„The inherent vice of capitalism is the unequal sharing of blessings; the inherent virtue of socialism is the equal sharing of miseries.” (Winston Churchill)
Trotz ihrer Erfolge wird die Soziale Marktwirtschaft heftig attackiert. Sie wird als Neoliberalismus verunglimpft und für alle Übel dieser Welt verantwortlich gemacht. Das ist erstaunlich. Noch Anfang der 90er Jahre war dies anders. Die marktwirtschaftliche Ordnung hatte sich gegen alle anderen realen Wirtschaftsmodelle weltweit durchgesetzt. Manche Politologen sahen ökonomisch sogar das Ende der (ökonomischen) Geschichte gekommen. Mit der Globalisierung schien der Boden für einen weltweit höheren Wohlstand für alle bereitet. Davon ist schon seit einiger Zeit keine Rede mehr. Die Soziale Marktwirtschaft steht in der Kritik, allokativ und distributiv. Das verwundert nicht. Die Fundamente der marktwirtschaftlichen Ordnung werden unterspült. Der rechtliche Rahmen der Wirtschaftsverfassung mit Institutionen und Rechtsregeln erodiert, die informellen Institutionen des Sozialkapitals, das Vertrauen schafft und erhält, zeigen Risse, die stabilisierende Kraft des „Sozialen“ gerät unter die Räder des politischen Opportunismus.
Die Marktwirtschaft lebt allokativ von Voraussetzungen, die sie selbst nicht schaffen kann
Die marktwirtschaftliche Ordnung entsteht nicht von selbst. Sie funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen. Notwendig ist einerseits ein formeller, rechtlicher Rahmen. Die Garantie von privatem Eigentum, die private Vertragsfreiheit und der freie Zu- und Abgang zu und von den Märkten sind die wichtigsten Elemente einer solchen effizienten Ordnung. Werden sie richtig installiert, sind effiziente Ergebnisse möglich. Handlung und Haftung fallen nicht auseinander. Auf den Märkten herrscht funktionsfähiger Wettbewerb. Die individuellen Pläne werden über relative Preise koordiniert. Ein solches Ergebnis ist aber schwierig zu erzielen. Der adäquate ordnungspolitische Rahmen entsteht in der Regel nicht aus dem Markt heraus. Er wird von der Politik entworfen und installiert. Die Politik ist allerdings nicht primär an ökonomischer Effizienz orientiert. Sie will mit ihren parteipolitischen Aktivitäten zuerst möglichst viele Wähler für sich gewinnen. Politisch ertragreiche und ökonomisch effiziente Lösungen sind deshalb oft zwei Paar Schuhe.
Funktionsfähige Märkte brauchen allerdings mehr, viel mehr. Ohne einen informellen, nicht-rechtlichen Unterbau geht es nicht. Wirtschaftliches Zusammenleben funktioniert nicht, wenn sich wirtschaftliche Akteure nicht vertrauen. Solches Vertrauen entsteht durch Bindungen der Menschen untereinander, organisiert oder spontan. Daraus entwickeln sich Normen, also Regeln und Verhaltensmuster, die helfen die Bindungen zu stabilisieren. Individuelle Bindungen, gesellschaftliche Normen und gegenseitiges Vertrauen sind die wichtigsten Elemente des Sozialkapitals einer Gesellschaft. Ohne sie ließen sich die formellen, rechtlichen Bindungen nicht oder nur unter hohen (Transaktions-)Kosten aufrechterhalten. Die marktwirtschaftliche Ordnung würde kaum reibungslos funktionieren. Allerdings entstehen diese komplexen Netzwerke, die als „sozialen Kitt“ eine Gesellschaft zusammenhalten, nicht allein aus dem Markt heraus. Nicht-Markt-Institutionen, wie Familien, Kommunen, Vereine, Kirchen und viele andere mehr sind prägend.
