Euro-Krise: Ein Währungswettbewerb wird dringend gebraucht

I.

Die Forderungen, die mit Blick auf die Lösung der „Euro-Krise“ vorgebracht werden, sind vielfältig. Die einen verlangen, dass finanziell schwache Länder – wie zum Beispiel Griechenland – aus dem Euro-Währungsverbund ausscheiden sollen. Andere sehen in einem Aufspalten der Währungsunion in einen „Nord-Euro“ und einen „Süd-Euro“ den Ausweg aus der Misere. Wieder andere verlangen, die Europäische Zentralbank (EZB) solle ihre Käufe von Staatsanleihen einstellen und sich auf ihren eigentlichen Auftrag, die Sicherung der Preisstabilität, beschränken.

Eine weitere Forderung lautet, dass die Wirtschafts- und Fiskalpolitiken der Euroraumländer besser (aufeinander) abgestimmt werden müssten. Nationale Staatshaushalte ließen sich so besser überwachen, und finanzielles Fehlverhalten von einzelnen Ländern könnte vermieden werden. Doch all diese Maßnahmen, von deren Umsetzung sich ihre Befürworter eine Entschärfung der Euro-Krise versprechen, scheinen das Kernproblem der Euro-Krise zu übersehen oder gar zu ignorieren. Der Ursache der Euro-Krise liegt in der (Un)Ordnung des Geldwesens.

 

II.

Der Euro ist – wie übrigens auch alle anderen weltweit wichtigen Währungen – ungedecktes „Papier“- oder auch „Fiat“-Geld. Dieses Geld zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus. Erstens: Es wird von staatlichen Zentralbanken, die das Geldangebotsmonopol halten, in Umlauf gebracht. Zweitens: Fiat-Geld wird durch Bankkreditvergabe „aus dem Nichts“ produziert und ist inflationär. Und drittens: Fiat-Geld sorgt unweigerlich für Fehlallokationen, Finanz- und Wirtschaftskrisen und eine Überschuldung, insbesondere von Staaten, aus der sich dann das Kollektiv durch eine (Hyper)Inflationspolitik zu befreien sucht.

Die Euro-Krise ist eine Krise des Fiat-Geldes. Durch das jahrzehntelange Ausweiten der Kreditmengen im Zuge einer Niedrigzinspolitik sind die Verschuldungslasten der Volkswirtschaften – insbesondere die Staatsschulden – immer weiter angewachsen relativ zum Einkommen. Zudem konnte auch der Bankenapparat, gespeist von immer mehr Kredit, bereitgestellt zu immer niedrigen Zinsen, übermassig expandieren. Mittlerweile sind die Investoren auf den Kapitalmärkten „aufgewacht“, sie erkennen die (Über)Schuldenmisere, und sie sind nicht mehr bereit, die Dauerschuldnerei weiter zu finanzieren, zumindest nicht zu den bisher niedrigen Zinsen. Gleichzeitig sind die Kreditnehmer nicht in der Lage oder willens, die Kredite zurückzuzahlen oder einen höheren Zins zu bezahlen.

Um die Krisensymptome zu „bekämpfen“, greift die EZB drastisch in das Finanzmarktgeschehen ein – etwa in Form von einer (de facto) Nullzinspolitik, dem Kauf von Staatsanleihen und einer unbegrenzten Basisgeldmengenausweitung im Zuge der Bankenrefinanzierung. Für die Öffentlichkeit scheinen das „rettende Maßnahmen“ zu sein. Doch zuallererst sind es Eingriffe, mit denen die produktiven Marktkräfte zusehends ausgeschaltet werden. Es wird verhindert, dass Staaten, die misswirtschaften, Pleite gehen und Kreditgeber, die leichtfertigt Geld geliehen haben, die Kosten ihrer Fehlinvestitionen zu tragen haben. Gleichermaßen werden die Einleger und Kreditgeber der Banken subventioniert.

