Die Wirtschaft sorgt sich um die Versorgung mit „strategischen“ Rohstoffen, und die Wirtschaftspolitik – allen voran die EU-Kommission – sorgt sich mit. Dabei lehrt die historische Erfahrung, den vermeintlichen oder tatsächlichen Verknappungstendenzen eher gelassen ins Auge zu sehen. Immer wieder hat es Ansätze gegeben, den Verbrauch erschöpfbarer Ressourcen abzuschätzen und auszurechnen, wann die Vorräte an bestimmten Rohstoffen unwiederbringlich zur Neige gehen werden. Und immer wieder erwiesen sich diese Schätzungen als falsch, und zwar mit einem systematischen Fehler: Sie stellte sich im Nachhinein nie als zu optimistisch, sondern stets als zu pessimistisch dar.
Prominentes Beispiel ist der im Jahre 1970 vorgelegte Bericht an den Club of Rome über die „Grenzen des Wachstums“. So verdienstvoll dieser Bericht auch war, um die Notwendigkeit nachhaltigen Wirtschaftens zu verdeutlichen, so falsch waren seine Aussagen zu der Reichweite de Vorräte einzelner Rohstoffe. Selbst unter der (von den Autoren als extrem optimistisch eingestuften) Annahme, dass sich die damals bekannten Reserven verfünffachen ließen, würde der Welt im Jahr 2011 das Quecksilber ausgehen. Das letzte Körnchen Gold wäre schon vor mehr als zehn Jahren geschürft worden, und die Silberförderung wäre im kommenden Jahr definitiv am Ende (siehe Tabelle).
Tabelle: Erschöpfung verschiedener Rohstoffe nach der Prognose des Club of Rome aus dem Jahr 1970
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Die Ursachen für den überzogenen Pessimismus sind immer wieder gleich:
- Der Verbrauch der Rohstoffe weist historisch oftmals eine weitgehend konstante Wachstumsrate auf, was zu der Prognose verleitet, den künftigen Verbrauch mit einer Exponentialfunktion fortzuschreiben. Exponentielles Wachstum führt aber früher oder später unweigerlich in Bereiche, in denen die absoluten Zuwächse gigantisch groß werden.
- Ausgeblendet bleibt zumeist, dass lange vor Erreichen der physischen Erschöpfung eines Rohstoffes mit deutlichen Preisreaktionen zu rechnen ist. Diese knappheitsinduzierten Preissteigerungen geben kräftige Anreize zur Exploration zusätzlicher Lagerstätten, zum sparsameren Umgang mit dem betreffenden Rohstoff und zur Suche nach technologischen Alternativen. Regelmäßig unterschätzt wird dabei vor allem das Potential für Recycling.
Ein instruktiveres Beispiel bietet das Silber, das nach den Analysen des Berichts an den Club of Rome zu den besonders knappen Rohstoffen zählte. Der Verbrauch wurde bei Vorlage des Berichts stark geprägt von der Verwendung von Silbersalzen in Filmmaterial. Da die Fotoindustrie rasch expandierte, schienen dramatische Versorgungsengpässe unausweichlich zu sein. Tatsächlich kam es (auch aus spekulativen Gründen) in den 1980er Jahren zu einem spürbaren Anstieg der Silberpreise, doch die Filmhersteller kamen damit recht gut zurecht, da es sich jetzt lohnte, das in den Entwicklerflüssigkeiten gelöste Silber durch Recycling-Verfahren zurückzugewinnen. Mittlerweile hat die Digitalphotographie sich sogar vollständig vom Rohstoff Silber verabschiedet.
Vielleicht könnte die Entwicklung bei den Metallen der Seltenen Erden und anderen Rohstoffen wie Kupfer und Stahlveredlern ähnlich verlaufen. Die größten Lagerstätten der Welt liegen vermutlich gar nicht in den Sedimenten chinesischer Gebirge, sondern in dem Mülldeponien der Industrieländer, deren Ausbeutung sich bei weiter steigenden Preisen bald lohnen könnte. Und wenn der Preisanstieg anhält, dürften auf längere Sicht auch die vermeintlich so unverzichtbaren Seltenen Erden durch andere Stoffe oder Verfahren ersetzbar sein.
Das Jahr des Quecksilbers jedenfalls wird wohl ausfallen. Denn die Lagerstätten von Zinnober, aus denen das Metall gewonnen wird, sind nach wie vor groß und geographisch breit gestreut.
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Schöner Artikel,
er setzt voraus, dass die Preise Knappheitsindikatoren sind. Beim Öl ist er es seit geraumer Zeit nicht. Ich bezweifel stark, dass es bei dem Gros der weiteren genannten Rohstoffe anders ist.
Ecke