Erhöhung des CO2-Preises
Nicht ohne sozialen Ausgleich!

Die Klimapolitik wird ein bestimmendes Thema der neuen Regierung werden, egal aus welcher Koalition sich diese zusammensetzt. Eine entscheidende Stellschraube bildet hierfür der CO2-Preis. Durch seine Einführung zu Beginn des Jahres in Höhe von 25 Euro je Tonne CO2 haben sich Heizöl und Diesel knapp acht Cent pro Liter und Benzin etwa sieben Cent pro Liter verteuert. Bis zum Jahr 2026 soll der CO2-Preis nach jetziger Gesetzeslage auf maximal 65 Euro ansteigen. Dies erhöht den Preis von Heizöl und Diesel um etwa 20,5 Cent und Benzin um gut 18 Cent pro Liter.

Auch wenn die CO2-Bepreisung eine hocheffektive Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel ist, wird es voraussichtlich eine Zeit dauern, bis sich ihre Wirkung voll entfaltet. Kurzfristig ist hingegen nur mit moderaten Auswirkungen auf den Verbrauch fossiler Kraft- und Brennstoffe zu rechnen – wer im Alltag auf das Auto angewiesen ist, wird den Spritverbrauch selbst bei gestiegenen Preisen kaum reduzieren, zumal die Preisanstiege ungefähr den täglichen Preisschwankungen an den Zapfsäulen entsprechen. Mindestens ebenso schwierig sind Einsparungen beim Heizen. Mittel- bis langfristig dürfte das Kalkül hinter der CO2-Bepreisung aber aufgehen: Im Wissen um die jährliche Verteuerung fossiler Energie durch den CO2-Preis werden Konsumenten bei Neuanschaffungen von Autos und Heizungssystemen zunehmend auf energieeffizientere und treibhausgasärmere Alternativen setzen.

Die finanziellen Auswirkungen der CO2-Bepreisung spüren viele Haushalte dagegen unmittelbar: Spätestens bei ihrer nächsten Heizkostenabrechnung werden vor allem einkommensschwache Haushalte die gestiegenen Heizkosten bemerken, denn die CO2-Bepreisung hat regressive Wirkungen: Einkommensschwache Haushalte haben dadurch im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärkere Lasten zu tragen als wohlhabendere Haushalte, weil sie einen größeren Teil davon für Güter wie Heizöl oder Erdgas ausgeben. Dies macht klar, dass einer diese Schieflage korrigierenden Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung eine bedeutende Rolle zukommt, wenn eine breitere Unterstützung dieses Klimaschutzinstrumentes durch einkommensschwache Haushalte gesichert werden soll.

Grundsätzlich scheint dieser Zusammenhang in der Politik angekommen zu sein: Schließlich versicherten alle Parteien vor Einführung der CO2-Bepreisung, dass sämtliche daraus resultierende Einnahmen an die Bürgerinnen und Bürgern zurückfließen sollen. Um dieses Versprechen einzulösen, wurde ein bunter Strauß an Maßnahmen beschlossen. Nur manche davon kommen einkommensschwachen Haushalten zugute, etwa die Mobilitätsprämie für Geringverdiener und die Erhöhung des Wohngeldes. Zu den Maßnahmen gehören aber auch die Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung und die Erhöhung der Pendlerpauschale sowie der Prämien für den Kauf von Elektrofahrzeugen – alles Maßnahmen, mit denen eher einkommensstarke Haushalte begünstigt werden.

So steigt die Entlastung infolge der Erhöhung der Pendlerpauschale mit höherem Einkommen durch den wachsenden Steuervorteil an. Insbesondere gutverdienende Pendler mit langen Wegen werden in den nächsten Jahren überkompensiert: Sie sparen mehr Steuern, als sie an der Tankstelle zusätzlich bezahlen. Die Pendlerpauschale zu erhöhen ist darüber hinaus ökologisch kontraproduktiv, denn sie kommt einer Kompensation der CO2-Bepreisung des Autoverkehrs gleich und schwächt damit die Anreize zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs.

Noch weniger als die Pendlerpauschale kommt einkommensschwachen Haushalten die Erhöhung der Prämie für Elektrofahrzeuge zugute. Auch die im Corona-Konjunkturpaket enthaltene homöopathische Senkung der EEG-Umlage von knapp 6,8 Cent je Kilowattstunde auf 6,5 Cent in diesem und 6 Cent ab dem kommenden Jahr entlastet einkommensschwache Haushalte nur geringfügig.

Was fehlt, ist ein breit angelegter und konzertierter Ausgleichsmechanismus, der nicht zuletzt Geringverdienern zugutekommt. Denn die regressive Natur der Bepreisung birgt bei steigenden CO2-Preisen in den kommenden Jahren eine hohe soziale Sprengkraft. Um diese abzumildern, sind die bislang beschlossenen Förderprogramme und Einzelmaßnahmen ungeeignet. Statt Förderprogramme zu verlängern, wie jüngst mit der Fortsetzung der Prämienzahlungen für Elektrofahrzeuge bis zum Jahr 2025 geschehen, und weitere diskretionäre Maßnahmen zu beschließen, sollte der weitaus größte Anteil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für die allgemeine Entlastung der Bevölkerung verwendet werden – und zwar zuallererst über den Strompreis.