Eine funktionierende Marktwirtschaft lebt von Voraussetzungen – rechtlicher und nicht-rechtlicher Rahmen – die sie selbst weder schaffen noch garantieren kann. Bei den formalen, rechtlichen Institutionen ist sie auf die Hilfe der Politik angewiesen. Unvollkommene politische Märkte verhindern allerdings oft, dass ein effizienter ordnungspolitischer Rahmen installiert wird. Ineffiziente Ergebnisse sind unvermeidlich. Auch beim informellen, nicht-rechtlichen Rahmen ist die Marktwirtschaft auf die Hilfe anderer angewiesen. Allerdings ist auch die Politik nicht in der Lage, den „sozialen Kitt“ gesellschaftspolitisch direkt herzustellen. Er entsteht vor allem durch viele Nicht-Markt-Institutionen, die auf freiwilligen Entscheidungen der Bürger basieren. Erst sie ermöglichen vertrauensvolle Beziehungen in und zwischen großen Gruppen von Individuen („bonding“ und „bridging“). Die Politik kann mit dazu beitragen, diese Institutionen zu fördern. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass sich gegenseitiges Vertrauen leichter in homogeneren als in heterogeneren Gesellschaften einstellt.
Die marktwirtschaftliche Ordnung braucht staatliche distributive Hilfe
Eine marktwirtschaftliche Ordnung ist ein fragiles Gebilde. Sie lebt nicht nur allokativ von Voraussetzungen, die sie selbst weder schaffen noch nachhaltig garantieren kann. Auch distributiv ist sie auf externe (staatliche) Hilfe angewiesen, um nicht instabil zu werden. Trotz aller Mängel ist die Marktwirtschaft das effizienteste Wirtschaftsmodell, das die Welt kennt. Sie ist am ehesten in der Lage, knappe Ressourcen in die besten Verwendungsarten zu bringen. Das geht allerdings meist nicht ohne Reibungsverluste ab, für Arbeit und Kapital. Altes verschwindet, neues kommt. In einer „Sozialen“ Marktwirtschaft versucht der (Sozial-)Staat, einen Teil der Kosten der schöpferischen Zerstörung für die vom strukturellen Wandel betroffenen Arbeitnehmer auf die Allgemeinheit umzulegen. Das geschieht meist in den Systemen der Sozialen Sicherung, vor allem über die Arbeitslosenversicherung. Arbeitslosigkeit ist ein schwer versicherbares Risiko. Effiziente marktliche Versicherungslösungen sind nicht möglich. Zumindest ein organisatorischer staatlicher Rahmen für die Arbeitslosenversicherung ist deshalb unverzichtbar.
Aller struktureller Wandel geht immer auch mit distributiven Verwerfungen einher. Das bedeutet nicht nur (temporäre) Armut für einige, vor allem gering qualifizierte Individuen. Auch die Einkommen und Vermögen verteilen sich ungleich in der Gesellschaft. Am oberen Ende der Verteilung wachsen die Einkommen und Vermögen wesentlich schneller als am unteren. Wenn es dumm läuft, verliert die Mitte. Die Antwort auf die Frage, wie mit diesen distributiven Entwicklungen in einer „Sozialen“ Marktwirtschaft umzugehen ist, ist eine werturteilsbeladene. Die Meinungen darüber, was gerecht oder ungerecht ist, gehen in der Gesellschaft weit auseinander. Es ist keine ökonomische, es ist eine philosophische Frage. Trotz aller individuell unterschiedlichen Werturteile existiert allerdings in den zivilisierten westlichen Gesellschaften ein allgemein akzeptiertes Werturteil. Es besteht Übereinstimmung, dass alle Individuen einen Anspruch auf ein sozio-kulturelles Existenzminimum haben sollten. Wie es allerdings konkret auszugestalten ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Es ist zwar grundsätzlich denkbar, dass der Markt auch umverteilende Arrangements für ungleich verteilte Einkommen findet. Mit einer freiwilligen Umverteilung von Einkommen könnten reichere Individuen gezielt armen Bürgern finanziell unter die Arme greifen. Tatsächlich werden viele Individuen philanthropisch aktiv, wenn auch von Land zu Land unterschiedlich. Diese Aktivitäten der Nächstenliebe und Menschenfreundlichkeit reichen allerdings in der Regel nicht aus, materielle Armut wirksam zu bekämpfen. Der individuelle Anreiz, im Kampf gegen die Armut, Trittbrett zu fahren, ist für die meisten Individuen zu groß, um es nicht zu tun. Auf freiwilliger Basis wird zu wenig umverteilt. Die Hilfe des Staates ist notwendig. Er muss ein sozio-kulturelles Existenzminimum garantieren. Wie er die Umverteilung organisiert, hängt von vielem ab. Eine wichtige Rolle spielt die Effizienz. Die bedarfsorientierte Umverteilung ist so zu gestalten, dass Erträge und Kosten einigermaßen ausbalanciert sind. Das stabilisiert die „Soziale“ Marktwirtschaft.
