Seit Amtsantritt von Donald Trump hat die amerikanische Notenbank an personeller und – eingeschränkt – operativer Unabhängigkeit verloren. Der US Präsident möchte die US Fed dazu bringen, den Leitzinsen stärker als bislang erfolgt abzusenken. Zu diesem Zweck erhöht er den politischen Druck auf Mitglieder des Boards of Gouverneurs (BoG), die auch persönlichen Angriffen ausgesetzt sind, und verändert die Zusammensetzung des BoG in seinem Sinne. Darüber hinaus greift er in die operativen Geschäfte der Zentralbank ein. Welche Agenda verfolgt die US Administration? Wie wird die US Fed künftig aussehen? Welche Konsequenzen hat eine sinkende Unabhängigkeit der US Fed?
Operativer Umbau der US Fed
Bereits im Januar 2025 hatte Präsident Trump per Erlass der US Fed verboten, Zentralbankgeld in digitaler Form auszugeben, um die Bevölkerung vor den Risiken öffentlich produzierten digitalen Zahlungsmittel zu schützen. Die Verbreitung und Verwendung von staatlich produziertem Zentralbankgeld wurden untersagt. Die Fed musste daher alle laufenden Pläne oder Initiativen zur Schaffung eines digitalen Dollars unverzüglich einzustellen und durfte keine weiteren Maßnahmen zur Entwicklung oder Umsetzung solcher Pläne oder Initiativen ergreifen (The White House, 2025).
Ebenfalls im Januar 2025 ist die US Fed aus dem `Network for Greening the Financial System (NGFS)´ ausgetreten, dessen Aufgabenbereich gewachsen und eine Bandbreite erreicht hat, die außerhalb des gesetzlichen Mandats der Fed liegen. Da der Beitritt der Fed kurz nach dem Wahlsieg von Joe Biden erfolgte und der Austritt nach dem Wahlsieg von Donald Trump, ist möglich, dass beides auch auf Druck der jeweiligen Administration geschehen ist (Steele, 2025).
Persönliche Angriffe
Substantieller sind die Angriffe des US Präsidenten auf einzelne Mitglieder des BoG. Sie betreffen insbesondere Jerome Powell, den Präsident Obama bereits 2012 in den BoG berufen hatte. Er wurde von Trump 2018 (in Nachfolge von Janet Yellen) zum Vorsitzenden (Chair) ernannt, was Präsident Biden in 2022 bestätigte (Übersicht 1).

Schon während der ersten Amtszeit hatte Trump beklagt, dass die Fed die Leitzinsen nach 2017 schrittweise erhöht hat, um möglichen Inflationsgefahren infolge der Zollerhebung gegenüber China zu bekämpfen. Obwohl Trump bis Ende 2018 mehrmals die Ablösung Powells als Chair forderte, senkte die Fed die Leitzinsen erst nach Ausbruch der Pandemie, um sie bis 2022 niedrig zu halten (Abbildung 1).
Das Szenario wiederholt sich seit Trumps zweiten Amtsantritt, nachdem die Leitzinsen wegen der hohen Inflation auf über 5% angehoben wurden; Trump forderte mehrmals eine deutliche Zinssenkung, die aber bis September 2025 ausblieb, und drohte erneut damit, Powells zu entlassen.[1] Dessen Amtszeit als Chair des BoG endet 2026, wenngleich er bis 2028 Mitglied im BoG ist. Die Abberufung eines Mitglieds des BoG durch den US-Präsidenten ist allerdings nur aus wichtigem Grund („for cause“) möglich.
