Der Bundeshaushalt für 2025 enthält noch viele Hoffnungswerte, bei denen unklar ist, ob sie sich wirklich wie erwartet entwickeln. Aber ein schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm wäre jetzt der falsche Ansatz. Es braucht erst angebotspolitische Reformen und dann eine kluge Verwendung von Steuermehreinnahmen.
Die Ausgangslage
„Den Seinen gibt es der Herr im Schlaf“, weiß der Volksmund. Das Sprichwort bestätigt sich gerade wieder, denn die Ausgangssituation für den Haushalt 2025 hat sich gerade dramatisch verbessert, ohne dass die Bundesregierung dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet hätte. Da Intel seine hoch subventionierte Investition in Magdeburg nun auf die lange Bank schiebt, werden 2025 unerwartet rund 10 Mrd. Euro frei.
Das kommt gelegen, da aus der juristischen Fachwelt gerade erst starke Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsentwurfs geäußert wurden. Grund dafür ist vor allem eine sehr hoch angesetzte globale Minderausgabe. Diese steht im Haushaltsplan als Platzhalter für die Erwartung, dass im Laufe des Jahres immer etwas weniger Mittel abfließen als ursprünglich geplant, z.B. weil Vergabe-, Genehmigungs- oder Planungsprozesse länger dauern als gedacht. Aber sie darf eben nicht unrealistisch hoch angesetzt werden.
Schafft man es nun, die Intel-Milliarden nicht gleich wieder für soziale Wohltaten oder andere Subventionen zu verplanen, dann können diese als neuer Puffer eine etwas entspanntere und realistischere Haushaltsplanung ermöglichen. Dass es so kommt, ist noch nicht sicher, denn die Lieblingsbeschäftigung des aktuellen Wirtschaftsministers bleibt das Überreichen von oft milliardenschweren Förderbescheiden unter tosendem Applaus der Belegschaft der begünstigten Unternehmen. Da fände sich sicher anstelle Intels kurzfristig auch noch ein anderer Empfänger, wenn man es darauf anlegte.
Die Probleme
Die Ausgaben des Bundes bleiben hoch. Im Jahr 2019, dem letzten normalen Haushalt vor der Pandemie, betrugen die Ausgaben des Bundes 362 Mrd. Euro. Im Jahr 2025 wird mit 536 Mrd. Euro geplant. Ein Anstieg um 48% der absoluten Ausgaben ist auch mit der zwischenzeitlichen Inflation nicht zu erklären; die Staatsquote liegt rund drei Prozentpunkte über den vor-pandemischen 45% des Bruttoinlandproduktes. Wir sehen hier einen Sperrklinkeneffekt: In Krisenlagen werden großzügig neue Ausgaben beschlossen und der Staat wächst. Die Rückkehr zur Normalität passiert bestenfalls langsam und verzögert.
Tatsächlich liegen die absoluten Ausgaben im Jahr 2025 um 20 Mrd. niedriger als 2024. Hysterisch von einem Spar- oder gar Austeritätshaushalt zu sprechen, ist aber Unsinn, angesichts zaghafter Schritte zur Normalisierung nach der drastischen Staatsexpansion in der Pandemie und nach dem Abebben der Energiekrise. Wir haben hier außerdem einen Haushalt, der die grundgesetzlichen Spielräume zur Nettokreditaufnahme bis zur Grenze ausreizt. Bei über 50 Mrd. Euro neuen Schulden und zusätzlich mindestens 47 Mrd. mehr oder weniger unsicheren Hoffnungswerten auf der Einnahmen- und Ausgabenseite wird man kaum von harten Sparanstrengungen sprechen können.