Zerstört die marktwirtschaftliche Ordnung ihr eigenes (Werte)Fundament?
Die Marktwirtschaft läuft Gefahr, dass ihre Fundamente unterspült werden. Der formelle, rechtliche Ordnungsrahmen wird als Neoliberalismus verunglimpft. Private Eigentumsrechte erodieren, wie die Enteignungsdiskussionen in Berlin und anderswo zeigen. Die individuelle Vertragsfreiheit wird ausgehebelt, wie die zahlreichen Kollektivverträge auf den Arbeitsmärkten belegen. Der freie Zugang zu den Märkten gerät in Gefahr, wie die ministerielle industriepolitische Forderung nach nationalen und europäischen Champions zeigt. Aber auch der informelle, nicht-rechtliche Rahmen zerbröselt. Die Bindungen zwischen den Menschen geraten in Zeiten wirtschaftlich globaler Entwicklungen und hoher Mobilität ins Wanken. Damit kommen auch Normen, die sich aus persönlichen Bindungen entwickeln und diese stabilisieren, immer öfter unter die Räder. Das alles beschädigt das für eine Marktwirtschaft wichtige gegenseitige Vertrauen. Die Normen und persönlichen Bindungen kommen ins Rutschen. Der formelle und informelle Ordnungsrahmen erodieren. Die marktwirtschaftliche Ordnung gerät ins Wanken.
Auch wachsende materielle Ungleichheiten drohen, die Fundamente marktwirtschaftlicher Ordnungen zu erodieren. Welt- und europaweit offenere Märkte sind nicht nur wirtschaftlich dynamisch. Sie wirbeln auch die Verteilung von Einkommen und Vermögen durcheinander. Eine marktwirtschaftliche Ordnung wird instabil, wenn die Armut spürbar wächst und die Ungleichheit stark zunimmt. Der Staat ist gefordert, diese Entwicklung zu stoppen. Er tut dies traditionell mit inter-personeller Umverteilung. Dieser Weg stößt aber an Grenzen. Staatliche Umverteilung ist nicht kostenlos. Sie kostet ökonomische Effizienz. Übertreibt es die Politik umverteilungspolitisch, gefährden die Effizienzverluste den wirtschaftlichen Wohlstand. Und noch etwas begrenzt. Weltweit offene Märkte erhöhen die Kosten staatlicher Umverteilung. Wer ineffizient inter-personell umverteilt, läuft Gefahr, international an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die Politik muss deshalb nach Instrumenten suchen, die den Zielkonflikt zwischen Effizienz und Gleichheit verringern.
Die Kritik an weltweit offenen Märkten allerdings, dass staatliche Umverteilung unmöglich wird, weil es zu einem „race to the bottom“ kommt, ist maßlos übertrieben. Umverteilung ist auch in Zeiten der Globalisierung weiter möglich. So mobil sind die Ressourcen international nicht, schon gar nicht die Arbeit, damit nationale Umverteilung unmöglich wird. Weltweit offenere Märkte versehen allerdings die Instrumente der Umverteilung mit Preisschildern. Wenn eine Gesellschaft mehr staatliche Umverteilung will, müssen die Bürger bereit sein, dafür mit höheren Steuern und Abgaben, niedrigeren Löhnen oder höherer Produktivität zu bezahlen. Ein Blick in die Empirie zeigt allerdings, dass von einem Schrumpfen staatlicher Umverteilung keine Rede sein kann. Der Sozialetat in reichen Ländern wächst stetig. Unvollkommene politische Märkte sorgen dafür. Umverteilung ist ein wichtiges Instrument im politischen Wettbewerb der Parteien. Es geht im politischen Prozess oft weniger darum, Einkommen gerechter zu verteilen als Wählerstimmen zu maximieren. Ziel der Begierde ist die politisch ertragreiche Mittelklasse. Sie wird begünstigt und muss zahlen. Umverteilt wird oft von den nicht ganz Reichen zu den nicht ganz Armen. Umverteilung und Gerechtigkeit sind in einer Demokratie zwei Paar Schuhe.
