Terra incognita, Wirtschaftskrise und Unternehmertum
Vergesst staatliche Ausgabenprogramme, lasst Unternehmer unternehmen

Die Weltwirtschaft steht auf der Kippe. Unternehmen brechen die Aufträge weg, in manchen Branchen drastisch. Im Anlage- und Maschinenbau stürzten im Dezember die Aufträge um über 40 % ab. Eine tiefe Rezession scheint unausweichlich. Unternehmen drosseln die Produktion, Kurzarbeit nimmt zu, die Arbeitslosigkeit steigt an. Viele Blicke richten sich nun auf die Politik, sie soll es richten. Und sie nutzt die Gunst der Stunde. Notenbanken öffnen weltweit die geldpolitischen Schleusen, Regierungen gehen fiskalpolitisch in die Vollen, ordnungspolitische Grundprinzipien werden außer Kraft gesetzt, Protektionismus wird wieder hoffähig. Überall ist der Staat auf dem Vormarsch. Die staatliche Verschuldung erreicht schwindelerregende Höhen, zukünftige Generationen stehen vor einem Scherbenhaufen.

Terra incognita

Was wir gegenwärtig erleben, ist mehr als ein konjunktureller Einbruch. Schon seit langem schleppt die Weltwirtschaft vielfältige Strukturprobleme mit sich herum, deren Lösung auf die lange Bank geschoben wurde. Mit der Finanzkrise und dem politischen Umgang mit ihr erhöhte sich zu allem Übel auch noch die wirtschaftliche Unsicherheit drastisch. Das macht es Haushalten und Unternehmen schwerer, nicht leichter den strukturellen Wandel zu meistern. Doch damit nicht genug. Strukturkrisen sind gegen konjunkturpolitische Maßnahmen weitgehend immun. Auf diesem Weg lässt sich die Weltwirtschaftskrise nicht nachhaltig bekämpfen. Ohne tatkräftige Hilfe der Märkte fehlt den staatlichen Konjunkturspritzen der entscheidende Wirkstoff. Im schlimmsten Fall lähmen sie die Selbstheilungskräfte des Marktes.

Die Weltwirtschaft ist strukturell tief im Ungleichgewicht. National treiben immer produktivere Produktionsfaktoren und heterogenere Präferenzen den strukturellen Wandel. Die Finanzkrise offenbarte, der finanzielle Sektor ist zu groß, er produziert teilweise unverkäufliche Güter. Weniger risikofreudige Anleger fragen heute andere, scheinbar sicherere, staatliche Finanzprodukte nach. Der Bedarf an sektoraler Anpassung nimmt zu. International existiert ein gravierendes weltweites Ungleichgewicht in den Leistungsbilanzen zwischen Überschuss- und Defizitländern. Der notwendige Abbau verändert die sektoralen Strukturen zwischen handelbaren und nicht-handelbaren Gütern. Die Finanzkrise legte das gewaltige Strukturproblem der Weltwirtschaft offen.

Ein erheblicher Teil der knappen Ressourcen ist gegenwärtig weltweit wenig produktiv eingesetzt. Die Verwerfungen im aufgeblasenen Finanzsektor sind nur die Spitze des Eisberges. Auch die Immobilienbranche einiger Länder und der Automobilsektor sind verzerrt. Wachstum und Wohlstand steigen nur, wenn es gelingt, suboptimal eingesetzte Faktoren effizienter zu verwenden. Unklar ist allerdings, welches die zukunftsträchtigen Wirtschaftszweige sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Politik nicht in der Lage ist, dieses Informationsproblem auch nur einigermaßen effizient zu lösen. Sie maßt sich Wissen an, das sie nicht haben kann und auch nicht hat. In marktwirtschaftlichen Ordnungen fällt diese Aufgabe privaten Unternehmen zu.

Unternehmer als Entdecker

Ein effizienter struktureller Wandel ist schon in normalen Zeiten nicht einfach. In diesen Zeiten, in denen nichts mehr so ist wie zuvor, gleicht er einer Herkulesaufgabe. Die Finanzkrise hat Risiken und Unsicherheiten erhöht. Bis zum Lehman-Desaster war es unvorstellbar, dass ein Finanzinstitut dieser Größe zusammenbrechen könnte. Mit der Insolvenz wurde schlagartig klar, dass es sich nicht um ökonomisch beherrschbare, versicherbare Risiken (known unknowns), sondern um eine Knight’sche Unsicherheit (unknown unknowns) handelt, für die es keine Erfahrungswerte gibt. Die wirtschaftlichen Akteure bewegen sich im strukturellen Wandel quasi auf unbekanntem, nicht kartiertem Gelände.

