Was Schwarz-Rot verspricht (13)
Strategische Subventionspolitik
Problematische staatliche „Leuchtturm-Projekte“

Die Firmennamen „Intel“ und „Northvolt“ stehen für zwei subventionspolitische Flops des Jahres 2024. Gleichwohl scheint die neue Bundesregierung weiter auf Industriepolitik zu setzen – neben allerlei weiterer Subventionsvorhaben wie etwa den zu zündenden „Wohnungsbau-Turbo“, die Stärkung des „Gamestandortes Deutschland“ und die Förderung der Gastronomie. Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD kündigt in ihrem Koalitionsvertrag den Start einer „Hightech Agenda für Deutschland“ an. Der strategische Einsatz von staatlichen Zuschüssen und selektiven Vergünstigungen zum Zwecke der Wirtschaftsförderung wird also verstärkt in den Focus geraten. In diesem Beitrag wird gezeigt, warum es vermutlich auch in Zukunft problematisch sein wird, „wenn der Staat in die Technologien von morgen investiert“ (Moritz Schularick). Diese Investitionen sollten Privaten vorbehalten bleiben. Der Staat ist hingegen dafür verantwortlich, dass forciert Grundlagenforschung betrieben, die nötige Infrastruktur auf Vordermann gebracht, das Regeldickicht zurückgestutzt und das Abgabeniveau gesenkt wird. Er sollte Standortpolitik betreiben, statt mit dem Füllhorn der Subventionen übers Land zu ziehen und die ohnehin schon üppige Förderpalette noch reichhaltiger zu bestücken.

In der Politik wie auch in der Wissenschaft wird verstärkt darüber nachgedacht, wie man Finanzhilfen und Steuervergünstigungen strategisch einsetzen kann, um die heimische Wirtschaft voranzutreiben und Risiken für die künftige Entwicklung zu minimieren. Denn wir leben in einer Zeit zunehmender kriegerischer Auseinandersetzungen und imperialer Expansions- und Dominanzgelüste – vom beängstigenden Klimawandel und den Umweltschäden einmal ganz abgesehen. Der Ukraine- Krieg und die wachsende Gefahr für den NATO-Raum, der Krieg im Nahen Osten, die Bedrohung Taiwans, der wirtschaftliche Feldzug Chinas mittels Subventionspolitik, Wirtschaftsspionage und Kreditvergabe sind gewaltige Destabilisatoren. Ein paranoider Führer der USA trägt neben dem desaströsen Wirken Putins und dem Machtstreben Xi’s das Seine dazu bei, dass die Welt aus den Fugen geraten ist und sich in der Weltwirtschaft gewaltige tektonische Verschiebungen und Abbrüche tradierter Handelsbeziehungen vollziehen. Dies geht einher mit verstärkten Autonomiebestrebungen und der Suche nach neuen Handelspartnern auf der Absatz- wie Beschaffungsseite sowie anderen Produktionsstandorten. Der Globalisierungsprozess ist zum Stillstand gekommen, der Protektionismus treibt ebenso Blüten wie die Bereitschaft wächst, an Subventionswettläufen teilzunehmen.

Es ist kein Wunder, dass die verantwortlichen Politiker auch im Westen angesichts der chaotischen Umstände verstärkt darüber nachdenken, Finanzhilfen einzusetzen, um besser gegen die neuen Herausforderungen gewappnet zu. Der vormalige amerikanische Präsident Biden hatte jüngst im Rahmen des Inflation Reduktion Acts einen warmen Subventions-Regenschauer über das Land ziehen lassen, der auch nach Deutschland weitergezogen ist, wie die jüngste Studie zur Subventionsentwicklung von C.F. Laaser, A. Rosenschon und K. Schrader (2025) belegt.