Wenn versucht wird, Zahlungsausfälle bei Staaten und Banken mit dem Ausweiten der Geldmenge zu vermeiden, wird das absehbar mit Geldentwertung oder gar völliger Geldzerstörung zu bezahlen sein. Das Ausweiten der Geldmenge wird früher oder später die Preise in die Höhe treiben und so die Kaufkraft des Euro herabsetzen. Im Extremfall droht der Totalverlust des Fiat-Euro. Wie bei allen Fiat-Währungen würde die Kaufkraft des Euro, wenn sie erst einmal auf null gefallen ist, wenn also niemand mehr den Euro als Geld akzeptiert, für immer dahin sein; die Kaufkraft des Fiat-Euro ließe sich (anders als beim Sachgeld) nicht wiederbeleben.

 

III.

In der Krise des Fiat-Euro, in der die politischen Anreize für eine Inflationspolitik zusehends ansteigen, ist ein „Währungswettbewerb“ – wie er von Friedrich August von Hayek (1899 – 1992) empfohlen wurde – eine produktive und ökonomisch erfolgsversprechende Lösung. Um den Währungswettbewerb in Gang zu setzen, wären zunächst alle Gesetze abzuschaffen, die bislang einem Währungswettbewerb entgegenstehen. So wird der Weg für die Marktakteure freigemacht, dasjenige Geld nachzufragen, das ihren Wünschen am besten entspricht. Das kann der Euro sein, es können aber (zusätzlich) auch andere Geldformen sein – wie zum Beispiel Gold oder Silber.

Wenn nun aber jeder sein eigenes Geld anbieten darf, würde es da nicht zu „Währungs-Chaos“ kommen? Würde dann nicht eine unüberschaubare Anzahl von – zudem noch inflationären – Währungen zirkulieren? Die Antwort lautet: Nein! Denn die Geldnachfrager bestimmen, was Geld ist. Und sie werden dasjenige Geld wählen, das ihren Präferenzen am vergleichsweise besten entspricht – und das dürfte vor allem wertbeständiges Geld sein.

Der Währungswettbewerb ist – wie jeder Wettbewerb – ein Entdeckungsverfahren. Sein Ergebnis lässt sich daher nicht notwendigerweise ex ante absehen. Allerdings lassen sich einige theoretische Überlegungen anführen, die dazu verhelfen können, einige seiner Ergebnisse abzuschätzen.

So würden sich im Zuge eines Währungswettbewerbs vermutlich keine Papierzettel oder Einträge auf Computerfestplatten („Bits and Bytes“), die durch nichts gedeckt sind, als Geld etablieren, sondern das könnten wohl nur „intrinsisch“ wertvolle Sachgüter – eine Erkenntnis, die die Ökonomen Carl Menger (1840 – 1921) und nachfolgen Ludwig von Mises (1881 – 1973) erarbeitet haben. In der Währungsgeschichte wurden daher auch immer wieder Gold und Silber, manchmal auch Kupfer, als Geld auserkoren – weil sie die an Geld zu stellenden Eigenschaften im Vergleich zu anderen Gütern am besten erfüllten.

Ein Währungswettbewerb hätte nun vor allem drei Vorteile. Erstens erhöht sich der disziplinierende Druck auf die EZB, die Kaufkraft des Euro zu wahren. Denn wenn sie eine inflationäre Geldpolitik verfolgt, wertet der Euro für alle sichtbar gegenüber den konkurrierenden Währungen ab. Damit der Euro marktfähig bleibt, muss die EZB, wenn die Nachfrage nach ihm abnimmt, zu einer besseren Politik umschwenken.

Das wiederum würde, zweitens, den Druck auf die nationalen Regierungen erhöhen, ihre Staatsfinanzen zu gesunden, und die Banken werden anregt, ihr Geschäftsvolumen auf ein ökonomisch vernünftiges Maß zu stutzen. Staaten und Geschäftsbanken könnten nämlich nicht mehr wie bisher davon ausgehen, dass die EZB ihnen unlimitiert zu künstlich gesenkten Zinsen Geld bereitstellt.