Private Unternehmer können als Treiber des strukturellen Wandel helfen, sie tragen wirtschaftliche Unsicherheiten. Als Spezialisten für die Zukunft versuchen sie, ökonomische Entwicklungen richtig vorherzusagen, gehen nicht kalkulierbare Risiken ein und verändern die Welt mit ihren Entscheidungen. Dabei nehmen sie uns allen wirtschaftliche Unsicherheiten ab. Sie entdecken neue knappe Ressourcen, neue Präferenzen der Nachfrager und neue technologische Möglichkeiten. Erfolgreich sind Unternehmer, wenn sie die Wünsche der Nachfrager richtig antizipieren und knappe Ressourcen effizient nutzen, sie zu befriedigen. Liegen sie daneben, erleiden sie Verluste, im schlimmsten Fall gehen sie Pleite und verschwinden von der Bildfläche.

Unternehmer stellen den Status quo immer wieder in Frage. Sie verlassen alte, ausgetretene Trampelpfade. Sind sie erfolgreich, übernehmen sie ökonomische Unsicherheiten und gestalten die Welt neu. Das ökonomische Risiko dabei ist allerdings groß, die meisten scheitern. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen sind private Unternehmer unabdingbar, um aus der Krise zu kommen. Die Finanzkrise wirft ihnen derzeit allerdings Knüppel zwischen die Beine. Nur sehr eingeschränkt funktionierende Finanzmärkte erschweren die kreditäre Finanzierung riskanter unternehmerischer Expeditionen ins wirtschaftliche „terra incognita“. Der strukturelle Wandel gerät ins Stocken.

Politik als Expeditionsleiter?

Die Politik fackelt nicht lange. Sie übernimmt die Leitung der Expedition, ohne wirklich aufzubrechen. Eine expansive Fiskalpolitik soll das Schlimmste verhindern, den Absturz ins wirtschaftliche Niemandsland. Erfolg hat sie, wenn es ihr gelingt, wirtschaftliche Unsicherheiten zu verringern und Ressourcen produktiver einzusetzen. Beides ist fraglich. Eine expansive Fiskalpolitik zementiert den Status quo. Die Politik setzt die Mittel dort ein, wo es wirtschaftlich lichterloh brennt. Das sind oft die Sektoren, die – in ihrer gegenwärtigen Form – ihre Zukunft bereits hinter sich haben, wie etwa die Automobilindustrie, die Bauwirtschaft oder der Finanzsektor. Kein Wunder, dass in den notleidenden Branchen die Akteure oft mehr auf der effizienzverschlingenden Jagd nach staatlichen als nach ökonomischen Renten sind. Die Probleme des strukturellen Wandels bleiben ungelöst.

Tatsächlich hält die Politik nicht nur am Status quo fest, sie versucht auch, die Ökonomie in ihrem Sinne zu restrukturieren. Wenn sie schon das viele Geld der Anderen ausgibt, so die offizielle Vorstellung, dann soll es möglichst in zukunftsträchtige Bereiche fließen. Kommt es dabei ihrer Klientel zugute, um so besser. Heute ist „grüne“ Industriepolitik en vogue, morgen ist eine andere Branche politisch in Mode. Weder Politik noch private Unternehmen wissen, welche Branchen eine Zukunft haben. Allerdings sind private Investoren näher an den Märkten. Nimmt ihnen der Staat die Risiken nicht ab, versuchen sie, eigenes Geld rentabel einzusetzen. Dagegen agieren staatliche Akteure relativ markfern, sie spielen mit fremdem Geld und setzen auf bürokratische Planung. Dem Prozess der schöpferischen Zerstörung sind sie nicht ausgesetzt, Ineffizienzen halten sich länger. Die Erfahrungen gelten gestern wie heute und morgen: Politiker sind die schlechteren Unternehmer.

