Auch wenn uns in diesem Corona-geplagten Jahr wenigstens eine Jahrhundertdürre wie im Jahr 2018 erspart geblieben ist: Die nächste Dürre kommt bestimmt! Und vermutlich wird es angesichts des Klimawandels nicht bei dieser einen Dürre bleiben. Im sonnenscheinreichen Sommer 2018 führte die langanhaltende Dürre zu einer kontroversen Diskussion um weitere Milliardenhilfen für die Landwirtschaft. Dabei ist die Landwirtschaft traditionell jener Sektor, der in der Europäischen Union (EU) die umfangreichsten Subventionen empfängt. So machen die Zahlungen der EU an den Agrarsektor regelmäßig rund 40 Prozent des EU-Haushalts aus.
Von der Dürre war aber nicht allein die Landwirtschaft betroffen. Warum sollte man der Landwirtschaft helfen, den von der Dürre durch niedrige Flusspegelstände gleichermaßen betroffenen Tankstellenbetreibern sowie der chemischen Industrie, die unter mangelndem Nachschub an Mineralölprodukten per Schiff litten, aber nicht? Dies ist umso fraglicher, als in Zeiten der Globalisierung der heimische Agrarsektor längst nicht mehr so relevant für die Nahrungsmittelversorgung und die Volkswirtschaft ist wie früher. Gab es in den 1950er Jahren noch über eine Million Bauernhöfe mit mehreren Millionen Beschäftigten, sind es heute rund 250.000 landwirtschaftliche Betriebe mit weniger als 500.000 Vollzeitbeschäftigten.
Die Frage stellt sich umso mehr, als das Sündenregister der Agrarpolitik in Bezug auf Verstöße gegen die Marktwirtschaft sehr lang ist. Europäische und deutsche Agrarminister haben alle möglichen marktwirtschaftliche Mechanismen außer Kraft gesetzt, man denke nur an die Milchquoten oder die Abschlachtprämien für Kälber (sogenannte Herodes-Prämie), gaben hunderte Milliarden Euro an Subventionen aus und produzierten gigantische Überschüsse an Fleisch, Getreide oder Milchpulver, die dann zu Dumpingpreisen in Entwicklungsländern verkauft wurden und dort einen Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe zerstörten.
Immerhin sind die dafür verantwortlichen sogenannten Marktordnungen – was hatten die mit Markt zu tun? – heute abgeschafft. Anstelle einer Preis- bzw. Mengenregulierung, bei der die EU-Fördergelder an die Produktion gekoppelt waren, ist heute eine Förderung getreten, die in gestaffelter Weise an die landwirtschaftliche Fläche und zugleich an einen Umweltkatalog mit über 100 Seiten gebunden ist – der Gedanke nachhaltigen Wirtschaftens hat damit nach Jahrzehnten der Misswirtschaft auch in der Landwirtschaft Einzug gehalten.
Und in Bezug auf Risiken hat die Eigenvorsorge immer mehr Priorität. So setzt die Landwirtschaft hinsichtlich Preisrisiken bei Getreide mittlerweile weitgehend auf Vorkontrakte und Terminmärkte, bei Naturgefahren wie Hagel, Sturm und Starkregen bestehen marktgängige Versicherungen und auch Versicherungen zum Schutz gegen Betriebsunterbrechungen in der Tierhaltung infolge von Seuchen sind mittlerweile recht verbreitet.
Die größte Lücke bei der Versicherung von Risiken klafft noch immer aber bei Dürreereignissen. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der schwierigen Schadensfeststellung sowie in der Höhe des kumulierten Risikos. So hat die Dürre 2018 einen Schaden von 3 bis 4 Mrd. Euro allein in der deutschen Landwirtschaft angerichtet. Es ist daher höchste Zeit, dass die Versicherungsbranche zusammen mit der Landwirtschaft clevere Versicherungslösungen erarbeitet, denn die nächste Dürre kommt bestimmt. Die Dürre von 2018 sollte das letzte Extremereignis gewesen sein, bei dem die Schäden vergemeinschaftet wurden, indem der Staat für die Schäden aufkam.
Blog-Beiträge zur Agrarpolitik:
Gordon J. Klein: Mindestpreise für Lebensmittel
Norbert Berthold: Ordnungspolitischer Unfug (6)
Mindestpreise für Lebensmittel. Robert Habeck irrlichtert (auch) agrarpolitisch