Was könnte die Pfeiler marktwirtschaftlicher Ordnungen stabilisieren?
Die Fundamente der Sozialen Marktwirtschaft erodieren. Der formale, rechtliche Rahmen (Eigentumsrecht, Vertragsfreiheit, Marktzugang) wird von der Politik beschädigt. Die informellen, nicht-rechtlichen Institutionen (Beziehungen, Normen, Vertrauen) sind vom Verfall bedroht. Der Politik gelingt es oft nicht, die offene distributive Flanke systemkonform zu schließen. Alle drei Fundamente der marktwirtschaftlichen Ordnung gilt es zu stabilisieren. Der rechtliche Rahmen, der die Spielregeln für die wirtschaftlichen Akteure festlegt, wird von der Politik gestaltet. Er ist wenig effizient, weil politische Märkte unvollkommen sind. Rationales Unwissen, Paketlösungen und Kurzfristdenken sind nur einige der vielen Defizite. Reformen der politischen Märkte sind schwierig. Viel wäre schon gewonnen, wenn es gelänge, die Wähler im politischen Prozess zu stärken (mehr direkte Demokratie), die Macht von Interessengruppen zu beschränken (mehr Transparenz) und weniger Trittbrettfahrer-Verhalten der Wähler zuzulassen (mehr Langfristdenken).
Das sozialkapitalistische Fundament der Sozialen Marktwirtschaft zerbröselt. Es erodiert, weil die Bindungen der Menschen untereinander lockerer werden, den Normen und Regeln damit der Boden individueller und gruppenspezifischer Kontakte entzogen wird. Damit schwindet das Vertrauen der Menschen, dass Regeln eingehalten werden. Das wirtschaftliche Geschäft wird (transaktions-)kostenintensiver, die marktwirtschaftliche Ordnung bekommt Risse. Ein erster Schritt der Umkehr wäre getan, wenn es gelänge, den Zentralisierungstrend zu brechen. Dezentrale Lösungen sind zentralen oft überlegen. Auf regionaler und kommunaler Ebene sind die Bindungen der Menschen stärker. Es ist auch leichter möglich, unterschiedliche Einstellungen zu Werten zu entschärfen. Das ist wichtig, weil mehr Mobilität die Homogenität der Bevölkerung aufbricht. Die Zuwanderung vergrößert die Heterogenität noch. Ohne Integration wird der informelle Rahmen weiter erodieren. Der beste Weg der Integration ist die Beschäftigung. Flexible Arbeitsmärkte sind ein wichtiges Element, die Erosion von Bindungen, Normen und Vertrauen zu verlangsamen.
Die marktwirtschaftlichen Ordnungen sind auf Sand gebaut, wenn die Armut spürbar steigt und die Ungleichheit zunimmt. Der Politik gelingt es mit den traditionellen Instrumenten der Umverteilung von Einkommen und Vermögen immer weniger, die destabilisierende Wirkung der Ungleichheit in den Griff zu bekommen. Die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen zeigt, viele Menschen sind dem nicht abgeneigt. Noch immer ist eine Mehrheit allerdings der Meinung, dass die Leistungen der Grundsicherung eine Hilfe zur Selbsthilfe sind. Von den Transferempfängern wird eine Gegenleistung erwartet. Die Diskussion um Hartz IV zeigt, die traditionelle Umverteilung stößt an Grenzen. Sie muss um neue Instrumente ergänzt werden. Die Grundsicherung stünde weniger in der Kritik, wenn es gelänge die soziale Mobilität zu erhöhen. Wer gute Chancen hat, sozial aufzusteigen, den kümmert die Ungleichheit weniger. Eine höhere soziale Mobilität ist nur denkbar, wenn die Familien stabiler, die Schulen besser und die Arbeitsmärkte flexibler sind. Hier liegen die Ansatzpunkte, damit die Ungleichheit die Marktwirtschaft nicht weiter destabilisiert.