In der Haushaltsstruktur bleiben die alten Probleme bestehen. Der Einzelplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wächst wiederum um 4 Mrd. Euro an, der Anteil des BMAS am Gesamthaushalt bleibt bei gut 36% praktisch konstant. Schutzbehauptungen, dass dies angesichts feststehender Verpflichtungen unvermeidbar sei, überzeugen nicht. Ausweitungen der Sozialausgaben, die es etwa im Bürgergeld in den vergangenen Jahren gab, können über Gesetzesänderungen auch wieder rückgängig gemacht werden. Und mittelfristig wäre der Haushalt mit Anpassungen im Rentensystem, wie etwa einem höheren Renteneintrittsalter, zu entlasten.
Wie kann es weitergehen?
Die Bundesregierung weist korrekt darauf hin, dass sie im aktuellen Haushalt relativ hohe Investitionsausgaben stemmt. Das ist zwar formal korrekt, aber dieser Anteil wird auch durch finanzielle Transaktionen gesteigert, etwa ins sogenannte Generationenkapital und in eine bessere Eigenkapitalausstattung der Bahn. Wir haben es hier also nicht (oder jedenfalls nicht unmittelbar) mit Investitionen in greifbare Infrastruktur zu tun.
Im politischen Berlin kursieren zahlreiche Wunschzettel in Gutachtenform, die einen exorbitanten staatlichen Investitionsbedarf für die kommenden Jahre diagnostizieren. Je nach Autorenteam liegt man dort zwischen 450 und über 1.000 Mrd. Euro für die kommenden sieben bis zehn Jahre. Man kann an diesen Rechnungen viel kritisieren. Ohne die Notwendigkeit zu priorisieren kann man sich alles wünschen, und einige Studien nutzen tatsächlich u.a. Umfragen unter Kommunalpolitikern, die gefragt werden, wie viele Investitionsausgaben sie für sinnvoll hielten. Dass man allerdings Bedarfe nicht ohne eine Budgetgrenze definieren kann, dürfte auch klar sein.
Dennoch ist klar, dass die Investitionsausgaben absehbar steigen sollten – wenn auch vielleicht nicht in dem großen Umfang, den solche Studien berechnen. Gleichzeitig ist fraglich, ob Bundesregierungen absehbar die politische Kraft für große Änderungen der Haushaltsstruktur aufbringen werden, weg von Konsum- und Sozialausgaben und hin zu mehr Investitionen.
Bevor man hier in neue, mit Zweidrittelmehrheit unterfütterte Sondervermögen zu fliehen versucht oder gar die Schuldenbremse ganz schleift (was wahrscheinlich ohnehin eher zu mehr Konsum, mehr Sozialem, aber nicht mehr Investitionen führen würde), bietet sich vielleicht eine sanfte Anpassung an. Die Steuerschätzung vom Juni dieses Jahres prognostiziert für den Bund im Jahr 2028 rund 40 Mrd. höhere Steuereinnahmen als 2025. Wenn man sich schon nicht in der Lage sieht, andere Ausgaben deutlich zu kürzen, dann könnte man sich zumindest darauf einigen, zukünftige höhere Einnahmen prioritär für Investitionen zu nutzen.
Gleichzeitig sind die 40 Mrd. Mehreinnahmen natürlich nicht in Stein gemeißelt. Gerade weil das BIP-Wachstum derzeit stagniert, besteht ein erhebliches Potential, über zusätzliches Wachstum auch weitere Mehreinnahmen zu generieren, die dann in einer Art Positivspirale wieder für mehr Investitionen genutzt werden können.
Hierzu sind aber gerade keine fiskalischen Konjunkturstimuli nötig. Mit Maßnahmen, die für den Staat kostenlos sind (oder sogar Kosten sparen) ließen sich einige Wachstumskräfte mobilisieren. Entbürokratisierung, Deregulierung und auch der Abbau von Subventionen, die eher den Status quo zementieren als Wachstum zu erlauben, sind keine originellen, aber bisher immer noch der Umsetzung harrenden Optionen. Zuerst sind die strukturellen Angebotsbedingungen zu verbessern. Alles Weitere ergibt sich dann.