Bis zum 1. Januar 2017 wurden insgesamt lediglich 9023 Anträge auf eine Kaufprämie für Elektroautos gestellt, davon rund 5100 Anträge für reine Elektroautos und knapp 3900 für Plug-in-Hybride. Diese Kaufprämie kann seit Anfang Juli 2016 beantragt werden, und zwar rückwirkend für Autos, die seit dem 18. Mai gekauft wurden. Für reine Elektroautos gibt es 4000 Euro, für Hybridautos 3000 Euro. Die Bundesregierung hatte dafür gemeinsam mit den Herstellern insgesamt 1,2 Milliarden Euro bereitgestellt und erwartet, dass so der Kauf von rund 350.000 Fahrzeugen initiiert werden könnte.
Dies ist eindeutig ein Flop für die Politik, aber nicht für die Umwelt. Denn Elektroautos, die von manchen Herstellern mit dem vollmundigen Slogan „Zero Emission“ beworben werden, bringen für den Klimaschutz eher nichts.
Erstens stellt sich die vermeintlich höhere Energieeffizienz der Elektroautos als Schimäre heraus. Die Energieeffizienz wird bestimmt vom Wirkungsgrad, d.h. vom Verhältnis zwischen abgegebener und aufgenommener Energie. Bei herkömmlichen Verbrennungsmotoren liegt der Wirkungsgrad bei 30 bis 35 Prozent, während der Elektromotor rund 90Prozent erreicht. Berücksichtigt man die Energieverluste beim Aufladen der Akkus, die zwischen 10 und 30 Prozent liegen, kommt man auf einen Wirkungsgrad von bestenfalls 80 Prozent. Doch dieser Wert ist grob irreführend, denn der Strom kommt schließlich nicht aus der Steckdose. In deutschen Kraftwerken liegt der Wirkungsgrad bei durchschnittlich 40 Prozent. Multipliziert man diesen Faktor mit den oben genannten 80 Prozent, ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad, der ungefähr dem Niveau von Verbrennungsmotoren entspricht.
Auch der Kraftstoff kommt natürlich nicht aus der Zapfsäule – zumindest nicht originär. Der Tankwagen, der ihn von der Raffinerie zur Tankstelle bringt, verbraucht dabei Energie. Andererseits müssen auch bei der Elektromobilität weitere Effizienzverluste ins Kalkül genommen werden, etwa die Leitungsverluste im Netz der Energieversorger oder der hohe Energieverbrauch bei der Herstellung der Batterien. Insgesamt schneidet der Elektromotor bei der Energieeffizienz also keinesfalls besser ab als der Verbrennungsmotor.
Gewisse technische Vorteile hat der Elektromotor allenfalls im Stadtverkehr, da er sich bei stehenden Rädern einfach abschaltet und beim Anfahren rasch sein volles Drehmoment erreicht. Auch die Rückgewinnung von Bremsenergie ist technisch einfacher als bei herkömmlichen Antriebstechniken. All diese Eigenschaften spielen bei Überlandfahrten keine große Rolle. Hier fällt vor allem die geringere Reichweite negativ ins Gewicht. Auch das Argument der potentiellen Gewichtseinsparung aufgrund der geringeren Anzahl von Nebenaggregaten (kein Anlasser, keine Lichtmaschine, kleineres Getriebe, …) zieht nicht, da diese Vorteile durch das hohe Gewicht der Batterie wieder aufgezehrt werden. Die höhere Energieeffizienz des Elektromotors entpuppt sich damit als Legende.
Als zweites Hauptargument wird ins Feld geführt, dass der Elektromotor im Prinzip vollständig mit Strom aus regenerativen Energiequellen gespeist werden könne, während der Verbrennungsmotor zwangsläufig auf fossile Energieträger zurückgreifen müsse. Zunächst einmal werden dabei Biogas, Biodiesel und E 05 ignoriert. Vor allem aber wird suggeriert, durch die Förderung der Elektromobilität könne der Energiemix in der Stromerzeugung spürbar beeinflusst werden. Welchen Anreiz sollten die Kraftwerksbetreiber haben, mehr regenerative Energieträger einzusetzen, nur weil zu den herkömmlichen Stromverbrauchern jetzt auch noch das Elektroauto hinzu kommt? Alles in allem entpuppt sich das Elektroauto also als ökologische Mogelpackung.
Darüber hinaus behindert die einseitige Fokussierung auf das batteriegetriebene Automobil die Weiterentwicklung technologischer Alternativen. So geht die Brennstoffzelle, die technologisch längst noch nicht abgeschrieben ist, bei der staatlichen Förderung leer aus. Ebenso die Entwicklung kraftstoffsparender Verbrennungsmotoren, die möglicherweise den gesamtwirtschaftlich vorteilhaftesten Weg zur CO2-Minderung im Individualverkehr darstellt. Sparsame Verbrennungsmotoren hätten darüber hinaus den Vorteil, auch zur CO2-Minderung im Straßengüterverkehr beitragen zu können, was das Elektroauto wohl so schnell nicht kann.
Wie auch immer die Lösungen lauten – sie sollten vom marktwirtschaftlichen Wettbewerb gefunden werden und nicht von Subventionspolitikern. Die Reduzierung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr (und anderswo) sollte durch eine unmittelbare Bepreisung des CO2-Ausstoßes angesteuert werden – sei es über eine CO2-Steuer, sei es über die Einbeziehung der Mineralölwirtschaft in das CO2-Zertifikatssystem. Der Umweg über die Subventionierung der Elektromobilität verursacht nur unnötig hohe gesamtwirtschaftliche Kosten aufgrund der Fehlanreize für Hersteller und Käufer.
Fazit: Die Kaufprämie für Elektroautos ist vielleicht gut für die Branche, aber eindeutig schlecht für das Land.
Hinweis: Der Beitrag erschien in Heft 2-3 (2017) der Fachzeitschrift WiSt.
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Lieber Herr Klodt,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Es kann nicht oft genug betont werden: der Staat möge sich doch bitte raushalten mit anmassenden Eingriffen und Verzerrungen, die allenfalls als kurzfristig wirksame Beruhigungspille taugen.
Die Schädelschmerzen, welche derartige Pillen hervorrufen, sollten eigentlich bekannt und abschreckend genug sein. Eigentlich.
Herzliche Grüsse aus der Schweiz,
Christian Abegglen
Der Autor argumentiert hier zu technisch-rational. Es geht doch bei der E-Mobilität vor allem darum, ein Gefühl zu vermitteln, etwas für die Rettung des Planeten zu tun. Jeder kann dabei mitmachen dank E-Mobilität! Und wenn jetzt Tesla Model 3 kommt, können auch armere Menschen beweisen, dass sie verantwortungsvoll handeln können!
Der Hinweis, dass dank Atomausstieg ein Großteil des deutschen Stroms aus Kohlekraftwerken kommt, ist zu eng an dem orientiert, was der Fall ist. Man muss aber auch berücksichtigen, was der Fall sein sollte bzw. könnte. Die technisch-rationale Unterwerfung unter schlichte Fakten, verkennt die normativen Bedürfnisse des Menschen. Gute Wirtschaftspolitik weiß und berücksichtigt das!