Heizungsverbot
Wird es Millionen an Verlierern geben?

Mit der Anfang September verabschiedeten Reform des Gebäudeenergiegesetzes wird der Einbau von reinen Öl- und Gasheizungen in den kommenden Jahren faktisch verboten, sowohl im Neubau als auch als Ersatz für alte Heizungen: Laut Gesetz soll in den kommenden Jahren jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Hilfe von erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies schließt den Einbau von Heizungen, die ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betrieben werden, künftig aus.

Damit könnten Millionen von Bürgerinnen und Bürgern zu Verlierern einer solchen Wärmewende werden, weil sie mangels Alternativen möglicherweise hohe Investitionen in eine Wärmepumpe tätigen müssen: Wärmepumpen können leicht zwei bis drei Mal so teuer in der Anschaffung sein als herkömmliche Erdgasheizungen. Zwar behaupten die Befürworter, dass sich die Investitionen in Wärmepumpen langfristig als kostengünstiger erweisen als das Investieren in Gasheizungen, weil die Strompreise angeblich weniger stark ansteigen als die Preise für Erdgas und Öl — schließlich dürften sich Öl und Gas infolge der CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe zum Zwecke des Klimaschutzes absehbar verteuern.

Werden sich Wärmepumpen rechnen?

Doch wie stark die Preise für Öl und Gas sich mittel- bis langfristig erhöhen, ist unklar — trotz der von der Europäischen Kommission bereits beschlossen Etablierung eines weiteren EU-weiten Emissionshandelssystems bis zum Jahr 2027, das die Sektoren Verkehr und Wärme mit einem einheitlichen CO2-Preis belegen wird. Auch die Prognose, dass sich der Strompreis infolge des Ausbaus der Erneuerbaren langfristig verringert, dürfte, wenn überhaupt, erst nach längerer Zeit eintreffen. Bis dahin könnte eine heute neu eingebaute Wärmepumpe das Ende ihrer Lebensdauer schon wieder erreicht haben.

Tatsächlich ist nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Ausbau der Erneuerbaren eher von einer weiteren erheblichen Verteuerung von Strom auszugehen als von einer deutlichen Senkung, nicht zuletzt aufgrund steigender Netzentgelte infolge des unabdingbaren Netzausbaus. Angesichts der Unsicherheit über die künftigen Preisentwicklungen ist es daher nachvollziehbar, dass Haushalte hohe Investitionen in Wärmepumpen scheuen.

Kommunale Wärmeplanung first!

Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass das Inkrafttreten des faktischen Verbots ausschließlich fossil betriebener Heizungen an die kommunale Wärmeplanung gekoppelt werden soll. So sollen erst die kommunalen Wärmepläne vorliegen, ehe das Verbot greift. Dadurch kann vermieden werden, dass Haushalte vorschnell in eine teure Wärmepumpe investieren müssen, um anschließend erfahren zu dürfen, dass diese hohe Investition hätte vermieden werden können, weil ihr Wohngebäude nach der kommunalen Wärmeplanung an das Fernwärmenetz angeschlossen werden könnte.

Die vielen Verlierer des „Heizungsgesetzes“

Doch so sinnvoll diese Regelung ist, müssen sich all diejenigen als Verlierer einer solchen Wärmewende fühlen, die keine Möglichkeit haben, an ein Wärmenetz angeschlossen zu werden. In Städten können dies die Haushalte jener Straßenzüge sein, bei denen es aufgrund topographischer oder geologischer Schwierigkeiten kaum möglich ist, sie mit Fernwärme zu versorgen. Auch die Bestimmung, dass die Wärmeplanung in Großstädten ab dem Jahr 2026 vorliegen soll, für die restlichen Kommunen jedoch erst ab 2028, hat aufgrund der Uneinheitlichkeit der Fristigkeit das Potential, für Ungerechtigkeiten zu sorgen. 

In jedem Fall wird durch die Kopplung an die Wärmeplanung die Kluft zwischen Stadt und Land weiter vergrößert: Viele Dörfer auf dem Land haben kaum Aussicht, jemals an ein Fernwärmenetz angeschlossen zu werden, sodass sich deren Einwohner gegenüber den Stadtbewohnern benachteiligt fühlen könnten. Umgekehrt dürften viele Haushalte, denen zu ihrem Bedauern vor wenigen Jahren ihre fossile Heizung irreparabel kaputt gegangen ist und die deshalb in eine neue, eventuell konventionelle Heizung investieren mussten, sich mittlerweile über dieses eigentlich unerfreuliche Ereignis freuen — besonders dann, wenn sie für die Investition in eine Gasbrennwert-Heizung noch eine staatliche finanzielle Förderung erhalten haben. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Gasheizungen jahrelang vom Staat gefördert wurden, weil diese vergleichsweise wenig Kohlendioxid (CO2) emittieren, und nun kurze Zeit später praktisch verboten werden. Erst seit dem Jahr 2022 gibt es keinerlei Förderung für Gasheizungen mehr.

