Zum 13. August
„Nie wieder Krieg, es sei denn, es geht gegen Sachsen!“ 

Dies pflegte mein verstorbener Vater zu sagen, als der „antifaschistische Schutzwall“ noch stand. Der Fall der 1961 erbauten Mauer war zunächst ein erfreuliches Ereignis. Die meisten Wessis gönnten den Ossis ihre Freiheit. Aber schon damals war klar, dass der Optimismus von den blühenden Landschaften unberechtigt war. Dem stand nicht nur der Braunkohle-Tagebau im Wege. Auch die nostalgischen Fehlinvestitionen in den Wiederaufbau von Altimmobilien (Dresden, Greifswald) trugen zum Wiederaufbau moderner produktiver Kapazitäten nicht bei. Den westlichen Gewerkschaften und Teilen der westlichen Industrie war durchaus recht, dass unbequeme Konkurrenz verhindert wurde. Aber es trug dazu bei, dass die früheren Bürger des real-verblichenen Sozialismus sich im gerade real-verbleichenden Kapitalismus wiederfanden, ohne eine vernünftige Wiedereingliederungshilfe.

Politische Spätfolgen der Wiedervereinigung

Politisch verlief die Wiedervereinigung nur scheinbar besser. Es konnte immerhin verhindert werden, dass eine neue verfassunggebende Versammlung einberufen wurde, um eine vorgeblich fehlende demokratische Legitimation für den demokratischen Rechtsstaat westlicher Prägung einzuholen. Eine schon damals durchaus mögliche politische Destabilisierung des erfolgreichen politischen Systems der BRD wurde dadurch vermieden. Aber Probleme wurden, wie der in den anstehenden Landtagswahlen zu erwartende Niedergang der Parteien des westlichen Rechtsstaates im Gebiet des früheren östlichen Unrechtsstaates zeigt, nur aufgeschoben.

Natürlich sollte man Landtagswahlen in den neuen Bundesländern nicht zu sehr dramatisieren, aber die “Massenzuwanderung” rechtsstaats-ferner Bevölkerungsgruppen –  mögen sie auch ursprünglich deutscher Herkunft sein – hat nun Spätfolgen. Noch ist die Lage nicht dramatisch, aber sie ist kurz- und langfristig nicht ohne Risiken.

‚Patentlösungen‘ wie der Aufbau eines “beautiful wall”, wie ihn Donald Dumb für die USA vorschlägt, funktionieren nicht. Der Wiederaufbau eines antifaschistischen Schutzwalls ist keine politisch realistische und erst recht keine wünschenswerte Alternative. Die östlichen Kleinbürger mit ihrer Sehnsucht nach den alten Datschen und der Friedhofsruhe autoritärer Politik mögen zwar politisch noch nicht in der BRD angekommen sein, aber sie sind unter uns und werden es bleiben.

Politische Spätfolgen der Zuwanderung

Die Anhänger des demokratischen Rechtsstaates haben allen Grund, sich darüber Gedanken zu machen, wie man die Rechtsstaatlichkeit stärken kann. Die Zuwanderung von noch mehr rechtsstaats-fernen zukünftigen Wahlbürgern in die nun vergrößerte BRD wird das strukturelle politische Grundproblem nicht mildern, sondern verstärken.

Wenn selbst Deutsch-Türken, die schon lange unsere Mitbürger sind, vielfach dem Erdowahn verfallen zu sein scheinen, sollte uns das als Warnung dienen. Es ist, was die Unterstützung der Grundwerte des demokratischen Rechtsstaates anbelangt, durchaus bedenklich, wenn junge Männer aus Afrika oder Afghanistan einwandern wollen. Wenn eine Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus wirtschaftlichen Gründen gefordert wird, ist das politisch allerdings ebenso bedenklich. Berufliche Qualifikation schließt ‘politische Minderqualifikation’ keineswegs aus.

Man muss keineswegs ein Ausländerfeind sein, um besorgt darüber zu sein, dass die breite Entwicklung zu einer toleranten und offenen, vom rechtlichen Respekt für Individuen geprägten Gesellschaft, die wir in der BRD über Jahrzehnte erlebt haben, zurückgedreht werden könnte. Gerade diejenigen, die wollen, dass Menschen diverser Herkunft respektiert werden, haben Grund, dafür sorgen zu wollen, dass die Diversität aufhört, wenn es um die Unterstützung des Schutzes von Grundrechten geht. Wer die Rechte einzelner im demokratischen Rechtsstaat schützen will, muss dafür Sorge tragen, dass es dafür solide demokratische Mehrheiten vieler gibt. Diejenigen, die sich darum sorgen, dass der Schutz von grundlegenden Bürgerrechten – einschließlich der von Migranten, die sich bei uns dauerhaft aufhalten – gefährdet sein könnte, sollten sich vor allem Sorgen darum machen, dass überwiegend Gegner von Individualrechten zuwandern könnten.

Der 13 August erinnert daran, dass Mauern nicht helfen. Begrenzungen unkontrollierbarer Zuwanderung sind trotzdem notwendig, wenn wir den Rechtsstaat erhalten wollen. Die anstehende Wahl linker wie rechter rechtsstaats-ferner Parteien im deutschen Osten könnte so etwas wie ein Weckruf sein, aber vermutlich werden den meisten Wessis die Ereignisse – durchaus verständlicher Weise — einfach nur ‘auf den Wecker’ gehen.

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