Die jüngsten Beschlüsse der EU über ein gemeinsames „Corona-Hilfsprogramm“ werden vielfach als Beginn einer neuen Phase für Europa gefeiert. Auch die Europäische Währungsunion (EWU) hofft auf einen konstruktiven Neustart. Erstmals genehmigt der EU-Rat direkte finanzielle Transfers an angeschlagene Mitgliedsländer. Dieses Mehr an Solidarität bedeutet jedoch nicht automatisch auch mehr Solidität. Eine genaue Analyse der Beschlüsse entlarvt deren eigentliche Zielsetzung: Nach mehrfachen Krisen mutiert die EWU nun, unter dem Deckmantel der Corona-Krise, in eine fragile „Transferunion“. Damit erfüllen sich frühere Prognosen zur Zukunft der Euro-Zone: Das Euro-Konstrukt entwickelt sich vom kriselnden „Zombie“ zum gefräßigen „Monster“, das mit immer mehr Geld künstlich am Leben erhalten werden muss.
Neue Spielregeln für Europa
Das Jahr 2020 setzt vor dem Hintergrund der globalen Corona-Pandemie eine wichtige Zäsur, auch in der wechselhaften Geschichte der Europäischen Union (EU): Erstmals konnte die EU-Kommission im Juli 2020 ein spezielles Hilfspaket zu Gunsten aller Mitgliedsländer durchsetzen. Das Programm im Umfang von 750 Mrd. € soll Härten der Corona-Krise abmildern und die Zukunft der EU stärken.
Ein zentraler Aspekt liegt darin, dass große Teile der Finanzhilfe (immerhin 390 Mrd.€) nicht als Kredite, sondern in Form echter Zuschüsse vergeben werden. Erstmals wird so auf Ebene der EU explizit ein System finanzieller Transfers zugunsten „schwacher“ Mitgliedsländer etabliert. Dies verändert die bisherige Architektur der EU in einem entscheidenden Punkt; zugleich wird auch der strukturelle und institutionelle Rahmen der EWU neu austariert.
Zwar existieren Systeme zur europäischen Umverteilung bereits seit langem, etwa in Form der „EU-Kohäsionsfonds“. Dennoch ist der EU-Ratsbeschluss vom 21. Juli 2020 historisch. Erstmals wird das Prinzip eines „europäischen Länderfinanzausgleichs“ etabliert, das – vor allem mit Blick auf die EWU – einen bedeutenden Paradigmenwechsel einleitet. Faktisch gibt der EU-Rat damit den Startschuss zur Umwandlung der EWU in eine fragile „Transferunion“.
-> Genau dieses zweifelhafte Ergebnis sollte durch strikte Formulierung der EU-Verträge stets explizit ausgeschlossen werden. Stattdessen werden nun, wie bereits seit Jahren, die alten Regeln und Prinzipien der EWU ein weiteres Mal aufgeweicht, verwässert und gebrochen.
Zwar betont die EU-Politik, es handle sich bei dem neuen Transferinstrument um einen singulären Ausnahmetatbestand, ausgelöst durch die Brisanz der Corona-Krise. Die Zukunft wird jedoch zeigen, dass die EWU auch diesen „einmaligen“ Regelbruch zu einer dauerhaften Einrichtung machen wird.
-> Zur Erinnerung: Auch die unkonventionelle Geldpolitik der EZB sollte ein Ausnahmefall sein – unter dem Druck der Euro-Krise. Tatsächlich wird die exzessive Geldschöpfung der EZB aber seit Jahren ungebremst fortgesetzt, zuletzt sogar mit deutlich erhöhter Dynamik.
Was wirklich hinter den EU-Beschlüssen steckt
Auslöser der neuen EU-Beschlüsse war vordergründig die Corona-Pandemie, die mit Italien, Spanien und Frankreich speziell die europäischen „Südländer“ hart getroffen hat. Nach Aussage der EU-Kommission soll das Hilfspaket primär zur Überwindung dieser „Corona-Schäden“ dienen. Eine kurze Analyse der Vergabekriterien zeigt jedoch, worum es in Wirklichkeit geht. Denn nicht die 2020 tatsächlich eingetretenen Schäden durch CoViD19, sondern pauschale Wirtschaftsdaten früherer Jahre (2015-2019) wurden zunächst als zentraler Verteilungsschlüssel für Hilfsgelder festgelegt. Ein direkter Bezug der „Corona-Hilfsgelder“ zu tatsächlichen „Corona-Schäden“ im Jahr 2020 war somit kaum erkennbar. Gleichzeitig ist der von der EU-Kommission neu veranschlagte Schuldenspielraum um ein Vielfaches größer, als für das „Corona-Hilfspaket“ eigentlich erforderlich wäre. Beide Befunde sind extrem erhellend: Sie entlarven zentrale Aussagen des EU-Gipfels zur „Corona-Hilfe“ als grob irreführend, geben aber zugleich einen unmissverständlichen Hinweis auf das wahre Motiv, und damit auf den inzwischen wohl sehr kritischen Zustand der EU/EWU:
-> Offensichtlich stehen einige Länder der EWU erneut mit dem Rücken an der Wand. Speziell Italien verliert im Korsett der Währungsunion massiv an ökonomischer und finanzieller Tragfähigkeit. Als einziger Ausweg bleiben umfassende Finanztransfers „von außen“.
