Frédéric Bastiat (1801 – 1850) schrieb einst, dass sich ein schlechter Ökonom in seiner Analyse auf die sichtbaren Effekte einer Politikmaßnahme beschränkt, der gute Ökonom hingegen auch die nicht sichtbaren Effekte beachtet. Bastiats Sichtweise sollte in der Geldpolitik gerade heute Beachtung finden, in einer Zeit, in der das Wesen der Inflation mehrheitlich missverstanden wird und dadurch in letzter Konsequenz Politiken unterstützt, die bei genauer Betrachtung schädlich sind.
Heutzutage wird mit Inflation ein dauerhaftes Ansteigen der Konsumgüterpreise identifiziert. Steigende Preise vermindern die Kaufkraft einer Geldeinheit und schädigen den Geldhalter bzw. den Bezieher von nominal fixierten Zahlungen (die er in der Zukunft erhält). Gleichsam begünstigt Inflation Schuldner. Inflation hat also zwei Gesichter: zum einen das Vermindern der Kaufkraft des Geldes und – damit unmittelbar verbunden – das Umverteilen vom Geldhalter und Kreditgeber hin zu Kreditnehmer.
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Inflation ist jedoch ein kompliziertes Phänomen, das mit der heute üblichen Definition nicht voll erfasst wird. Ökonomisch gesprochen ist Inflation nämlich gleichbedeutend mit einem Ansteigen der Geldmenge. Wird die Geldmenge in einer Vollbeschäftigungssituation erhöht, werden auch die Preise früher oder später ansteigen. In diesem Fall zeigt die Geldmengenentwicklung also die Preiswirkung an. Dies ist der „sichtbare Effekt“ der Geldmengenausweitung.
Richard Cantillon (1680 – 1743) erkannte jedoch bereits, dass ein Anwachsen der Geldmenge nicht „neutral“ ist, dass also alle Geldhalter gleichermaßen von ihr berührt werden. Er zeigte vielmehr, dass diejenigen die Gewinner einer Geldmengenausweitung sind, die als erste Zugriff auf die neue Geldmenge erhalten. Sie können noch zu relativ unveränderten Preisen kaufen. Diejenigen aber, die die neue Geldmenge erst später erhalten, können nur noch zu erhöhten Preisen kaufen, sie sind die Verlierer. Eine Geldmengenausweitung geht folglich stets mit einer Umverteilung einher.
In ganz ähnlicher Weise stellt sich der Sachverhalt in einer Unterbeschäftigung dar. Ein Ausweiten der Geldmengenausweitung würde hier vermutlich zwar nicht zu Preisauftrieb führen. Jedoch folgt aus der Geldmengenausweitung auch in diesem Falle ein – allerdings nicht sichtbarer – Effekt auf den Geldwert, verbunden mit einer Umverteilungswirkung: Das Ansteigen der Geldmengen führt zu Preisen, die notwendiger höher ausfallen gegenüber einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre; die Geldmengenausweitung verhindert gewissermaßen, dass der Geldwert steigt.
Die Umverteilungswirkung der Geldmengenausweitung besteht nun darin, dass die Geldhalter notwendigerweise höhere Preise zahlen müssen im Vergleich zu den Preisen, die sich eingestellt hätten, wenn die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre. Die Geldhalter sind – wie im Falle unmittelbar steigender Preise – also durch die Geldmengenausweitung die Benachteiligten, während die Verkäufer von Waren die Begünstigten sind: Ihnen erlaubt das Ausweiten der Geldmenge zu Preisen zu verkaufen, die höher sind als die Preise, die sich ohne eine Ausweitung der Geldmenge eingestellt hätten.
Das Bemessen der Inflation anhand von Preisen – wie es heute weitestgehend in der Mainstream-Ökonomik erfolgt – greift also zu kurz. Zudem wird geldpolitisch das Geldmengenausweiten gutgeheißen, mit negativen Konsequenzen. Denn das Ausweiten der Geldmenge sorgt dafür, dass die Preise nicht mehr uneingeschränkt die Knappheitsverhältnisse in der Volkswirtschaft anzeigen. Für den Investor ist damit nicht mehr eindeutig erkennbar, ob die Preissteigerungen die Knappheit der Güter anzeigen, oder ob sie lediglich die Geldentwertung widerspiegeln.
Dies ist auch der Grund, warum (in der Regel starke) Geldmengenausweitungen zu „Scheinaufschwüngen“ führen, die zwar kurzfristig Produktion und Arbeitsplätze erhöhen, die sich nachfolgend jedoch als Fehler erweisen: Die produzierten Gütern lassen sich nicht zu den erwarteten Preisen absetzen, und die Arbeitsplätze lassen sich folglich auch nicht zu den vereinbarten Löhnen aufrecht erhalten. Diese Einsicht lässt sich auch wie folgt formulieren: Das Ausweiten der Geldmenge durch die Zentralbank kann nicht für nachhaltige Prosperität sorgen, sondern führt lediglich zu Umverteilungswirkungen. Wer das übersieht, so ist von Bastiat zu lernen, ist ein schlechter Ökonom.
- Kurz kommentiert
Verbietet den Zentralbanken, Aktien zu kaufen - 12. September 2016 - Auf dem Weg in eine Welt ohne Renditen - 19. Juli 2016
- Frieden braucht Eigentum - 28. Mai 2016
Das hier ist vielleicht noch ganz interessant um die Spieler bei ihren desaströsen Entscheidungen zu verfolgen.
Was hier unter „Financial Stability“ propagiert wird ist nichts anderes als das komplette Gegenteil; Financial Instability. Denn das verhindern von Preissenkungen wird wiederum eine Verknappung von Investitionskrediten von der Privatseite, eine Steigerung von Zinslasten auf allen Ebenen und eine Ausweitung der Regierungsbilanz mit sich bringen. Es ist das genaue Gegenteil von Aufbau.
http://www.yorkmedia.com/treasury/webcasts2010.html
Und hier noch ein Kontrabeitrag von einem langen Bären:
http://www.bloomberg.com/video/64477298/