Angenommen, es komme bei jedem zweiten Text im Umfang von 475 Seiten zufälligerweise einmal vor, dass ein Gedanke in Worten formuliert wird, die über einen ganzen Absatz hinweg mit Ausnahme einzelner Wörter identisch mit der Formulierung eines Absatzes sind, welcher an anderer Stelle schon einmal veröffentlicht wurde. Dann betrüge die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas in einem solchen Text gleich 60 mal vorkommt, 0,5 hoch 60. Dies kommt statistisch bei 0,000000000000000087 Prozent solcher Texte oder bei jedem 1,15 Trillionsten Text einmal vor. Nach gegoogelten Schätzungen gibt es ca. 130 Mio. Bücher auf der Erde. Demnach würde auf knapp 9 Milliarden Planeten von vergleichbarer Bevölkerung wie jener der Erde im Durchschnitt einmal ein solches Buch erscheinen. Schließlich: Die Wahrscheinlichkeit einer per Gentests fälschlicherweise erfolgten Verurteilung ist 1,15 Milliarden mal größer als die Wahrscheinlichkeit, dass ein Buch erscheint, in dem an 60 Stellen (oder mehr) versehentlich der gleiche Wortlaut gewählt wurde wie in einem anderweitig erschienenen Text.
Daraus lernen wir: Herr Dr. zu Guttenberg lügt, wenn er den Vorwurf des Plagiats „mit allem Nachdruck“ zurückweist und behauptet, dass es sich um eine „von mir verfasste Dissertation“ handele. Entweder hat er an allen Enden abgekupfert oder, was viel wahrscheinlicher ist, er hat sich die ganze Arbeit schreiben lassen, statt sie selbst zu verfassen. So oder so hat er seinerzeit seine Fakultät, seinen Doktorvater und die Wissenschaft insgesamt wissentlich betrogen. Heute belügt er die Öffentlichkeit und empört sich über jene, die ihn erwischt haben.
Sollten wir Wähler ihm das verzeihen? Die Antwort lautet ja. Wir sind alle fehlbar, und deshalb sollte die Tür immer offenstehen, wenn jemand Verfehlungen begangen hat. Aber es gibt hierzu eine Voraussetzung, und die besteht in dem, was Herr Dr. zu Guttenberg als Kind des guten Elternhauses, mit dem er sich so gern schmückt, sicher einmal kennen gelernt hat: Zuerst muss er seinen Betrug und seine Lügen eingestehen, sich dafür entschuldigen und die Konsequenzen akzeptieren, die zunächst einmal in der Aberkennung des Doktortitels bestehen. Wenn er aber weiterhin lügt und sich noch dazu als Opfer von Kampagnen darstellen lässt, dann sollte man dafür sorgen, dass er anderswo den Saubermann spielt, nur nicht in einem öffentlichen Amt.
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Gar nicht zufälligerweise hat Herr zu Guttenberg im Rahmen seines Studiums und in der Vorbereitung für seine Doktorarbeit sicherlich nicht irgendwelche beliebige Literatur gelesen, sondern fachspezifische.
Diese Tatsache erhöht die Wahrscheinlichkeit markant, daß Formulierungen, die einen ähnlichen Sachverhalt beschreiben, auch ähnlich ausfallen. Erst recht, wenn man solche Inhalte und Formulierungen „im Hinterkopf“ hat, ohne sich direkt der Tatsache bewußt zu sein, daß sie genau so aus einem bestimmten Buch bzw. Aufsatz stammen. In den „Hinterkopf“ geraten solche Formulierungen unvermeidbar beim Lesen der Fachliteratur. Der „Hinterkopf“ vermerkt dazu i.A. keine Quellenangabe.
Und nun auch noch Berater für die EU in Sachen Internet … . Perverser geht es kaum noch. Wir sind im Kukuland angekommen.