Die unendliche Marktmacht der FIFA

Durch den Verkauf der Rechte an der derzeitig ausgespielten Fußballweltmeisterschaft vereinnahmt die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) etwa 2,6 Mrd. Euro, wovon 1,6 Mrd. Euro durch die Erlöse von TV-Übertragungsrechten generiert werden. Die Marketingeinnahmen belaufen sich auf 815 Mio. Euro (o. V. 2010a). Diesen Einnahmen stehen Ausgaben der FIFA für die Veranstaltung von ca. 800 Mio. gegenüber (o. V., 2010b). Vor dem Hintergrund der Garantieversprechen zur Stabilisierung des Euros wirken diese Beträge zwar wie Taschengeld, trotzdem stellt sich die Frage nach der Marktmacht der FIFA!

Hierzu muß zunächst der Markt umrissen werden: Bei der Nachfrage nach Sport kann zum einen die Nachfrage nach aktivem Sporttreiben und zum anderen die Nachfrage nach passivem Beiwohnen an Sportereignissen identifiziert werden. Ausgehend davon läßt sich der Markt für den aktiven Konsum von Sport (Sportlermarkt) vom Markt für den passiven Konsum von Sport (Zuschauermarkt) abgrenzen. Der Zuschauermarkt ist ein nachgelagerter Markt; für ihn ist die Produktion eines Wettkampfs und damit der Sportlermarkt konstitutiv. Das Ziel der Akteure auf dem Zuschauermarkt ist es, sportliche Ereignisse als Produkt zu vermarkten und dem Konsumenten anzubieten. Die Anbieter auf dem Sportlermarkt schaffen indes die Möglichkeit zur aktiven sportlichen Betätigung.

Ein sportliches Ereignis kann auf dem Zuschauermarkt unterschiedlich verwertet werden. So bedienen sich die Zuschauer zum Zwecke der Unterhaltung am Markt für Eintrittskarten, um einer Sportveranstaltung direkt vor Ort beiwohnen zu können. Indirekter Konsum von Sport wird dem Zuschauer durch Sportübertragungen seitens der Medien gewährleistet, sofern diese die Nutzungsrechte für eine Übertragung erworben haben. Um ihre wirtschaftlichen Unternehmensziele zu erfüllen, erstehen Lizenznehmer Lizenzrechte, um dem Konsumenten auf dem Markt für Fanartikel Produkte anbieten zu können. Sponsoren nutzen sportliche Ereignisse, um auf Werbeflächen Produktgestaltungs- oder Kommunikationsmaßnahmen realisieren zu können.

Welche Rolle nimmt die FIFA bei der Fußball-Weltmeisterschaft auf dem Sportmarkt ein? Die FIFA produziert unter Einsatz von Produktionsfaktoren (Nationalmannschaften etc.) eine Serie von Wettkämpfen, die sie auf dem Zuschauermarkt direkt über Tickets sowie auf den Folgemärkten veräußert. Die Fußballweltmeisterschaft selbst stellt neben den Olympischen Spielen das sportliche Ereignis dar, das sich der größten Nachfrage auf dem Zuschauermarkt erfreut. Ersichtlich wird dies an den sehr hohen Zuschauerzahlen: So sollen das Spiel Deutschland – Australien knapp 28 Mio. Zuschauer in Deutschland vor dem Fernseher angesehen haben, was einen Marktanteil von etwa drei Vierteln ausmacht (Schröder 2010). Eine derartig starke, nahezu konkurrenzlosen Stellung auf dem Zuschauermarkt strahlt erheblich auf die Folgemärkte (TV-Übertragungsrechte, Werberechte, Sponsoringrechte, Lizenzrechte) ab und verleiht der FIFA auf diesen Märkten eine außergewöhnliche Marktmacht, die u.a. dazu verwendet wird, sehr hohe Erlöse für die TV-Übertragungsrechte und für das Sponsoring zu generieren. Die außergewöhnliche Marktmacht der FIFA und ihr Einfluß auf staatliche Institutionen wird zudem daran deutlich, daß ihre Einnahmen im Veranstaltungsland steuerfrei bleiben (Drechsler et al. 2010).

Indem sie die Konkurrenz durch internationale Superligen behindert – die Champions League basiert auf dem Prinzip der multiplen Mitgliedschaft und ist daher keine Super League im eigentlichen Sinne –, sichert die FIFA ihre Marktstellung strategisch ab.

