Frauen sind eine Minderheit. Nicht überall im Leben, aber in deutschen Parlamenten. Insbesondere im deutschen Bundestag. Von den insgesamt 709 Abgeordneten sind nur 221 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 31,2 Prozent. Erst recht beunruhigend ist der Trend: In der vorangegangenen Legislaturperiode hatte der Frauenanteil noch bei 37,3 Prozent gelegen. Wenn das so weiterginge, würde nach sechs weiteren Bundestagswahlen gar keine Frau mehr im Parlament sitzen.
Minderheiten muss man schützen. Das gehört zu den vornehmsten Aufgaben der repräsentativen Demokratie. Andernfalls droht die Gefahr, dass sich die Mehrheiten unangemessene Vorteile auf Kosten der jeweiligen Minderheiten verschaffen. In der Steuerpolitik beispielsweise könnten die 68,8 Prozent männlichen Abgeordneten mit Zweidrittel-Mehrheit beschließen, alle Männer in Deutschland von jeglicher Steuerpflicht zu befreien und die gesamte Steuerlast den Frauen aufzubürden. Das wäre nicht fair. Aber auch in nicht-pekuniären Bereichen gibt es gute Argumente für einen wohletablierten Minderheitenschutz.
Die Partei der Grünen hat das schon lange erkannt. Sie sieht einen Frauenanteil unter ihren Mandats- und Amtsträgern von mindestens fünfzig Prozent vor. Der Anteil weiblicher Parteimitglieder liegt allerdings nur bei 37 Prozent. Wenn sich die Erfolgswelle der Grünen bei den Wahlen fortsetzen sollte, könnte es irgendwann schwierig werden, überhaupt noch genügend weibliche Parteimitglieder zu finden, um alle Mandate paritätisch besetzen zu können. Doch das soll hier nicht das Thema sein. Vielmehr soll es – wie im Titel angekündigt – um die Wahlrechtsreform gehen.
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Es kann erwartet werden, dass die anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen dem grünem Trend folgen und ebenfalls verbindliche Frauenquoten beschließen werden. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich ja bereits auf den Weg gemacht. Wenn schließlich in allen Parteien eine fünfzigprozentige Frauenquote gelten wird, dann wird auch der Frauenanteil bei den über die Listen gewählten Abgeordneten und Abgeordnetinnen mindestens fünfzig Prozent betragen.
Doch allen Parteien zusammen und selbst den Grünen muss vorgeworfen werden, dass sie auf halbem Wege (wenn nicht gar auf viertel oder weniger Wege) stehen bleiben. Denn Frauen sind keineswegs die einzige Minderheit in unserer Gesellschaft, die es zu schützen gilt:
- Einschlägigen Schätzungen zufolge sind etwa zehn Prozent aller Menschen schwul. Es wäre deshalb fair, den Anteil der Schwulen an den Wahllisten aller Parteien auf zehn Prozent festzuschreiben.
- Geschätzte weitere zehn Prozent aller Menschen sind Linkshänder, und auch ihnen sollte man eine entsprechende Quote zubilligen. Denn sie werden immer noch von der Mehrheit der Rechtshänder diskriminiert, da sie in der Schule nicht in Spiegelschrift schreiben dürfen und fast alle Scheren für Rechtshänder konstruiert sind.
- Der Anteil Ostdeutscher an der gesamtdeutschen Bevölkerung beträgt aktuell rund fünfzehn Prozent. Es sollte einleuchten, dass die deutsche Einheit solange unvollendet bleiben wird, wie ihr Anteil an den Listenplätzen der Parteien nicht mindestens ihrem Bevölkerungsanteil entspricht.
- Eine weitere Quote sollte Diabetikern eingeräumt werden, denn sie machen knapp zehn Prozent aller Wahlberechtigten aus, aber die Bundestagsbeschlüsse nehmen immer noch viel zu viel Rücksicht auf die Interessen der Zucker-Lobby.
- Zahlenmäßig schwächer sind die Schrebergärtner in Deutschland – nur etwa 9 Millionen, aber mit stark steigender Tendenz. Es gibt keinen sachlich angemessenen Grund, diese Personengruppe von der parlamentarischen Willensbildung auszuschließen.
- Und schließlich sollten auch die Vegetarier (rund sechs Prozent der Bevölkerung; davon etwa ein Drittel Veganer) bei einer gerechten Verteilung der Bundestagsmandate nicht aus dem Blick geraten, damit ihre Stimme bei den notwendigen verschärften Regulierungen der Fleischindustrie ausreichend Gehör findet.
Was heißt das für die anstehende Wahlrechtsreform, bei der die Anzahl der Bundestagsmandate neu festgelegt werden soll? Von den aktuell 709 Mandaten müssen aus den oben erläuterten Gründen fünfzig Prozent für Frauen reserviert werden, also aufgerundet 355 Mandate. Für Schwule, Linkshänder und Diabetiker sind jeweils zehn Prozent der Mandate zu reservieren, also zusammen 213 Mandate. Für Ostdeutsche sollten 107 Mandate verbindlich reserviert werden. Für die Schrebergärtner dagegen reichen (abgerundet) sieben Mandate. 43 Mandate schließlich sind für Vegetarier zu reservieren, davon 14 bis 15 für Veganer.
Insgesamt werden also 725 Mandate benötigt – das sind genau sechzehn Mandate mehr als bisher. Ohne eine entsprechende Aufstockung wäre es rein rechnerisch gar nicht möglich, eine wirklich faire Sitzverteilung im nächsten Bundestag zu gewährleisten.
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Sie verkennen leider die Chancen, die sich durch ostdeutsche Linkshänder und vegetarische Frauen ergeben…
Man mag Süffisanz und Ironie hier sehen, wie man will (mir gefällt beides!), am Ende bleiben der wahre Kern und die ernste Botschaft: Wo fängt man an und wo hört man auf in Sachen Quote? Bereits das unscheinbare „mindestens“ birgt latenten Sprengstoff, denn bedeuten 80% Frauen nicht eine potenzielle Unterdrückung von Männer und ihren Interessen? Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Quote sachlogisch eine „Umkehrdiskrimierung“ zur Folge hätte, vgl. http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=14622, aber das scheint heute nur noch wenige zu interessieren.