Die Entlastung der Verbraucher beim Strompreis durch die Senkung von Abgaben und Steuern ist aus dreierlei Gründen ratsam:

  • Erstens wäre dies förderlich für die sogenannte Sektorkopplung, bei der zur Reduktion der Treibhausgasemissionen von Sektoren wie dem Verkehr und dem Gebäudebereich vermehrt grüner Strom eingesetzt werden soll. Durch die Verringerung des Strompreises wird es zum Beispiel attraktiver, Strom zum Heizen zu benutzen, etwa mittels Wärmepumpen, während das Heizen mit fossilen Brennstoffen durch die CO2-Bepreisung unattraktiver wird.
  • Zweitens würde die Senkung der Umlagen und Abgaben auf den Strom einen Fehler im System bereinigen: Es ist aus ökonomischer Sicht äußerst fraglich, warum bislang die Stromverbraucher – und damit im hohen Maße auch einkommensschwache Haushalte – und nicht die Steuerzahler für die Förderung vieler Maßnahmen wie der Kraftwärmekopplung oder der erneuerbaren Energietechnologien aufkommen müssen.
  • Drittens ist die Verringerung der Stromsteuer, möglichst auf den EU-Mindestsatz, überfällig. Denn die Stromsteuer ist bereits seit Einführung des EU-Emissionshandels im Jahr 2005 weitgehend redundant, da dadurch die Emissionen im Stromerzeugungssektor und in der Industrie bereits erfasst werden.

Die Frage nach einem sozialen Ausgleich zur CO2-Bepreisung wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen, denn mit der Verschärfung des Klimaschutzziels für das Jahr 2030 wurden bereits erste Stimmen laut, die eine vorzeitige Erhöhung des für die kommenden Jahre beschlossenen CO2-Preises fordern. So sieht das Klimaschutzsofortprogramm der Grünen eine Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro im Jahr 2023 vor, statt der gesetzlich festgelegten 35 Euro. Würde dies in die Tat umgesetzt, bekämen dies besonders die 7,5 Millionen einkommensschwachen Haushalte in Deutschland mit einem Nettoeinkommen von unter 1.300 Euro zu spüren, falls nicht für einen entsprechenden Ausgleich gesorgt würde. Die Politik würde dann noch stärker in Handlungsnot geraten, die Lasten der Klimapolitik gerechter zu verteilen. Daher sollte die nächste Bundesregierung zügig Schritte einleiten, um die soziale Schieflage wirksamer und transparenter abzupuffern.

7 Antworten auf „Erhöhung des CO2-Preises
Nicht ohne sozialen Ausgleich!

  1. Es ist typisch deutsch, dass eine Abgabe wie die für CO2 Steuercharakter erhalten hat. In der Schweiz kennt man in der Praxis auch sogenannte Lenkungsabgaben. Im Fall der CO2-Bepreisung werden die Gesamteinkünfte aus der Abgabe in Form einer gleichmässig für die Gesamtbevölkerung in gleicher Höhe mit der Krankenkassenprämie zu verrechnenden Gutschrift wieder ausgeschüttet. Wer also energiesparsam lebt, erhält aus der Abgabe indirekt in Summe noch etwas raus, und wer das ganze Jahr über von Schweizer Flughäfen aus durch die Welt jettet zahlt entsprechend drauf.

    Es wäre auch in Deutschland relativ einfach und mit wenig Aufwand möglich ein passendes für ALLE geltendes Instrument zu finden, um die Kosten der CO2-Belastung gleichmässig wieder an die Bevölkerung zurückzugeben.

    Eine Bevorzugung der ärmeren Bevölkerungsschichten erübrigt sich dadurch bzw. ergibt sich automatisch, weil die ärmere Bevölkerung vergleichsweise weniger an der CO2-Produktion partizipiert als die wohlhabenderen Schichten.

  2. Die Zahlungsbereitschaft für zusätzlichen Klimaschutz ist mit 5?€ pro Monat so niedrig, das sozialer Ausgleich nur sinnlos Bürokratie schafft.

    Frondel et. al., „Wahrnehmung des Klimawandels in Deutschland: Eine Längsschnittbefragung privater Haushalte“, Zeitschrift für Energiewirtschaft Vol. 45, S. 119–131 (2021), https://doi.org/10.1007/s12398-021-00303-2

  3. „Sozialer Ausgleich“ ist immer und vor allem nur ein Feigenblatt für mehr Abgaben und mehr Funktionärsversorgung.
    Das Ganze für einen Staat, der seine arbeitenden und zahlenden Bürger im weltweiten Vergleich eh schon mit am höchsten belastet und dafür maximal noch durchschnittliche Kompetenz, Sicherheit, Qualität und Leistung bietet, mit abfallender Tendenz.

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