Es ist daher angebracht, sich einmal näher mit den Risiken jener Subventionen zu befassen, die dem Ziel dienen sollen, die deutsche Wirtschaft „wetterfest“ oder „krisensicher“ zu machen oder die das Wachstum stimulieren sollen, weil sie als Investitionen in die Industrien von morgen eingestuft werden, die eine volkswirtschaftliche Rendite abwerfen sollen. Eine kritische Hinterfragung der in Mode gekommenen staatlichen „Leuchtturm-Projekte“ stellt sich umso mehr, als die neue Bundesregierung nicht gewillt zu sein scheint, der Subventionitis zu Leibe zu rücken. Sie scheint, im Gegenteil, sehr förderfreudig zu sein und setzt besondere Akzente bei den vermeintlich „guten“ Subventionen.

Die Chipfabrik Intel und der Batteriehersteller Northvolt waren die großen politischen Hoffnungsträger der Industrie- wie auch Regionalpolitik des Jahres 2024, von deren Ansiedlung sich die Politik viel versprach und für die sie hohe Subventionen vorgesehen hatte. Doch es kam anders, als es sich die Politik erhofft hatte. Im Falle von Intel ist es gerade noch einmal gut gegangen, da das vormalige Vorzeigeunternehmen der Halbleiterindustrie in den USA strauchelte, bevor es zur Ansiedlung einer Tochter in Magdeburg kam, für die der Bund eine stattliche Lockprämie in Höhe von 10 Mrd. Euro vorgesehen hatte. Die Firma hatte neuere Entwicklungen verschlafen. Sie war nicht kreativ oder beim Adaptieren nicht schnell genug. Bei Tech-Trends wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Cloud-Services preschten andere Firmen wie Nvidia, AMD und TSMC vor, so dass Intel zum Stellenabbau gezwungen war. Das Beispiel zeigt, wie rasch es gehen kann in unserer schnelllebigen Zeit, dass ein Unternehmen von der Spitze auf einen hinteren Rang katapultiert wird.

Anmaßung von Wissen

Im Falle der Ansiedlung des schwedischen Unternehmens Northvolt, des Herstellers von Lithium-Ionen-Akkulumatoren für die Elektromobilität sowie stationäre Energiespeicher sind vermutlich 902 Mill. Euro (Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 8.1.2024) an Steuergeldern versenkt worden, obwohl sich die Politik große Impulse erhoffte und glaubte, den optimalen Standort dafür gefunden zu haben. Die Grundsteinlegung im schleswig-holsteinischen Städtchen Heide ist denn auch von den verantwortlichen Bundes- und Landespolitikern in freudiger Erwartung vermehrter Wirtschaftsdynamik feierlich zelebriert worden, zumal ihr Projekt ja auch den Ritterschlag seitens der ökonomischen Wissenschaft bekommen hat.

Lassen wir Moritz Schularick, den „Chefökonom des Nordens“ (Sueddeutsche), zu Wort kommen:

„Die Chancen für Schleswig-Holstein im Bereich der grünen Energien sind groß, und es gibt viele gute regionale und wirtschaftspolitische Gründe, diesen Transformationsprozess zu fördern und zu beschleunigen.

Allerdings hat sich die EU mit ihrer 900-Millionen-Euro-Förderung in einen Subventionswettlauf drängen lassen, vermutlich wäre Northvolts Investment auch mit weit weniger Subventionen lohnend gewesen….

Diese Subventionen können erfolgreich sein, immerhin geht es hier um eine Schlüsseltechnologie zur grünen Transformation. Es ist besser, wenn der Staat in die Technologien von morgen investiert, statt zu versuchen, alte Industriezweige künstlich am Leben zu halten…

Die Ansiedelung gerade in Schleswig-Holstein ist natürlich naheliegend, da hier die komparativen Standortvorteile, insbesondere der Überschuss an Windstrom, genutzt werden können. Sie stärkt auch insgesamt unseren Standort und hilft, die deutsche Unternehmenslandschaft für die Zukunft zu rüsten. Wenn Deutschland ein bedeutender Technologiestandort bleiben will und wenn die grüne Transformation konkrete Formen annehmen soll, benötigen wir Wissen und Zugang zur Batterietechnik. Außerdem stärkt die Ansiedelung natürlich die geopolitische Verhandlungsposition der EU und verringert die Abhängigkeit von rivalisierenden Volkswirtschaften“ (IfW Statement von Moritz Schularick vom 25.03.2024).

Die Steuerzahler Schleswig-Holsteins dürfen sich sehr herzlich bei Ihrem Landsmann, dem früheren Wirtschafts- und Umweltminister Robert Habeck und seinen Beratern dafür bedanken, dass vermutlich 300 Mill. Euro in den Sand gesetzt worden sind. (Auf den Bund entfallen nochmals 600 Mill. Euro). Robert Habeck hat noch andere Projekte im Land Schleswig-Holstein angestoßen. So erfolgte z.B. am 22.April 2024 der erste Spatenstich für das erste klimaneutrale Zementwerk von Holcim in Lägerdorf (shz. 22.04.2024). Ab 2028/2029 soll der sogenannte grüne Zement produziert werden, laut Habeck „ein Musterbeispiel für grüne Transformation“. Selbstredend ist auch das Land Schleswig-Holstein, dessen Finanzlage äußerst klamm ist, an der Finanzierung beteiligt. Man darf gespannt sein, was da noch kommt, zumal der Landeshaushalt 2024 vom Landesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden ist (Spiegel vom 15.04.2025).

Die Illusion von staatlichen „Leuchtturmprojekten“

Welche ökonomischen Binsenweisheiten sprechen nun neben diesen beiden negativen Erfahrungen dafür, dass Skepsis gegenüber der staatlichen Förderung vermuteter „Leuchtturm-Projekte“ angebracht ist?

So stellt sich die Erkenntnis, was eine Branche ist, der eine nachhaltige Expansion bevorsteht, erst in einem lebendigen „Entdeckungsverfahren“ (Friedrich August von Hayek) am Markt und aus der zurückschauenden Perspektive heraus. Der Staat hat nicht das Vorab-Wissen, was die Zukunft bringt, er kann nicht hinter den „Schleier der Ungewissheit“ (John Rawls) blicken. Maßt sich der Staat dieses Wissen an, kann er sich gründlich verschätzen, was den Steuerzahlern teuer zu stehen kommt. Die Politik kann zwar durch Subventionen Anstöße für eine Entwicklung geben. Ob diese Entwicklung aber tragfähig und dauerhaft ist, wenn die Förderung eingestellt wird, muss sich erst zeigen. Der Boom der Elektromobile ist ein politisch gesteuerter Trend, also eine künstlich erzeugte Hype. Der starke Einbruch der Verkaufszahlen von E-Autos in Deutschland nach dem Streichen der Kaufprämien durch die Ampel im Frühjahr 2024 lässt Zweifel aufkommen, ob es sich hierbei um den Königsweg handelt oder ob sich langfristig eine bessere Technologie durchsetzt. Deren Vormarsch wird freilich durch die selektive Subventionspolitik künstlich verzögert. Die graue Eminenz unter Deutschlands Ökonomen, Hans-Werner Sinn, hält den eingeschlagenen Weg über E-Autos gar für eine Sackgasse, da er den Klimawandel beschleunigt. Denn der Strom für die E-Autos stammt wegen der Abschaltung der Atommeiler und weil der grüne „Flatterstrom“ aus Solar- und Windanlagen noch nicht bereit ist, letztlich aus Braunkohlekraftwerken. Sinn: „E-Autos sind keine Lösung! … Der schmutzige Auspuff liegt nur etwas weiter entfernt im Kohlekraftwerk.“

Subventionen machen träge

Selbst wenn es so ist, dass der Staat vorab eine Zukunftstechnologie richtig diagnostiziert oder identifiziert hat, ist fraglich, ob er aber auch das für eine erfolgreiche Industrieansiedlung erforderliche Wissen hat, welche einzelne Firma unter den Akteuren in der betreffenden Wachstumsbranche in der Zukunft ganz vorne mitspielen wird? Hat der Staat die Kompetenz, das richtige Unternehmen herauszupicken? Woher weiß er, dass der Marktführer von heute in Zukunft immer noch an der Spitze stehen wird? Dieses Wissen hat er nicht. Der Fall Intel zeigt, dass die Bundesregierung auf das falsche Pferd gesetzt hat. Auch hier lag „Anmaßung von Wissen“ (Friedrich August von Hayek) vor.

Es ist vielmehr sogar so, dass die Subventionierung eines staatlich favorisierten Unternehmens, das man anlocken möchte, dessen Fitness am Markt untergräbt. Es liegt auf der Hand, dass der Favorit träge wird, wenn er „Deals“ mit der Politik eingeht. Denn staatliche Alimentierung stellt eine Versuchung dar, das Augenmerk gezielt auf die Maximierung von Zuschüssen zu lenken, statt auf den Erhalt und Ausbau des Wettbewerbsvorteils. Wo ein Subventionsanbieter auf einen Subventionsanbieter stößt, liegt in Bezug auf die Subvention ein bilaterales Monopol vor. Hier ist es Verhandlungssache, wer wen über den Tisch zieht. Es ist also seitens des Managements viel „Hirnschmalz“ in Strategiespiele zu investieren, die sich um die Frage drehen, wie man am meisten aus dem Subventionsanbieter herausholen kann. So verschläft man leicht Entwicklungen. Ein kleinerer Marktakteur hingegen muss sich auf die konstruktive Frage konzentrieren, was zu tun ist, um nicht zurückzufallen und um die Wettbewerbsposition zu verbessern. so dass sein Vorpreschen letztlich Begleitprodukt seiner Diskriminierung durch den Staat ist. Es handelt sich um eine Stärke, die aus der Schwäche oder geringen Größe heraus geboren ist.

Effizienzziel gerät aus dem Focus

Es ist nicht nur so, dass der Marktführer lasch wird, wenn er sich auf subventionspolitische „Deals“ mit dem Staat einlässt. Selbst wenn seine Anreize durch das süße Gift der Subventionen nicht pervertiert worden sein sollten, was unrealistisch ist, ist es so, dass er gar nicht mehr möglichst wirtschaftlich handeln kann. Denn er muss statt eines alleinigen Effizienzziels nunmehr eine breite Zielpalette verfolgen, die auch außerökonomische Ziele umfasst, da neben Managern und Anteilseignern nun auch Politiker das Sagen haben. Der Subventionsanbieter im bilateralen Subventions-Monopol hat ja das Bedürfnis, gestaltend in das Geschehen einzugreifen und tauscht mit dem Subventionsnachfrager letztlich Geld gegen Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten. Das „sich Einmischen können“ ist das eigentliche Ziel, das der Finanzmagnat verfolgt, sei es nun über Vorgaben für Kröten-Wanderwege, diverse Genderquoten oder gar Mitbestimmung über den Kurs der hausinternen Forschungen. Hier wird unternehmerisches Bauchgefühl und wissenschaftlicher Sachverstand verwässert durch politisches Besser- oder vermeintliches Alleswissen. Nach dem Motto des früheren Wirtschaftsministers Graf Otto von Lambsdorff: „Das Parlament ist mal voller, mal leerer, aber immer voller Lehrer“.

Die Verfasserin erinnert sich in diesem Kontext an eine interessante Meldung aus dem Internet im vergangenen Jahr, die sie leider nicht mehr ausfindig machen konnte, um die Quelle nennen zu können. Demnach hat ein chinesischer Wirtschaftswissenschaftler in einer empirischen Studie herausgefunden, dass es gerade die vom japanischen Wirtschaftsministerium MITI geförderten Unternehmen waren, die dann am Markt schwächelten, während die nichtprotegierten Konkurrenten punkten konnten. Dies belegt die Richtigkeit der obigen common-sense-Überlegungen.

Fremdes Geld sitzt reichlich locker

Es sollte auch deshalb nicht Aufgabe des Staates sein, in die Industrien von morgen zu investieren, weil Geld, das andere verdient haben, lockerer sitzt und leichtfertiger ausgegeben wird, als wenn die Gegenbuchung zum Verdienst in persönlichen Entbehrungen besteht und das Risiko einer Fehlinvestition nicht auf andere abgewälzt werden kann. Die Rentabilitätseinschätzung ist also weniger sorgsam, wenn statt Privater der Staat in die Industrien von morgen investiert. Bei misch-finanzierten Subventionsprogrammen wird die Leichtfertigkeit beim Umgang mit Steuergeldern noch auf die Spitze getrieben. So ist der Bund noch weniger sorgsam als er ohnehin schon ist, wenn er einen Teil der Subventionskosten an die nachgelagerten Instanzen abdrücken kann. Und bei der beteiligten Landesregierung entsteht der Eindruck, beherzt zupacken zu müssen, wenn der Bundesminister für Wirtschaft und Umwelt ein neues misch-finanziertes Investitionsprojekt auflegt, weil man ja sonst nicht so billig an ein begehrtes Förderprojekt herankommt. Denn das Ziel der Politik ist, möglichst viel zu fördern und zu regulieren. Was es kostet, interessiert lediglich den Finanzminister. Die Pleite des schwedischen Stammunternehmens Northvolt zeigt jedenfalls, dass sowohl der Bund als auch die Landesregierung Schleswig-Holstein die Bonität der schwedischen Firma Northvolt offenbar nicht hinreichend geprüft haben.

Generell taucht bei der Gründung einer Tochter das Problem auf, was passiert, wenn die Mutter strauchelt und Pleite geht. Die Verfasserin erinnert sich in diesem Kontext an einen humoristischen Ausspruch des Finanzwissenschaftlers Jack Wiseman bei einer feuchtfröhlichen Hotelzimmerparty im Rahmen des Kongresses des International Institutes of Public Finance (IIPF) in Tokyo im Jahre 1983. Er sagte im Rededuell mit dem Außenwirtschaftler Franz Gehrels: “ I always ask my students: What happens with the Cournot-point, when the monopolist dies?“

Importe statt subventionierte Produktion im Inland

Zu bedenken ist auch, dass man ein volkswirtschaftlich wichtiges Gut, das durch ein Unternehmen im befreundeten Ausland hergestellt und relativ billig angeboten wird, besser importieren sollte, statt mittels strategischer Finanzhilfen die Gründung einer Unternehmenstochter im Inland anzuregen und auf Autonomie und Eigenproduktion zu setzen. Das Mutterland von Northvolt war das befreundete Schweden. Warum also die Firma nach Deutschland holen? Die Produktion in einem anderen Land reflektiert letztlich einen komparativen Kosten- und somit Wettbewerbsvorteil gegenüber einer Erzeugung im Inland. Sollte der Wettbewerbsvorteil des Auslandes nicht auf Kostenvorteilen, sondern auf Subventionierung beruhen, sollten wir diese vom ausländischen Steuerzahler finanzierten Preisvorteile mitnehmen, statt subventionspolitisch gegenzuhalten. Sollten sich die nationalen Wettbewerbspositionen in Zukunft zugunsten Deutschlands verschieben, weil ein Innovator im Besitz der überlegenen Technologie ist, wird sich der Marktneuling hierzulande schon von alleine bzw. mit Hilfe von privaten Risiko- Kapitalmärkten durchsetzen. Eines staatlichen Geldgebers bedarf es nicht, geleistete Finanzhilfen würden hier in reinen Mitnahmeeffekten verpuffen. Sie treiben nur das Steuerniveau unnötig und kontraproduktiv in die Höhe. Eigenproduktion im Inland ist kein erstrebenswertes Ziel an sich, entscheidend ist die Wohlfahrt der Bürger, die gesteigert wird, wenn billigere Importmöglichkeiten genutzt werden. Die Ratschläge an den Staat, für die Entwicklung von Schlüsselindustrien finanzpolitische Impulse setzen zu müssen, basieren auf Modellen, die nur die halbe Welt abbilden, weil sie die Finanzierungsseite außeracht lassen und auf der falschen Annahme fußen, der Staat habe das nötige Zukunftswissen.

Fazit und abrundende Gedanken

Statt die Förderkulisse auszuweiten, wie es die neue Bundesregierung zu beabsichtigen scheint, täte die Einsicht gut, dass es besser wäre, den Subventionsabbau auf breiter Front zügig anzugehen und die Mittel stattdessen in die Grundlagenforschung zu stecken. Auch sollte das Steuerniveau rasch gesenkt werden, statt das Projekt, wie beabsichtigt, hinauszuzögern. Wenn der Staat zudem seinen infrastrukturellen Aufgaben nachkommt und die bürokratischen Wucherungen beschneidet, dann stellen sich zusätzliche private Investitionen und private Forschungsanstrengungen von ganz alleine ein. In die Industrien von morgen sollten ausschließlich die Privaten investieren, nicht der Staat. Er hat andere Aufgaben und sollte sich nicht in die Produktion und Allokation privater Güter einmischen. Dafür sind die privaten Unternehmen und Märkte da, die es erwiesenermaßen besser können als der Staat. Das hat nicht zuletzt der Konkurs der Planwirtschaften Osteuropas vor 35 Jahren gezeigt, was viele intellektuelle Vordenker freilich nicht zum Umdenken bewogen hat.

Abschließend sei bemerkt, dass dieses Plädoyer für subventionspolitische Abstinenz auch in der Industriepolitik nichts mit „Ideologie“ (Moritz Schularick: „Wir sind hier nicht in der Kirche“) und „glaubensbasierter Politikberatung“ oder „zu viel weiß oder schwarz sehen“ zu tun hat. Es beruht vielmehr auf dem Prinzip der optimalen Arbeitsteilung zwischen Markt und Staat auf der Basis der komparativen Kostenvorteile bei der Lösung volkswirtschaftlich wichtiger Aufgaben und der Bewältigung von Knappheitsproblemen. Hingegen zeugt es von Staatsgläubigkeit und Ignoranz der Wirtschaftsgeschichte, im Staat den besseren Unternehmer zu sehen und die Politiker zu einer Gleichsetzung von Wirtschaftsförderungspolitik mit Subventionspolitik zu ermuntern.

QUELLEN

CDU (2025). Verantwortung für Deutschland. Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD. Kurzfassung der CDU Deutschlands. https://www.cdu.de/app/uploads/2025/04/Kurzusammenfassung-Koalitionsvertrag-1.pdf

Europäische Kommission (8.01.1924). Pressemitteilung. Kommission genehmigt deutsche Beihilfe von 902 Mill. Euro zur Unterstützung von Northvolt beim Bau eines Werks von Elektrofahrzeugbatterien, um den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu fördern. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_6823

Laaser, C. F., A. Rosenschon und K. Schrader (2025), Kieler Subventionsbericht 2024: Hohe Subventionen trotz Haushaltsengpässen. Institut für Weltwirtschaft. Kiel. https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kieler-subventionsbericht-2024-hohe-subventionen-trotz-haushaltsengpaessen-33936/

mein.shz.de (22.04.2024).https://www.shz.de/lokales/itzehoe/artikel/holcim-baut-klimaneutrales-zementwerk-in-laegerdorf-46871232

Schularick, M. (25.03.2024). Northvolt: Besser in Technologien von morgen investieren als alte Industrien am Leben erhalten. https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/aktuelles/statement-schularick-spatenstich-northvolt/

Schularick, M. (21.07.2023).Wir sind nicht in der Kirche. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/ifw-wirtschaftskonzepte-100.html

Hans-Werner Sinn (2023). E-Autos sind keine Lösung. https://www.hanswernersinn.de/de/e-autos-sind-keine-loesung-24auto-07082023

Spiegel (14.04.2025). Urteil des Landesverfassungsgerichts: Schleswig-Holsteins Haushalt 2024 war verfassungswidrig. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/schleswig-holstein-haushalt-2024-war-laut-landesverfassungsgericht-verfassungswidrig-a-96ad80e2-7aa1-4a5f-87df-1168b1a485f6

Serie: „Was Schwarz-Rot verspricht

Friedrich Heinemann (ZEW): Reform der Schuldenbremse. Vertretbarer Kompromiss

Norbert Berthold (JMU): Wachstumsschwäche, Strukturwandel und Industriepolitik. Weiter wie bisher?

Jan Schnellenbach (BTU): Reichen die steuerpolitischen Pläne der neuen Regierung aus?

Susanne Cassel (Econwatch) und Tobias Kohlstruck (Econwatch): Mehr Mut bei der Reform der Unternehmensbesteuerung!

Gunther Schnabl (FvS): Wachstumslokomotive oder Wachstumsbremse?

Oliver Holtemöller (IWH): Staatsverschuldung und mehr Staatsausgaben als Allheilmittel?

Joachim Weimann (OVGU): Beim Klima nichts Neues

Tobias Just (IREBS): Bezahlbar, verfügbar, umweltverträglich. Der Koalitionsvertrag verspricht eine moderate Neuausrichtung der Wohnungspolitik

Stefan Seuffert (ALU): Rente im Koalitionsvertrag. Wiederbelebung der doppelten Haltelinie – doppeltes Versprechen oder doppelte Last?

Alexander Eisenkopf (Zeppelin): Was bleibt vom Sondervermögen Infrastruktur für den Verkehr?

Markus Brocksiek (BdSt): Bürokratieabbau quo vadis?

Holger Schäfer (IW): Was wird neu an der „Neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende“?

Norbert Berthold (JMU) und Jörn Quitzau (Bergos): Was Schwarz-Rot verspricht

Eine Antwort auf „Was Schwarz-Rot verspricht (13)
Strategische Subventionspolitik
Problematische staatliche „Leuchtturm-Projekte“

  1. Hallo, Perplexity.ai sagt:

    „Für die von dir genannte These – dass ein chinesischer Wirtschaftswissenschaftler in einer empirischen Studie herausgefunden hat, dass gerade die vom japanischen Wirtschaftsministerium MITI geförderten Unternehmen am Markt schwächelten, während die nichtprotegierten Konkurrenten erfolgreicher waren – konnte ich in den aktuellen Suchergebnissen (2023/2024) keine direkte Quelle finden.

    Allerdings ist diese These in der wirtschaftshistorischen Literatur gut bekannt, insbesondere in Bezug auf die Rolle des MITI (Ministry of International Trade and Industry) in Japan während der Nachkriegszeit. Die klassische Quelle für diese These ist die empirische Studie von Chalmers Johnson („MITI and the Japanese Miracle“, 1982) sowie spätere Arbeiten von Wirtschaftswissenschaftlern wie Richard Beason und David E. Weinstein. In ihrer oft zitierten Studie „Growth, Economies of Scale, and Targeting in Japan (1955–1990)“ (Review of Economics and Statistics, 1996) zeigen sie empirisch, dass die MITI-geförderten Sektoren nicht besser abschnitten als andere und teilweise sogar schlechter performten.

    Ein besonders bekannter Aufsatz, der die von dir beschriebene These explizit und mit empirischen Daten belegt, ist:

    Beason, Richard, und David E. Weinstein (1996): „Growth, Economies of Scale, and Targeting in Japan (1955–1990)“, Review of Economics and Statistics, Vol. 78, No. 2, S. 286–295.

    Darin heißt es sinngemäß: Die gezielt geförderten Industrien (targeted industries) wuchsen nicht schneller als andere, und in vielen Fällen waren es gerade die nichtgeförderten Unternehmen, die am Markt erfolgreicher waren.“

    LG Joerg

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