Viele Studien belegen, dass die Euro-Zone seit Jahren unter systemischen Verspannungen leidet. Ursache sind strukturelle Rigiditäten und massive Divergenzen im makroökonomischen Gefüge. Die Euro-Krise der Jahre 2010-2015 brachte diese Verspannungen erstmals klar zum Ausbruch.
Diese innere Unwucht erzeugt zunehmende Zentrifugalkräfte, und damit ein (zuletzt wieder beschleunigtes) Auseinanderdriften der gesamten Euro-Zone. Derartige Zentrifugalkräfte können in einer Währungsunion nur auf zwei Arten reduziert werden: entweder durch harte strukturelle Anpassungen mit dem Ziel ökonomischer Konvergenz, oder falls dies – wie im Fall der EWU – über viele Jahre nicht gelingt: durch ein System dauerhafter Subventionen und Finanztransfers.
Da sich die EWU über viele Jahre als reformunwillig erwiesen hat, ist der erste Ansatz unmöglich. Folglich hat sich die EU-Politik nun dem zweiten Handlungspfad verschrieben, der auf dauerhafte Finanztransfers hinausläuft. Das ist zwar beunruhigend, scheint aber zumindest realistischer als der frühere naive Glaube vieler EU-Politiker an die „Selbstheilung“ der EWU.
Damit offenbart sich die wahre Zielsetzung des „Corona-Hilfspakets“: Es liefert ein wohlfeiles Narrativ, um ohne öffentlichen Aufschrei – und nur wenige Jahre nach der Euro-Krise – erneut massive Finanztransfers in die schwachen Länder der EU lenken zu können.
-> Im Klartext: Hinter dem neuen Plan für paneuropäische Transferzahlungen steht weniger die Corona-Pandemie als vielmehr die Summe der seit Jahren aufgelaufenen Strukturprobleme der EU/EWU. Diese erzwingen nun die offensichtlich die verdeckte Umwandlung der EWU in eine fragile „Transferunion“.
Was die Entwicklung der TARGET-Salden verrät
Die Tendenz der EWU zur „schleichenden Transferunion“ ist bereits seit Jahren klar erkennbar. Verlässliches Symptom sind die sogenannten „TARGET2-Salden“: Deren massive Aufblähung im Zeitablauf signalisiert gravierende Ungleichgewichte und akute Verspannungen im EWU-System.
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TARGET-Salden entstehen als Ergebnis innereuropäischer Zahlungsströme. Da im TARGET-System – ursprünglich nur als technisches Verrechnungssystem eingeführt – keinerlei Verpflichtung zum Ausgleich oder zur bilateralen Verrechnung solcher Salden existiert, können sich diese über lange Zeit ungehindert ausdehnen. Negative TARGET-Salden sind als „Verpflichtungen“ des jeweiligen Landes gegenüber dem EZB-System zu verstehen, positive Salden hingegen als „Forderungen“.
Folglich handelt es sich bei den TARGET-Salden um positive oder negative Vermögenspositionen des jeweiligen Landes, die allerdings nie wirklich eingefordert oder liquidiert werden können. Die Frage, ob TARGET-Salden „werthaltig“ sind oder lediglich „fiktive“ Buchungen abbilden, wird seit längerem kontrovers diskutiert.
-> Unabhängig von dieser (sehr relevanten) Frage zeigen größere Ausschläge bei den TARGET-Salden eines jedoch sehr klar: Expandierende TARGET-Salden reflektieren massive Kapitalflüsse und deuten auf ein dynamisches internes Gefälle des Euro-Währungsraumes, interpretierbar als Kapitalverschiebung („Kapitalflucht“) aus den Problemländern der EWU in Länder mit starker ökonomischer und finanzieller Substanz.
