Verbeamtung oder Angestelltenverhältnis?
Eine alte Frage mit steigender Brisanz

Es sei mir an dieser Stelle eine Vorbemerkung erlaubt: Ich blogge hier als Beamter (Akademischer Rat) auf Zeit und habe allein deshalb kein Interesse an einer Neiddebatte à la „Beamten geht es zu gut“ oder ähnlichem. Wenn wir gute Lehrer, Professoren oder auch akademische Räte wollen, müssen wir diese auch netto gut bezahlen – die Frage ist, ob dies über den sehr intransparenten und ordnungspolitisch bedenklichen Weg der Verbeamtung oder aber über eine entsprechende Tarifierung erfolgen soll.

Nun aber von vorn. Deutschland und dabei insbesondere die Länder werden sich in den kommenden Jahren stark ansteigenden Versorgungslasten – also Zahlungen an Beamte im Ruhestand in Form von Pensionen, Witwen- und Waisenfürsorge und Beihilfe zur Krankenversicherung – gegenüber sehen. Diese resultieren aus den Einstellungswellen der vergangenen Dekaden, vor allem der 1970er und 1980er Jahre, und der mangelhaften Rücklagenbildung. Während nämlich private Arbeitgeber in der Regel verpflichtet sind, für bspw. Betriebsrenten Rücklagen zu bilden (und die Betriebsrenten dabei immer nur einen kleinen Teilkaskocharakter haben), tut das der größte Arbeitgeber in Deutschland, der Staat, für einen großen Teil seiner Beschäftigten nicht.

Um fair zu sein, einige Gebietskörperschaften wie bspw. die Kommunen in meinem Heimatland Baden-Württemberg versuchen wenigstens in einem Umlagesystem, wenn schon nicht Rücklagen, dann doch Anwartschaften für ihre aktiven Beamten zu erwerben. Und der Effekt durch diese Maßnahme ist eindeutig. Auf der kommunalen Ebene kommt es immer seltener zu Verbeamtungen. Dies wird dem geneigten Leser auch durch die untenstehende Abbildung deutlich.

Kosten für Gymnasiallehrer
– zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken –

Typisiert dargestellt wird ein angehender Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg (im Quellenpapier stellen wir auch die Situation von Gymnasiallehrerinnen dar, da die Beihilfezahlungen und die Überlebenswahrscheinlichkeiten geschlechtsspezifisch sind), der mit 30 Jahren in den Dienst eintritt und sein Leben lang Single und kinderlos bleibt (als Familienvater verändert sich das Beamtenprofil durch die Zulagen und Beihilfe drastisch, wobei es beim angestellten Lehrer nur Veränderungen aufgrund der niedrigeren Steuerbelastung gibt). Als Studienrat wird er im Beamtenstatus in der Besoldungsgruppe A13 verpflichtet, als Angestellter analog in der Tarifstufe TV-L E 13. Die Abbildung zeigt die Kostenverläufe für den jeweiligen Dienstherrn im jeweiligen Verhältnis.

Dabei zeigt sich, dass ein kommunaler Beamter bei Einstieg am teuersten ist – und wohl deswegen die Bürgermeister im Ländle darauf achten, dass ihre Schäfchen von Angestellten bedient werden. Etwas günstiger sind die Angestelltentarife für das Land, doch sie können gerade am Anfang der Laufbahn nicht mit der Verbeamtung mithalten. Verkündet also ein Ministerpräsident eine Bildungsoffensive, so ist er gut beraten, dies mit verbeamteten Lehrern zu tun, er bekommt mehr fürs Geld und die wirkliche Zeche zahlt einer seiner Nachfolger.

Dass Beamte wirklich teurer sind als ihre angestellten Pendants zeigt sich nur in einer Barwertbetrachtung, also genau dann, wenn Rückstellungen für zukünftige Zahlungsverpflichtungen kalkuliert werden müssen. Ordnungspolitisch korrekt müssen solche Rückstellungen eigentlich von denjenigen zumindest zum Teil bezahlt werden, welche sie auch durch die Einstellung neuer Lehrer verursacht hat. Wie die Kommunen des Landes Baden-Württemberg zeigen, vergeht in solchen Fällen dann die Lust an der Verbeamtung nicht einschlägiger Hoheitsträger. Dabei muss beachtet werden, dass der Beamte aus privater Sicht besser gestellt ist als der vergleichbare Angestellte – und dies natürlich ein Argument im Wettbewerb um die besten Lehrer sein kann. Doch auch dies führt nicht am Weg der versicherungsmathematisch korrekten Rückstellungen vorbei – oder an einer Änderung des starren Tarifrechts der öffentlichen Beschäftigten. Warum sollten gute Lehrer nicht einfach eine Bezahlung nach TVL-E14 bekommen, wenn sie denn ihr Geld wert sind?

Literatur

Benz, T., C. Hagist und B. Raffelhüschen (2011), Zur Akzeptanz der Verbeamtung – eine Barwertbetrachtung, Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, erscheint demnächst.

3 Antworten auf „Verbeamtung oder Angestelltenverhältnis?
Eine alte Frage mit steigender Brisanz

  1. An der Analogie zwischen Einstufung als Studienrat im Beamtenstatus in der Besoldungsgruppe A13 und als Angestellter in der Tarifstufe TV-L E 13 hab ich Zweifel. In der Ebene Grund-/Haupt-/Werkrealschulen wird den Angestellten nur E11 und den Beamten A12 angeboten. Das dürfte die Rechnung noch einmal verändern, wenn auch nur minimal.

  2. …Warum sollten gute Lehrer nicht einfach eine Bezahlung nach TVL-E14 bekommen, wenn sie denn ihr Geld wert sind?

    Ganz einfach, weil es keine quantitative Methodik zur Messung der Leistung gibt! Die Lohneingruppierungen im öffentlichen Dienst sind größtenteils willkürlich und bestehen imgrunde nur aus Vergleichen zu anderen Positionen. Weerden die Lehrer höher eingruppiert, entstehen sofort Begehrlichkeiten auf unter und übergeordneten Besoldungsgruppen.

    So manchem Beamten muss man regelmäßig ins Gedächnis rufen, daß sie Staatsdiener sind und nicht der Staat deren Diener! Warum scheuen Beamte den Gang in die Privatwirtschaft? Weil sie dort wesentlich mehr arbeiten müssen und weniger verdienen!

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