Der Kampf gegen den Klimawandel wird in Deutschland schon lange und mit massiven Folgen geführt. Folgen, nicht Erfolgen. Zwar sind die CO2-Emissionen in Deutschland und Europa gesunken, aber die globalen Emissionen, auf die es ankommt, sind weiter angestiegen und weder die deutsche, noch die europäische Klimapolitik lässt eine globale Perspektive erkennen, die Voraussetzung dafür wäre, dies zu ändern. So spielen sich die Folgen unserer Politik vor allem auf der Kostenseite ab. Die Energiepreise Deutschlands liegen in der Weltspitze ziemlich weit vorn, die Belastungen der privaten und öffentlichen Haushalte durch ein dichtes Regulierungs- und Subventionsnetzwerk sind enorm und tragen maßgeblich zum Niedergang des industriellen Sektors in Deutschland bei. Der Ausbau der Windkraft führt zu erheblichen externen Kosten in Form von Landschaftsverbrauch, Lärmemissionen und Konflikten mit dem Natur- und Landschaftsschutz. Die Zahl der Bürgerinitiativen gegen Windräder steigt weiter beständig. Das Energiesystem leidet unter dem Abbau grundlastfähiger Kraftwerke und soll komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden, also ohne Grundlast auskommen. Wie das gehen soll, ist weitgehend unbekannt, deshalb gehen immer mehr Unternehmen in Regionen, in denen sie mit sicher verfügbarer Energie rechnen können – und die liegen nicht mehr in Deutschland.
Angesichts dieser Lage sollte man eigentlich erwarten, dass eine neu gewählte Bundesregierung, und dabei insbesondere die ehemalige Oppositionspartei, die jetzt den Bundeskanzler stellen wird, die Klimapolitik einer kritischen Analyse unterzieht und einiges zum Besseren wendet. Der Koalitionsvertrag aber zeigt, dass davon nicht einmal im Ansatz die Rede sein kann. Man kann die acht Seiten, die die zukünftige Klimapolitik beschreiben, sehr einfach zusammenfassen: „Wir werden die Politik der Vorgängerregierungen fortsetzen.“ Kritische Analyse? Innovative Idee? Das Eingeständnis, dass bisher viel geopfert, aber wenig erreicht wurde? Alles Fehlanzeige. Dabei gibt es so viele drängende Frage, die in diesem Vertrag hätten eigentlich angesprochen werden müssen.
Beispielsweise die Frage, auf welches Ziel sich die Bundesregierung einigt. Netto Null Emissionen in Deutschland bis 2045 ist Wunschdenken, dass die Frage ignoriert, wie die extremen Kostenbelastungen, die damit verbunden wären, denn zu stemmen sind, wenn gleichzeitig die Industrie auswandert, die Wehrhaftigkeit wieder hergestellt werden muss und die demographische Entwicklung der nächsten zehn Jahre den Arbeitsmarkt und die Rentenversicherung massiv belasten. Was machen wir eigentlich, wenn klar wird, dass wir uns nicht alles leisten können: Bundeswehr, Sozialstaat und Netto Null 45? Was opfern wir dann? Die Schwarz Rote Koalition stellt sich diese Frage erst gar nicht und geht so einer Antwort aus dem Wege. Nicht einmal die Frage, was denn eigentlich „Netto Null“ bedeutet, wird im Koalitionsvertrag erwähnt. Welche Rolle spielen die Senken? Wieviel Restemission ist möglich? Das sind geradezu schicksalhafte Frage, denn wenn Netto Null dem absoluten Null nahe kommt, dass muss der CO2 Preis gegen Unendlich gehen und die Menge der Emissionsrechte gegen Null. Dann hilft auch ein Emissionshandel nicht mehr, dann werden die Kosten explodieren. Das will sicher niemand. Also sollte man als Regierung den Drang verspüren, die Frage zu klären, was denn sein muss und was an Klimaschutz verzichtbar ist.
Die neue Regierung bekennt sich zum Emissionshandel, beschließt aber alle nationalen Maßnahmen weiter durchzuführen. Warum eigentlich? Wenn der Emissionshandel doch alle Sektoren abdecken soll? Immerhin soll das Heizungsgesetz abgeschafft werden. Aber dafür wird es ein neues GEG (Gebäude Energie Gesetz) geben. Was da drinstehen wird, muss noch geklärt werden, aber wer den Emissionshandel verstanden hat, weiß, dass eine nationale Regulierung des Wärmemarktes nur eine Verschlimmbesserung sein kann. Das Energieeffizienzgesetz soll novelliert und vereinfacht werden. Niemand braucht dieses Gesetz, das vorschreibt, dass der Energieverbrauch zurückgehen muss (und zwar massiv) und das damit einem Wachstumsverhinderungsgesetz gleichkommt. Man muss es ersatzlos streichen, aber nicht novellieren. Stattdessen streicht die Regierung lieber den Naturschutz zusammen und die Bürgerrechte gleich mit, damit wir endlich mehr Windräder aufstellen können. Deutschland wird dadurch nicht schöner, aber ärmer. Insgesamt muss man feststellen, dass die Regierungsparteien, vor allem die CDU vor der Lobby der Klimaaktivisten komplett eingeknickt ist.
Energiepolitisch wäre eigentlich eine Rückkehr zu einem System anzustreben, in dem es auch Grundlastkraftwerke gibt, denn es gilt: ohne Grundlast keine Industrie. Nach Lage der Dinge kommen dafür nur Atomkraftwerke in Frage, aber auch hier ist die CDU auf der ganzen Linie eingeknickt. Der Begriff Atomkraft kommt im Vertrag nicht vor. Also wird es auch keine Grundlast geben und also auch keine …
Ganz am Anfang des Klima Kapitel heißt es: „Wir wollen Industrieland bleiben und klimaneutral werden.“ Man hätte auch schreiben können: „Wir wollen uns waschen, aber nicht nass machen.“ Das ist offensichtlich der Versuch, wirtschafts- und wachstumsfreundlich „rüber zu kommen“ und gleichzeitig den Klimaaktivisten dienlich zu sein. Das wird nicht klappen, weil es nicht klappen kann. Notwendig wäre die aktive Suche nach einem guten Kompromiss, der Wachstum sichert, Wohlstand weiter ermöglicht und gleichzeitig einen erfolgreichen Beitrag zur Klimapolitik leistet. Dieser Aufgabe stellt sich die neue Regierung nicht. Das ist eine sehr schlechte Nachricht.
Serie: „Was Schwarz-Rot verspricht„
Tobias Just (IREBS): Bezahlbar, verfügbar, umweltverträglich. Der Koalitionsvertrag verspricht eine moderate Neuausrichtung der Wohnungspolitik
Stefan Seuffert (ALU): Rente im Koalitionsvertrag. Wiederbelebung der doppelten Haltelinie – doppeltes Versprechen oder doppelte Last?
Alexander Eisenkopf (Zeppelin): Was bleibt vom Sondervermögen Infrastruktur für den Verkehr?
Markus Brocksiek (BdSt): Bürokratieabbau quo vadis?
Holger Schäfer (IW): Was wird neu an der „Neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende“?
Norbert Berthold (JMU) und Jörn Quitzau (Bergos): Was Schwarz-Rot verspricht
- Was Schwarz-Rot verspricht (6)
Beim Klima nichts Neues - 25. April 2025 - Welchen Staat wollen wir? - 22. Januar 2025
- Grünes Wirtschaftswunder oder Deindustrialisierung? - 7. Januar 2025