Die Folgen dieser hervorragenden Marktstellung bestehen darin, daß die FIFA insbesondere auf dem Markt für TV-Übertragungsrechte nahezu monopolitische Preise durchsetzen kann. Auch auf dem Markt für Sponsoringrechte hat die FIFA bei manchen Nachfragern (insbesondere bei den Sportartikelherstellern) erhebliche Preissetzungsspielräume.

Besteht Handlungsbedarf?

Die Antwort darauf hängt von der eingenommenen wettbewerbspolitischen Position ab. Tatsächlich ist die Marktstellung der FIFA in erster Linie marktleistungsbedingt. Ihr ist es gelungen, die Unterhaltungsdienstleistung Fußball-Weltmeisterschaft so zu positionieren, daß sie sich einer immensen Nachfrage erfreut und dabei kaum einer ernsthaften Konkurrenz ausgesetzt ist.

Es kann wohl davon ausgegangen werden, daß in langfristiger Perspektive die herausragende Marktstellung der FIFA erodiert. So tut sich die FIFA bereits jetzt schwer, die Sponsoren gegen Ambush-Marketing wirksam abzusichern. Ohne eine entsprechende Absicherung schwindet die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager auf diesem Markt. Warum sollte Budweiser riesige Sponsoringzahlungen leisten, wenn es wie die niederländische Bavaria-Brauerei die Aufmerksamkeit der Zuschauer nahezu umsonst bekommt. Darüber hinaus wird auch der Sponsoring-Markt eine Sättigung erfahren, zumal sich die Zuschauer irgendwann bei überfrachtetem Sponsoring von diesem Fußball-Event abwenden könnten. Zudem stellt das Internet zunehmend Möglichkeiten bereit, einen eigenen Content kostengünstig zu veröffentlichen. Das bedeutet, daß die Marktzutrittsschranken für alternative Unterhaltungsdienstleistungen – auch im Fußballeventbereich – sukzessive abgebaut werden und damit der Zuschauermarkt leichter bestreitbar wird. Staatlicher Handlungsbedarf besteht somit vor allem darin, die Märkte offenzuhalten und eine gesetzliche Absicherung der Marktstellung zu verhindern.

In kurz- bis mittelfristiger Perspektive bestehen ausschließlich interventionistische Instrumente, um den Mißbrauch der Marktmacht zu verhindern. So bestünde die Möglichkeit, die Eigentumsrechte an den TV-Übertragungen zu verwässern, wie dies bspw. bereits bei der DFL im Zuge der Zentralvermarktung geschieht. Daneben könnten Preiskontrollen eingesetzt werden, um eine Ausbeutung der Sponsoren, die kaum Ausweichmöglichkeiten haben, und der TV-Sender zu unterbinden. All diese Maßnahme sind in ihrer Anwendung jedoch nicht unproblematisch, wie die einschlägige Erfahrung der Wettbewerbspolitik lehrt.

Vor diesem Hintergrund scheint es daher sinnvoll zu sein, sich auf Maßnahmen zu beschränken, die den privilegierten Status der FIFA beseitigen. Hierzu gehört neben der steuerlichen Gleichbehandlung mit anderen Unternehmen – bei der FIFA handelt es sich weitgehend um ein kommerzielles Unternehmen – auch etwas mehr Zurückhaltung beim Schutz der Markenrechte.

Literatur:

Drechsler, W., et al. (2010), Weltmeister im Geldverdienen, in: Handelsblatt, 11.6.2010, Nr. 110, S. 20-21.
o. V. (2010a), Das Geld ist rund: Fifa verdient wie ein Weltmeister, Zugriff am 18. Juni 2010 auf: http://diepresse.com/home/sport/fussball/wm/571269/index.do.
o. V. (2010b), Reibach für die FIFA, Zugriff am 18. Juni 2010 auf: http://wmlive.zdf.de/ZDFsport/inhalt/6/0,5676,8077414,00.html.
Schröder, J. (2010), 28 Millionen jubeln über das deutsche 4:0, Zugriff am 18. Juni 2010 auf: http://meedia.de/nc/details-topstory/article/28-millionen-jubeln-ber-das-deutsche-4-0_100028510.html?tx_ttnews[backPid]=438&cHash=ad90bf43ae.

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