Einer expansiven Fiskalpolitik gelingt es auch nicht, wirtschaftliche Unsicherheiten abzubauen. Der Multiplikator solcher Aktivitäten ist zwar kurzfristig positiv, wenn auch geringer als oft angenommen. Dafür sorgt ein Einkommenseffekt. Schon mittelfristig dominieren aber negative Anreizeffekte. Es gibt keinen „free lunch“. Expansive staatliche Maßnahmen müssen über höhere Steuern finanziert werden. Die Folgen sind bekannt: Es wird weniger Arbeit angeboten, weniger gespart und weniger investiert. Damit nicht genug: Werden staatliche Aktivitäten auf Pump finanziert, versetzt ein wachsender Schuldenberg die Bürger in Angst und Schrecken. Eine mögliche höhere Inflation oder eine staatliche Pleite verunsichern die wirtschaftlichen Akteure. Die kurzfristigen Multiplikatorwirkungen sind deshalb kleiner als in simplen keynesianischen Modellen. Diese Aktivitäten schaden der Gesellschaft mehr als sie nützen.

Unternehmen lassen

Die Erfahrung lehrt, die Politik ist überfordert, wenn sie sich als Spieler auf dem Feld der Wirtschaft versucht. Ihre eigentliche Aufgabe besteht darin, die Regeln zu setzen, nach denen gespielt wird, und sie auch durchzusetzen. Auch nach über einem halben Jahrhundert weisen die konstituierenden Prinzipien eines Walter Eucken den richtigen Weg. Die Garantie des Privateigentums, individuelle Vertragsfreiheit, freier Marktzugang und keine Handlung ohne umfassende individuelle Haftung bilden den Kern. Ein stabiler Geldwert sowie eine stetige und verlässliche Wirtschaftspolitik, kein Zickzack-Kurs, sind weitere Elemente, wirtschaftliche Unsicherheiten zu verringern. Das ist die Basis für riskante unternehmerische Expeditionen in wirtschaftlich unbekanntes Terrain.

Um aus dem Schlamassel herauszukommen, bedarf es mehr. Die Politik muss Unternehmer auch unternehmen lassen. Institutionelle Marscherleichterung in steinigem Gelände ist das Gebot der Stunde. Die Erfahrung zeigt, ein wachsender staatlicher Sektor hemmt ab einem bestimmten Punkt private unternehmerische Aktivitäten. Mit der gegenwärtigen Rettungsmanie des Staates ist der Rubikon überschritten. Staatliche Aktivitäten verdrängen private, höhere Steuern und Abgaben setzen vielfältige negative Anreize. Ineffiziente staatliche Regulierungen und eine wuchernde Bürokratie sind weitere Stolpersteine. Eine kostspielige Fiskalpolitik bringt die wirtschaftliche Entwicklung nicht  wieder in Gang, im Gegenteil. Ein einfacheres, glaubwürdigeres Regelsystem und weniger bürokratische Fesseln erleichtern es Unternehmern, wieder zu unternehmen.

Damit nicht genug: Unternehmer müssen auch unternehmen können. Dazu brauchen sie qualifizierte Arbeitskräfte, ausreichend Eigenkapital und Zugang zu Kapitalmärkten. Das erfordert flexible Arbeitsmärkte, steuerliche Entlastungen von Anlegern und Investoren sowie funktionierende Finanzmärkte. Staatliche Ausgabenprogramme, auch sehr große, sind keine wirkliche Hilfe. Absolute ordnungspolitische Priorität muss aber ein funktionierender Finanzsektor haben. Ohne ihn ist alles nichts. Ein Patenrezept scheint allerdings, wie die bisherigen Versuche weltweit zeigen, noch nicht gefunden. Da Fremdkapital knapp ist, müssen sich Unternehmen mehr als früher aus eigenen Mitteln finanzieren. Staat und Tarifpartner sind gefordert, die Gewinnsituation der Unternehmen zu verbessern, um riskante Expeditionen ins Unbekannte zu finanzieren.

Fazit

Es existieren gangbare Wege aus der weltweiten Krise. Das Geld der Anderen mit vollen Händen auszugeben, wie es die Politik gegenwärtig tut, zählt sicher nicht dazu. Private Haushalte und Unternehmen weiter staatlich zu gängeln, führt ebenfalls nicht zum Ziel. Auf mehr wirtschaftlichen Patriotismus zu setzen und Märkte protektionistisch abzuschirmen, verschärft unsere Probleme. Dabei ist die Lösung seit langem bekannt. Die Empirie zeigt, mehr wirtschaftliche Freiheit führt zu höherem Wohlstand für alle. Private Unternehmer sind die Katalysatoren in diesem Prozess, Freiheit in Wohlstand zu transformieren. Räumen wir also die vielen Hindernisse aus dem Weg, die Unternehmer darin hindern, ihre eigentliche Aufgabe zu erfüllen. Lassen wir sie wieder unternehmen. Das kostet wenig und hilft viel.

8 Antworten auf „Terra incognita, Wirtschaftskrise und Unternehmertum
Vergesst staatliche Ausgabenprogramme, lasst Unternehmer unternehmen

  1. Gute Idee hier einige Vorschläge
    1) Aufhören mit dem Wahn mit Steuern zu „steuern“.
    2) Aufhören mit dem Wahn der Subventioneen
    3) Aufhören mit dem Geld andere Leute zu „spekulieren“

    Zu 1) ein einfaches Steuerecht mit „annehmbaren“ Steuersätzen wäre angebracht, ich denke das mit dem Vorschlag von Kirchhoff kann eine gute Grundlage sein. Dort steht 25% und das ist wahrscheinlich ok. Paßt auch zu
    Zu 2) dem Subventionsbericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wie sogar von einem Steuersatz unter 25 % ausgehen, wenn man die Subventionen „runter fährt“
    3) Nur einige Beispiele. Abnahme von Strom von PVS anlagen zu mehr als dem doppelten Marktpreis, 75 % Steuern auf Benzin passen auch nicht. Die Ausgaben für die Commerzbank kann man ja wohl nur als komplett daneben ansehen. Das Konjunkturpaket II ist zum Weglaufen genauso wie das FMStg. Immer wird den „normal“ wirtschaftenden weggenommen um den Hasardeuren zu helfen.

    Wenn man die wirtschaftlichen Freiheiten immer mehr beschneidet und immer mehr Bürrokratie forder muß es zu den derzeit zu beobachtenden Katastropen führen. Wenn die Banken nicht einen Heben von 30-60 hätten, könnte man den Ausfall einer Bank oder auch mehrere locker verschmerzen. Aber die Großbanken bewegen viel zu viel Geld für Ihr Eigenkapital und Ihren Einlagen und das muß immer irgendwann „zu Ende“ gehen.

    Was unbedingt sein muß ist ein Verbot von Krediten für den Staat. Seit mehr als 40 Jahren gibt es kein einziges Jahr ohne neue Schulden und Aufnahme von Schulden um alte Schulden zu bezahlen. Das ganze kann nur in einer kompletten Enteignung enden. Wir haben das in Deutschland schon 2 x mit gemacht innehalb der letzten 100 Jahre aber unsere Politiker tun so als sei es Ihr Geld mit dem Sie arbeiten. Es ist durch nichts gedeckt außer er va gen hoffnung, Deutschland geht nicht Pleite. Das ist schlicht und einfach „gelogen“

  2. Ganz platt gesagt: es sind immer mehr, die ohne individuelle Verantwortung befehlen und immer weniger, die anpacken und und zugleich Verantwortung übernehmen wollen. Könnte es sein, daß die Überakademisierung (Versorgung mit leistungsentkoppelten Bildungszertifikaten – Chancengleichheit!) diesen Trend beschleunigt hat?

  3. @Karin: Ich denke es gibt noch eine Unmenge an Leuten die selber denken und schaffen und auch Verantwortung übernehmen. Aber Ihnen werden immer mehr Mittel aus der Hand genommen von „Gutmenschen“. Es gibt zig-tausende von Verbänden und jeder meint sein Problem sei doch wohl am vordringlichsten und daher sei jedes Mittel recht diesem vordringlichen „Problem“ Mittel zu geben. Speziell natürlich Geld für die Erforschung des Problems. Ich denke es dürfte schon ein Spezialfach sein: „Wie schreibt man einen Forschungsantrag“, gute Wetten sind, „globale Erwärmung“, „Giftstoffe“, „Umwelt“ schlecht sind „Eigenverantwortung“, „Rückzug des Staates“, „Steuer(un)recht“…. , „Unternehmertum“

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