Der Markt für Sportwetten gewinnt sukzessive an Bedeutung. Im wesentlichen wird dabei auf Ereignisse im Pferderennen, Hunderennen, Boxen, Fußballball, Eishockey oder Basketball gesetzt. So sollen sich nach Angaben von Goldmedia (2018) im Jahre 2017 die Wetteinsätze auf dem deutschen Sportwettenmarkt auf 7,67 Mrd. Euro belaufen haben. Ähnliche Entwicklungen lassen sich in anderen Staaten identifizieren. So wurden die weltweiten Einsätze bei Sportwetten im Jahre 2014 auf 200 bis 500 Mrd. Euro geschätzt (Sorbonne-ICSS 2014).
Eng verbunden mit dem Markt für Sportwetten ist die Manipulation sportlicher Wettbewerbe („Game Fixing“), da sich durch das Ausnutzen eines Informationsvorsprungs auf den Wettmärkten erhebliche Einkommen erzielen lassen. Nach Abbot & Sheehan (2013, S. 264) traten im Zeitraum Juni 2012 und Mai 2013 Manipulationen von Fußballspielen in 70 Ländern auf. In Deutschland haben insbesondere der Fußball-Wettskandal 2005 (Fall Hoyzer) und der am Landgericht Bochum verhandelte Fußball-Wettskandal 2009 zu einer entsprechenden Sensibilisierung geführt.
Aus ökonomischer Sicht existiert ein Markt für Spielmanipulationen, der sich durch Angebot und Nachfrage manifestiert (Forrest 2012; 2018). Dabei bieten Sportinsider (Spieler, Schiedsrichter, Eigentümer von Clubs etc.) Manipulationen an. Auf der Nachfrageseite treten Akteure auf, die diese Manipulationen bzw. das Wissen darüber nutzen, um entsprechende Gewinne auf dem Wettmarkt zu erzielen.
Insbesondere Sportinsider mit einem geringen Einkommen – hier fällt der ökonomische Vorteil recht hoch aus – und Athleten am Ende der Karriere – hier sind die Einbußen bei der Aufdeckung vergleichsweise gering – werden verstärkt Manipulationen auf dem Markt anbieten.
Die Nachfrage auf dem Markt von Manipulationen geht von kriminellen Akteuren aus, die ihren Informationsvorsprung, den sie durch die Manipulation erhalten, insbesondere auf dem Sportwettenmarkt ausnutzen wollen (Forrest 2018, S. 97ff.). Insofern handelt es bei der Nachfrage nach Manipulationen um eine abgeleitete Nachfrage, die umso größer ausfällt, je größer die Gewinne sind, die auf dem Wettmarkt erzielt werden können. Diese hängen wiederum maßgeblich von der Liquidität dieses Marktes ab, denn in einem liquideren Markt lassen sich größere Wettsummen unterbringen und damit höhere Gewinne realisieren, ohne daß dadurch eine unbeabsichtigte Aufmerksamkeit erzielt wird und ohne daß damit sich die Wettquoten nachteilig verändern.
Nun hat sich gerade in den letzten Jahren die Liquidität auf den Wettmärkten erheblich erhöht: Ein erheblicher Teil der Sportwetten wird illegal oder auf grauen Märkten vorzugsweise in Asien abgewickelt. Nach Forrest (2018) hat sich die Gross Gaming Revenue (GGR) – die Summe, die Wetter an die Buchmacher verlieren – in der Zeit zwischen 2000 und 2010 verdreifacht und betrug im Jahre 2010 etwa 19 Mrd. Euro. 2016 belief sie sich bereits auf 30 Mrd. Euro, wobei vermutet wird, daß 82% im illegalen Bereich abgewickelt werden. Diese Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als die Margen der Buchmacher durch Online-Wetten und Vergleichsportale massiv unter Druck geraten sind. Es wird davon ausgegangen, daß die GGR mittlerweile nur noch etwa 1% der Wettsummen ausmacht. Insbesondere hat das Online Trading zu einer Globalisierung des Wettmarktes und damit zu einer Verknüpfung des asiatischen mit den europäischen Markt geführt. Durch die große Anzahl an Amateurwettern bestehen hohe Chancen für Wetter mit Insiderkenntnissen, erhebliche Profite zu erzielen.
Das Risiko für die Manipulation von Sportwettbewerben ist damit in den folgenden Bereichen am größten:
- Bei Teamsportarten sind insbesondere Bereiche betroffen, in denen der Unterschied zwischen der Vergütung der Spieler und den Wettsummen auf unregulierten Märkten groß ausfällt. Hierzu zählen etwa die niedrigeren Fußball-Profiligen der bedeutenden europäischen Fußballnationen, die Topfußballigen kleiner europäischer Länder oder auch Cricket, bei dem die englischen Spieler geringe Gehälter erzielen, aber in Indien darauf ein sehr großer Wettmarkt existiert.