Und drittens verursacht Sachgeld keine Konjunkturschwankungen wie das Ausweiten des Fiat-Geldes. Die Störanfälligkeit des Wirtschaftens nimmt folglich ab. In einem Sachgeldsystem weicht der Marktzins (also der Zins, der sich durch Angebot von und Nachfrage nach Krediten frei bilden kann) nicht systematisch vom „natürlichen Zins“ ab. Mit anderen Worten: Den Investitionen stehen stets „echte Ersparnisse“ zur Verfügung.

Der wohl wichtigste Beitrag, den ein Währungswettbewerb leisten kann, ist, dass er den Marktakteuren Wahlmöglichkeiten eröffnet, durch die sie gutes Geld erhalten. Zudem wird ein Währungswettbewerb die Marktakteure in bestmöglichster Weise vor einem möglichen Misserfolg der Einheitswährung schützen – der absehbar mit einem Verlust der Kaufkraft des Euro und damit der Ersparnisse verbunden wäre.

 

Thorsten Polleit
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4 Antworten auf „Euro-Krise: Ein Währungswettbewerb wird dringend gebraucht“

  1. leider nützen alle diese vorschläge nichts, weil die regierungen nicht zulassen werden, dass ihnen durch die kapitalmärkte der handlungsspielraum eingeschränkt wird. politiker leben davon, die hand auf der notenpresse zu haben, damit über das kreditgeld das wahlvolk bestochen werden kann. erst wenn alle taschen geleert sind, und damit dann das derzeitige system ein jähes ende findet. erst dann wird es einen neuanfang geben. deutschlands schultern sind aber breit. japan hält die exzessive verschuldung auch schon seit 20jahren durch…..
    selbst wenn, wird es immer noch keinen ökonomisch sinnvollen neuanfang geben. sondern einen, bei dem wenige protagonisten ihren eigenen nutzen maximieren wollen. so wie schon seit menschengedenken. geschichte wiederholt sich leider.

    wenn das fiat-geld abgeschafft würde, gäbe es dann noch dispokredite, kreditkarten, ratenkauf für möbel, autos etc.??führt ein währungswettbewerb nicht zu sinkendem oder gar begrenztem wohlstand?was machen dann existenzgründer?die eigengeldschöpfung der banken hätte ja bislang all diese kreditformen ermöglicht….das regiogeld beweist ja, dass es keinen ökonomischen nutzen hat, und auch nicht „besser“ ist ,als die geschöpfte offizielle währungin D…

  2. Hallo Franke,

    das mit dem sinkenden Wohlstand denke ich kaum. Zu allererst einmal muss es einen Reset geben; sprich einen Schuldenerlass oder Schnitt oder Streckung etc. UND ein kompletter Verzicht auf neue Schulden. Das Problem ist einfach, dass dann die Steuereinnahmen für die Gebietskörperschaften sinken und dieses Modell der staatlichen Preisplanwirtschaft in sich zusammenfällt, mit all seinen negativen sozialen Konsequenzen natürlich. Nun, wir wissen das und verhalten uns dann natürlich anders, aber die breite Masse wird es eben nicht verstehen, weshalb es dann zu „extremeren“ Bedingungen kommt. Das wissen ja die Politiker schon, nicht wahr. Sagen wir es einmal so, wer sich nicht von Schulden oder Guthaben geistig lösen kann, wird eben Probleme haben ( behavioural economics ) den status quo zu verlassen.

    Wie gesagt, ich denke es ist ein psychologisches Problem. Das ist eine Art Volkskrankheit und kollektiver Verdrängungswahn. Wenn alle, alles „verlieren“ ( auf dem Papier ) was ändert sich dann realwirtschaftlich ? Es sind immer noch die gleichen Menschen auf dem Planeten, mit den gleichen Geschäftsmodellen, Absatzmärkten etc. Lassen wir es einfach implodieren.

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