„Zölle werden Amerika wieder reich machen.“ (Donald Trump)
Der Kampf gegen Salden in der Handel- und Leistungsbilanz feiert fröhlich Urständ. Angeklagt sind Länder, wie Deutschland, Japan oder China, Länder, die traditionell Überschüsse in der Leistungsbilanz aufweisen. Kläger sind Politiker in Ländern mit Defiziten in der Handels- und Leistungsbilanz. Einer der vehementesten Kritiker ist momentan Donald Trump. Er beklagt Defizite vor allem in der amerikanischen Handelsbilanz. Schuld seien Länder, die noch immer die USA handelspolitisch über den Tisch zögen. Das mache die USA ärmer als sie sein müssten. Sein Kampf gilt diesen Defiziten. Eine harte Zollpolitik gegen Überschussländer soll es richten.
Es ist ein erster Irrtum, Salden in Teilbilanzen der Zahlungsbilanz seien grundsätzlich Ungleichgewichte. Tatsächlich sind solche Salden das Ergebnis millionenfacher Entscheidungen von Haushalten, Unternehmen und Wählern (hier). Die Defizite in der US-Handels- und Leistungsbilanz entstehen vor allem, weil amerikanische Haushalte auch ausländische Produkte nachfragen, im internationalen Vergleich weniger sparen, ausländische Anleger es lukrativer finden, in den USA zu investieren, inländische Produkte bisweilen nicht wettbewerbsfähig sind, amerikanische Wähler über ihre Verhältnisse leben und der Staat sich übermäßig verschuldet.
Die individuellen Entscheidungen haben Folgen. Eine ist, die De-Industrialisierung schreitet voran. Diese Entwicklung ist Donald Trump ein Dorn im Auge. Er will sie rückgängig machen. Sein Lieblingsinstrument sind Zölle auf ausländische Güter. Es ist ein zweiter Irrtum zu glauben, er könne diesen Kampf gewinnen. Die De-Industrialisierung lässt sich nicht aufhalten. Letztlich wird sie getrieben durch die Automatisierung im Industriesektor (höhere Produktivitäten) und eine steigende Nachfrage nach Dienstleistungen (hier). Eine Zollpolitik zum Schutz der Industrie läuft ins Leere. Es werden knappe Ressourcen vergeudet für den Schutz eines sterbenden Sektors.
Defizite in der Handelsbilanz lassen sich durch Zölle ausgleichen. Das ist ein dritter Irrtum. Zölle sind Steuern auf Importe und Subventionen für Exporte. Kurzfristig gehen die Importe zwar zurück, die Exporte steigen an. Allerdings: Die Nachfrage nach Dollar steigt. Er wertet auf. Damit werden aber über kurz oder lang die anfänglichen „Erfolge“ im Kampf gegen die Handelsbilanzdefizite zunichte gemacht. Richard Baldwin, ein angesehener Handelsökonom aus Lausanne, hat deshalb den Ausspruch geprägt, „die Makroökonomie gewinnt immer.“ Schlägt das Ausland zurück, ist der anfängliche Abbau der Defizite in der Handelsbilanz noch flüchtiger.
Wenn Donald Trump diese Entwicklung in der Handelsbilanz hinauszögern will, muss er versuchen, die unvermeidliche Aufwertung des Dollar zu verhindern. Er muss also weiter in die Märkte intervenieren. Eine erste Möglichkeit besteht darin, die amerikanische Notenbank zu drängen, eine expansivere Geldpolitik zu fahren. Der Dollar würde sich abwerten, die Inflation in den USA würde steigen. Letztlich würden die amerikanischen Konsumenten den Preis einer protektionistischen Zollpolitik tragen. Fühlt sich die Fed weiter dem Ziel der Geldwertstabilität verpflichtet, wird sie nicht bereit sein, diesen geldpolitischen Weg zu gehen. Die Zinsen würden steigen.
Donald Trump käme auch nicht weiter, wenn das Finanzministerium die Fed anweisen würde, auf den Devisenmärkten zu intervenieren, um den Dollar zu schwächen. Bleibt die Fed geldpolitisch hart, wird sie die erzwungene höhere inländische Geldmenge sterilisieren. Dann bliebe nur noch die Möglichkeit, an der Notenbank vorbei, den Wert des Dollar zu verringern. Ökonomen im Umfeld der Regierung haben in den letzten Monaten diesen Weg skizziert (hier). Ausländische Nutzer des Dollar sollen eine Gebühr entrichten. Das wäre allerdings ein Schuss ins eigene Knie. Der Dollar als Reservewährung würde beschädigt. Die Welt stünde vor einer Finanzkrise.
Der Trump’sche Tanz ums goldene Kalb der Zölle zeigt, Interventionen in die Märkte ziehen weitere Interventionen nach sich. Eine Interventionsspirale kommt in Gang (Ludwig von Mises, 1929). Der Ölfleck der Intervention breitet sich aus. Der unvermeidliche Niedergang der Industrie lässt sich mit Zöllen nicht stoppen. Am Ende verlieren auch die USA: Konsumenten zahlen höhere Preise, Unternehmen haben höhere Kosten, Exporteure werden weniger wettbewerbsfähig, Arbeitsplätze geraten in Gefahr. Es droht eine „Trumpression“. Fazit: Niedrige Handelsbilanzdefizite sind kein sinnvolles wirtschaftspolitisches Ziel, Zölle ein untaugliches Mittel der Wirtschaftspolitik.
Literatur:
Ludwig von Mises (1929): Kritik des Interventionismus. Gustav Fischer, Jena 1976
Blog-Beiträge zu Trumponomics:
Norbert Berthold (JMU, 2025): Handel, Dollar, Sicherheit. Hat Donald Trump einen Plan?
Norbert Berthold (JMU, 2025): Der zollpolitische Furor des Donald Trump. Wie sollte Europa darauf reagieren?
Norbert Berthold (JMU, 2025): Die seltsame Ökonomie des Donald Trump. Angebotspolitik, Zölle und Abschiebungen
Norbert Berthold (JMU, 2025): Donald Trump bekämpft das falsche Defizit. Handel, Zölle, Verschuldung