- In Individual Sportarten sind besonders internationale Wettbewerbe betroffen, da die zugehörigen Wettmärkte über eine vergleichsweise hohe Liquidität verfügen. Dazu gehören z. B. Badminton, Snooker und Tennis. Nach Forrest (2018) haben bei den internationalen Turnieren die meisten Spieler hohe Kosten und geringe Einkommen. So können im Herrentennis Spieler, die einen Rang auf der Weltrangliste unter 250 einnehmen, nicht ihre Kosten decken.
Es zeigt sich, daß das Manipulationsphänomen sich als wesentlich bedrohlicher für den Sport als die Dopingproblematik erweist: So führen Dopingskandale lediglich zu einer vorrübergehenden Verminderung der Nachfrage, Manipulationsskandale haben aber nachhaltige Auswirkungen auf die Nachfrage. So sind beispielsweise davon betroffene asiatische Ligen gänzlich zusammengebrochen. Für den Sport ist also eine Bekämpfung der Manipulation der sportlichen Wettbewerbe von vornehmlicher Bedeutung.
Hierfür bieten sich unterschiedlichste Maßnahmen an, von denen die wichtigsten nachfolgenden genannt werden:
- Präventive Maßnahmen, um die Möglichkeiten der Manipulation zu verhindern. So werden bspw. in der NBA die Schiedsrichter erst kurz vor dem Spiel nominiert, im Cricket haben die Spieler das Recht, eine sofortige Überprüfung einer Schiedsrichterentscheidung mit Videobeweis zu verlangen und im Tennis werden den Spielern Mobiltelefone im Stadium untersagt.
- Ausweitung der Kontrollmechanismen auf der Athletenebne (Compliance-Abteilungen etc.)
- Ausweitung der Kontrollmaßnahmen, um die Wahrscheinlichkeit beim Wettbetrug entdeckt zu werden, zu erhöhen. Aufgrund der internationalen Verflechtung erfordert dies auch eine internationale Kooperation der befaßten Behörden.
- Erhöhung der Strafen für Wettbetrüger
- Verminderung der Liquidität auf den unregulierten Wettmärkten durch Regulierung und behördliche Überwachung
- Begrenzung des Rückzahlungsbetrages (Einführen eines Caps)
Die Zielkonformität der meisten Instrumente ist jedoch dadurch erheblich eingeschränkt, daß auf Schwarzmärkte und auf den asiatischen Wettmarkt ausgewichen werden kann. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Manipulation muß also eher an den sportlichen Akteuren ansetzen. Aber auch hier bieten sich erhebliche Ausweichmöglichkeiten, die etwa die Bestechung der Kontrolleure umfassen. Insgesamt kann wohl davon ausgegangen werden, daß dieses Phänomen nicht maßgeblich unterbunden werden kann, solange die Wettsummen die Verdienstmöglichkeiten der sportlichen Akteure erheblich überschreiten.
Literatur
Abbott, J. & Sheehan, D. (2013), The INTERPOL Approach to Tackling Match Fixing in Football, in: Haberfeld, M.R. & Sheehan, D. (eds), Match-Fixing in International Sport. Existing Processes, Law Enforcement and Prevention Strategies, Cham, S. 263–287.
Forrest, D. (2012), The Threat to Football From Betting-related Corruption, in: International Journal of Sport Finance, Vol. 7, S. 99-116.
Forrest, D. (2018), Match-Fixing, in: Breuer, M. & Forrest, D. (Eds.) (2018), The Palgrave Handbook on the Economics of Manipulation in Sport, Cham, S. 91-114.
Goldmedia (2018), German Gambling Market Monitor 2018, Zugriff unter: https://www.goldmedia.com/produkt/study/studie-gluecksspielmarkt-deutschland-2018/ (08.12.2018).
Sorbonne-ICSS (2014), Protecting the Integrity of Sport Competition. The Last Bet for Modern Sport. An executive summary of the Sorbonne-ICSS Integrity Report Sport Integrity Research Programme, Paris.
- Wählerstimmenkauf in Sportvereinen ermöglichen? - 16. November 2024
- Der unendliche Raumbedarf in Universitäten - 4. September 2024
- Brauchen wir eine Negotiation List an den Universitäten? - 5. Juli 2024
Eine Antwort auf „Die größte Herausforderung für den Sport: Die Sportwetten“