Subventionsabbau bei Ökosteuern

Diejenigen Unternehmen, die am energieintensivsten produzieren, zahlen in Deutschland die niedrigsten Ökosteuern. Damit wird der beabsichtigte Lenkungseffekt dieser Steuern nachgerade auf den Kopf gestellt.

Zum Sachverhalt: Die Energiesteuer wird auf alle Kraft- und Heizstoffe erhoben, d.h. auf Benzin und Dieselkraftstoff, auf Flüssig- und Erdgas sowie auf Heizöl und Kohle. Für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft gilt ein ermäßigter Steuersatz von rund 70 %. Bestimmte energieintensive Prozesse und Verfahren im Produzierenden Gewerbe sind vollständig von der Steuer befreit. Für die übrigen Unternehmen kommt eine Steuerreduzierung durch den sogenannten Spitzenausgleich in Frage: Danach erhalten Unternehmen 95 % jener Steuerzahlungen erstattet, die über die Entlastungen bei den Rentenversicherungsbeiträgen (die mit den Ökosteuern gegenfinanziert werden) hinausgehen.

Ähnliche Regelungen gibt es bei der Stromsteuer. Hier gilt zunächst einmal ein ermäßigter Steuersatz in Höhe von 60 % für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft. Darüber hinaus gibt es auch bei dieser Steuer den sogenannten Spitzenausgleich, bei dem ebenfalls 95 % derjenigen Steuerschulden erlassen werden, die über die Entlastungen bei den  Lohnnebenkosten des betreffenden Unternehmens hinausgehen.

Der ökologische und ökonomische Sinn der Energie- und Stromsteuer liegt nicht zuletzt darin, den CO2-Ausstoß teurer zu machen und damit Anreize zu setzen, weniger Treibhausgase zu emittieren. Das Erreichen dieses Ziels wird allerdings stark beeinträchtigt, wenn gerade für jene Unternehmen Steuerbefreiungen oder massive Steuerentlasungen gewährt werden, die am stärksten zur Emission von Treibhausgasen beitragen und die deshalb auch den größten Einsparbeitrag leisten könnten. Die Subventionierung energieintensiver Unternehmen durch diese Steuerentlastungen sollte deshalb ersatzlos gestrichen werden. Als angenehmer Nebeneffekt würden sich für den Staatshaushalt Mehreinnahmen von rund 17 Mrd. Euro pro Jahr ergeben (vgl. Boss, Klodt et al. (2011), Die Kieler Subventionsampel).

Begründet werden diese Subventionen damit, dass ansonsten die energieintensiven Unternehmen auf den Weltmärkten nicht mehr konkurrenzfähig wären und die betreffenden Produktionen möglicherweise in Länder abwandern würden, wo Klimaschutz weniger wichtig genommen wird. Der CO2-Ausstoß würde damit nicht verringert, sondern nur verlagert. Dieses Argument des „Carbon Leakage“ ist nicht grundweg von der Hand zu weisen, aber es würde, wenn man es wirklich konsequent gelten lassen würde, letztlich zu einer vollständigen Streichung von Energie- und Stromsteuer führen müssen. Denn es dürfte kaum ein Unternehmen in Deutschland geben, das nicht in der einen oder anderen Weise in den internationalen Wettbewerb eingebunden ist.

Die vom deutschen Gesetzgeber gefundene Lösung, nur die besonders energieintensiven Unternehmen zu befreien bzw. zu entlasten (übrigens ohne Rücksicht darauf, ob diese Unternehmen in starkem internationalen Wettbewerb stehen), öffnet den Lobby-Aktivitäten Tür und Tor. Jede Branche wird für sich in Anspruch nehmen, genau diese Bedingungen weitaus besser als alle anderen Branchen zu erfüllen. Im Ergebnis werden jene Branchen, die eine Steuerentlastung durchsetzen können, unfair begünstigt und jene, denen das nicht gelingt, unfair benachteiligt.

Es werden verschiedene Vorschläge diskutiert, wie die Lenkungswirkung von Energie- und Stromsteuer gewahrt werden kann, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit der von der Steuer belasteten Unternehmen zu gefährden. Vorgeschlagen wird etwa, einen Grenzausgleich vorzunehmen, wie er in ähnlicher Form auch bei der Mehrwertsteuer praktiziert wird (vgl. z.B. Ton Manders, Paul Veenendaal, Border Tax Adjustments and the EU-ETS – A Quantitative Assessment: http://www.cpb.nl/en/publication/border-tax-adjustment-and-eu-ets-quantitative-assessment). Demnach würden Unternehmen, die ihre Waren ins Ausland exportieren, die auf diese Waren entfallenden Ökosteuern erstattet bekommen, während andererseits Importe nach Deutschland mit einer entsprechenden Ökosteuer belastet würden.

