In den letzten Tagen sorgte Donald Trumps Initiative, die Körperschaftsteuer in den USA drastisch zu senken, für lebhafte Diskussionen. Der Kern seines Steuerreformprogramms ist tatsächlich eine Absenkung des nominalen Steuersatzes von 35% auf 15%, was nach einer drastischen Reduktion der Belastung für die Unternehmen klingt. Folgerichtig ist auch dies der Punkt, der die öffentliche Diskussion dominiert, denn er paßt gut zum gängigen Vorurteil: ein Milliardär senkt die Steuerlast für Unternehmen drastisch. Daran kann man leicht eine wohlfeile Gerechtigkeitsdiskussion anknüpfen.
Natürlich ist die Sache, wie immer, etwas komplizierter. Derzeit liegt die effektive Steuerlast amerikanischer Unternehmen bereits deutlich unter 35%; der Economist (Printausgabe) berichtet von einem realistischen Korridor zwischen 20% und 25% der Gewinne. Ein zentraler Mechanismus, über den amerikanische Unternehmen ihre effektive Steuerlast senken können, besteht darin, daß sie Gewinne schlicht im Ausland parken, also nicht zur Konzernzentrale mit Sitz in den USA rücktransferieren. Wiederum der Economist schätzt den Bestand der bisher so aufgelaufenen Auslandsguthaben amerikanischer Unternehmen auf etwa eintausend Milliarden Dollar.
Trumps Initiative beinhaltet nun aber einerseits den Schritt zum Territorialprinzip, andererseits eine Möglichkeit, aufgelaufene und bisher steuerfreie Auslandsguthaben zu günstigen Steuersätzen in die USA zurück zu transferieren. Unter diesen Bedingungen werden dies zahlreiche Firmen auch tun, was zu temporären Mehreinnahmen für den amerikanischen Staat führt. Auch wenn diese nur begrenzt anfallen, solange die Rücktransfers durchgeführt werden, so bietet sich hier doch die realistische Chance, erst einmal für eine Gegenfinanzierung des Übergangs zum reformierten Steuersystem zu sorgen.
Darüber hinaus wird die Rechtsformneutralität des amerikanischen Steuersystems gestärkt, da unterschiedliche Rechtsformen von Unternehmen zukünftig gleich besteuert werden sollen. Das ist gut für die Effizienz des Steuersystems, aber da man sich für eine Vereinheitlichung auf dem bisher niedrigsten Niveau des Steuersatzes entschieden hat, wird es auch für zusätzliche Einnahmenausfälle sorgen. Ob die Trump-Regierung politisch willens ist und die nötige politische Durchschlagskraft hat, um das mit Ausgabenkürzungen auszugleichen, darf stark bezweifelt werden. Positive Wachstumseffekte, welche die Bemessungsgrundlagen vergrößern und so für Mehreinnahmen sorgen, sind denkbar und sogar wahrscheinlich. Aber bis das zu nennenswerten Mehreinnahmen führt, braucht es eine ganze Zeit. Zunächst einmal können sich die Amerikaner also wohl erneut auf eine höhere öffentliche Verschuldung einstellen, wenn die Steuerpläne so verwirklicht werden.
Bei den Verteilungswirkungen ist die Sache komplizierter. Während im klassischen Modell von Arnold Harberger, unter ansonsten realistischen Annahmen, in einer geschlossenen Volkswirtschaft langfristig die Kapitaleigentümer tatsächlich die vollständige Last der Steuern auf Kapitaleinkommen tragen, sieht es in einer offenen Volkswirtschaft anders aus. Allein das Ausweichen des Kapitals auf ausländische Produktionsstätten kann schon erhebliche negative Effekte auf die heimischen Arbeitseinkommen haben.
Das Ausmaß dieses Effektes ist empirisch umstritten. Man muß ehrlicherweise zugeben, daß es hier in der empirischen Literatur keinen Konsens gibt. Jedoch kommen auch methodisch sehr gute Studien zu Resultaten, die eine beim Faktor Arbeit verbleibende halbe Steuerlast plausibel erscheinen lassen. Also: Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ein Anstieg der Körperschaftsteuer um einen Euro am Ende die Arbeitseinkommen um 50 Cent drückt. Und dies ist eine moderate Schätzung, in manchen Studien finden sich auch drastisch höhere Verteilungseffekte zu Lasten der Arbeitseinkommen.
Es ist also sicher falsch zu behaupten, Trump betreibe hier eine Steuerpolitik nur für eine Klientel. Positive Effekte auf die Arbeitseinkommen der Amerikaner sind zu erwarten. Natürlich kommt es aber niemals nur auf die eigenen Steuersätze an, sondern auch auf die Sätze der Länder, mit denen man im Wettbewerb um mobiles Kapital steht. Der Schritt der Amerikaner, die in der Körperschaftsteuer bisher ein Hochsteuerland sind, katapultiert sie im internationalen Vergleich ins untere Mittelfeld. Auf der anderen Seite verharren wir in Deutschland, Körperschaft- und Gewerbesteuer zusammengerechnet, je nach Gemeinde bei einer Gesamtlast um die 30%. Das sollte den deutschen Finanzpolitikern zu denken geben und ihre Bereitschaft erhöhen, selbst steuerpolitisch nachzuziehen.
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