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Unter einem natürlichen Monopol versteht man eine Marktkonstellation, die sich im relevanten Bereich der Produktionsmenge durch fallende Durchschnittskosten (TDK) auszeichnet. Diese Art von Monopol entsteht durch positive Skaleneffekte, d. h., eine zusätzliche Produkteinheit kann günstiger produziert werden als die vorherige. Dadurch kann ein Anbieter ein bestimmtes Gut zu niedrigeren Kosten produzieren als zwei oder mehrere Anbieter. Der betreffende Anbieter kann sich damit am Markt durchsetzen und alle anderen Anbieter verdrängen. Regelmäßig wird aus der Existenz eines natürlichen Monopols ein staatlicher Handlungsbedarf etwa in Form einer Preisregulierung abgeleitet.
Da die Bundesliga ohne Konkurrenz ist, besteht der Verdacht, daß es sich dabei um ein natürliches Monopol handelt.
Die Existenz eines natürlichen Monopols im Ligensport wird mit den folgenden Aspekten begründet (Daumann 2019, 198 ff.):
- Single Entity-These: Das Meisterschaftsrennen besteht aus einzelnen Spielen, in denen je zwei miteinander konkurrierende Clubs um den Sieg kämpfen. Für die Produktion dieser Unterhaltungsdienstleistung sind also mehrere Clubs zwingend erforderlich. Der Anbieter auf den Absatzmärkten sei demnach nicht der einzelne Club, sondern vielmehr die Liga, die ein natürliches Monopol bilde („each professional sport is a natural monopoly“; Neale 1964, S. 4). Konkurrenzligen seien demzufolge kurzfristig möglich, verschwänden aber nach kurzer Zeit wieder und es bliebe eine einzige Liga übrig. Anekdotische Evidenz für diesen Sachverhalt gibt es in mannigfaltiger Art und Weise: So gab es im amerikanischen Profi-Baseball bspw. mit der Federal League und der Continental League zwei gescheiterte Versuche, in den Markt einzutreten. Der American League gelang dies schließlich; sie schloß sich mit der National League zur Major League Baseball zusammen. Auch im American Football haben etwa die All-American Football Conference und die United States Football League vergeblich versucht, sich zu etablieren. Die American Football League hat sich dagegen behaupten können und hat mit der NFL fusioniert.
- Die Existenz von Skaleneffekten: Skaleneffekte können dadurch auftreten, daß eine Liga zum einen über ein Mindestmaß an Clubs verfügen muß (Ross 1989, S. 660 f.). Für den Spielbetrieb sind insbesondere ein ausreichender Spielerkader und Sportstätten (Stadien etc.) notwendig. Damit können zum anderen Skaleneffekte auf Ebene der Clubs auftreten, da zusätzliche Spiele mit geringeren Kosten produziert werden können. Gleichwohl gibt es dabei eine Kapazitätsgrenze.
- Die Nachfrage ist insofern eingeschränkt, als es zum einen nur eine begrenzte Anzahl an Standorten gibt, in denen Clubs der obersten Klasse wirtschaftlich überleben können, und zum anderen dadurch, daß der ausgespielte Titel des Meisters limitiert ist (Neale 1964; Rosenbaum 1987).
Wie sind diese Argumente nun in bezug auf die Bundesliga zu beurteilen?
Ad 1) In der Bundesliga sind die einzelnen Clubs selbständig und verfolgen eigene Ziele und eine eigene Geschäftspolitik. Die Verfolgung dieser Ziele erweist sich oftmals als nachteilig für die Liga als ganzes (Schiefe der Liga, Austrittsdrohung etc.). Insofern kann man bei der Bundesliga – anders etwa als bei der Major League Soccer – nicht von einer single Entity sprechen, die sich durch eine klare Zielsetzung und dem Ergreifen dazu adäquater Maßnahmen auszeichnet. Sicherlich ist ein Minimum an Clubs in der Bundesliga notwendig. Wie hoch diese Anzahl sein muß, um vom Konsumenten angemessen wahrgenommen zu werden, ist jedoch nicht bekannt.