Wie Abb. 1 klar zeigt, liefert der Verlauf der TARGET-Salden seit 2000 nicht nur eine präzise Indikation für die enorme Unwucht des EWU-Systems, sondern auch für offensichtlich periodisch auftretende Problemspitzen („Krisen“): Die erste Episode entwickelte sich im Zuge der Großen Finanzkrise (2008-2010), die in Europa unmittelbar zur „Euro-Krise“ (2010-2015) eskalierte. Nicht ganz zufällig erreichten die TARGET-Salden im Sommer 2012, auf dem Höhepunkt der Euro-Krise, einen extremen Höchststand. Vor diesem Hintergrund kam es zu der (inzwischen legendären) Aktion von EZB-Chef Mario Draghi am 26. Juli 2012:
-> Mit seiner „whatever it takes“-Rede konnte Draghi die Eskalation der Krise unterbrechen. Die Dynamik der Euro-Krise verlief danach in deutlich ruhigeren Bahnen, und folgerichtig bildeten sich auch die TARGET-Salden für einige Quartale zurück (bis Mitte 2014).
Die zweite Episode ist ebenfalls am Muster der TARGET-Salden gut erkennbar. Sie beginnt im Jahr 2015 mit erneut stark steigenden Salden und entwickelt sich kontinuierlich weiter, bis zu einem erneuten Extremwert im Juni 2020. Während die starke Zunahme von März bis Juni 2020 wohl tatsächlich auf die Corona-Krise (mit scharfen Konjunktureinbrüchen speziell in Italien und Spanien) zurückzuführen ist, vermittelt der mehrjährige Anstieg zuvor ein ganz anderes Bild:
-> Nicht eine akute Problemverschärfung (wie bei CoViD19), sondern offensichtlich anhaltende strukturelle Divergenzen des Euro-Raums stehen hinter dieser erneuten Saldenexpansion.
Zwar werden die TARGET-Salden seit etwa 2014 auch durch die massiven Programme der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen beeinflusst („Q.E.“), dennoch ist die Signalfunktion der TARGET-Salden als Indikator für ein strukturelles „Auseinanderdriften“ der Euro-Zone weiter voll intakt.
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Wie Abb. 2 in einer detaillierteren Betrachtung zeigt, verantworten zwei Länder (Italien und Spanien) den Großteil der Negativ-Salden, während (spiegelbildlich) Deutschland einen Positiv-Saldo in nahezu identischer Höhe aufweist. Beide Salden-Blöcke zeigen im Verlauf eine fast perfekte negative Korrelation. Mit jeweils knapp 1 Billion € (Stand Juni 2020) erreichen sie ein Ausmaß, das kaum noch als irrelevant bezeichnet werden kann.
Die auffallende Polarität der Salden zwischen Deutschland (positiv) sowie Italien/Spanien (negativ) reflektiert ein Grundproblem der EWU: Das steigende Ausmaß interner ökonomischer Divergenzen in der Euro-Zone tritt darin unmissverständlich hervor. Während ökonomisch „starke“ Länder im EWU-System hohe Zuflüsse verzeichnen, leiden „schwache“ Länder unter Sklerose und Kapitalflucht.
Vor diesem Hintergrund kann kaum überraschen, dass auch im Rahmen des neuen Corona-Hilfspakets Italien und Spanien die primären Nettoempfänger von Transferzahlungen sein werden.
-> Im Klartext: Die neue EU-Rhetorik über „Solidarität in der Coronakrise“ gehört ins Reich der Folklore; sie soll verschleiern, dass die EWU auch ohne Corona dringend neue finanzielle Hilfen für die schwächeren Mitgliedsländer hätte organisieren müssen.
EZB-Geldschöpfung als monetäre Vorstufe einer Transferunion
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird ein Rückblick auf den Verlauf der TARGET-Salden im Jahr 2020 ein sehr charakteristisches Muster zeigen: Nach nahezu ungebremstem Anstieg bis Juli dürften sich die TARGET-Salden für die nachfolgenden Monate wieder spürbar zurückbilden. Dabei dürfte ein Verlaufsmuster entstehen, das dem von 2012 zum Verwechseln ähnelt. Was bedeutet diese frappierende Ähnlichkeit, wie ist sie zu erklären, und worin liegt die eigentliche Botschaft?
Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht schwer und erfordert lediglich zwei plausible Prämissen:
Prämisse 1: Starke Ungleichgewichte EWU-interner Zahlungsströme, erkennbar an einer chronischen Ausweitung der TARGET2-Salden, sind ein klares Symptom für interne Verspannungen und pathologische Divergenzen in der Gruppe der EWU-Mitgliedsländer.
Prämisse 2: Sofern die Mitglieder einer Währungsunion durch starke Divergenz ihrer finanziellen und ökonomischen Rahmendaten geprägt sind und eine interne Angleichung dieser Rahmendaten nicht möglich ist, kann das Währungssystem nur durch externe Transfers, also eine Art Finanzausgleichsystem, dauerhaft stabilisiert werden.
Vor diesem Hintergrund ist das Geschehen in der EWU in den letzten 10 Jahren relativ einfach zu verstehen: Im Krisen-Sommer 2012, nur zwölf Jahre nach seiner Gründung, stand das Euro-System am Abgrund. Auslöser waren finanzielle und ökonomische Probleme seiner schwächsten Mitglieder, insbesondere Italien. Ein Kollaps konnte damals von Mario Draghi verhindert werden, durch subtilen Verweis auf die quasi unbegrenzten Finanzmittel der EZB („whatever it takes“).
-> In der Folgezeit installierte die EZB zur Stützung der Euro-Zone ein System massiver finanzieller Alimentierung und Subventionierung. Seit 2014 kauft die EZB hierfür in großem Umfang Staatsanleihen der EWU-Mitgliedsländer („Q.E.“). Das Gesamtvolumen dieser Kaufprogramme beläuft sich bis heute auf rund 3 Billionen Euro (Stand Juni 2020).
Für ihre Q.E.-Maßnahmen machte die EZB offiziell das Gebot strikter Verteilungsneutralität geltend. Dennoch zeigen Analysen, dass die ökonomisch schwächeren Problemländer (speziell Italien und Spanien) von der EZB verdeckt, aber gezielt und deutlich überproportional gestützt wurden.
-> Im Klartext: Das große Q.E.-Programm der EZB seit 2014 war ein Versuch, die interne Divergenz der Euro-Zone – klar erkennbar an der vorherigen „Explosion“ der TARGET-Salden – durch massive Geldströme für einige Zeit zu übertünchen.
Die Kaufprogramme der EZB repräsentieren folglich die erste Stufe massiver Finanztransfers innerhalb der EWU, zunächst angelegt als System monetärer Alimentierung. (Selbstverständlich wurde diese Zielsetzung aber nie klar zum Ausdruck gebracht; sie wäre – zu Recht – als Bruch der bei Gründung der EWU abgegebenen Versprechungen, Zusagen und Regelwerke gewertet worden.)
Damit ist festzuhalten: Die erste Stufe eines EWU-weiten „Länderfinanzausgleichssystems“ wurde -unter Bruch früherer EU-Verträge – bereits 2014 von der EZB installiert. Dieses Transfersystem war „monetär“ aufgebaut und organisiert:
-> Die finanziellen Transfers im System der EWU wurden über offene Geldschöpfung finanziert, also durch von der EZB laufend „neu gedrucktes Geld“.
Ein solches System rein monetärer Transfers konnte nicht auf Dauer angelegt sein, da die EZB ständig am Rande der Legalität operieren und ihr eigentliches Mandat eklatant überdehnen musste. Zudem erreichte die von der EZB betriebene Geldschöpfung mit inzwischen über 3 Billionen Euro ein kritisches Ausmaß, das zu Problemen und toxischen Nebenwirkungen in anderen Bereichen führte.
Corona-Krise verdeckt den Übergang zur fiskalischen Transferunion
Spätestens mit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020, die einen erneuten rapiden Absturz der Problemländer Italien und Spanien auslöste, stieß das System der „EZB-Finanztransfers“ an seine Grenzen. Nicht zuletzt die neue EZB-Chefin Christine Lagarde warnte mehrfach vor einer drohenden „Überforderung“ der EZB. Folglich musste der bisherige Ansatz durch ein neues, dauerhafteres und tragfähigeres System abgelöst und langfristig ersetzt werden.
-> Hier schlägt die Geburtsstunde eines neuen Transfersystems, diesmal auf Grundlage fiskalischer Transfers und raffiniert verpackt unter dem Deckmantel „solidarischer Hilfen gegen die Schäden der Corona-Krise“ („Corona-Hilfspaket“).
