Der FC Bayern München wurde in dieser Saison zum 29. Mal Deutscher Meister; neben dem sicherlich sehr guten Sportmanagement dieses Clubs trägt hierzu auch die Beteiligung an der Champions League und die dabei erzielten Einnahmen bei.
Aufbauend auf dem Europapokal der Landesmeister wurde die Champions League in der Saison 1992/93 eingeführt. Dabei ist die zentrale Eigenschaft dieser prestigeträchtigen Veranstaltung, daß die teilnehmenden Clubs nach wie vor in ihrer nationalen Liga spielen. Die Champions League ist also nicht exklusiv ausgestaltet; für die teilnehmenden Clubs besteht also eine multiple Mitgliedschaft. Das hat verschiedene Folgen:
Die Einführung der Champions League dürfte insgesamt Nachfrage von den nationalen Ligen abziehen und auf die Superliga umlenken, wodurch die nationale Meisterschaft entwerten wird (Substitutionseffekt). Dieser Effekt wird etwas dadurch abgemildert, daß Clubs der nationalen Liga sich für die Superliga qualifizieren müssen und damit höhere Investitionen in die Spielstärke vornehmen. Zudem erhalten die Spiele um die vorderen Plätze in der nationalen Liga zusätzliche Bedeutung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Nachfrage. Insgesamt dürfte aber der Substitutionseffekt überwiegen. Er fällt umso schwächer aus, je gleichmäßiger die Spielstärke in der nationalen Liga verteilt ist.
Die Struktur der Nachfrage nach den Spielen der nationalen Liga wird sich verändern (Struktureffekt): An den Spielen der Clubs, die aufgrund ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit nicht an der Champions League teilnehmen, wird das Interesse der Zuschauer zurückgehen. Dieser Effekt wird etwas davon überlagert, daß Spiele dieser schwachen Clubs gegen Clubs, die in der Champions League spielen, eine höhere Nachfrage auf sich ziehen werden. Gleichzeitig wird das Zuschauerinteresse an den Spielen der Clubs, die in der Champions League teilnehmen, ansteigen (Komplementaritätseffekt).
Die nationale Liga wird hinsichtlich der Spielstärke der Clubs heterogener (Kondaminationseffekt): Die Clubs, die in der Champions League teilnehmen, erzielen höhere Einnahmen bedingt durch ihre Teilnahme an der Champions League. Dadurch erhöht sich das sportliche Ungleichgewicht in der nationalen Liga mit der Folge, daß die Ungewißheit über den Spielausgang vermindert und damit die Nachfrage nach diesen Spielen reduziert wird. Ein höheres Ungleichgewicht wird dazu führen, daß Clubs, die keine Aussicht darauf haben, sich für die Champions League zu qualifizieren, ihre Anstrengungen vermindern werden.
Zudem wird ein Club, der in einer der beiden Ligen nicht mehr seine Ziele erreichen kann, seine Ressourcen, also insbesondere seinen Spielerkader, verstärkt in die Spiele der Liga lenken, in der ihm noch Chancen verbleiben. Dadurch nimmt die Qualität der anderen Liga ab.
Die Champions League hat also aus ökonomischer Sicht erhebliche Nachteile für die nationalen Spitzenligen. Was kann getan werden?
Die einfachste Möglichkeit besteht sicherlich darin zuzuwarten und damit in Kauf zu nehmen, daß bestimmte Clubs wie etwa Bayern München in der Bundesliga dauerhaft die nationale Liga dominieren. Die Liga würde damit unausgeglichen, was die dargestellten negativen Auswirkungen auf den Spannungsgrad und damit auf das Zuschauerinteresse hätte.
Eine zweite Möglichkeit bestünde darin, die Champions League exklusiv zu gestalten, d. h. die Möglichkeit der multiplen Mitgliedschaft wird beseitigt. Damit werden jedoch die nationalen Ligen entwertet mit den entsprechenden Folgen für deren Einnahmenpotential. Für die nationalen Ligen wäre dies gleichsam, wie den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.
Eine dritte Handlungsalternative könnte die Einführung von Umverteilungsmaßnahmen auf Ebene der nationalen Ligen vorsehen. Diese Umverteilungsmaßnahmen sollten zu einem Ausgleich der Spielstärken führen, womit der Kondaminationseffekt beseitigt würde. Die Favoriten in den nationalen Ligen würden sich dagegen jedoch massiv wehren, wie wiederum das Beispiel Bayern München zeigt. Freilich ist das Argument, ein derartiges Vorgehen würde die Clubs der nationalen Liga, die eine derartige Umverteilung vornehmen, in der Champions League schwächen, durchaus zutreffend. Daher müßten die Umverteilungsmaßnahmen koordiniert von allen beteiligten nationalen Ligen umgesetzt werden, m. a. W. müßte die UEFA hier regulierend eingreifen und eine entsprechende Umverteilung bewirken.
Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß die Champions League zu Verwerfungen bei den nationalen Ligen führt, diese aber durch entsprechende Maßnahmen auf Ebene der UEFA reguliert werden können, ohne daß es dazu der Abschaffung der Champions League bedarf.
Literatur
Daumann, F. (2019). Grundlagen der Sportökonomie. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, München: UVK/Lucius.
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