Ad 2) Da die Clubs selbständig sind und daher für die Personalkosten usw. selbst aufkommen müssen, verbleiben auf Ebene der Liga vergleichsweise geringe Kosten und zwar etwa für die Vermarktung, die Koordination der Spiele usw. Im Bereich der Bundesliga treten demnach zwar Skaleneffekte auf, diese dürften aber gering ausfallen. Zudem ist bei der Zunahme der Clubs ab einer bestimmten Anzahl mit steigenden Kosten auf Ebene der Liga pro Club zu rechnen. Die Kostenstruktur der Clubs ist für die Frage, ob die Bundesliga ein natürliches Monopol darstellt, irrelevant, da deren Kosten eben nicht von der Liga getragen werden.
Ad 3) Eine begrenzte Anzahl an geeigneten Standorten ist in einem bevölkerungsreichen Staat wie der Bundesrepublik kein Engpaß, da in Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet, den Großräumen Berlin oder München oder dem Rhein-Neckar-Raum genügend Nachfrage für mehrere Clubs vorhanden ist. Zudem resultiert mittlerweile bei vielen Bundesligaclubs nur noch etwa ein Siebtel des Budgets aus Einnahmen aus Ticketverkäufen. Schließlich kann der Argumentationsstrang über die Einzigartigkeit des Meistertitels nur im Kontext der Nachfrage Bedeutung erhalten. Mit anderen Worten müßte das Argument wie folgt lauten: Nur die Liga, die den Meister kürt, kann sich am Markt durchsetzen und entsprechend Nachfrage generieren. Bei den Konsumenten ist der Titel aber offenbar von untergeordneter Bedeutung; vielmehr generieren die Wettkämpfe um die Rangliste den Konsumentennutzen. Nur so ist erklärbar, daß auch niederklassige Spiele Zuschauer anziehen.
Insgesamt sind also die Indizien dafür, daß die Bundesliga ein natürliches Monopol ist, als sehr schwach zu werten. Selbst wenn ein natürliches Monopol vorläge, spräche nichts dagegen, Wettbewerb zuzulassen, da Konkurrenzligen mit innovativen Instrumenten günstigere Kostenstrukturen realisieren oder zusätzliche Nachfrage generieren könnten. Wettbewerbspolitischer Handlungsbedarf ist demzufolge darin zu sehen, wettbewerbsbeschränkende Praktiken einer Liga zu verhindern und den Marktzutritt für Konkurrenzligen offenzuhalten. Und der Sachverhalt, daß es keine Konkurrenzliga zur Bundesliga gibt, hat andere Gründe (Blogbeitrag: Warum gibt es eigentlich keine Konkurrenzliga zur Fußball-Bundesliga?).
Literatur:
Daumann, F. (2019), Grundlagen der Sportökonomie, 3. Aufl., München.
Neale, W. C. (1964), The Peculiar Economics of Professional Sports, in: The Quarterly Journal of Economics, Vol. 78, S. 1-14.
Rosenbaum, T. N. (1987), The Antitrust Implications of Professional Sports Leagues Revisited: Emerging Trends in the Modern Era, in: University of Miami Law Review, Vol. 41, S. 729-822.
Ross, S. F. (1989), Monopoly Sports Leagues, in: Minnesota Law Review, Vol. 73, S. 643-761.
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Ein sehr interessanter Beitrag zu diesem unerwartet spannenden Thema. Da es sich bei der Bundesliga dann um ein Monopol handelt, stellt sich mir als Laie die Frage, wo die Grenzen für Leistungen und deren Entgelt liegen? Man könnte ja zum Beispiel die Fußbälle bedrucken lassen, mit denen gespielt wird, und somit sehr effiziente und lukrative Werbung machen, oder etwas nicht?