Im August 2025 trat Adriana Kugler ohne Angaben von Gründen aus dem BoG aus und wurde durch Stephen Miran ersetzt, der seit Anfang des Jahres den Vorsitz im Council of Economic Advisers hält, diese Tätigkeit aber zunächst unbezahlt ruhen lässt. Er übernimmt den Sitz für die verbliebene Amtszeit von Kugler bis Januar 2026. Sollte er anschließend für eine längere Amtszeit vorgeschlagen und vom Senat bestellt werden, will er seine Tätigkeit im Council beenden (US Senate Banking Committee, 2025). Da die Nominierung durch den Präsidenten erfolgt, dürfte der Druck zunächst hoch sein, geldpolitische Entscheidungen in dessen Sinne zu treffen.

Stephen Miran gilt als wirtschaftspolitisches Sprachrohr der Trump-Administration und ist ein Verfechter niedriger Zinssätze. Sein Argument ist, dass infolge der verschieden wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Trump-Administration der (nicht beobachtbare) natürliche Zins gesunken ist und deshalb der aktuelle Leitzinssatz als restriktiv anzusehen sei und das Beschäftigungsziel der US Fed gefährde (Miran, 2025).
Ebenfalls hoch ist der politische Druck auf Lisa Cook, deren reguläre Amtszeit 2038 endet. Ihr wird vorgeworfen, falsche Angaben bei Beantragung von Hypothekenkrediten gemacht zu haben. Sie wurde vom US-Präsidenten aus dem Amt entlassen, hat dagegen aber bislang erfolgreich Klage erhoben, sodass sie vorerst weiterhin stimmberechtigt an Sitzungen des BoG teilnimmt. Der Oberste Gerichthof der USA will in dieser Sache erst im Januar 2026 entscheiden, sodass Cook zumindest an den verbleibenden beiden geldpolitischen Sitzungen der Fed teilnehmen kann. Unklar ist derzeit, ob das Oberste Gericht eine Entlassungsverfügung des Präsidenten aufheben oder lediglich eine Nachzahlung von Gehältern anordnen kann.
Welche Agenda verfolgt die US Administration?
Wenngleich für Außenstehende schwer zu beurteilen, besteht ein zentrales Anliegen der US Wirtschaftspolitik darin, die öffentliche Haushaltsdefizite auf Bundesebene zu reduzieren, indem zusätzlich Einnahmen generiert und Ausgaben abgebaut werden. Die US Staatsschulden betragen derzeit ca. 38 Billionen USD und haben sich seit Anfang der 1980er Jahre verzehnfachts. Die Schuldenquote liegt bei derzeit ca. 125 % des BIP und damit deutlich über dem internationalen Durchschnitt von ca. 94% des BIP. Der jährliche Schuldendienst im US Bundeshaushalt beträgt jährlich ca. 1 Billion USD.
Bislang stellt der wachsenden Schuldenstand noch kein akutes Problem dar, weil der US-Dollar die bedeutendste internationale Anlagewährung darstellt. Auswärtige Zentralbanken halten einen Großteil ihrer Währungsreserven in USD, sodass das wachsende Angebot an US Staatsschuldtiteln genügend Abnahme findet. Genau das ist aber der US Administration ein Dorn im Auge, denn die Rolle als Reservewährung schafft einen Aufwertungsdruck auf den USD, der die Exporte bremst und die Importe fördert. Um diese Überbewertung zu korrigieren, hatte Miran schon 2024 vorgeschlagen, die Nutzung des US-Dollars als internationale Transaktions- und Anlagewährung zu verteuern, jedenfalls für solche Handelspartner, die weiterhin den Schutz durch den amerikanischen Militärschirms genießen oder keine weiteren Zollerhebungen erfahren wollen (Vollmer, 2025).
Da dies selbst für die USA schwer umsetzbar ist, bleibt die Reduktion des Budgetdefizits durch Generierung von zusätzlichen Zolleinahmen oder durch Kürzung von Staatausgaben. Letzteres war Aufgabe des Departments of Government Efficiency (DOGE); auch die US-Zölle dienen nicht nur dem Abbau des Handelsdefizits, sondern auch der Haushaltssanierung. Zumindest die Politik der Ausgabenreduktion durch die „Kettensäge“ war bislang eher wenig erfolgreich. Damit steigt der Druck auf die US Regierung, die Zinslast zu reduzieren, was aber die Mitwirkung der US Fed erfordert, die zwar nur die kurzfristigen Zinssätze steuert, über Markterwartungen aber auch langfristige Zinssätze beeinflussen kann.
Ausblick
Sollte Lisa Cook aus dem BoG ausscheiden und durch eine Trump genehme Person ersetzt werden, haben die von ihm bestellten Mitglieder die Mehrheit im Board of Governors. Vermutlich wird der US Präsident Jerome Powell als Chair ablösen; als potenzielle Nachfolger gelten Stephen Miran oder Christopher Waller. Ob Powell seinen Sitz im Board als „gewöhnliches“ Mitglied beibehält, hat er bislang offengelassen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Trump eine Zinssenkung spätestens im kommenden Frühjahr erhält. Kurzfristig dürfte dies konjunkturbelebend wirken und die Wiederwahlchancen der Republikaner bei den im November 2026 anstehenden Mid-terms erhöhen.
Möglicherweise bedeutet der Angriff auf die Unabhängigkeit der Fed ein wirtschaftspolitisches Eigentor des US Präsidenten, weil das Gegenteil von dem resultiert, was erreicht werden soll. Der Verlust an Unabhängigkeit erhöht die mittelfristen Inflationserwartungen, treibt die Inflation an und steigert die langfristigen Nominalzinsen – und damit auch die Refinanzierungskosten der amerikanischen Staatsaushalts.
Literatur
Miran, S. I. (2025), Nonmonetary Forces and Appropriate Monetary Policy. Remarks at The Economic Club of New York, New York, New York, September, 22, https://www.federalreserve.gov/newsevents/speech/miran20250922a.htm
Steele, G. (2025), The Fed Says It’s Independent, But Leaving the NGFS Was Political, in: Green Central Banking, https://greencentralbanking.com/2025/03/18/fed-says-its-independent-but-leaving-the-ngfs-was-political/
The White House (2025), Strengthening American Leadership in Digital Financial Technology, https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/strengthening-american-leadership-in-digital-financial-technology/
US Senate Banking Committee (2025), Trump’s Fed Governor Pick Stephen Miran Testifies Before the Senate Banking Committee, Youtube, https://www.youtube.com/watch?v=HrdcGXGeJTU
Vollmer, U. (2025), Re-Industrialisierung durch De-Dollarisierung? Zu den amerikanischen Plänen einer Reform des Weltwährungssystems, Wirtschaftliche Freiheit, 5 April 2025, https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=39871
[1] ) Im Juli 2025 schien Präsident Trump dazu entschlossen zu sein, indem er Powell Missmanagement bei der Renovierung der Dienstgebäude der US Fed in Washington vorwarf. Wegen der heftigen Reaktion der Aktienmärkte scheint er auf diesen Schritt verzichtet zu haben.
Blog-Beiträge zum Thema:
Jörn Quitzau (Bergos, 2025): Unabhängigkeit der Notenbanken in Gefahr. Aus unterschiedlichen Gründen
Charles I. Plosser und Mickey D. Levy (Hoover, 2025): Was die Federal Reserve tun kann, um sich selbst zu helfen
Mickey D. Levy (Hoover, 2025) und Michael D. Bordo (Rutgers, 2025): Trumps Zölle und Drohungen. Kommt nun die Fed dran?
Uwe Vollmer (Uni Leipzig, 2024): Ist die Unabhängigkeit der US Fed in Gefahr?
Norbert Berthold (JMU, 2016): Die verlorene Unabhängigkeit der EZB. Zu mächtig oder nur ein Scheinriese?
Podcast zum Thema:
Donald Trump und die Unabhängigkeit der Notenbank. Dr. Jörn Quitzau (Bergos AG) im Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Schäfer (Hochschule RheinMain)