Die Verlierer vom Lande

Dieses Paradebeispiel für die Willkür staatlicher Regulierung wird nun noch durch die dem faktischen Verbot für fossile Heizungen zugrundeliegende, für Außenstehende scheinbar willkürlich gewählte 65-Prozentregelung überboten. Bis zum heutigen Tag wurde der Bevölkerung nicht erklärt, warum der Erneuerbaren-Anteil bei Heizungen künftig mindestens 65 Prozent betragen soll. Während es für die breite Masse somit weiterhin unklar bleibt, wie es zu diesem Schwellenwert kam, ist es andererseits absehbar, dass mit dieser Regelung massive Wertverluste bei Immobilien einhergehen dürften, besonders auf dem Land. Dort können Investitionen in teure Heiztechniken wie die Wärmepumpe und teure energetische Sanierungen, welche in vielen Fällen wiederum Voraussetzung für die Installation einer Wärmepumpe sind, große finanzielle Probleme bereiten. Hohe Investitionen lohnen auf dem Land oft nicht, weil sie teurer wären als die Immobilie selbst. In der Folge könnte es in vielen ländlichen Regionen finanziell sinnvoller sein, eine Immobilie leer stehen zu lassen, anstatt sie klimaneutral zu sanieren.

Unmut wird mit Milliarden Fördergeldern besänftigt

Mögliche Widerstände gegen die Umsetzung des „Heizungsgesetzes“ will die Regierung mit einem allzu häufig gewählten Mittel im Keim ersticken: Mit üppiger finanzieller Förderung! Allein für das Jahr 2024 sind im Klima- und Transformationsfonds knapp 20 Milliarden Euro für die Unterstützung der Wärmewende vorgesehen — der größte Posten in diesem Sondervermögen, mit dem die Schuldenbremse zumindest teilweise umgangen wird. Doch dass die Wärmewende durch eine üppige finanzielle Förderung flankiert wird, hilft den Betroffenen nur bedingt: Die Preise für Heizungstechnik sind in den vergangenen zwei Jahren um rund ein Viertel gestiegen, nicht zuletzt auch wegen der Diskussionen um das Verbot fossiler Heizungen. Es ist davon auszugehen, dass die Heizungsunternehmen auch künftig einen guten Teil der staatlichen Förderung für alternative Heizungen in Form noch höherer Preise für sich verbuchen können, solange das Angebot weiter beschränkt bleibt und nicht durch Konkurrenz aus dem Ausland massiv erweitert wird. Zu den wenigen Gewinnern des Heizungsverbots dürften daher die Heizungsunternehmen gehören.

EU-Emissionshandel statt Heizungsverbot

Diesen stehen Millionen Haushalte gegenüber, die das Gefühl haben dürften, gerade noch einmal Glück gehabt zu haben und verschont geblieben zu sein, etwa weil sie erst jüngst in eine herkömmliche Heizung investiert haben, aber viele weitere Millionen Haushalte, die sich als Verlierer fühlen dürften, besonders die Haushalte auf dem Land. Die Politik hätte daher das faktische Verbot fossiler Heizungen besser nicht erlassen und hätte die Wärmewende dem ab 2027 startenden zweiten EU-Emissionshandel und der kommunalen Wärmeplanung überlassen sollen.

Bis dahin wäre es weitaus kostengünstiger gewesen, anstatt die massive Verbreitung von Wärmepumpen mit hohen Fördergeldern zu subventionieren, Zertifikate von anderen EU-Ländern zu kaufen, um die nicht erreichte Emissionsminderung in den nicht am Emissionshandel beteiligten Sektoren wie dem Gebäudebereich auszugleichen. So hat Deutschland im Jahr 2022 für die unerlaubten Mehremissionen in Höhe von knapp 11,4 Millionen Tonnen CO2 die als Ausgleich nötigen Emissionszertifikate von Ungarn, Tschechien und Bulgarien für die geringe Summe von gerade einmal rund 13,5 Millionen Euro erworben.

Summa summarum ist es wenig verständlich, dass die Bundesregierung die bislang versäumte Wärmewende innerhalb kürzester Zeit im Hauruckverfahren nachholen will. Das politische Risiko ist dabei nicht unerheblich, denn es könnte leicht sein, dass sich die Ampelregierung am Ende in die lange Liste der Verlierer einer im Hauruckverfahren angestrebten Wärmewende einreiht.

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