Fazit
Es ist paradox. Die Soziale Marktwirtschaft ist ein Erfolgsmodell, weltweit. Kein anderes (reales) Wirtschaftsmodell kann ihr das Wasser reichen. Dennoch steht sie heftiger als je zuvor in der Kritik. Sie verliert an Strahlkraft, weil sie allokativ und distributiv schwächelt. Das hat einen Grund: Die tragenden Fundamente der marktwirtschaftlichen Ordnung werden unterspült. Der formelle, rechtliche Rahmen der freiheitlichen Wirtschaftsverfassung mit adäquaten Institutionen und effizienten Rechtsregeln erodiert. Die informellen, nicht-rechtlichen Institutionen des Sozialkapitals, das Vertrauen schafft und erhält, bekommen immer größere Risse. Die stabilisierende Kraft des „Sozialen“ gerät unter die Räder des Opportunismus machtbewusster Politiker. Dagegen anzugehen, ist schwer. Die unvollkommenen politischen Märkte müssen reformiert, das Prinzip der Subsidiarität muss gestärkt und die offene distributive Flanke muss effizienter geschlossen werden. Das alles zeigt ein grundsätzliches Manko marktwirtschaftlicher Ordnungen: Sie leben von Voraussetzungen, die sie selbst nicht schaffen und auch nicht garantieren können.
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Der „informelle Rahmen“ mag in der Frühzeit oder im Mittelalter noch wichtig gewesen sein. In modernen Marktwirtschaften beruhen die meisten Transaktionen auf formellen Verträgen – vom Arbeitsvertrag über den Kreditvertrag bis zum Kaufvertrag. Funktioniert doch alles prima.
Nicht nervös werden wegen Kevin. Der Gerhard hat auch mal so angefangen. Am Ende hat er dann den Arbeitsmarkt flexibilisiert….
Es gibt aber viele Kevins, und es wachsen ständig welche nach… ?
Es geht nicht nur um die Kevins, sondern allgemein um die Lichtfiguren von Politprogrammen, die dem „Neoliberalismus“ angeblich moralisch überlegen sind. Wenn Herr Habeck Thüringen zu einem freien und demokratischen Land machen will, bevor er merkt, das es bereits von den Grünen mitregiert wird, und seine Grundüberzeugungen im Wochenrhythmus wechselt (24.3.2019 in der FAS „Das Versprechen, dass der Markt der Gesellschaft Wohlstand bringt, muss wiederbelebt werden. Ganz in der Tradition eines Ludwig Erhard.“ und eine Woche später in der WamS Rechtfertigung von Enteignungen als Ultima Ratio), ist das schon stark. Wenn seine Bundesvorsitzendenkollegin Frau Baerbock Strom in Netzen speichern will und sich nicht des Unterschieds zwischen Gigatonnen und Tonnen bewusst ist, zeugt das von beeindruckender Kompetenz in Sachen Ökologie und regenerativer Energie. Und wenn all dies der Reputation solcher Lichtfiguren nicht schadet, zeigt sich die argumentative Verwahrlosung, die unseren politischen Wettbewerb und sein Umfeld derzeit dominiert. Wenn Norbert Berthold in seinem Beitrag schreibt „Die stabilisierende Kraft des „Sozialen“ gerät unter die Räder des Opportunismus machtbewusster Politiker“, kann ich ihm nur zustimmen. Dass dies so leicht funktioniert, zeigt den Absturz des intellektuellen Niveaus in unserem Land und verheißt nichts Gutes für die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft.