Schlimm sind nicht die Verhandlungsergebnisse
Schlimm ist, worüber nicht verhandelt wurde

Die 27. Weltklimakonferenz in Ägypten ist zu Ende und die deutsche Delegation mit Außenministerin Baerbock an der Spitze zeigt sich sehr enttäuscht von den Ergebnissen. Tatsächlich konnten sich die Europäer mit ihren Forderungen nicht durchsetzen. Am Ende steht lediglich ein Klimafonds zur Kompensation ärmerer Länder auf der Haben Seite. Dass man sich enger abstimmen will, dürfte eher eine Verabredung sein, die wenig in der Substanz bedeutet. Überraschen kann dieses Ergebnis nicht. Für viele Länder, die eher als Bremser auftreten, steht Klimaschutz nicht weit oben auf der Agenda. Echte Schwellenländer, Entwicklungsländer und vor allem China verfolgen andere Ziele als eine möglichst schnelle Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft. Aber das war vielleicht gar nicht so entscheidend. Es gäbe eine Menge Möglichkeiten, Klimapolitik so zu betreiben, dass sie für sehr viele Länder einen Vorteil schafft und deshalb für sie zustimmungsfähig wird. Allerdings wurde über die Dinge, die dafür zu tun sind, nicht verhandelt.

Die Europäer verlangten nicht weniger, als dass die Weltgemeinschaft sich für eine Klimapolitik a la Deutschland begeistert. Das bedeutet den planwirtschaftlichen Ausbau der Erneuerbaren, scharfe, Sektor bezogenen nationale Minderungsziele und eine Festschreibung auf das 1,5 Grad Ziel. Ob diese Form der Klimapolitik tatsächlich eine rationale Antwort auf die Herausforderung des Klimawandels ist, stand nicht zur Debatte. Tatsächlich hat sich dabei in Deutschland längst gezeigt, dass die planwirtschaftliche Förderung der Erneuerbaren und die ideologisch bestimmte Technologieauswahl, die die Energiewende bestimmen, nicht zu erfolgreichem Klimaschutz führen, sondern vor allem zu einer massiven Verschwendung von Ressourcen (hohe Kosten, kaum CO2 Einsparungen), zu den weltweit höchsten Strompreisen, sinkender Energiesicherheit, steigender Energiearmut und massiven Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Industrie. Von den externen Effekten insbesondere der Windkraft einmal ganz abgesehen, die ja letztlich der Grund dafür sind, dass die Widerstände gegen den Ausbau so hartnäckig und stark sind. Wenn man die deutsche Energiewende nüchtern und allein auf der Grundlage der Daten und Fakten betrachtet, ist sie wahrlich kein Beispiel, dem nachzueifern sich lohnt. Wieso wundern wir uns dann darüber, dass so viele Länder uns nicht folgen wollen?

Es wäre vermutlich sehr viel lohnender, über andere Dinge zu sprechen und zu verhandeln. Die Dinge, die notwendig sind, wenn man erfolgreich Klimapolitik betreiben will. Aber da das in Deutschland niemand tut und in Europa immer weniger Menschen, ist es natürlich auch auf der Weltklimakonferenz kein Thema. Was braucht man also für gute Klimapolitik?

Unter den Ökonomen auf diesem Planeten, die unabhängig sind, weil sie an Universitäten oder staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen arbeiten, gibt es einen sehr breiten, fast einstimmigen Konsens. Eine rationale Klimapolitik ist kosteneffizient. Das bedeutet, dass die nächsten Tonne CO2 stets dort zu vermeiden ist, wo die Vermeidungskosten am geringsten sind. Nur so lässt sich der Klimaschutz, den man mit den eingesetzten Ressourcen erreicht, maximieren. Dafür benötigt man einen einheitlichen Preis, mit dem jede Emission von CO2, gleichgültig aus welcher Quelle sie kommt, belegt wird. Existiert ein solcher Preis, werden sich die Vermeidungsentscheidungen der Emittenten daran orientieren und es kommt zu einem Ausgleich der Grenzvermeidungskosten – was gleichbedeutend mit Kosteneffizienz ist. Um einen solchen Preis zu erzeugen, stehen zwei bewährte Instrumente zur Verfügung: Eine CO2-Steuer und der Emissionshandel. Eine Klimakonferenz, bei der es wirklich um die Rettung des Klimas geht, müsste darüber diskutieren, wie diese Instrumente an den Start gebracht werde können. Aus der Sicht Europas bedeutet das, dass man sich bemühen müsste die Bühne des COP dafür zu nutzen, das bereits erfolgreich erprobten EU-ETS (EU-Emission-Trading-System) auszuweiten und mehr Länder dafür zu gewinnen. Das lässt sich übrigens hervorragend mit einer Umverteilungspolitik kombinieren, bei der die reichen Industrieländer die Ausstattung der armen Länder mit Emissionsrechten finanzieren. Auf diese Weise würden arme Länder von der Mitgliedschaft profitieren, könnten den Import moderner energieeffizienter Technologie finanzieren und Klimaschutz mit der eigenen Entwicklung kombinieren. Auf diese Weise ließe sich „Klimagerechtigkeit“ mit kosteneffizienter CO2-Vermeidung verbinden. Leider wurde über solche Dinge in Ägypten nicht gesprochen. Im Gegenteil, die Fixierung auf nationale und Sektor bezogene Klimaschutzmaßnahmen verhindern den notwendigen Ausgleich der Grenzvermeidungskosten und machen damit kosteneffiziente Klimapolitik per se unmöglich.

Es gibt einen weiteren Punkt, über den dringend hätte gesprochen werden müssen. Die Welt ist technologisch nicht dazu in der Lage, gleichzeitig eine stetig wachsende Weltwirtschaft sicher mit Energie zu versorgen und eben diese Wirtschaft zu dekarbonisieren. Den Energiebedarf von Schwellen- und Industrieländern mit erneuerbaren Energien zu decken ist nicht möglich. Zu gering ist deren Energiedichte, zu gewaltig der Flächenverbrauch, zu horrend die Kosten. Im Sonnengürtel der Erde lassen sich langfristig CO2-neutrale Treibstoffe produzieren, aber allein darauf zu setzen dürfte kaum ausreichen. Die Kernenergie leidet darunter, dass sie mit dem Endlagerproblem und dem Restrisiko einer Kernschmelze zwei Probleme mit sich herumschleppt, die sich nicht so leicht aus dem öffentlichen Bewusstsein schaffen lassen – auch wenn sie nicht so groß sind, wie es diesem Bewusstsein vorkommt. Deshalb brauchen wir neue und vor allem bessere Technologien zur Energieerzeugung, als wir gegenwärtig haben. Voraussetzung dafür ist eine massive Investition in entsprechende Forschungsanstrengungen und eine intensive technologische Zusammenarbeit aller der Länder, die in der Lage sind, Hochtechnologie zu entwickeln. Themen und Ansatzpunkte gibt es genug. Beispielsweise hat die Fusionstechnologie das Potential, gewaltige Energiemengen zu erzeugen, ohne dabei Atommüll zu produzieren oder ein Restrisiko heraufzubeschwören. Weltweit (außer in Deutschland) wird an der Entwicklung der vierten Generation von Atomreaktoren gearbeitet. Diese sollen inhärent sicher sein, mit den vorhandenen Abfällen der alten AKW betrieben werden und wirtschaftlich Strom produzieren. Mit dem Dual Fluid Reaktor ist ein erster, vielversprechenderer Ansatz gefunden. Die grüne Gentechnologie kann dazu beitragen, Algen zu züchten, die ebenfalls dazu beitragen, Energie- und Ernährungsprobleme zu lösen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Aber was nützen die besten Ideen und neuen Ansätze, wenn der politische Wille fehlt, die dafür notwendige Grundlagenforschung mit der nötigen Intensität international zu betreiben. Was läge näher, als eine Veranstaltung wie COP 27 zu nutzen, eine solche Technik Offensive an den Start zu bringen? Wenn man die Aufgabe, das Klimaproblem technologisch zu lösen zu einer gemeinsamen Aufgabe aller Staaten erklärt, dann würden weitere Vorbehalte gegen Klimapolitik fallen und wir einem internationalen Konsens näherkommen. Leider war auch davon in Ägypten nicht die Rede.

Wie auf den vorherigen Klimakonferenzen auch haben sich die Delegationen in den altbekannten politischen Spielchen verfangen. Die Positionen der Europäer sind fest in der Hand der Klimaaktivisten, für die Kosteneffizienz und technischer Fortschritt keine Themen sind, mit denen sie sich beschäftigen möchten. Die Frage, welche Strategie eigentlich am ehesten geeignet ist, das Klimaproblem in einer extrem heterogenen Welt zu lösen, stand wieder nicht auf der Agenda. Kein Wunder, dass die Welt beim Kampf um das Klima nicht von der Stelle kommt.

Eine Antwort auf „Schlimm sind nicht die Verhandlungsergebnisse
Schlimm ist, worüber nicht verhandelt wurde

  1. Ich halte das mit dem CO2-Preis für überbewertet, möglicherweise sogar für falsch. Der Preis als Steuerung funktioniert nur wenn es auch Alternativen gibt, auf die ausgewichen werden kann. Gibt es die nicht oder sind sie deutlich teurer, hat man nur das Produkt teurer gemacht. Man sieht das aktuell deutlich. Zwar ist Erdgas deutlich teurer geworden, aber die Alternative Erneuerbare Energie profitiert nicht davon, sondern Flüssiggas und Kohle. Der CO2-Preis ändert daran nichts, weil Strom und Wärme zu jedem Preis erzeugt werden muss. Übrigens, da jetzt Strom teurer ist und wohl auch bleiben wird, wird das eAuto auch teurer und der Verbrenner wieder attraktiv. Der Preis als Steuerung ist vielleicht nicht so gut wie das gerne behauptet wird.

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