Erklärtes Ziel der europäischen wie nationalen Klimapolitik ist die Dekarbonisierung der gesamten Volkswirtschaft bis zum Jahre 2050, d.h. Klimaneutralität aller derzeit von fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaftszweige. Unter den adressierten Sektoren nimmt der Verkehr eine Schlüsselrolle ein, da in diesem Bereich die politisch definierten Minderungsziele bisher nicht erreicht werden konnten. Der Verkehr ist vielmehr der einzige Sektor in der EU-27, in dem gegenüber dem Referenzjahr 1990 die Treibhausgasemissionen sogar gestiegen sind.
Zentrales Element der nationalen Klimastrategie für den Verkehr ist die Elektromobilität. Bereits im Jahre 2008 gab die Bundesregierung das Ziel aus, 1 Million E-Autos bis 2020 auf die Straße zu bringen. Die zwischenzeitlich implementierte und im Zuge der Corona-Krise noch einmal massiv ausgebaute Förderkulisse hat zuletzt starke Kaufimpulse für Elektrofahrzeuge gesetzt. Reine Elektro- oder Brennstoffzellenautos werden mit bis zu 6.000 Euro subventioniert, bis zu 4.500 Euro beträgt der Zuschuss beim Kauf eines Plug-in-Hybrids. Hinzu kommen staatlich verordnete Preisnachlässe der Industrie. Außerdem sind Elektroautos für die Dauer von 10 Jahren von der Kfz-Steuer befreit, und der anzurechnende geldwerte Vorteil im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung beträgt nur die Hälfte. Hinzu kommen umfangreiche Förderprogramme für die Ladeinfrastruktur. Bis 2030 sollen laut den Plänen der Bundesregierung bis zu zehn Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein.
Allerdings bestehen erhebliche Zweifel daran, ob der durch staatliche Subventionen angefeuerte Elektroautoboom tatsächlich dem Klima hilft. Skepsis ist z.B. angesagt bei den Plug-in-Hybriden mit einer von außen aufladbaren Batterie. Wegen der hohen Subventionen und Steuervorteile sowie der jederzeitigen Verfügbarkeit eines Verbrennungsmotors sind diese Fahrzeuge aktuell sehr beliebt und machen rund die Hälfte der Zulassungen von Elektroautos aus. Kürzlich erschienene Studien zeigen aber, dass die Plug-in-Hybride sehr häufig im Verbrennermodus gefahren werden, und dann wegen der in der Regel starken Motorisierung und des zusätzlichen Gewichts von Elektromotor und Batterie extrem hohe Emissionen aufweisen. Rein batterieelektrische Fahrzeuge sind aber ebenfalls kritisch zu bewerten, wenn man sich genauer anschaut, mit welchem CO2-Rucksack die Batterie belastet ist, und welcher Strommix für den Fahrbetrieb zur Verfügung steht. Da die Produktion der Batterien noch überwiegend in China stattfindet, kann es Jahre dauern, bis der Nachteil der hohen CO2-Emissionen der Batterieherstellung im Betrieb ausgeglichen wird, zumal Elektroautos in Deutschland häufig als Zweitwagen mit relativ geringer Fahrleistung gehalten werden. Selbst bei wohlwollenden Annahmen hinsichtlich des Energiemix ist davon auszugehen, dass ein Elektroauto gegenüber einem vergleichbaren Verbrenner über den gesamten Lebenszyklus maximal 10 Tonnen CO2 einspart. Bezieht man die gesamte staatliche Förderung darauf, kommt man auf Schattenpreise von bis zu 1.000 Euro für eine Tonne CO2. Im europäischen Emissionshandel wären derzeit knapp 30 Euro je Tonne zu bezahlen.
Elektroautos mit hohen staatlichen Subventionen in den Markt zu drücken, ist also in jedem Fall ökonomisch völlig ineffizient. Außerdem ist das noch nicht die ganze unbequeme Wahrheit. Da der Cap im Europäischen Emissionshandelssystem seit langem und auch auf absehbare Zeit keine Bindungswirkung für die Emissionen entfaltet, da der tatsächliche CO2-Ausstoß darunterliegt, fährt jedes zusätzliche Elektroauto auf Deutschlands Straßen mit den CO2-Emissionen des marginalen Stromangebots, also in der Regel eines fossilen Kraftwerks. Der Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen wird bekanntlich bevorzugt eingespeist und ist damit bereits verplant. Ceteris paribus kommt es also durch zusätzliche Elektroautos zu einem Anstieg der CO2-Emissionen, der erst dann entfällt, wenn der Cap zieht.
Letztlich sollte man sich auch im weltweiten Maßstab keine Illusionen über die Rolle von Elektroautos für das Klima machen. So erwartet die internationale Energieagentur IEA in ihrem jüngsten Global EV Outlook 2020 im optimistischen Szenario (Sustainable Development) für 2030 einen Bestand elektrischer Pkw von weltweit 245 Mio. Einheiten (2019: 7,2 Mio.), wodurch perspektivisch Emissionen in Höhe von 440 Mio. Tonnen CO2 vermieden werden könnten. Dies sind allerdings weniger als 1 Prozent der heutigen weltweiten Treibhausgasemissionen.
Hinweis: Der Beitrag erschien als Kommentar „Im Visier“ in Heft 2 (2021) der Fachzeitschrift WiSt.
- EU-Autozölle
Falsche Antwort auf die chinesische Konkurrenz - 11. August 2024 - Deutschlandticket – Top oder Flop? - 19. Mai 2024
- Flottengrenzwerte
Ein untaugliches Instrument der europäischen Klimapolitik! - 9. Februar 2024
Ich sehe bei Elektroautos nicht das Thema CO2 im Vordergrund, sondern den damit einhergehenden Strukturwandel. Bsw sind die neuen e-Autos von VW ein großer technologischer Schritt voraus, wenn auch VW damit noch nicht an der technologischen Spitze angelangt ist. Auch die Produktivität bei e-Autos ist viel besser. Hinzu kommen alle mit der neuen Technologie verbundenen Investitionen, die das BSP steigen lassen und neue Jobs bringen werden. Längerfristig wird das dann auch weniger CO2 bedeuten. Hoffentlich.