Bei der Mehrwertsteuer funktioniert ein solches Verfahren einigermaßen gut. Bei der Ökosteuer wäre es jedoch mit einem immensen bürokritschen Aufwand verknüpft. Denn erstens müssten sämtliche in den Export gehenden Produkte mit einem Ökopass ausgestattet werden, aus dem hervorgeht, mit welchem Energieeinsatz sie produziert worden sind. Die entsprechenden Nachweise dürften Unternehmen, die in vielfältige Vorleistungsverflechtungen eingebunden sind, nicht gerade leicht fallen. Und zweitens müssten auch die importierten Güter einen enstprechenden Energiepass der ausländischen Produzenten vorweisen, der zudem auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren wäre.  Das dürfte schlichtweg unmöglich sein. So elegant das Konzept des Border Tax Adjustment aus theoretischer Sicht auch sein mag, so undurchführbar ist es in der Praxis.

Eine andere Möglichkeit zur Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen wird zumindest ansatzweise in Schweden praktiziert. Dort werden im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen wie alle anderen Unternehmen auch voll der Ökosteuer unterworfen. Sie erhalten aber produktionsunabhängige Ausgleichszahlungen, deren Höhe sich an den entrichteten Ökosteuern für die von ihnen exportierten Produkte orientieren. Damit haben die schwedischen Unternehmen keine Kostennachteile gegenüber Unternehmen aus anderen Ländern, in denen keine Ökosteuer erhoben wird, aber die Anreize zum sparsamen Umgang mit Energie bleiben erhalten.

Auch dieser Vorschlag (der beispielsweise von Ernst-Ullrich von Weizsäcker propagiert wird) ist aus theoretischer Sicht bestechend, dürfte aber in einem Land wie Deutschland ebenfalls an unüberwindlich hohen bürokratischen Barrieren scheitern. In Schweden gibt es – salopp gesagt – in jeder Branche kaum mehr als ein Unternehmen – und diese Unternehmen sind der staatlichen Verwaltung meist bestens bekannt. In einem Land wie Deutschland dagegen, das eine sehr differenzierte Industriestruktur aufweist, wäre der bürokratische Aufwand für eine derartige Steuerregelung ähnlich hoch wie bei dem Border Tax Adjustment. Es führt also kein Weg daran vorbei, energieintensiven Unternehmen den Pelz nass zu machen, wenn sie mit steuerlichen Anreizen zur Energieeinsparung gewaschen werden sollen.

Eine konsequente Durchsetzung der in Deutschland erhobenen Ökosteuern auf sämtliche Unternehmen würde nicht nur die Einhaltung der verkündeten Klimaschutzziele erleichtern, sondern auch zur Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik gegenüber den Schwellenländern beitragen. Wie will man den Regierungen in China oder Indien vermitteln, dass auch sie entschlossen zum Klimaschutz beitragen sollen, wenn in Deutschland gerade jene Unternehmen, die in besonderem Maße zum Treibhauseffekt beitragen, von den Steuern verschont werden?

Zugleich mit den Subventionen bei den Ökosteuern sollten die im Sommer 2011 klammheimlich eingeführten Befreiungen für energieintensive Unternehmen von den Netzentgelten abgeschafft werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums geht es dabei immerhin um rund 880 Mio. Euro pro Jahr, die auf die anderen Nutzer des Stromnetzes umgelegt werden (vgl. www.bmwi-energiewende.de/netzentgeld-befreiung.html). Auch diese Subvention wird mit der vermeintlich gefährdeten internationalen Wettbewerbsfähigkeit begründet, und auch hier werden falsche klimapolitische Signale gesetzt.

Henning Klodt

3 Antworten auf „Subventionsabbau bei Ökosteuern“

  1. Das ganze Theater wäre vollkommen überflüssig, wenn man sich endlich von dieser unsinnigen Klimarettungspolitik verabschiedete. Der Einfluß des Menschen auf unser Klima ist so marginal, daß man den Effekt getrost vernachlässigen kann – zumindestens für die CO2 – Einträge.

    Wir müssen endlich zurückkommen auf eine Energiepolitik, die sich an den physikalischen Grundlagen orientiert und nicht an irgendwelchen Ökophantasien, die mit der Realität nicht nur nichts sondern gar nichts zu tun haben.

  2. Angesichts des dank unserer lieben PICS unterbewerteten Euros sicherlich ein guter Zeitpunkt Exportsubventionen zu streichen. Aber muss man sich tatsächlich der CO2-Hysterie anschließen? Das Problem wird sich in den nächsten 10 Jahren durch technischen Fortschritt lösen. Schon jetzt befinden sich Verfahren, Treibstoff mehr oder weniger direkt aus Sonnenergie herzustellen in der Pilotprojektphase. Der technische Fortschritt war noch immer schneller als erwartet. Im übrigen scheint die Kieler-Subventionsampel ja auch nicht unbedingt für alle gleich zu blinken. Die an die Kirchen über unzählige Kanäle gezahlten Milliardensubventionen habe ich darin noch nicht gefunden.

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