Die Zeiten in der EU sind ungemütlich und sie werden noch stürmischer. Der Brexit ist noch nicht verdaut. Schon drohen neue politische Gefahren. Populistische Parteien sind fast überall auf dem Vormarsch. Das zeigte sich nicht nur in den Wahlen zum Europaparlament. Das war auch bei den Wahlen zur französischen Nationalversammlung nicht anders. Über 60 % der Wähler entschieden sich für populistische Parteien von rechts und links. Durch politische Absprachen wurde zwar ein Sieg des rechten Rassenblement National verhindert. Der Preis war aber eine starke linke Nouveau Front populaire (Volksfront). Der linksradikale Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise) ist einer der Anführer. Frankreich hat statt der Pest die Cholera gewählt.
Die tektonischen Verschiebungen im Parteiengefüge haben ökonomische Folgen. Letztlich entscheiden sich die Wähler, wenn sie für populistische rechte oder linke Parteien stimmen, für eine fiskalisch ineffiziente und ungerechte Politik, einer Politik auf Pump zu Lasten künftiger Generationen. Die Haushaltsdefizite werden steigen, die hohen staatlichen Schuldenstände weiter wachsen, der Druck auf eine gemeinschaftliche europäische Finanzierung wird zunehmen. Das wird sich auf die Stabilität des gesamten europäischen Finanzsystems auswirken. Die Eurozone steht vor einer großen Bewährungsprobe. Der EZB stehen schwere Zeiten bevor. Sie wird monetär unter fiskalischen Zugzwang geraten. Vielleicht muss sie wieder den „Draghi“ („whatever it takes“) machen.
Die spannende Frage ist: Wackelt die Europäische Währungsunion, wenn populistische Parteien in der EU weiter an Boden gewinnen?
Prof. Dr. Norbert Berthold (JMU Würzburg) im Gespräch mit Prof. Volker Wieland, PhD (IMFS Frankfurt).
Die Teilnehmer:
Prof. Volker Wieland hat seit März 2012 die IMFS-Stiftungsprofessor für Monetäre Ökonomie inne. Seit Juni 2012 ist er zudem Geschäftsführender Direktor des IMFS. Zuvor war er Professor für Geldpolitik und Geldtheorie an der Goethe-Universität Frankfurt und gehörte zu den Gründungsprofessoren des IMFS. Von 2003 bis 2009 war er Direktor des Center for Financial Studies.
Wieland ist Research Fellow am Center for Economic Policy Research (CEPR) in London, Mitglied im Kronberger Kreis sowie im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums der Finanzen. Von 1. März 2013 bis 30. April 2022 war er Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und von Mai 2021 bis April 2022 Mitglied im Beirat des Stabilitätsrats.
Prof. Dr. Norbert Berthold ist Professor (em.) für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsordnung und Sozialpolitik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er war an den Universitäten Freiburg, Basel, Münster, Hamburg, Konstanz, Düsseldorf und Würzburg tätig. Norbert Berthold ist Initiator und Betreiber des Ökonomen-Blogs „Wirtschaftliche Freiheit“ und damit auch Namensgeber und Initiator dieses Podcasts.
Blog-Beiträge zum Thema:
Norbert Berthold (JMU, 2024): Europa in Zeiten des Populismus. Bewährungsprobe für die Europäische (Währungs)Union?!
Norbert Berthold (JMU, 2018): Antikapitalistisch, fremdenfeindlich und nationalsozial. Was hilft gegen Populisten?
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