Mit ihrem Beschluss vom 21. Juli 2020 bringt die EU einen neuen Transfermechanismus in Stellung, der das bisherige monetäre Stützkorsett der EZB entlasten soll. Vordergründig zwar „zeitlich begrenzt“ und mit „spezieller Zielsetzung“ („Corona-Hilfe“), wird dieses neue System mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein langes Eigenleben entwickeln. Darauf deutet schon die von der EU-Bürokratie „eingeschmuggelte“ deutlich überhöhte Verschuldungskapazität Nicht nur die Corona-Krise, sondern auch der Austritt der Euro-skeptischen Briten aus der EU („BREXIT“) lieferten der EU-Politik für dieses Manöver in diesem Jahr eine historisch einmalige Gelegenheit.
-> Im Klartext: Das „Corona-Hilfspaket“ repräsentiert, trotz Beteuerung seiner „Einmaligkeit“, den Einstieg in ein fiskalisches Transfersystem der EU. Es wird parallel auch Ursprung und Nukleus eines dauerhaften Systems zur Umverteilung in der EWU, faktisch also die Funktion eines innereuropäischen Finanzausgleichs erfüllen.
Hinter den Kulissen – und unter dem Deckmantel der „Corona-Hilfe“ – erschafft die EU so ein neues „Finanz-Monster“, das auch in Zukunft noch viele Milliarden an Steuergeld verschlingen wird. Denn:
-> Als „inhärent instabiles System“ kann die EWU nicht ohne dauerhafte Alimentierung und Subventionierung ihrer schwächeren Mitglieder existieren.
-> Fiskalische Transfers müssen von den „stärkeren“ zu den „schwächeren“ Mitgliedern der EWU fließen; sie werden also speziell deutsche Steuerzahler in Zukunft stark belasten.
-> Letztlich erfüllt sich so das (seit langem klar absehbare) Schicksal der EWU: ihr zwangsweiser Umbau in eine fragile, kostspielige und ineffiziente Transferunion.
Zukunft der EWU bleibt fragil
Eine Bewertung der neuen Situation in der EWU ist nicht einfach und erfordert differenzierte Betrachtungsebenen. Aus institutioneller Sicht scheinen fiskalische Transfers zwingend, da langfristig nur so ein Auseinanderbrechen (oder eine Implosion) der Euro-Zone bekämpft werden kann. Diese Einschätzung lässt aber zwei sehr wichtige Fragen außer Acht:
1. Findet das EWU-System – mit für alle Mitglieder vertretbaren Kosten – auf diese Weise ein dauerhaft tragfähiges Gleichgewicht, oder erzwingt die strukturelle Divergenz des Systems, verstärkt durch negative Anreizwirkungen („Moral Hazard“), nicht immer höhere (und irgendwann prohibitive) Transferzahlungen?
2. Werden EU / EWU ihrem Anspruch von Transparenz und Rechtsstaatlichkeit gerecht, wenn die Architektur der Euro-Zone seit Jahren „heimlich“ und in massiver Weise umgebaut wird; zumal dann, wenn dabei regelmäßig geltendes Recht, existierende Verträge und eindeutige politische Versprechungen gebrochen werden?
Beide Fragen verdienen eine klare und ausführliche Antwort. Während sich die zweite Frage selbst beantwortet, ist die erste Frage vorerst nicht eindeutig zu klären. Im englischen Sprachgebrauch findet sich jedoch eine bildstarke Metapher, die das grundlegende Problem der Euro-Zone gut beschreibt. Es lautet:
-> „If you find yourself in a hole, stop digging.”
Frei übersetzt stellt sich also für die EWU die Frage, ob das „Loch“ einer fehlerhaft konstruierten Währungsunion tatsächlich dadurch geschlossen werden kann, dass man „immer weiter gräbt“, also mit immer mehr Geld die bestehenden Strukturprobleme lediglich kaschiert und „monetisiert“.
Damit stellt sich erneut die Ausgangsfrage:
-> Kann die EWU (mit Hilfe massiver Transfers und Subventionen) als fragiler und ineffizienter „Zombie“ weiter existieren, oder verwandelt sie sich unaufhaltsam in ein geldgieriges „Monster“, das sich selbst und seine Schöpfer in den finanziellen Abgrund reißen wird?
Die Realität wird diese Frage wohl innerhalb der nächsten 5-10 Jahre beantworten; speziell aus deutscher Sicht bleibt aber Skepsis angebracht.
Hinweis: Einzelne Aussagen und Querverweise im Text nehmen Bezug auf eine ausführliche Studie des FERI Cognitive Finance Institute zur Zukunft der EWU aus dem Jahr 2018, abrufbar unter: https://www.feri-institut.de/media-center/studien/
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