

Das Fazit kann nur lauten, dass Trump, Gauland, Le Pen und Campact in ihrem Urteil falsch liegen. Mehr Abschottung gegen Fremde, ob Mexikaner, Muslime oder Texaner, schadet erheblich mehr als dass es hilft. Mehr Handel und Investitionen schafft Vertrauen und erhöht den Wohlstand. Dies ist nicht die einzige Strategie zur Lösung der gegenwärtigen Probleme der Welt, aber ohne sie fällt diese Lösung ungleich schwerer. Es ist an der Zeit, die Doha-Runde wiederzubeleben und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

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