Geht es um Wege, die Treibhausgasemissionen zu senken, wird zuallererst an erneuerbare Energien gedacht. Weniger bekannt ist jedoch, dass ein Siebtel des weltweiten Treibhausgasausstoßes durch die Haltung und Verarbeitung von Tieren bedingt ist (IPCC 2014). Dieser Anteil am globalen Treibhausgasausstoß ist höher als der Beitrag des Verkehrs. Der Verzehr von Fleischprodukten gehört damit neben dem Energieverbrauch zu den wesentlichen Quellen von Treibhausgasen.
Während der Energieverbrauch nicht gesenkt werden muss, um Treibhausgase zu reduzieren, wenn der Energiebedarf zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt wird, führt an einem geringeren Fleischkonsum derzeit noch kein Weg vorbei, wenn dasselbe Ziel erreicht werden soll. Noch steckt die Erforschung künstlicher Fleischstoffe in den Kinderschuhen und Fleischersatz, wie etwa Tofu-Würste, erfreut sich nur geringer Beliebtheit. Auch der Konsum von Biofleisch ist zum Zwecke der Treibhausgasverringerung ungeeignet: Die wissenschaftliche Literatur zeigt, dass die durch die Produktion von Biofleisch entstehende Menge an Treibhausgasen im Mittel höher ist als bei konventioneller Fleischerzeugung.
Das liegt unter anderem daran, dass der Futteranteil von Gras bei der Produktion von Biofleisch deutlich höher ist als bei konventioneller Haltung. Futtermittel wie Getreide und Soja führen bei den Tieren zu weniger Blähungen als Gras und folglich zu einem geringeren Ausstoß an Treibhausgasen. Das gilt insbesondere für Rinder, die beim Wiederkäuen vor allem das klimapotente Methan erzeugen, welches eine um den Faktor 25 höhere Klimawirkung hat als Kohlendioxid.
Selbstverständlich gibt es gute Gründe, Biofleisch zu kaufen: Es ist besser, wenn keine Antibiotikarückstände im Fleisch sind und sich so die Gefahr von Resistenzen verringert. Und es ist besser für die Tiere, wenn diese nicht eingepfercht sind, sondern große Weideflächen zur Verfügung haben. Die Konsequenz ist allerdings, dass zur Produktion von Biofleisch erheblich mehr Fläche benötigt wird. Insgesamt, so zeigen Studien über Verbraucher, die vorwiegend Biofleisch verzehren, sind deren Treibhausgasemissionen nicht niedriger als die anderer Konsumenten, obwohl sie weniger Fleisch essen. So verursacht die Herstellung von Rindfleisch aus ökologischer Ochsenmast etwa eineinhalb Mal so viele Treibhausgase wie bei konventioneller Produktion (Foodwatch 2019).
Weil Lösungen aus dem Labor noch eine Weile auf sich warten lassen werden, bleibt vorerst nur ein Weg übrig: Weniger Fleisch essen! Solange dies als Bestandteil einer insgesamt gesünderen Lebensweise aufgefasst wird und nicht nur ein guter Vorsatz für das neue Jahr bleibt, der alsbald wieder ad acta gelegt wird, hat weniger Fleisch essen nicht nur Vorteile für das Klima, sondern auch für die Gesundheit und das eigene Wohlbefinden.
Abgesehen vom geringeren Leid von Tieren stehen so auch mehr pflanzliche Nahrungsmittel in Form von Getreide, Soja, etc. für die stetig wachsende Weltbevölkerung zur Verfügung, die andernfalls als Futtermittel für die Tierproduktion verwendet würden. Schätzungen zufolge werden für 1 kg Rindfleisch etwa 1,7 kg Kraftfutter, hauptsächlich in Form von Getreide, benötigt, für ein 1 kg Schweinefleisch 3,4 kg Kraftfutter und für 1 kg Geflügelfleisch rund 2,6 kg Kraftfutter (WWF 2014: 26).
Ernährungsexperten der Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen einen Fleischkonsum von im Mittel 64 Gramm je Person und Tag (DGE 2009). Mit knapp 190 Gramm pro Tag bzw. rund 69 kg pro Kopf und Jahr liegt der Fleischkonsum im OECD- und EU-Durchschnitt weit darüber (OECD 2019). In weniger entwickelten Ländern liegt der durchschnittliche Fleischkonsum hingegen weit unter dem OECD-Durchschnitt, in Indien etwa bei weniger als 3 kg pro Kopf und Jahr. An der Spitze liegt der Pro-Kopf-Fleischkonsum der US-Bürger mit 98,3 kg, in Deutschland liegt er bei 59,8 kg (BVDF 2019).
Würden die weniger entwickelten Länder der Welt sich mit wachsendem Wohlstand einen ähnlichen Fleischkonsum leisten wie die OECD-Länder, wird man bei einer bis zum Jahr 2100 auf voraussichtlich 11 Milliarden Menschen weiter wachsenden Weltbevölkerung früher oder später um die industrielle Produktion von Fleischersatzstoffen kaum herumkommen. Eine Reduktion des Fleischkonsums in den Industrieländern würde aber immerhin dafür sorgen, dass Fleischprodukte tendenziell günstiger werden und sich die weniger entwickelten Länder eher eine ausgewogenere Ernährung leisten könnten.
Zitierte Literatur
BVDF (2019) Fleischverzehr je Kopf der Bevölkerung (in kg) Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie. https://www.bvdf.de/in_zahlen/tab_05
DGE (2009) Die Nährstoffe: Bausteine für Ihre Gesundheit. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Bonn.
Foodwatch (2019) foodwatch-Report „Klimaretter Bio?“. https://www.foodwatch.org/de/informieren/klimaschutz/mehr-zum-thema/foodwatch-report/
IPCC (2014) Informationen zum Klimawandel, 5. Sachstandsbericht des Weltklimarats.
WWF (2014) Fleisch frisst Land. 4. unveränderte Fassung der Studie des World Wildlife Fund Deutschland aus dem Jahr 2011, Berlin. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Fleischkonsum_web.pdf
OECD (2019) Meat Consumption. https://data.oecd.org/agroutput/meat-consumption.htm
Die ordnungspolitisch korrekte Lösung wäre die Einführung einer allgemeinen Treibhausgassteuer. Dann können die Märkte dezentral nach einer Lösung des Problems suchen. Die Konsumenten werden weniger Fleisch konsumieren und die Unternehmen werden versuchen, neue Technologien zu entwickeln, die weniger Treibhausgase emittieren.
Das ist langfristig besser, als wenn die Regierung technologisches Rosinenpicken versucht (Atomenergie und Verbrennungsmotor verbietet, Akkuproduktion subventioniert…) oder unverbindliche Appelle den Fleischkonsum zu reduzieren oder weniger Billigflieger zu benutzen.
Ps: Dass es den Tieren in der Biolandwirtschaft besser geht und sie gesünder sind, deckt sich nicht ganz mit der Wirklichkeit, wie diese sehr gute Doku des DLF zeigt:
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=703324